Beiträge von Tom

    Glückwunsch!


    Aber so eine Vorschaueinbettung wie bei Facebook gibt es hier nicht. Du kannst Bilder (auch per URL) einbetten oder Links zu allem möglichen legen, aber nur bei Amazon-ASIN passiert ein bisschen mehr, wenn man den Buch-Tag verwendet. Du könntest einen (Teil-)Screenshot von der Verlagsseite machen und als Bild einbetten, das isses.

    Wie ich vor über anderthalb Jahren schrieb - eigentlich sind Podcasts nicht mein Ding, aber am Wochenende habe ich mir während einer längeren Autofahrt auf Empfehlung eines Freundes die fünf Folgen "Wer hat Angst vorm Drachenlord?" des Podcasts "Cui Bono" von Khesrau Behroz angehört. Diese Staffel hat gehöriges Echo generiert und ist, wie eine Staffel über den Verschwörungstheoretiker Ken Jebsen zuvor, mit mehreren Preisen ausgezeichnet worden. Zu recht.


    Ich muss zugeben, ich hatte vom "Drachenlord" bislang nur am Rande gehört, diesem Alltags-Youtuber aus dem Fränkischen, der ins Fadenkreuz der Hater geriet, woraus sich eine enorm tragische, aber auch enorm exemplarische Geschichte entwickelt hat, die über zehn Jahre umfasst, die viel über unsere Gesellschaft(en) erzählt, über unsere Lust an Katastrophen und das Sich-Vergleichen nach unten. Diese Geschichte erzählt aber auch etwas über Gruppendynamik, über Täter-Opfer-Umkehr, über die Überforderung der Justiz in einigen Situationen - und über Kaltherzigkeit.


    Ich habe atemlos gelauscht. Das ist wirklich sehr spannend, es ist sehr gut recherchiert, es ist schön und gewissenhaft erzählt. Und ich werde mir mehr von Khesrau Behroz anhören, der im Jahr 1994 als Siebenjähriger aus Kabul nach Deutschland kam und u.a. Kommunikations- und Literaturwissenschaftler ist.


    Wer die Geschichte des "Drachenlords" nicht kennt, sollte die fünf Folgen unbedingt hören, ohne vorher zu googeln. Extrem empfehlenswert.


    Edit: Unter anderem hier zu finden: https://podcasts.apple.com/de/…-drachenlord/id1570671374

    Wenn Du an irgendeiner Stelle im Forum einen Benutzernamen siehst und die Maus über diesem Namen stillhältst, blendet sich nach zwei Sekunden ein Fenster mit Profilinformationen ein. Auch dieses Fenster enthält unten rechts das Sprechblasen-Symbol, über das eine Konversation mit diesem Benutzer direkt gestartet werden kann.


    sprechblase.png

    HD, wir reden ganz dicht aneinander vorbei.


    OpenAI und ähnliche Systeme sind nicht intelligent, weil sie kein Wissen verarbeiten, weil sie keine inhaltlichen Zusammenhänge herstellen können, weil sie schlicht keine Vorstellung davon haben, worum es geht. Sie reihen nach - immerhin ziemlich komplexen - statistischen Verfahren Wörter aneinander. Die Systeme wissen nichts um die Bedeutung der Wörter. Sie simulieren Intelligenz, das aber mit verblüffendem Erfolg.


    Was mich umtreibt, ist die Frage, ob das bei uns unterm Strich nicht möglicherweise ähnlich funktioniert.

    Mit dem Klitzekleinen Unterschied zur Maschine, das wir dabei nicht an Regeln gebunden sind, bzw. die Regeln, nach denen wir Informationen suchen und verarbeiten, steuern und verändern können, meistens - aber nicht immer - sogar bewusst.

    Die Frage ist, ob das technisch betrachtet wirklich so ist. Oder ob es uns nur so vorkommt und wir eigentlich auch lediglich simplen statistischen Methoden folgen, technisch betrachtet. Kognitive Prozesse sind nach wie vor nicht erklärbar; das System, nach dem unser Gehirn arbeitet, ist noch weitgehend intransparent. Was wir wissen, das ist, dass es auf chemischen Vorgängen basiert. Gut möglich (ich halte es sogar für wahrscheinlich), dass dieses Chemical Computing genauso arbeitet wie ChatGPT & Co. Dass die Ergebnisse unseres Denkens also eigentlich nur Ergebnisse statistischer Methoden sind.

