Die erste Frau der Kirche fällt ...

  • Da fährt eine Frau, mit 1,5 und nochwas über eine rote Ampel. Ein paar von der Bullerei sind zur Stelle, amten ihres Waltes und fertich is!


    Denkste!
    Wie kommt nun die Geschichte in die Presse? Ist mir immer wieder eine schöne Demonstration von einer beonderen Art der Popularität, die Tom an anderer Stelle mit Herrn Bohlen beschrieben hat.
    Oder sollte ich davon ausgehen, das einem ganz normaler Streifenpolizist bei Ausübung seiner Tätigkeit, bei dem Namen Käsmann, gleich Position und Amt der pustenden Dame einfällt und er Presse und was weiß ich benachrichtigt?


    Wohl kaum. aber wer dann?

  • Zitat

    Original von Michael H


    natürlich nicht. so ein satz, wie er ihn gesagt hat, ist doch nur folklore und dient der inzwischen angekratzten botschaft bayern = csu.


    Eben.


    Käßmann ist menschlich, sie hat ein Schicksal, was sie bisher auch sehr menschlich gelebt hat.
    Sie hat einen Fehler begangen und steht dafür ein.


    Ich finde, das macht sie größer als viele andere.

  • Zitat

    Sie hat einen Fehler begangen und steht dafür ein.


    Anderthalb Promille sind 0,4 über der absoluten Fahruntüchtigkeit. Das mag man verniedlichend als "Fehler" bezeichnen, bezeichnet aber tatsächlich einen Vorgang, der eine akute Gefährdung jener sein kann, die zufällig gleichzeitig in der gleichen Gegend unterwegs sind (tatsächlich hat Frau Dingenskirchen ja auch eine rote Ampel übersehen), davon abgesehen stellt das eine Straftat nach § 316 StGB dar. Sicherlich müsste kaum jemand von uns deshalb seinen Hut nehmen. Aber Frau Irgendwasmitkäse hatte ja schließlich ein hohes Amt in einem Laden inne, der einen besonderen moralischen Anspruch erhebt.


    Zitat

    Ich finde, das macht sie größer als viele andere.


    Erstens dürfte die Dame sehr, sehr weich fallen, und zweitens hat es meiner Meinung nach nur sehr wenig mit Größe zu tun, auf öffentlichen Druck hin zurückzutreten, statt gleich am nächsten Morgen zu sagen: Nee, die Scheiße, die ich da gebaut habe, ist für eine verdammte Bischöfin nicht statthaft.

  • Zitat

    Original von Ulli


    ...
    Käßmann ist menschlich, sie hat ein Schicksal, was sie bisher auch sehr menschlich gelebt hat.
    Sie hat einen Fehler begangen und steht dafür ein.


    Ich finde, das macht sie größer als viele andere.


    Dem kann ich mich nur anschließen.


    Cordula G.

    "Man muss immer noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können." Nietzsche

  • Hallo Ulli,


    stimmt schon. Davor, dass sie die Konsequenz trägt, verdient sie Respekt.


    Amos: Das habe ich mich auch schon gefragt: Wie ist das so schnell an die Presse geraten? Ich kann mir das auch nicht erklären, zumal sie offenbar sozusagen "als Privatperson" unterwegs war.


    Tom: Ich würde gar nicht mal sagen, dass die Evangelische Kirche so einen besonderen moralischen Anspruch erhebt. Die meisten Theologen dort proklamieren nicht die eigene Unfehlbarkeit, sondern sehen sich als Mensch unter Menschen. Es geht hier wohl mehr darum, dass die Frau so eine Art "öffentliche Person" war und damit auch eine Vorbildfunktion wahrzunehmen hat, gleichgültig, ob Politikerin oder Bischöfin. Übrigens ist das Amt eines Evangelischen Bischofs vor allem ein Verwaltungsamt. Sein oder ihr Wort hat höchstens insofern mehr Gewicht als das "normaler" Pastoren, weil sie in der Hierarchie höher stehen. Es ist aber kein Berufungsempfinden damit verbunden.


    Liebe Grüße
    Anja

  • Zitat

    Original von Tom


    Erstens dürfte die Dame sehr, sehr weich fallen, und zweitens hat es meiner Meinung nach nur sehr wenig mit Größe zu tun, auf öffentlichen Druck hin zurückzutreten, statt gleich am nächsten Morgen zu sagen: Nee, die Scheiße, die ich da gebaut habe, ist für eine verdammte Bischöfin nicht statthaft.



