Artikel vor internationalen Begriffen

  • Ihr Lieben,


    gerade wieder OT-Thema in einem anderen Thread: Welcher Artikel gehört vor einen internationalen Begriff? Der, der den Begriff im Deutschen begleitet oder der, der dem Fremdwort übersetzt voranginge.


    "Um zwölf bin ich an der Gare du Nord. Treffen wir uns eine Stunde später auf der Place de la Concorde?"


    Wenn ich so etwas lese, stolpere ich regelmäßig darüber, auch wenn es vielleicht sprachwissenschaftlich korrekt ist (und hoffe inständig, dass ich es zumindest jetzt richtig formuliert habe :kratz2). Wie ist das bei euch? Haltet ihr euch beim Schreiben an diese Regel oder "deutscht ihr ein"?


    "Um zwölf bin ich am Gare du Nord. Treffen wir uns eine Stunde später auf dem Place de la Concorde?"


    Neugierige Grüße,
    Cordula

    "Man muss immer noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können." Nietzsche

  • Liebe Cordula,


    schön, dass Du diesen Thread eröffnet hast - ich wollte es auch schon tun.


    Ich habe mich ja dafür entschieden, den Artikel zu verwenden, der zum deutschen Begriff gehört, also: der Gare du Nord. Ist aber auch nur eine gefühlsmäßige Entscheidung und nicht belegt durch eine Regel.
    Was sagen die Sprachwissenschaftler und Germanisten dazu?


    Berta

  • Ich persönlich halte es für eitel, ein Fremdwort auch noch mit einem Artikel aus der Originalsprache zu versehen, der vom deutschen Artikel und seinem Genus abweicht. Wer soll das denn bestimmen? Die französische Grammatik etwa?


    Anders mag es in Fällen sein, in denen sich eine Ausnahme eingebürgert hat.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Ich schiebe mich mal vor "den Grammatiker" :) Rein "gefühlsmäßig" würde ich eindeutschen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich es nicht auch schon andersrum gelesen habe ...


    Der Duden meint hierdazu:


    "Für das Geschlecht eines Fremdwortes sind vor allem zwei Faktoren ausschlaggebend, nämlich zum einen das Geschlecht eines deutschen Übersetzungswortes bzw. eines sinnverwandten Wortes, wie etwa das Chanson (das Lied) oder die High Society (die Gesellschaft).
    Zum anderen besteht die Tendenz, allen Wörtern mit derselben Endung auch das gleiche Geschlecht zu geben: die Jumelage, die Garage; das Happening, das Aquaplaning."

  • Ich denke, es haben sich im Laufe der Zeit Konventionen eingebürgert, die oft nicht grammatikalisch oder rational zu begründen sind.
    Ich sage z.B. die Place de la Concorde, ebenso wie die Piazza. Oder käme einer auf die Idee, der Piazza zu sagen? Hört sich komisch an. Beim Pont Neuf bleibe ich auch beim französischen Geschlecht: le pont. Le pont d'Avignon übersetzt sowieso keiner.
    Bei la Gare du Nord schwanke ich, entscheide mich aber für den Gare.... Warum? Hört man wahrscheinlich öfter.
    Die Chanson sagt keiner.
    Beim Englischen wird es noch schwerer, wir hatten das schon beim smiley. Politisch korrekt sind wir sowieso nie, sonst sprächen wir z.B. nicht vom Handy, dem englischen mobile phone oder vom Oldtimer, womt fie Engländer einen alten Mann meinen.

  • Suum cuique.
    Ich glaube, das hängt von den ganz persönlichen Sprachkenntnissen und damit Empfindlichkeiten des Einzelnen ab.
    Wenn ich weiß, dass es "Die Avenue des Champs-Élysées" heißt, werde ich kaum sagen: Wir treffen uns auf DER Champs Élyséees.
    So ist es halt auch mit der Place de la Concorde, der Gare du Nord etc.
    Jeder sagt auch "die Seine", "die Themse" - warum eigentlich? Es heißt doch auch "DER Rhein", "der Nil"?
    Am groteskesten finde ich, wenn TUI sagt: Wir fahren mit der "Mein Schiff". So einen blöden Namen zu geben ....