    Der KI fehlt die Fähigkeit Informationen aus dem Nichts zu gewinnen.

    Ich glaube nicht, dass es irgendeine technische oder biologische Instanz gibt, die dazu in der Lage ist, Informationen aus dem Nichts zu gewinnen. ;)


    Systeme wie ChatGPT arbeiten mit statistischen Methoden. Sie besitzen eine ungeheuer große Datenbasis, die von Menschen geschaffen wurde, und generieren ihre Antworten dadurch, dass sie schrittweise die Wahrscheinlichkeit des nächsten Begriffs bewerten. Dabei haben sie keine Ahnung vom Kontext, sie können nicht abstrahieren, sie wissen schlicht nicht, was sie da tun (es gibt kein Wissen und auch kein Bewusstsein). OpenAI hat keine Vorstellung davon, wie die Welt aussieht, oder was eine Jahreszahl von einem Verb unterscheidet. Ob dem System dadurch das fehlt, was wir als Intelligenz bezeichnen, nämlich die Fähigkeit, in bislang unbekannten Situationen vernünftige Entscheidungen zu treffen, kann ich noch nicht beurteilen. Und das System ist auf seine Weise kreativ. Zumindest sieht das, was es tut, nicht selten wie das Ergebnis kreativer Prozesse aus.


    Mich beschäftigt und erschüttert die Frage, ob wir Menschen nicht auch so gebaut sind. Also ob dieses Modell von Künstlicher Intelligenz, die ja keine Intelligenz ist, möglicherweise sehr viel mit unserer Funktionsweise gemein hat.


    Und, ja, das hat im Kulturbereich gravierende Folgen. Es wird noch mehr Folgen haben, perspektivisch, in allen Lebensbereichen.

    Scherbenhaufen


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    Seit Ellis‘ letztem Roman, dem Recycling-Rohrkrepierer „Imperial Bedrooms“, sind inzwischen mehr als zwölf Jahre vergangen. Der amerikanische Schriftsteller, der in der Breitenwahrnehmung nach wie vor auf seinen furiosen Erstling „Unter Null“ und, vor allem, das skandalöse „American Psycho“ reduziert wird, war allerdings nicht untätig; das war er nie. Ellis hat Serien konzipiert und Drehbücher für Spielfilme geschrieben, er war – und ist – bei „social media“ mehr als aktiv, und im Jahr 2019 erschienen seine wirklich lesenswerten vorläufigen Memoiren mit dem Titel „Weiß“. Aber die Literaturwelt hat sich trotzdem gefreut, als mit „The Shards“ („Die Scherben“) ein neuer Roman, gar ein Opus Magnum, und laut Klappentext nicht weniger als ein Meisterwerk angekündigt wurde.


    Das schon wieder in den Achtzigern spielt, schon wieder unter reichen Jugendlichen, die nur an Partys, Drogen, Sex, Musik und Outfits denken, schon wieder in L.A. angesiedelt ist und schon wieder mit einer ordentlichen Portion Gewalt daherkommt. Es ist mit knapp 750 Seiten recht lang, aber nicht ganz so lang wie etwa „Glamorama“ (1999, 770 Seiten), markiert also zumindest in dieser Beziehung kein Superlativ.


    Und es ist, mit Verlaub, lang-weilig. Ja, „The Shards“ ist stilistisch sehr viel besser, gereifter, stimmiger und präziser als das meiste, was Ellis in den letzten Jahrzehnten rausgetan hat, es ist verblüffend nuancenreich; der Ich-Erzähler (Bret Ellis) ist ein exzellenter Beobachter (schließlich wird er der Autor werden, der mit „Unter Null“ Erfolge feiert), aber nahezu sämtliche Szenen in diesem Wälzer mäandern in quälender Langsamkeit marginalen Höhepunkten entgegen, die erst im letzten Fünftel actionreicher werden und ihre Ausführlichkeit halbwegs rechtfertigen.


