Schriftstellermuseen

  • Ein Museum über einen einzelnen Schriftsteller, Ausstellungen, die um Leben, Werk und Person eines einzelnen Menschen aufgebaut sind: Respekt, derjenige hat’s geschafft! Obschon: Die meisten Schriftsteller, denen diese Ehre zuteilwird, werden wahrscheinlich tot sein. Oder alle. Von daher …


    Bei einem Besuch in Lübeck hatte ich Gelegenheit, das Günter Grass-Haus zu besuchen. Möglicherweise leben Museen wie diese manchmal vom Erzählen, weniger von den Exponaten. Passend wäre es. So gibt es im Grass-Haus eine Regalwand mit Gegenständen, nicht hinter Glas oder mit Kordel vom Besucher getrennt, anfassen war ausdrücklich erlaubt. Diese Gegenstände waren nun nicht alle „original“ – was ich aber auch gar nicht weiter schlimm finde – aber die Erzählung der Frau, die uns durch die Ausstellung führte, machten diese Gegenstände lebendig.
    In der Sonderausstellung „Verschiedene Ansichten: Böll und Grass“ gibt’s z. B. Werkpläne der beiden Schriftsteller zu sehen. Heinrich Bölls Pläne mit u. a. farbigen – ich glaube – Wachsmalkreiden, daneben die von Grass, die in sich ein eigenes graphisches Kunstwerk darstellen, könnten unterschiedlicher nicht sein und verfolgten doch im Kern denselben Zweck.


    Beim Stichwort Lübeck ist der Gedanke an Mann nicht weit weg. Im Buddenbrookhaus (Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrum) lautet der Titel der Sonderausstellung gerade „What a family! – Die Manns von 1945 bis heute“.


    Im steirischen Krieglach gibt’s das Rosegger-Museum, in Étretat „Le Clos Arsène Lupin, Maison Maurice Leblanc“ – dies nur als zufällige Beispiele, da sie mir vor Ort aufgefallen sind: Unterschiedlich gut werden die vielen, vielen Schriftstellermuseen sein, mit unterschiedlichen Ansätzen; vielleicht sind manche auch vornehmlich dazu da, den Touristen bei Regentage die Langeweile zu vertreiben. Im besten Fall aber wecken sie die Neugier auf das Werk des jeweiligen Schriftstellers, selbst, wenn das vor Besuch des Hauses gar nicht so ausgeprägt war.

  • Es ist eine gute Idee, Schriftstellermuseen vorzustellen. Das Gras-Haus habe ich selbst letztes Jahr besucht und war beeindruckt (auch ohne Führung). Ich werde demnächst hier einige Mueseen aus der Region, in der ich lebe vorstellen (z.B. zu Mörike – da gibt es nicht nur ein Museum).

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    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Vor Jahren war ich in Husum im Theodor-Storm-Haus, fand es ziemlich beeindruckend, obwohl es bei mir war, wie Petra beschrieb, dass ich einen Regentag herumbringen musste. Es ist zu lang her, als dass ich lebendige Eindrücke davon wiedergeben könnte, 2003 war mein Besuch dort: http://www.storm-gesellschaft.de/museum/

  • Nietzsche ist für mich im Gefühl irgendwie ein no go, ein Verrückter, ein Wahnsinniger. So jedenfalls die Geschichtslesung in der ddr und Schule. Und damit die erste Impfung.
    Immer wieder, wenn ich Nietzsche lese, nichts anderes als die Aphorismen, bin ich hin und weg und kann nicht aufhören.


    Das Haus selber in Naumburg zeigt viele Fotos und natürlich ist auch die "geistige Umnachtung", das Thema, weil sich alles bei Nietzsche scheinbar um diesen Punkt auf sein Leben festmacht, wiewohl es doch einfach nur damit geendet hat.


    Ich finde viele seiner Sätze klar, hellsichtig und vor allen Dingen aktuell:


    Alles Geschehen aus Absichten ist reduzierbar auf die Absicht der Mehrung von Macht.


    Also aber rate ich euch, meine Freunde: mißtraut allen, in welchen der Trieb, zu strafen, mächtig ist!
    Das ist Volk schlechtester Art und Abkunft; aus ihren Gesichtern blickt der Henker und der Spürhund.


    Auch der vernünftigste Mensch bedarf von Zeit zu Zeit wieder der Natur, das heißt seiner unlogischen Grundstellung zu allen Dingen.


    Aus Mangel an Ruhe läuft unsere Zivilisation in eine neue Barbarei aus. Zu keiner Zeit haben die Tätigen, das heißt die Ruhelosen, mehr gegolten.