    Auch wenn wir beide da sicherlich nicht konform gehen : sie steht seit einiger Zeit im Licht der Öffentlichkeit und das ganz anders als du und ich es jemals werden.
    Sie ist ein Mensch, sie hat schon jede Menge Druck erfahren. Sie hat Krebs.
    Sich eine Auszeit zu nehmen und darüber nachzudenken, ob sie wie Brechstein einfach:"Arschlecken, ihr Idioten" sagt oder ob sie Konsequenzen daraus zieht, find ich legitim.


    Ich habe heute einen Bericht gelesen, darin stand, dass sie nach 0,6 Litern Wein diesen Promille Spiegel gehabt haben dürfte - auf Grund ihrer größe, ihres Gewichts und außer dem bauen Frauen wohl Alkohol langsamer ab als Männer (so eine Scheiße, darauf einen Whisky).
    Ein Mann mit gut 50 Kilo mehr hätte um die 0,6 Promille gehabt.


    Ich finds einfach diskriminierend. :P :rofl

  • Hallo Ulli,
    ich bin völlig deiner Meinung...
    Diese Frau hat privat schon sehr viel durchgemacht.
    Außerdem kennt man die näheren Umstände dieser
    "Alkohol-Fahrt" nicht.
    Das soll keine Entschuldigung sein, nur eine Erklärung.


    Ich denke, es war ihr gar nicht bewusst, dass sie event. nicht mehr fahrtüchtig war.


    Sie hat allerdings auch eine Vorbild-Funktion und muss jetzt die Konsequenzen tragen.
    Dafür verdient sie Respekt...


    Gruß
    Helga

  • Vollen Respekt hätte sie meiner Meinung nach nur verdient, wenn sie quasi sofort nach dem Blasen ins Röhrchen zurückgetreten wäre und nicht erst dann, als der Fall durch alle Zeitungen wanderte. Denn dann hätte sie Konsequenzen aus ihrem unverantwortlichen Verhalten selbst gezogen und nicht aus dessen Bekanntwerden.


    Richtig ist aber auch, dass sie die Reißleine früher zog als so mach anderer in hohem Amt und Würden. Wobei es konsequenter gewesen wäre. freiwillig für ein Jahr den Führerschein abzugeben, um in der Zeit den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol zu üben, ohne dabei andere zu gefährden. Wer mit knapp 1,6 Promille ins Auto steigt, hat fast das Doppelte des Erlaubten getrunken und weiß, dass er zu viel getankt hat, nimmt es billigend in Kauf. Wenn es ihr nicht bewusst gewesen sein sollte, ist es noch schlimmer. Saufen und nichts davon merken und dann Auto fahren? Wie oft war sie dann schon mit x Promille unterwegs?


    Einem schweren Schicksal zu trotzen verdient Respekt, ist aber kein Freibrief für unverantwortliches Verhalten. Das würde ich strikt trennen.


    Grüße
    Hanna

  • Zitat

    Original von Hanna
    Vollen Respekt hätte sie meiner Meinung nach nur verdient, wenn sie quasi sofort nach dem Blasen ins Röhrchen zurückgetreten wäre und nicht erst dann, als der Fall durch alle Zeitungen wanderte. Denn dann hätte sie Konsequenzen aus ihrem unverantwortlichen Verhalten selbst gezogen und nicht aus dessen Bekanntwerden.



    Grüße
    Hanna


    Das halte ich für vermessen. Bei 1,5 Promille ist man nicht mehr so Entscheidungsfähig und hat seine Sinne so zusammen, dass ein überlegtes Reagieren möglich ist. Siehe die rote Ampel. Und auch unabhängig davon - der Mensch braucht in der Regel etwas Zeit, um kritische Situationen zu verarbeiten und Entscheidungen zu treffen. Ich halte den Zeitrahmen in diesem Fall für vertretbar.


