• Ich bin geschockt. Das haut irgendwie um. Der Regen fällt passend dazu. Mein Mitgefühl allen, die sie kannten!

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    "My favorite thing is to go where I've never been." - Diane Arbus

    ASIN/ISBN: 375040156X

  • Habe das von Barabara eben erst gelesen in Cordulas Abschiedsthread. Frage mich, soll ich dort schreiben, soll ich hier? Ich schreibe hier, auch wenn ich Barbara kaum kannte. Denn es gehört zu ihrem Text, was ich gern sagen möchte. ... Okay, ›hier‹ war der BT-Thread. Jetzt kopiere ich sie doch hier heraus, also ... dort - und hier herein, weil sie mir hier befreiter erscheinen; die Gedanken, die mir beim Lesen zuwehten.


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    Zeilen von Enttäuschung und Hoffnung und Enttäuschung und Hoffnung und irgendwie sind es dieselben Wogen und Wellentäler, die jeden von uns sein Leben lang begleiten.
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    Viele bauen sich mächtige Schiffe, andere kleine Unterseeboote, um nicht Wind und Wetter ausgeliefert zu sein, um Seekrankheit zu vermeiden, um nicht zu hautnah am Geschehen zu sein.


    Andere wieder sitzen verbittert rudernd in ihren kleinen, gebrechlichen Schaluppen, zwischendurch wütend eine Faust schüttelnd gegen die Blitze und den Donner von dort oben, schimpfend über die ihnen widerfahrene Ungerechtigkeit.


    Und hie und da gibt es welche, die sich vertrauensvoll, auf dem Rücken paddelnd, dem unabnlässigen Wogen hingeben, abtauchen in dunkle Tiefen und ebenso gelassen sich emporheben lassen auf Wellenkämme, von denen aus sie den Sternen besonders nah sind.



    Wir alle, im gezwungen fröhlichen Ballsaalgetümmel unseres Kreuzfahrtschiffes, in unserem privaten, kleinen Unterseeboot, die wir gegen eine vermeintliche Strafe anrudern und die wir uns gelassen vom Leben tragen lassen, wir alle sind tief in unserm Herzen allein. Und wir gehen so damit um, wie wir können, wie uns die Fähigkeiten diesmal in die Wiege gelgt wurden. Jede und Jeder bestmöglich. Als Kämpfer, als Opfer, als Helfer, als Leidender, als Fröhliche, als Traurige, als Gesunde, als Kranke, als Verrückter, als Normale, als Auflehnender, als Fließende.


    Und so reiten wir durch unser ganz privates verrücktes Land, bevölkert von Freunden und Feinden und Komparsen und es ist so schlimm und es ist so schön und es ist so schmerzvoll und es ist so aufregend und es ist so enttäuschend und es ist so ...


    Liebe barbara, die ich kaum kannte,
    ich möchte mich bei dir bedanken für deinen letzten Text, der für mich eine Erinnerung daran ist, dass es viel praktischer ist, sein eigener Held zu sein, als auf fremde zu warten.


    Alles Gute!
    Martin

    Versuchen Sie nicht, mir zu helfen. Viel zu viele Menschen haben mich schon als ihr Hobby verwendet.
    Jojo Moyes in ›Eine Handvoll Worte‹

  • Liebe Alle,


    Barbaras Mann hat mich gebeten, den Termin für die Abschiedsfeier für Barbara hier bekannt zu geben. Sie wird am 6. März um 15:00 Uhr in der Aussegnungshalle, Friedhof Bad Wimpfen sein.
    Sie hätte sich sicher gefreut, wenn Forumsmitglieder dabei sind.