    Das beste Mittel, sehr verlegenen Leuten zu Hilfe zu kommen und sie zu beruhigen, besteht darin, daß man sie entschieden lobt.

  • Hermann Hesse, verehrte Anwesende,


    wurde in Calw geboren, daher nennt sich der Ort jetzt Hermann-Hesse-Stadt.
    Das Museum für den großen Sohn ist empfehlenswert, aber natürlich muss man viel lesen und sollte deshalb keinen Sonnentag dafür opfern.
    Als ich dort war, hat es erst zu regenen begonnen, als ich das Haus verließ. Was sage ich, es regnete nicht, es kübelte wirklich dermaßen, dass auf der Rückfahrt zum Urlaubsdomizil die Scheibenwischer große Probleme hatten, halbwegs freie Sicht zu schaffen.
    Aber das ist durchaus nicht als Zeichen gegen das Hermann-Hesse-Museum zu sehen. Der Besuch lohnt sich, wie schon gesagt. Geschrieben. Wie auch immer. :D


    Herzlichst


    Wolf P.

    "NOW is the happiest time of your life." Daevid Allen ( :gitarre )

  • Hermann Hesse wurde zwar in Calw geboren, verbrachte aber einen Teil seiner Kindheit auch in Basel, wovon einige Erzählungen zeugen. Passend zu Wolfs Beschreibung ist eher "Der Zyklon", die Beschreibung eines Unwetters, das noch etwas drastischer ausfiel, als es Wolf erlebt hat. Besser aber, als in Calw zu bleiben, ist es nach Süden an den Bodensee weiterzufahren und zwar an den Unteren See nach Gaienhofen, wohin Hesse 1904 von Basel aus gezogen war. Es ist ruhiger dort als am überlaufenen Nordufer des Sees und man findet Muße, das Hermann Hesse Museum zu besuchen. Es ist im ersten Haus, das Hesse mit seiner Frau für ein paar Jahre bewohnt hat, eingerichtet und zeigt nicht nur Exponate von und über Hermann Hesse sondern auch von anderen Künstlern, die auf der Höri gelebt und gewirkt haben. Noch besser aber ist es, sich für eine Besichtigung im zweiten Haus Hesses anzumelden. Das hat die Biologin Eva Eberwein vor dem Abriss gerettet und gleich auch noch den Garten wieder so angelegt, wie Hesse es vor gut hundert Jahren getan hat. Es gibt themenorientierte Führungen von denen sich jede einzelne lohnt. Wenn man dann fertig ist und nicht am Ort bleibt, z.B. im Seehörnle, kann man auch im nächsten Ort noch das Otto Dix Haus besuchen und weiter nach Stein am Rhein fahren.


    Einen Ableger des Weins, den wir vor drei Jahren Frau Eberwein aus ihrem Hesse-Garten abgekauft haben, wächst heute an unserer Terasse hoch.

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  • Fährt man noch weiter in den Süden, bis ins Tessin, kann man oberhalb von Lugano das Dorf Montangnola aufsuchen. Auch hier hatte Hesse in zwei Häusern gewohnt. Im ersten, in der Casa Camuzzi gibt es inzwischen ebenfalls ein Hesse Museum. Unweit vom Ort liegt der Friedhof, auf dem Hesse begraben wurde. Davon habe ich bereits im 42er Blog bereichtet.

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  • Auch ein (literarischer) Besuch Coburgs lohnt sich. Dort hat Friedrich Rückert seine letzten Jahre verbracht. In seinem Haus lebt heute sein Ur-Ur-Ur-Enkel, der gerne Führungen macht. Er nennt das "Leben im Museum". Von solch einem Besuch habe ich in meinem Buch "Geheime Orte in Mittel- und Oberfranken" berichtet. Zu sehen sind einige Zimmer, die so hergerichtet sind wie sie zu Lebzeiten Rückerts waren. Beeindruckend sein Schreibpult. Er muss ein Riese gewesen sein. Im Kontrast dazu steht seine Handschrift, die ganz kleine Buchstaben zeigt. Seine arabische Schrift wirkt wie kalligraphiert.

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  • "O, schaurig ists, übers Moor zu gehn", verehrte Collegae,


    besonders, wenn's ein Moor im Münsterland ist, wo Annette von Droste-Hülshoff von 1826 bis 1846 mit kurzen Unterbrechungen im Wtwensitz ihrer Mutter, dem Haus Rüschhaus, lebte. Natürlich ist hier alles auf die berühmte Bewohnerin ausgerichtet, d. h. die Einrichtung ist größtenteils so belassen, wie es von der Droste bewohnt war.
    Ihr Geburtshaus, die Burg Hülshoff , liegt ganz in der Nähe und beherbergt teilweise auch die Droste-Museum.
    Verstorben ist die Dichterin allerdings nicht im Münsterland, sondern auf der Meersburg am Bodensee. Auch hier sind die Räume, die sie bewohnte, zu einem kleinen Droste-Museum gestaltet worden.