    Aber von vorne. Der Jetzt-Ellis hat seinen inneren Schweinehund in den Griff bekommen und kann im dritten Anlauf endlich von jenem Spätsommer und Herbst 1981 erzählen, eine Zeit, während derer schlimme Dinge passiert sind, die für alle Beteiligten lebensverändernde Wirkung hatten, wenn sie nicht direkt zum Tod führten. In jenem Jahr gehen der siebzehnjährige Ellis, die Schönen seines Jahrgangs und ihre Entourages auf die Buckley, eine private Edelschule in L.A., um von dort aus nach Beendigung des Abschlussjahres auf superteure Colleges zu wechseln. Bret Ellis und seine Freunde sehen durch die Bank super aus (Ellis‘ Freunde sind allerdings noch einen Hauch attraktiver als er selbst), sind Kinder sehr wohlhabender Eltern, genießen extreme Freiheiten, und ihr größtes Problem ist die Frage nach dem Outfit für die nächste Party. Sie nehmen Drogen und trinken und haben Sex und fahren in ihren Sportwagen vom Kino oder Club in die Mall oder nach Hause, wo sie auf weitläufigen Grundstücken in den Poolhäusern wohnen. Sie sind oberflächlich.


    So weit, so bekannt. Bis Robert Mallory auf den Plan tritt, der einfach noch besser aussieht als der Rest. Und in den sich unser Ich-Erzähler sofort verguckt, denn dieser Bret Ellis ist (wie der reale Bret Easton Ellis) homosexuell, jedoch nicht offen homosexuell, was in den frühen Achtzigern und im fraglichen Umfeld zum sofortigen sozialen Aus geführt hätte. Ellis verbirgt seine Neigungen, hat jedoch heimliche Affären mit zwei Schulkameraden, führt aber offiziell eine Beziehung mit der Filmproduzententochter Debbie. Er findet den Neuling allerdings nicht nur attraktiv, sondern auch geheimnisvoll, und verdächtigt ihn, in irgendeiner Verbindung zum „Trawler“ zu stehen, jenem Serienmörder, der zu jener Zeit sein bestialisches Unwesen treibt.


    Fraglos gelingt es Ellis perfekt, autobiografische Elemente, Autofiktion, reine Fiktion und das Spiel mit der Realität exzellent auszubalancieren, aber das macht der Mann schließlich seit vierzig Jahren, und irgendwann ist’s auch mal gut. Fraglos wird die Story am Ende spannend und ziemlich blutrünstig, aber auch hier hält sich der Erkenntnisgewinn – vorsichtig gesagt – in Grenzen. Fraglos ist „The Shards“ noch etwas besser und detaillierter und dichter als seine Vorgänger, was aber nichts daran ändert, dass dieselbe Geschichte zum dritten? fünften? achten? Mal permutiert wird. Die Motive, Figuren, Kulissen und Abläufe wirken ausgeleiert, nichtssagend, ermüdend.


    Das Absolvieren dieser dreivierteltausend Seiten hat seine guten Momente; Bret Easton Ellis ist ein kluger, sogar cleverer Chronist, wo nötig erschütternd lakonisch und dramaturgisch mehr als nur sattelfest. Das abgenutzte Setting vermag das aber auch nicht auszugleichen, und wenn man seinen Figuren zuhört und -schaut, muss man sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass sie eigentlich erst siebzehn Jahre alt sein sollen. Sie fühlen sich oft genug wie Mitte dreißig an. Oder wie 57, was zufällig Ellis‘ Alter beim Verfassen von „The Shards“ war.


    Gäbe es all seine Vorgänger nicht, wäre das ein starker Roman, vielleicht sogar das Meisterwerk, was die Verlags-Marketingkläuse darin erkannt haben wollen, aber mit seinem literarischen Hintergrund ist „The Sharps“ leider nur ein aromatisierter Aufguss.


    ASIN/ISBN: 3462004824

    Meine persönlichste Verbindung zu diesem (fraglos recht guten) Album besteht darin, dass Alan Parsons an den Mixern stand, dessen Project eine Zeit lang meine Lieblingsband war. Und außerdem war die Cover-Artwork natürlich bahnbrechend, die noch heute auf so manchem Shirt zu sehen ist. Wie die meisten Pink-Floyd- und auch Alan-Parsons-Project-Cover stammte sie von der Londoner Agentur Hipgnosis, deren Name der Legende nach indirekt von Syd Barret entwickelt wurde, der ja ganz am Anfang Sänger von Pink Floyd war, zu Zeiten von "Dark Side of the Moon" allerdings längst nicht mehr.

    Alles okay, Vichara. Ich wollte nicht widersprechen, sondern nur anmerken, dass sich nicht alles generalisieren lässt.

