Hürden bei der Recherche

  • Im Zuge eines Romanprojektes habe ich versucht - zusätzlich zu den üblichen Verdächtigen wie Internet und Sachliteratur - mit Fachleuten ins Gespräch zu kommen. Da ich Informationen über den Alltag einer bestimmten ethnischen Gruppe brauchte, habe ich mich an diverse Vereine dieses Genres gewandt. Für naturwissenschaftliche Fragen fragte ich bei Instituten und beim zuständigen Fachbereich einer Uni nach.
    Meistens erfolgte keine Reaktion auf meine Mails. Manchmal meldete sich jemand, aber wenn ich dann versuchte, den Kontakt zu konkretisieren, war wieder tote Hose.
    Mach ich was falsch? Sehe ich so gefährlich aus :affe? Liegt es daran, dass ich ein Nobody bin?


    Was meint Ihr dazu? Wie sind eure Erfahrungen?


    Liebe Grüße
    Achim

  • Hi Achim,


    ich würde sagen: lieber anrufen. Oder gleich hingehen. Für die Beantwortung solcher Mails nimmt sich kaum jemand die Zeit. Weil keine übrig ist. Das Problem kenne ich jedenfalls so ganz beiläufig aus meinem Job. :D

    Frau: "Warum müssen Frauen immer still sein?"
    Mann: "Weil sie dann länger schön bleiben."
    (Der Hexer, 1964)

  • Hilfreich ist ein Presseausweis. Der ist nicht so ohne weiteres zu beschaffen, wenn man nicht regelmäßig die Presse mit eigenen Machwerken bedient. Aber wenn man gelegentlich in Print und Online veröffentlicht, dann gibt es da schon Möglichkeiten, an solch einen Ausweis zu kommen. Mit solch einem Presseausweis ist die Recherche erheblich erleichtert. Gesprächspartner nehmen einen dann meist viel schneller ernst. Selbst Fotografieren, wo sonst verboten (in Museen, bei manchen Veranstaltungen) ist dann erlaubt, wenn man sich vorher akkreditiert.


    Also liefere bei der Regionalpresse mal was ab oder veröffentliche in Fachzeitschriften oder regelmäßig in Onlineportalen o.ä. - und besorg dir dann so ein Ding. (PN an mich und ich gebe dir zwei, drei Adressen)


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Hallo, Achim.


    Ich stimme Berit zu - direkter Kontakt funktioniert eher. Und davon abgesehen: Nicht zu tief stapeln. "Ich bin Schriftsteller und recherchiere für meinen nächsten Roman" ist keine Lüge, klingt aber besser als: "Ich bin Nachwuchsautor und überlege, mal zu versuchen, einen Text anzubieten, in dem es um dasunddas geht, habe aber noch keinen Verlag, vielleicht können Sie mir trotzdem helfen. Sehr wahrscheinlich aber erscheint diese Geschichte nie, so ist das eben. Haben Sie Zeit?"

  • Hallo, Horst-Dieter.


    Zitat

    und besorg dir dann so ein Ding


    ver.di gibt Presseausweise 2010 nur an Journalisten raus, die nachweisen können, hauptberuflich in diesem Bereich tätig zu sein. Ich habe in den vergangenen Monaten diverse Texte für Zeitschriften verfasst und arbeite gerade an meinem zweiten Beitrag für das österreichische "DATUM", und im Prinzip wäre ich auch an einem PA interessiert. Die Voraussetzungen, die ver.di nennt, kann ich allerdings nicht erfüllen. :(

  • Bislang wurde mir immer gerne und ausführlich Auskunft gegeben. Ich hab einfach gesagt, dass ich an einem Roman schreibe und dafür das und das wissen möchte.


    Und ich gebe Tom recht, es kommt sicherlich darauf an, wie man auftritt. Freundlich anfragen, ob nun per mail, Telefon oder persönlich, kurz das Projekt umreißen und wenn der Gesprächspartner Zeit hat, die Fragen stellen.

