... sprecht ihr dann innerlich mit? Denkt ihr intensiv in verteilten Rollen und lasst hier den Erzähler außen vor? Plant ihr vorher die Diskussion, das Gespräch oder gebt ihr dem passenden Moment spontan nach?
Wenn Protagonisten diskutieren
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Eine spannende Frage. Klar, bei Hörspielen spreche ich alles immer wieder mit. Bei Prosa lese ich laut, wenn ich am nächsten Tag schaue, was ich da getan habe.
Da ich überhaupt nichts plane bis auf den ersten Satz, egal wie gründlich recherchiert habe und was ich weiß, entfällt das, aber ich überlege schon sehr genau, kann sie oder er das überhaupt denken und sagen. Das Erzählerwissen bleibt außen vor, wichtig ist, was die Menschen bisher so angestellt haben. Da ich das Ziel nicht wirklich kenne (ja, in mir drin schon), kann ich nur vom bis dahin Geschehenem ausgehen. -
Ich lasse meine Figuren reden, schlüpfe in deren Kopf, so gut ich kann. Ich lenke sie nicht, weiß nur ungefähr, was ich in einer Szene erreichen will. Manchmal entwickelt sich's ganz anders als geplant, dann weiß wohl mein Unterbewusstsein besser als ich, wo es hingehen soll.
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Längere Dialoge lese ich mir immer laut vor. Danach habe ich in der Regel Korrekturbedarf.
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Bei mir werden die Dialoge beim Bearbeiten immer kürzer und impliziter. Am Anfang sagen sie noch: "Das find ich nun wirklich totale Scheiße." Am Ende bleibt häufig nur ein "Okay" oder noch besser: "Jo."
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Ja, ist immer wieder verblüffend, welche Gewinne das Kürzen bringt. Nicht nur in Dialogen natürlich ...
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Ich handhabe es wie IngridH und weiß ungefähr, was in der Szene passieren soll und dann versuche ich in die Person zu schlüpfen und sprechen zu lassen. Danach wird dann überarbeitet. Das laut Lesen, was hier ja ein paar Mal erwähnt wurde, werde ich mal ausprobieren.
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Ich mach das in Schichten. Ich lasse sie erstmal drauflos blubbern, wie im wahren Leben. Wozu und mit welchem Ergebnis sie sprechen, weiß ich, bevor ich einen Dialog beginne. Und was ihr Problem dabei ist, auch. Dann kommt das Kürzen, das Eindampfen, damit es knackiger wird als Real Life. Dann stelle ich mir das Ganze als Filmszene vor und frage mich, ob mich das als Zuschauer überzeugen würde. An dieser Stelle hilft das halblaute Vorlesen. Meistens ist zum Schluss noch ein Arbeitsschritt nötig, um sicherzustellen, dass sie sich jeweils charaktergemäß ausdrücken und voneinander unterscheiden. Und dieses letzte Nachbessern geht in der Regel mit abermaligem Kürzen (wie Jürgen es beschrieb ) einher.
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Ich frage mich zu Beginn des Dialogs, was die Gesprächspartner antreibt. Warum wollen sie sich unterhalten? Wollen Sie etwas erreichen, z.B. ihr Gegenüber überzeugen, besänftigen, herausfordern oder was auch immer. Dann schlüpfe ich in den Kopf der Figuren und überlege, wie diese Figur mit ihrem Charakter, ihren Möglichkeiten und ihren Kompetenzen versuchen kann, ihr Ziel zu erreichen.
Die Kontrolle besteht bei mir auch durch laut lesen und in der Regel kürzen
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Bevor eine Figur in Erscheinung tritt, überlege ich mir, was
für ein Persönlichkeitsprofil dieser haben könnte. Und daraus überlege ich mir
weiter, wie wahrscheinlich es sein könnte, dass sich sein Persönlichkeitsprofil
in den verschiedenen Sprachprofilen widerspiegelt.Auch die aktuellen Emotionen der jeweiligen Figuren spielen
dabei eine entscheidende Rolle.So erschaffe ich die Dialoge. Das schließt ein herunterrattern
von Dialogen aus. -
Ich schreibe gerade als Co-Autorin ein Memoir und bin in der wunderbaren Lage, dass meine Protagonistin in unseren vorab geführten Interviews beim Erzählen selbst in die Rollen geschlüpft ist, die in der Szene vorkommen - in ihre eigene und auch in die anderer Beteiligter. Dann muss ich das Ganze nur noch zuspitzen (Füllwörter raus, Rede und Gegenrede schräger aneinander vorbei etc ...). Das macht so Spaß!
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selbst in die Rollen geschlüpft ist, die in der Szene vorkommen
das wäre ja auch mal ein Versuch wert. Sich in die Person hineinversetzen, Dialog sprechen und sich dabei filmen.
