Dies ist auch ein Vorgang, den die Sprache als System vollzieht, da greifen Mechanismen, die gehen nicht durch das Bewusstsein der Sprecher, deshalb ist auch die Lächerlichmachung von Sprechern, die die neuen Tendenzen der Sprache ausprobieren und letztlich in die Welt setzen, selbst eine lächerliche Attitüde. Die Sprachkritiker stellen die Wirklichkeit geradezu auf den Kopf: Nicht sie, sondern die "bildungsfernen" Schichten scheinen das Gespür für die Weiterentwicklung, und das heißt: Vervollkommnung unserer Sprache zu haben.
Hurra, es gibt hier auch Systemtheoretiker. Sprache als höhere Emergenzstufe, die über unsere Köpfe hinweg ein "Eigenleben" entwickelt.
Nur bei der "Vervollkommnung" gehe ich nicht mit. Da halte ich es mehr mit solchen Theoretikern wie Maturana und Varela, die von "Evolutionärer Drift" (anstelle einer Bewegung auf ein Ziel hin) sprechen.
In diesem Zusammenhang ist auch der Vergleich, den der späte Wittgenstein in den "Philosophischen Untersuchungen" anstellt interessant: Da vergleicht er die Sprache mit einer Stadt. Ständig entstehen neue Viertel, andere kommen aus der Mode, verfallen etc. Diese Analogie halte ich für sehr treffend.