    Horst-Dieter

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Mal völlig abgesehen von Religion: Ich finde das Verhalten dieser Frau, die ich bisher immer sehr kritisch beäugt habe, vorbildlich.
    Dass sie sich einige wenige Tage Zeit genommen hat, um sich darüber im klaren zu werden, was jetzt zu tun ist, kann man ihr nicht zum Vorwurf machen. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere daran, wie schnell Gregor Gysi als Berliner Wirtschaftssenator hingeworfen hat (weiß gar nicht mehr genau, worum es ging, aber nach verbreiteter Meinung war es eher harmlos). Da hat man dann sofort drüber spekuliert, dass er andere Gründe gehabt haben muss.
    Dass sie von "Fehler" spricht, Tom, muss noch nicht mal eine absichtliche Verniedlichung sein, sondern kirchliche Sprachgewohnheit. Die evangelische Kirche vermeidet gerne Begriffe wie "Sünde" und wenn sie gesagt hätte: Ich habe eine Straftat begangen, hätte man ihr genauso gut daraus einen Strick drehen können (tmsidk).
    Mal so unter uns Pfarrerstöchtern: Ich denke, jeder Mensch neigt dazu eigene Sünden/Fehler/Vergehen zu vertuschen, zu beschönigen usw. Ich auch. Wenn ich mal wieder irgendwelche Scheiße verzapft habe, kreisen ganz automatisch Spekulationen in meinem Kopf: wie komme ich da raus? Und die Sache zuzugeben und dazu zu stehen ist meistens nicht die erste Überlegung. Und wenn man eine Lücke sieht, wie man ohne großen Gesichtsverlust oder sonstige Folgen aus der Sache rauskommt, stößt man zu. Dieses Verhalten ist nicht zuletzt ein unerschöpfliches Thema für die Literatur (zB im Krimi - der Mörder muss überführt werden, wenn er sich freiwillig stellt, ist die Geschichte zu schnell zu Ende :D; oder auch ein schwerer Fehler in der Vergangenheit, der sich im jetzigen Schicksal des Prota auswirkt usw.) Frau Käßmann hat dieser Versuchung widerstanden. Wie leicht/schwer ihr das gefallen sein mag, weiß ich nicht. Aber das ist mir wesentlich lieber als eine gewisse Haltung in der Politik: Ich sitze die Sache aus, bis zur nächsten Wahl haben das die Wähler bestimmt vergessen. Oder aus dem Kulturbetrieb: Ich bin Künstler, ich darf alles.

  • Vor wenigen Wochen wurde der Dompfarrer zu St. Stephan, Toni Faber, immerhin Vorstand der größten katholischen Kirche Österreichs, ebenfalls trunken am Steuer erwischt. Der Alkoholwert überstieg bei weitem die 1 Promillegrenze.
    Konsequenzen hatte es keine, außer der Führerscheinabnahme. Ein paar im Rundfunk gestammelte Entschuldigungen, es würde nicht wieder vorkommen und so, das wars dann. Bereits eine Woche später wurde unser trinkfester Pfarrer als Promigast zu einer bekannten Quizshow eingeladen. War das lustig!


    Prost, :bier

    2 Mal editiert, zuletzt von Manuela K. ()

  • Ein paar Tage Bedenkzeit halte ich für legitim, vor allem, weil es dann auch eine wohl überlegte Entscheidung ist, die ich ihr hoch anrechne.


    Dass sie in Zukunft in ihrem Amt "angreifbar" wäre, zeigt doch schon die allgemeine Diskussion. Wobei ich den Eindruck habe, dass manche Leute mit zweierlei Maß messen. Damit, dass sie für viele eine Sympathieträgerin ist, die den Mut hat unbequeme Dinge offen auszusprechen und in ihrem Privatleben viel zu stemmen hat (wie unzählige andere auch) kann man sich den Vorgang doch nicht schönreden.


    Wer sich nach 0,6 Litern Wein (demnach eine knappe Flasche) noch hinters Steuer setzt und losfährt, begeht eine Straftat. Das ist nicht zu vergleichen mit einer Knolle wegen Falschparken.


    Ich denke, wenn jemand zu Schaden gekommen wäre, würde diese Diskussion überhaupt nicht stattfinden

    "Man muss immer noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können." Nietzsche

  • Besoffen Auto zu fahren finde ich unverantwortlich Punkt!
    Ob das mein Nachbar, mein Mann oder Frau Kässmann machen, ist dabei gleichgültig...und jedem gehören die Punkte in Flensburg und/oder der Lappen weg. Vorbildfunktion haben Autofahrer da alle...mehr oder weniger natürlich...
    Aber muss deswegen der Beruf auch aufgekündigt werden?
    Finde eine öffentliche Entschuldigung hätte gereicht.

    [buch]3866855109[/buch]


    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • Alkohol wird bagatellisiert. Zu Unrecht. Wenn ich auf der Straße unterwegs bin, ob mit Auto, Fahrrad oder zu Fuß, kann ich mich noch so umsichtig verhalten, es wird mir wenig nützen, wenn mich ein angetrunkener Autofahrer in einen Unfall verwickelt.


    Frau Käßmann war nicht angetrunken, sie war betrunken. 1,5 Promille sind weit jenseits jeder Fahrtüchtigkeit, selbst bei Leuten, die einiges gewohnt sind. In solchem Zustand Auto zu fahren ist in unserem Land eine Straftat. Worüber ich persönlich froh bin, völlig abgesehen von Frau Käßmann. Ich habe kein Verständnis für Leute, die betrunken ins Auto steigen. Kann damit zu tun haben, dass ich generell wenig Verständnis dafür habe, sich volllaufen lassen.