  • Jeder sagt auch "die Seine", "die Themse" - warum eigentlich? Es heißt doch auch "DER Rhein", "der Nil"?
    Am groteskesten finde ich, wenn TUI sagt: Wir fahren mit der "Mein Schiff". So einen blöden Namen zu geben ....


    Wir sagen hier aber auch "DIE Tauber". Oder im Schwarzwald sagt man "DIE Nagold", in Bayern "DIE Iller", in Norddeutschland "DIE Elbe und DIE Weser", im Pott "DIE Ruhr"

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


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  • Also, bei den internalen Begriffen wäre ich mit Regeln vorsichtig, auch wenn jeder wahrscheinlich schon mal die eine oder andere gehört/gelesen hat. Ich mache das nach MEINEM Gefühl. Und obwohl ich zufällig des Französischen mächtig bin, ist es für mich DER Gare du Nord (aber DIE Place :D ). Was ist aber mit Sprachen, die man eh nicht kann? Klar, es heißt DER Haiku, aber ich habe keine Ahnung von Japanisch und sabbel das nur so nach, wie ich es immer gehört habe.


  • Suum cuique.
    Ich glaube, das hängt von den ganz persönlichen Sprachkenntnissen und damit Empfindlichkeiten des Einzelnen ab.
    Wenn ich weiß, dass es "Die Avenue des Champs-Élysées" heißt, werde ich kaum sagen: Wir treffen uns auf DER Champs Élyséees ...


    Umgangssprachlich: les Champs. Demnach würde ich gute Recherche oder herausragende Sprachkenntnisse dokumentieren, indem ich meinen Prota sagen ließe: Wir treffen uns dann auf den Champs ;)
    (Wobei das absolut stimmig klingt.)


    Trotzdem werde mich wohl hüten müssen, eine meiner Geschichten außerhalb des deutschsprachigen Raums anzusiedeln, denn einige dieser Artikelzuordnungen widersprechen total meinem Sprachgefühl.

    "Man muss immer noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können." Nietzsche

  • Ein Freund beschwerte sich kürzlich bei mir, dass für meinen Mobilfunkanschluss keine Mailbox aktiviert sei. Da ich solche Scheinanglizismen normalerweise meide, stutzte ich. Die Mailbox? Natürlich, der (echte) Anglizismus "Box" wurde bei der Eindeutschung männlich. Aber "Mailbox" bedeutet "Briefkasten". Nein, die Briefkasten für mein Telefon ist inaktiv. Dies nur am Rande. Laut "Wahrig" ist "Mailbox" übrigens tatsächlich weiblich.


    Bei "Gare du Nord" oder "Pont Neuf" enthalten die Eigennamen zugleich die Ortsbezeichnung. Eigentlich wäre es nach meinem Dafürhalten aber richtig, diese Eigennamen noch um die deutsche Ortsbezeichnung zu ergänzen, also zu sagen: Wir treffen uns auf dem Bahnhof "Gare du Nord" bzw. auf der Brücke "Pont Neuf", da man prinzipiell nicht davon ausgehen kann, dass jeder über entsprechende Kenntnisse verfügt. Umgangssprachlich lässt man das weg, weil die Begriffe überwiegend zum Allgemeinwissen gehören, der Angesprochene also weiß, dass "Gare du Nord" ein Bahnhof und "Pont Neuf" eine Brücke ist. Trotzdem bezieht sich der Artikel m.E. auf die ausführliche Fassung, würde ich sagen: Der Gare du Nord, die Pont Neuf.
    Wenn man aktiv eindeutscht, also italophile Figuren davon plappern lässt, sich auf der Piazza zu treffen, obwohl es auf dem Piazza heißen müsste, stellt man nach meinem Dafürhalten eigentlich ein unzulässiges Sprachkonstrukt her. Aber eines, das sich eingebürgert hat, weil es ja so lässig ist, ein paar Brocken Fremdsprache einzustreuen. Leute, die so quatschen, dürfen auch falsche Artikel benutzen. 8-)

  • "Der Piazza"? M.W. heißt es "la piazza".