    Ich habe ein paar Tage gebraucht, ehe ich mich in diesem Thread äußern konnte, wollte aber jetzt doch noch mit Euch teilen, wie ich Barbara kennengelernt und mich mit ihr ausgetauscht habe.
    Als ich im letzten Frühjahr Kontakt via PN zu Barbara aufnahm, war ich auf der Suche nach jemandem, mit dem ich auf gegenseitiger Basis Manuskripte gegenlesen und kommentieren konnte. Der „Hundefriedhof“, den Barbara als BT vorgestellt hatte, hatte mich neugierig gemacht; dafür wollte ich Erstleserin werden. Sie hat sich über mein Interesse gefreut – man könnte nie genug Rückmeldungen bekommen, fand sie.
    Nun hatten wir nicht jede Woche neue Seiten fertig, die wir uns schicken konnten, aber wir schrieben uns bald regelmäßig. Über die Schwierigkeiten beim Schreiben. Oder darüber, wie unterschiedlich wir daran gingen. Sie schrieb chronologisch, während ich hin und wieder auch Szenen aus dem späteren Teil meines Buches schreibe. Warum machst Du es so, was sind die Vorteile? Neugierig war sie und offen; sie wollte das wissen, auch oder gerade wenn sie selbst es ganz anders tat. Mit Büchern war es ähnlich. Einmal schrieb sie mir, dass sie ein Buch von Charlotte Link wütend in die Ecke geworfen hatte. Ich dagegen lese Charlotte Link ganz gern und so tauschten wir uns über Bücher aus. Von Charlotte Link war es nicht weit zum Frauenbild in der Literatur und da verließen wir das Feld der Literatur und kamen – fast zwangsläufig – zum Leben überhaupt. So waren unsere Mails: ein neugieriger Austausch über das Leben, zu dem das Lesen und Schreiben gehört. Und das Sterben. Für sie ganz konkret – schon im letzten Sommer wusste sie, dass sie vom Krebs nicht mehr genesen konnte. Sie erwähnte es, weil es ein Teil ihres Lebens geworden war. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Angesichts dessen hat sie einmal aufgehört, am „Hundefriedhof“ zu arbeiten. Dann schrieb sie doch weiter, weil ihr der Roman noch immer wichtig war. Gewusst hat sie aber schon, dass die Zeit dafür nicht mehr reichen würde. Zuletzt hat sie endgültig aufgehört, an dem Roman zu schreiben und sich der kurzen Form wieder gewidmet – es war ihrer Situation angemessen.
    Einmal habe ich sie in Bad Wimpfen besucht. Sie hat mich vom Bus abgeholt und wir haben sofort angefangen, über Bücher zu sprechen; sie las gerade Friedrich Ani. Und dann sprachen wir über den Roman „Frau Rausch glaubt an Barbarossa“, den sie unter dem Pseudonym Vera Maria Sperling in einem Kleinverlag veröffentlicht hatte und sie zeigte mir den Roten Turm, in dem eine Leiche gefunden worden war – in ihrem Buch jedenfalls. Sie war traurig darüber, dass ich Bad Wimpfen nicht von seiner besten Seite kennengelernt habe; es war ein grauer Januartag, aber immerhin sind wir trocken zum Turm gekommen und dann zu ihr nach Hause. Bei Tee, Salat, Brot und dem allerbesten Nusskuchen der Welt, der im Café Feyerabend in Bad Wimpfen gebacken wird, haben wir weitergeredet. Auch über die 42er und darüber, dass sie jeden Morgen im Forum nachlas, was sich dort seit dem vorangegangenen Tag getan hatte. Sie hat sich nicht oft zu Wort gemeldet, aber sie schätzte die virtuelle Gegenwart derer, die wie sie mit Worten und am Text arbeiteten. Als sie mich zum Bus zurückbrachte, sagte sie noch einmal, dass es im Sommer sehr viel schöner in Bad Wimpfen sei. Und ich habe gesagt, dass ich sie noch einmal im Sommer besuche, wenn sie dann noch dort lebt. Wir wussten beide, dass die Chancen dafür nicht gut stehen und schon zwei Wochen später schrieb sie mir, es ginge ihr körperlich sehr schlecht. Mehr schrieb sie nicht zu diesem Thema – bis zuletzt war es ihr wichtiger, sich über das Leben auszutauschen und bis zuletzt hat sie ihre Nachrichten unterschrieben mit „Bis bald“.
    Übrigens hat sie mir bei meinem Besuch verraten, was auf dem „Hundefriedhof“ passiert ist. Das war fast so gut wie Erstleser zu sein. Aber ich hätte gern das ganze Buch gelesen.

  • Liebe Alle,


    Barbaras Mann hat mich gebeten, den Termin für die Abschiedsfeier für Barbara hier bekannt zu geben. Sie wird am 6. März um 15:00 Uhr in der Aussegnungshalle, Friedhof Bad Wimpfen sein.
    Sie hätte sich sicher gefreut, wenn Forumsmitglieder dabei sind.



    Vielleicht schaffe ich es. Das ist von mir aus ja nicht ganz so weit entfernt.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Nach einigen technischen Schwierigkeiten kann ich nun auch noch einen Text von Barbara einstellen (wollte ich eigentlich schon gestern Abend).
    Eine Pampelmuse spielt darin eine Rolle ...
    Sie hat diesen Text in dieser Aufteilung einmal zu einer Galerieeröffnung präsentiert, daher rührt die Aufteilung des Textes.

  • Liebe Dorrit,


    schön hast du das geschrieben, vielen Dank. Mich berührt so etwas immer. Ich finde es von ihrem Mann sehr bemerkenswert hier ihren Abschiedsfeiertermin bekannt zu geben. Toll, dass er ihr Interesse unterstützt hat und in den schweren Stunden sogar an so etwas denkt. Barbara muss das Forum und das Schreiben sehr wichtig gewesen sein.


    Liebe Grüße
    Nina

    Ich muss beginnen. Egal was. Hauptsache anfangen. Egal was. Aber beginnen muss ich!
    (sueddeutsche)

  • soviel von wegen: über virtuelle Netzwerke ist keine Kommunikation oder Nähe möglich.
    Wie schön, dass über dieses Forum so ein intensiver Austausch entstanden ist.
    Aus einigen Begegnungen mit Todkranken weiß ich WIE intensiv Menschen noch einmal zu leben, zu empfinden und zu denken anfangen.
    Danke, liebe Dorrit, dass du uns das erzählt hast und Anteil nehmen lässt.

    [buch]3866855109[/buch]


    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • Liebe Dorrit,


    vielen Dank für den berührenden Bericht. Heute ist der 6.3.2014 und ich denke an Ihre Familie.


    Auch ich habe ihren letzten BT-Text gelesen, aber der ehemalige Schreibzwerg hat sich nicht getraut, dazu Stellung zu nehmen. Mir hat der Text sehr gut gefallen.
    Du schreibst über ihren unvollendeten Roman "Hundefriedhof". Wäre es nicht vielleicht in ihrem Sinne gewesen, wenn Du diesen Roman zu Ende schreibst? Einige Zeilen in einem Vorwort würde als Aufklärung genügen. Falls sich kein Verlag findet, ginge doch die E-Book-Version?


    Liebe Grüße
    Linda

    "Gedanken sind nicht stets parat. Man schreibt auch, wenn man keine hat."
    Wilhelm Busch


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    meine Homepage: lindacuir.de