  • Zitat

    Original von Tom
    Hallo, Horst-Dieter.



    ver.di gibt Presseausweise 2010 nur an Journalisten raus, die nachweisen können, hauptberuflich in diesem Bereich tätig zu sein. Ich habe in den vergangenen Monaten diverse Texte für Zeitschriften verfasst und arbeite gerade an meinem zweiten Beitrag für das österreichische "DATUM", und im Prinzip wäre ich auch an einem PA interessiert. Die Voraussetzungen, die ver.di nennt, kann ich allerdings nicht erfüllen. :(


    PN ist unterwegs

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  • Hallo Leute,


    Danke für die vielen Rückmeldungen. Ich bin vermutlich zu brav. Ich hab mich nicht getraut, gleich anzurufen, sondern wollte per Mail vorfühlen. Und ja, ich habe natürlich in meiner Anfrage kräftig relativiert, damit ich nicht als (vermeintlicher) Angeber dastehe. :bonk.


    Das wird sich ändern.


    Liebe Grüße und ich freue mich natürlich über weitere Tipps.
    Achim

  • Hallo Achim,


    ich habe beim ersten Mal "heimlich" recherchiert. Gelesen, Leute ausgefragt, einfach Interesse vorgegeben :D.
    Außerdem gibts doch noch den großen Fundus der Internetforen. Da sind meistens recht auskunftsfreudige Menschen unterwegs.


    Liebe Grüße
    Anja

  • Hi Achim,


    noch ein Tipp: Manchmal verschätzt man sich sehr, welche Experten man im weiteren Bekanntenkreis hat. Es lohnt sich oft, im Bekanntenkreis rumzufragen, ob wer jemanden kennt oder sich selber auskennt. Auch hier im Forum.


    Ich hatte einen sehr auskunftswilligen Mediziner im Bekanntenkreis, mit dem ich medizinische Fragen durchgegangen bin. Eine Mitautorin hat mir in einigen geschichtlichen Bereichen gute Auskunft gegeben.


    Da finden sich sicher auch bei dir einige Experten, an die du dich wenden kannst. Und die dann zu löchern, ist recht einfach. Die sind meist sehr willig. Einfach umhören. Und wenn du keinen passenden Experten kennst, dann mach dich mit ihm bekannt und frag ihn dann. :D


    GLG
    Petra

  • Da kann ich mich Petra nur anschließen. Auch meine "Büchereulen" haben mir schon so manche Recherchefrage beantwortet, für deren Beantwortung ich mich sonst mühevoll auf die Suche nach einem Experten hätte machen müssen. Aber "Leseküken" ist mit einem plastischen Chirurgen verheiratet und "Bücherfresser" (die echten Nicks sind der Red. bekannt ;)) arbeitet als Staatsanwalt, beispielsweise. Und so weiter.

  • Zitat

    Original von AchimW
    Da ich Informationen über den Alltag einer bestimmten ethnischen Gruppe brauchte,


    Ich z.B. weiß mehr über Tibet, als die meisten hier vermuten würden. 8-)


    Die deutsche Sinologie und Tibetologie seit 1945 ist das langweiligste, was es gibt. Das sieht man auch daran, daß keiner in diesem Forum auch nur ein Buch eines deutschen Sinologen (von mir aus auch Tibetologen) nennen könnte, das relevant, gut lesbar, allgemeinverständlich und trotzdem auch noch wissenschaftlich wäre.

  • Zitat

    Original von Th. Walker Jefferson
    … Das sieht man auch daran, daß keiner in diesem Forum auch nur ein Buch eines deutschen Sinologen (von mir aus auch Tibetologen) nennen könnte, das relevant, gut lesbar., allgemeinverständlich und trotzdem auch noch wissenschaftlich wäre.


    Es gibt leider überhaupt wenig Bücher, die alle diese genannten Anforderungen gleichzeitig erfüllen

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  • Hallo Achim


    Ich recherchiere immer zuerst am Arbeitsplatz. Die wissen in der Zwischenzeit, dass ich schreibe und schauen auch nicht mehr so komisch :D. Meist kennt jemand jemanden dessen Freundin eine Cousine hat, die mit einem ... verheiratet/verbandelt etc. ist.