    Die Duden-Regeln wurden ja weiter oben schon angeführt - klar ist, dass eben nicht alles klar ist. Für wichtig halte ich, bei die Artikelwahl bei den fremdsprachigen Bezeichnungen konsequent beizubehalten, d.h. wenn ich mich für den für das Nomen üblichen deutschen Artikel (z.B. Der Gare du Nord - weil: Der Nordbahnhof) entscheide, behalte ich dieses Vorgehen bei: Le Pont Neuf - DIE Pont Neuf, da es im Deutschen DIE Brücke heißt. Hier bekomme ich aber gleich Bauchschmerzen, da es logischerweise dann DIE Pont Neuve heißen müsste, was ebenso falsch wäre. Ich neige dazu, bei den Begriffen, die im Deutschen nicht als Fremdwort üblich sind (z.B. Das Chanson), den Artikel aus der Originalsprache zu übernehmen.


    Grenzlandfrau

  • Wenn man aktiv eindeutscht, also italophile Figuren davon plappern lässt, sich auf der Piazza zu treffen, obwohl es auf dem Piazza heißen müsste, stellt man nach meinem Dafürhalten eigentlich ein unzulässiges Sprachkonstrukt her. Aber eines, das sich eingebürgert hat, weil es ja so lässig ist, ein paar Brocken Fremdsprache einzustreuen. Leute, die so quatschen, dürfen auch falsche Artikel benutzen. 8-)


    Ich glaube, dass man automatisch DIE Piazza sagt, weil am Ende ein "a" ist und irgendwie auch in dem tiefstdeutschen Deutschen hin und wieder das "a" am Ende ein Femininum vorschwebt. Wie bei DIE Pizza - müsste auch DER heißen, der Teigfladen mit Belag 8-)
    Ist ja auch DER Mond, aber keiner käme auf die Idee, seinen Sohn Luna zu nennen, Mädels mit dem Namen gibt es allerdings inzwischen zuhauf.

  • das Chanson (das Lied)


    Chanson ist allerdings nicht das allerbeste Beispiel, da das sowohl als Neutrum als auch als Femininum existiert, und zwar um unterschiedliche Epochen/Stile unterscheiden zu können. Sieh da.

  • Nur ganz am Rande möchte ich einstreuen, dass meine alten Sprachschüler in Warschau sich kringeln würden vor Lachen: Die deutschen Artikel gelten für Fremdsprachler als das Schwierigste an der deutschen Sprache, und wenn die läsen, dass selbst Muttersprachler sich nicht einig sind ... :rofl


    Zur Vereinfachung möchte ich noch einmal auf Beitrag # 5 mit dem Duden und die dort beschriebenen Ausnahmen verweisen: Mit welchem Artikel ich ein fremdes Substantiv verwende, das entscheidet im Grundsatz die deutsche Grammatik und nicht die französische, englische, russische, mongolische oder altgriechische.


    Bei mehreren möglichen Übersetzungen eines Fremdwortes ins Deutsche gibt es mehrere mögliche Artikel. "La gare" ist auf Deutsch "der Bahnhof", und "le pont" ist "die Brücke". Die deutsche Grammatik sticht hier eindeutig.


    Autoren, die sich profilieren wollen, indem sie zeigen, wie wahnsinnig toll sie eine Fremdsprache beherrschen und ihr bis ins Deutsche nachfolgen, nenne ich eitel, ebenso wie in meinem ersten Beitrag.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)