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Filmen braucht man gar nicht - ich glaube, das würde hemmen. Einfach mehrere Stühle nehmen (Technik aus dem Psychodrama), sich draufsetzen und innerlich wirklich in die jeweilige Figur reingehen. Da weiß man hinterher noch, was jede im Kern gesagt hat. Verschiedenfarbige Tücher über der Lehne können die einzelnen Figuren kenntlich machen.
Hinterher alles aufschreiben, was aufgestiegen ist - nicht nur Dialogpassagen, sondern auch Gedanken, Gefühle etc.
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@Christiane: Da fällt mir eine Sache ein, die ich wahnsinnig hilfreich und sehr spannend fand. Im Rahmen einer Übung bei scriptmakers haben zwei Schauspielerinnen eine Szene aus meinem Manu gespielt. Dafür mussten sie sich natürlich in die Figuren eindenken und es wurde ausführlich geprobt und reflektiert. Im Anschluss daran - und das war wirklich hilfreich für mich als Autorin - habe ich die Figuren - vertreten durch Schauspielerinnen - fragen dürfen. Also so richtig ruppig, herausfordernd und provozierend, warum sie das und jenes in der Geschichte denn eigentlich so tun.
Wahnsinn, was da rausgekommen ist!Kann jeder einfach zuhause machen. Einen interessierten Freund oder ein Familienmitglied, der man die Geschichte nebst Charakteren natürlich zuvor ausführlich nahegebracht hat, bitten, für diese Figur zu antworten.
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Kann jeder einfach zuhause machen. Einen interessierten Freund oder ein Familienmitglied, der man die Geschichte nebst Charakteren natürlich zuvor ausführlich nahegebracht hat, bitten, für diese Figur zu antworten.
Ich bin skeptisch! Schauspieler können sich schon von Berufs wegen in diverse Rollen eindenken. Freunde eher nicht, Familienmitglieder schon gar nicht. -
Ich bin skeptisch! Schauspieler können sich schon von Berufs wegen in diverse Rollen eindenken. Freunde eher nicht, Familienmitglieder schon gar nicht.
Und ich denke, es klappt genau aus diesem Grund, weil die Reaktionen nicht aufgesetzt sind. So funktionieren auch Aufstellungen - privat, psychologisch, zu Schreibzwecken. Nina George hat das auf dem LitCamp 2016 zu aller Begeisterung vorgeführt. Leider habe ich es nicht selbst erlebt, wollte das immer mal nachholen. Ich kenne sogar jemanden, der sich damit auskennt. Vielleicht lasse ich die Figuren für mein nächstes Romanprojekt aufstellen, irgendwann. -
nie, nie würde ich solche oder anderen Szenen zu Hause oder Freunden vorlesen. Das wird nix. Gar nix. Auf der sicheren Seite fühle ich mich, wenn ich überhaupt nichts erzähle.
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Genau Ingrid. Ist auch meine Erfahrung. Gerade, weil alles so spontan geschieht.
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Ich gebe niemals einen Text in der Familie oder bei engen Freunden herum (Ausnahme: 42er) um Kritik oder Hilfe zu bekommen. Das geht schief, ich weiß das, nicht nur aus eigener Erfahrung.
Und Schauspieler "setzen nichts auf"! Die finden sich, wenn sie überzeugen wollen, in die Rollen hinein.
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... sprecht ihr dann innerlich mit? Denkt ihr intensiv in verteilten Rollen und lasst hier den Erzähler außen vor? Plant ihr vorher die Diskussion, das Gespräch oder gebt ihr dem passenden Moment spontan nach?
Was meinst du denn mit "den Erzähler außen vor lassen"?
Mittlerweile plane ich viel, auch Dialoge. Planen hilft mir einfach sehr, Arbeit und Zeit zu sparen. Ich fange immer damit an, dass ich viel über das, was z. B. in einem Dialog vorkommt, nachdenke und nachspüre, was die Rollen der einzelnen Figuren, das Kernthema, bzw. den jeweiligen "Konflikt", und das Ziel des Dialogs angeht, und auch die Beziehung der Figuren. Wenn ich das dann in mir "sortiert" habe, dann schreibe ich auf, was mir dabei wichtig geworden ist (das können ganze Sätze sein, die die Figuren sprechen, oder aber Argumente, die unbedingt mit im Dialog vorkommen müssen, oder Hintergründe und andere Gedanken und Ideen, die ich dazu hatte). Damit habe ich dann sozusagen ein grobes Gerüst.
"Mitsprechen" würde ich nicht sagen, aber ich achte darauf, dass ich gleich einen "Film" vor Augen habe, wenn ich den Dialog lese. Das ist für mich ein klares Zeichen, ob es funktioniert oder nicht, oder wo es noch hakt. Am Schluss kümmere ich mich dann noch gezielt darum, dass die Figuren ihre eigene "Sprache" sprechen.