    Wenn das nicht funzt, frage ich in meinem Bekanntenkreis herum. Da ich bei dem weiss, wer was kennt, ist dies erst die zweite Möglichkeit.


    Weiter geht's mit Aufrüfen (gibt's das Wort?) in Internet-Foren. Wenn man dich dort nicht kennt, ist der Erfolg allerdings mässig.


    Erst am Schluss frage ich dann Wildfremde. Die aber, wie schon angedeutet, musst du schon ein wenig "bearbeiten". Also selbstbewusst auftreten, aber nicht arrogant sein. Evtl. ein 'als Dank würden Sie natürlich in der Danksagung erwähnt' einfügen ... du glaubst nicht, wie verlockend das für Nichtschreiber ist ;) ... und wenn du keine Antwort kriegst, evtl. tel. nachfragen oder andere Fremde suchen. Gibt ja x Fachmänner für alles.


    Wenn das alles nix bringt/nützt/fruchtbar ist ... Thema des Romans wechseln! :evil


    Viel Erfolg!

  • Zitat

    Original von AchimW
    Da ich Informationen über den Alltag einer bestimmten ethnischen Gruppe brauchte,


    Du, mach doch einfach mal ein paar Tage Urlaub im Ruhrpott. Hier ist es so multikulti, dass die Chance hoch ist, auch Deine Romanvorlagenleute zu finden. Bisschen Russisch vorher üben (oder auffrischen, wenn Du es in der Schule hattest) wäre ganz gut; das verstehen auch andere Osteuropäer, wenn Deine Leute daher kommen. Ansonsten kommst Du auch mit Deutsch gut weiter, gibt immer genug, die übersetzen können.

  • Hallo,


    den Bereich "Leute, die ich kenne und die wiederum Leute kennen" habe ich mir noch gar nicht erschlossen... danke für den Tip. Anfragen in Foren habe ich schon gestellt, zT mit sehr unterschiedlichem Erfolg. Aber ich vermute mal, bei jeder Frage klappt ein anderes Mittelchen.


    @siempre: Ich habe Infos über den Alltag von Tibetern gesucht (hatte dazu hier auch eine Frage im Forum gestellt). Auf Mailanfragen reagieren die Vereine in Deutschland aber meist nicht. Vielleicht denken die, ich arbeite Undercover für den chinesischen Geheimdienst 8-). Na ich habe das Projekt erstmal zurückgestellt. Vielleicht nehme ich auch eine andere Ethnie. Es müssen eigentlich nicht unbedingt Tibeter sein.


    @Maren: Danke für die Einladung. Multikulti habe ich in Berlin, wo ich arbeite, auch :D, aber dein Tipp ist eine gute Ausrede, um mal wieder eine Reise zu machen =). Habe gehört, die traditionelle Vorstellung von rauchenden Schloten und Kohlebergen ist passé und im Ruhrgebiet soll es sehr schön sein. Letztes Jahr war ich auf halben Wege sogar schon da, als ich im Sauerland geurlaubt habe. ;)


    Mann, da habe ich ja jetzt einen ganzen Fundus von Möglichkeiten. Recherche ist bisher nicht meine Stärke. Meistens habe ich Bücher und Google zu Rate gezogen.


    Liebe Grüße
    Achim

  • Zitat

    Original von AchimW
    …Letztes Jahr war ich auf halben Wege sogar schon da, als ich im Sauerland geurlaubt habe. ;)

    Achim


    Na, da sollten dir aber ausreichend Leute aus dem Pott begegnet sein. Neben Mallorca gilt das Sauerland dort ja durchaus als beliebtes Naherholungsgebiet :D

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    Emanuel von Bodmann


  • Das mit dem Presseausweis kannste knicken, lieber H.D....habe mal im Verband Rheinisch Westfälischer Zeitungsverleger (jetzt ZVNRW)gejobt...den bekommen wirklich nur hauptberuflich Tätige...


    Aber ich rate dir, Achim auch: Nicht kleckern, sondern klotzen...musst dich wichtig machen ;)

    [buch]3866855109[/buch]


    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

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