    Herzlichst


    Wolf P.

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  • Gar trostlos ginge es in Cuxhaven zu, gäbe es dort nicht ein ganz und gar entzückendes kleines Ringelnatzmuseum - und das, obwohl er zu Cuxhaven nicht mehr Bezug hatte als dass er da im Ersten Weltkrieg mal für ein paar Wochen bei der Marine stationiert war (leider kein Link, da unterwegs und vom Handy ). Sehr zu empfehlen!

    "Aim high, expect nothing."

    (Uschi Obermaier?)

  • Ich hatte versprochen, noch etwas zu Eduard Mörikezu sagen: Der hat einige Jahre in Bad Mergentheim gelebt, hier geheiratet und seine Petrefakten gesammelt. Entsprechend gibt es im Deutschordensschloss ein »Mörike Kabinett«, das sehens- und lesenwert ist (nämlich die Beschreibungen zu den Ausstellungsstücken). Wichtigstes Werk, dass in Bad Mergentheim entstand, ist die »Idylle vom Bodensee«. Auch sein Haushaltsbuch, das penibel geführt und nett mit Zeichnungen versehen wurde liegt aus und kann als Faksimile erworben werden. Einen Mörike-Wanderweg gibt es, der vom Marktplatz hinauf zu den Stellen führt, wo der Dichter seine Steine und Fosilien gesucht hat. Zurück geht es über Neuenkirchen zum Ausgangspunkt. Gut zwei Stunden ist man unterwegs, richtig anstrengend wird es an keiner Stelle, auch wenn es mal etwas bergauf geht, aber richtig hoch ist es ja in Tauberfranken nirgends. Nicht weit entfernt von Bad Mergentheim liegt Wermutshausen. Dort lebte ein guter Freund des Dichters, der Pfarrer Wilhelm Hartlaub. Die Freundschaft bekam jedoch Risse, als Mörike heiratete, denn der ehemalige evangelische Pfarrer suchte sich dafür eine katholische Kaufmannstochter aus. In Wertmutshausen gibt es ein Mörike-Zimmer, weil der Dichter hier einige Monate gewohnt hatte, nachdem er seine Pfarrstelle in Cleversulzbach aufgegeben hatte. Man kann sie besichtigen, sollte aber zuvor anrufen und einen Termin ausmachen. Da nun Cleversulzbach einmal erwähnt ist, soll auch nicht verschwiegen werden, dass es ein Mörike-Museum dort gibt. Geöffnet ist es leider nur an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 16:30 Uhr (außer Karfreitag und Ostersonntag), und auch nur von März bis November. Auch dort gibt es einen Mörike-Wanderweg, der keine großen Ansprüche stellt (zumindest was die körperliche Tüchtigkeit anbelangt). Interessant ist ein Besuch auf dem Friedhof, denn hier liegt nicht nur Mörikes, sondern auch Schillers Mutter begraben.

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  • Ich bin heute wieder mal in Cleversulzbach gewesen und Fotos zu meinem vorherigen Posting mitgebracht.

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    Emanuel von Bodmann


  • Ich bin ja in den letzten Monaten viel in Mecklenburg unterwegs gewesen und immer hatten mir Leute gesagt, ich soll unbedingt in der Feldberger Seenlandschaft vorbeischauen, es sei im ohnehin wunderschönen Mecklenburg noch einmal etwas Besonderes. Was ich bestätigen kann - sehr schöne Landschaft mit See und die Natur ist wunderbar.


    Aber es gibt dort auch ein sehr schönes Schriftstellermuseum, nämlich über Fallada, der dort einige Jahre gelebt hat - vermutlich die glücklichste Zeit seines Lebens. Ein Grundstück am See, ein Haus, in dem einige Räume ziemlich original eingerichtet sind. Briefe, die er seiner Frau geschrieben hat, sind dort ebenso zu sehen wie Filme, die sich mit seinem Werk beschäftigen. Aber es ist auch schön, einfach nur im Garten zu sitzen, auf den See zu schauen und sich vorzustellen, wie er hier gelebt hat und wie inspirierend dieses Umfeld für ihn gewesen ist.


    Ich kann einen Besuch unbedingt empfehlen und die Landschaft dort ist echt auch eine Reise wert.


    Übrigens sagen die Einheimischen, dass es im Herbst dort aussieht wie in Kanada, weil die beinahe die intensivern Herbstfarben habe. Wer also im Oktober noch nichts vorhat ...