    Das Amt, von dem Frau Käßmann zurückgetreten ist, gibt es in Deutschland genau einmal. Wir haben auch noch einen Obersten bei den Katholiken, aber das wars dann auch. Die Vergleiche mit Ministern und irgendwelchen Promis sind, mit Verlaub, Blödsinn. Die Ratsvorsitzende der EKD ist eine Art moralische Instanz; zumindest wurde das bisher gern so gesehen, im Großen und Ganzen wohl auch von Frau Käßmann selbst. Sie gibt übrigens nicht ihren Beruf auf, sie bleibt Pastorin. (Ich lasse mal außen vor, dass sie auch als Bischöfin zurückgetreten ist.) Der Rücktritt von dem Über-Ich-Amt als Ratsvorsitzende war vollkommen unausweichlich. Wenn sie nicht von selbst die Konsequenzen gezogen hätte, wäre das anders erledigt worden. Mit Sicherheit hätte es sich nicht von selbst erledigt, nicht bei diesem Amt. Auch Herr Huber hätte zurücktreten müssen, wenn ihm was Ähnliches passiert wäre. Dass österreichische Dompfarrer weitermachen können oder bayerische Verkehrsminister, das ist ein interessanter Vergleich, sagt aber nicht, dass Frau Käßmann zurücktreten musste, weil sie eine Frau war oder dass sie zurückgetreten ist, weil sie so viel nobler ist als die angesprochenen Herren. Das Amt, das sie hatte, verträgt sich nicht mit 1,5 Promille im Auto. DAS VERTRÄGT SICH NICHT.


    Ich erinnere nur mal daran: Wir haben dieses nicht ganz kleine Problem mit Alkohol bei Jugendlichen, und damit meine ich nicht nur Komasaufen, sondern generell Alkoholmissbrauch bei Heranwachsenden, der in den letzten Jahren zugenommen hat. Wie unglaubwürdig solls denn noch sein? Es reicht doch gerade schon, was unsere Politclowns tagtäglich aufführen.


    Enno

  • Zitat

    Original von Enno
    Ich habe kein Verständnis für Leute, die betrunken ins Auto steigen. Kann damit zu tun haben, dass ich generell wenig Verständnis dafür habe, sich volllaufen lassen. (...)


    Das Amt, das sie hatte, verträgt sich nicht mit 1,5 Promille im Auto. DAS VERTRÄGT SICH NICHT.


    Danke, Enno.


    Alkohol ist ein Problem, das immer noch sehr verharmlost wird, finde ich. Saufen ist halt gesellschaftlich in Ordnung. Ich habe in jedem Job, in dem ich gewesen bin, mit Kollegen zu tun gehabt, die man nur als Alkoholiker bezeichnen kann. Das war vollkommen normal, keiner hat was dabei gefunden. Tassen hoch!


    Und wenn Frau K. es schafft, mit anderthalb Promille in ein Auto zu steigen und nicht zu bemerken, dass sie besoffen ist, dann ist das für mich - pardon - ein Zeichen dafür, dass der Zustand ihr halbwegs normal vorkam. (Wenn ich eine Flasche Wein intus habe, MERKE ich das. Ein Alkoholiker u.U. aber nicht ...)

  • Zitat

    Original von Gerdom
    (Wenn ich eine Flasche Wein intus habe, MERKE ich das. Ein Alkoholiker u.U. aber nicht ...)


    Rischisch. :bier


    Ich kann als Außenstehender nicht beurteilen, ob der Rücktritt ihre Entscheidung war, aber es gibt für mich hier wenig Grund, an ihr zu zweifeln.


    Frau Käßmann ist eine Person, die sich jetzt an ihren eigenen moralischen Standards messen lässt.


    Fehler sind verzeihlich, mit den Konsequenzen seines Tuns muss man leben. Als öffentliche Person in solch exponierter Position war ihr Schritt auch moralisch konsequent.


    Es gibt die eine oder andere skifahrende Pistensau, die andere leichtfertig ins Jenseits befördert, und sich wesentlich skrupelloser und moralfrei zeigt.


    Herzlichst


    Wolf P.

    "NOW is the happiest time of your life." Daevid Allen ( :gitarre )

  • Zitat

    Original von Wolf P


    Es gibt die eine oder andere skifahrende Pistensau, die andere leichtfertig ins Jenseits befördert, und sich wesentlich skrupelloser und moralfrei zeigt.


    Ja, an den hab ich auch denken müssen. Aber Politiker sind ja schmerzfrei, was moralische Grenzverletzungen angeht ...


    Die Messlatte für kirchliche Amtsträger liegt halt in dem Bereich e bitzele höher ...