    Ich habe kürzlich einen hinreißenden Absatz aus einem offenbar sehr klugen Buch gelesen, und ich muss unbedingt rausbekommen, welches und von wem das war, jedenfalls schrieb der Autor sinngemäß, dass Bücher, in denen es um „etwas“ geht, deren Inhalt man problemlos in wenigen Sätzen zusammenfassen kann, nach seinem Dafürhalten nichts wert, keine Kunst sind, weil, wenn es um „etwas“ geht, es um zu vieles nicht geht. Natürlich ist das extrem überspitzt und hat mit der Thematik hier nur am Rande zu tun, aber ich selbst habe auch regelmäßig Schwierigkeiten damit, wenn ich eine kurze Zusammenfassung liefern soll, weil die Geschichte, der Plot bei mir meistens eigentlich nur der Rahmen um viel mehr ist. Womit ich nicht sagen will, dass ich hohe Kunst mache und andere nicht, sondern dass es auch (möglicherweise sogar gute) Erzählungen gibt, deren Inhalt sich nicht auf einer Fahrstuhlreise wiedergeben lässt, weil das ihrem Inhalt nicht auch nur annähernd gerecht würde. Und an dieser Stelle habe ich großes Verständnis für Autoren und -innen, die vor dieser Aufgabe fast kapitulieren.

    Sind Exposés nicht auch etwas, was man wunderbar in der BT-Runde auseinandernehmen kann?

    Gab's für sowas nicht irgendwo einen Werkstattbereich?


    Es würde mich nicht stören, Exposés in der Besprechungsecke zu besprechen, aber nicht als Besprechungstexte. 8)

    Ein Exposé sollte komprimiert darüber Auskunft geben, worum es im Buch geht, wie sich die Zielgruppe gestaltet und was ansonsten zu erwarten ist. Drei bis fünf Seiten reichen. Man steigt mit dem Pitch ein, wenn das hinzukriegen ist, fasst also die gesamte Geschichte in einem Satz zusammen, bzw. das, worum es geht und was erzählt wird:


    "Romantische Nächte im kleinen Wollgeschäft in den Alpen" erzählt von der Wollhändlerin Rita und der Hobbystrickerin Maria, die sich in Ritas Wollgeschäft kennenlernen und verlieben, sich aber aus den Augen verlieren, bis sie im Finale eines Strickwettbewerbs wieder aufeinandertreffen, ihre bisherigen Partnerinnen verlassen und glücklich bis an das Lebensende der zuerst Versterbenden leben, in der Dachwohnung über dem Wollgeschäft.


    Dann folgt die Synopsis in längerer Form, also die Zusammenfassung der gesamten Handlung des Romans (einschließlich des Endes, das fällt vielen schwer) in geraffter Form, aber nicht in allen Einzelheiten, sondern nur mit den entscheidenden Punkten und Twists. Das Personal wird angerissen und, wo nötig, vorgestellt. Das sollte auf zwei Seiten zu schaffen sein.


    Zum Schluss ordnet man das noch ein (das kann man auch ganz am Anfang schon erwähnen - "Ein tränentreibender Schmachtfetzen für die Fans von Ärzt*innenromanen und ähnlichem Zeug"), gibt ein paar Fakten zur Kenntnis (vor allem die Länge in Normseiten, man kann aber auch geplante Fortsetzungen erwähnen) - und das isses dann.


    Im Teil, der das Buch beschreibt, sollte man sich stilistisch nicht überschlagen, sondern durchaus sachlich bleiben, aber man kann sich hier und da auch ein wenig des Klappentextsprechs bedienen.


    Und grundsätzlich gilt: Es gibt keinen Grundsatz. Ein Exposé stellt einen Roman vor, um ihn zu verkaufen. Wie es das macht und wie es das erfolgreich macht, ist Dir überlassen. Wenn man allerdings Genre bedient und/oder nicht gerade Kim de l'Horizon ist, sollte man sich nicht allzu originell geben.

    Der Roman ist oft klüger als der Autor

    Diese Erfahrung mache ich immer wieder. Leute mögen meine Bücher und lernen mich dann irgendwann kennen. Und sind enttäuscht. 8)


    Man kann so vieles über das Schreiben, über Bücher, über die Wirkung und die Motivation sagen, und man kann ungeheuer viele Dinge sagen, die klug sind oder klingen, aber nicht immer oder nur selten oder nur in Einzelfällen oder sogar überhaupt nicht stimmen. Literatur ist nichts und alles zugleich, sie ist so unterschiedlich motiviert und gebaut und ausgeführt wie wir Menschen unterschiedlich sind, und sie hat nur eine einzige gültige Gemeinsamkeit, nämlich ihr Fundament, die Schriftsprache. Und das ist zugleich das großartige daran.