"Die rechte Wende" - sehenswerte und ernüchternde Doku auf 3Sat

  • Die Zeit, als man Nazis an ihren klotzigen Outfits und am tumben Auftreten erkannte, sind vorbei. Die neuen rechtsrechten Kämpfer und Vordenker sind Autoren und Verleger, nutzen die Kampagnenpolitik der 68er, treten selbstbewusst und sogar lässig auf, geben sich als Opfer und unterwandern die Medienwelt sehr geschickt mit gekidnappten Termini. Einer der wesentlichen Protagonisten ist der Verleger Götz Kubitschek, dessen "Antaios-Verlag" nicht nur die neue Publikationsheimat des inzwischen komplett durchgeknallten Akif Pirinçci ist, der u.a. öffentlich die Deportation von mindestens 8 Millionen Ausländern fordert, sondern auch und vor allem das intellektuelle Unterfutter für Identitäre und AfDler liefert. Diese sehenswerte, erschütternde und ernüchternde Doku zeigt, wo der Weg hingeht, wenn wir nicht aufpassen:


    http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=70183

  • Zitat

    Die Zeit, als man Nazis an ihren klotzigen Outfits und am tumben Auftreten erkannte, sind vorbei. Die neuen rechtsrechten Kämpfer und Vordenker sind Autoren und Verleger, nutzen die Kampagnenpolitik der 68er, treten selbstbewusst und sogar lässig auf, geben sich als Opfer und unterwandern die Medienwelt sehr geschickt mit gekidnappten Termini.


    Ich habe mich eben an ein Buch erinnert, das ich Anfang der 90er las: Wolfgang Kowalsky, Rechstsaußen ... und die verfehlten Strategien der deutschen Linken.


    Der SPIEGEL schrieb in seiner Rezension unter anderem:


    Zitat


    Der Wissenschaftler, seit kurzem für Grundsatzarbeit bei der IG Metall angestellt, hat sich vorgenommen, als Linker unter Linken eine breite Debatte über Antifaschisten und ihre Heiligtümer anzuzetteln. (…)
    Kowalsky: "Viele Strategien antworten auf Fragen von gestern und bewegen sich im Grunde immer noch im Rahmen eines Antifaschismus der dreißiger Jahre." (…)
    Tatsächlich ist es wohl kaum mehr als Wunderglaube, es müsse nur ausreichend Aufklärung über die NS-Zeit geboten werden, dann verliere der Rechtsextremismus allmählich schon an Boden.
    Viele Grüppchen und Zirkel rechtsdraußen orientieren sich schon lange nicht mehr an Hitler, sie stehen nicht in der oft behaupteten direkten Kontinuität der Nazis. Sie diskutieren etwa den Begriff "kulturelle Hegemonie" des italienischen Marxisten Antonio Gramsci, besetzen Begriffe wie Ethnopluralismus und befassen sich mit Gentechnologie oder Weltwirtschaft - und zwar "auf einem intellektuellen Niveau", wie ihnen die alternative Tageszeitung bescheinigte, "das Kreuzberger und Frankfurter Szenestammtischen bereits vor Jahren abhanden kam". (…)
    Rechtsextremisten propagieren schon jetzt eine bürgernahe Politik und mehr plebiszitäre Elemente. In den zentralen innenpolitischen Konflikten um Einwanderer, Wohnungen, Arbeitsplätze und Kriminalität, bei denen die etablierten Parteien drastisch an Glaubwürdigkeit verloren haben, artikulieren sie Volkes Stimme und verbuchen Wahlerfolge.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Zitat

    In einem anderen Staat wäre ich Soldat und kein Verleger


    Was mich immer zutiefst irritiert, ist das Rumgegröhle gesteigert bis zu tätlichen Auseinandersetzungen, das inhaltlose Skandieren irgendwelcher hirnlosen Parolen, links wie rechts. Wie kann ein halbwegs intelligenter Mensch da mitmachen? Und gerade die Linken sollten sich besinnen, denn -wie auch in dem Beitrag gezeigt mit diesem Bärtigen zB.- die Rechten sind mittlerweile die besseren Rhetoriker und Diskutanten geworden. Stinkefinger, Prügeltrupps und Grölerei sind da das schlechteste Gegenmittel.

  • Ich hatte die Doku gestern Abend kurz drauf und habe sie weggeschaltet, weil nicht ausgehalten, als dieser unerträgliche Kerl von den Identitären, dieser Bärtige, vorgestellt und interviewt wurde. Du hast vollkommen recht mit dem, was du sagst, Tom, die Optik täuscht, die Schubladen funktionieren nicht mehr, begegnete mir solch ein Bärtiger (der übrigens große Ähnlichkeit mit meinem Cousin hat), ich würde einen Linken erwarten, einen Hipster, aber mit solchen Zuschreibungen erlebe ich (nicht nur hier) eine schlimme Bauchlandung, bin entsetzt und kann nicht fassen, was aus diesem Mund an Wörtern herauskommt.


    Leider leider leider (ich könnte noch zig davon anfügen) begegne ich Menschen mit Ansichten wie die der Identitären in meinem Alltag allzu häufig. Mein Problem dabei ist: Ich kann mir nicht helfen. Wirklich nicht. Ich bin schockiert, meine Amygdala schlägt Alarm, im besten Fall ziehe ich mich raus aus der Situation. Mir fehlen die Argumente. Ich fühle mich hilflos, bin wütend, wie mir liebe Menschen auch nur denken können, an allem (Diebstähle, Vergewaltigungen, Arbeitslosigkeit) seien die Flüchtlinge schuld und überhaupt sieht man ja nur noch Ausländer in der Kleinstadt.
    Wie argumentiere ich dagegen an?
    Ich übe mich darin, in einen emotionalen Zustand zu gelangen, in dem ich sachlich sprechen kann, aber wie argumentiere ich? Wie stehe ich solch eine Diskussion durch? :achsel

  • Zitat

    Mir fehlen die Argumente. Ich fühle mich hilflos, bin wütend, wie mir liebe Menschen auch nur denken können, an allem (Diebstähle, Vergewaltigungen, Arbeitslosigkeit) seien die Flüchtlinge schuld und überhaupt sieht man ja nur noch Ausländer in der Kleinstadt.
    Wie argumentiere ich dagegen an?
    Ich übe mich darin, in einen emotionalen Zustand zu gelangen, in dem ich sachlich sprechen kann, aber wie argumentiere ich? Wie stehe ich solch eine Diskussion durch? :achsel


    Ja, da schreibst du was. So geht es wohl vielen, denn wir sind ja so aufgewachsen (unterstelle ich jetzt einfach mal), dass dieses Gedankengut so klar und einvernehmlich verurteilt wurde, dass es einer Diskussion ja gar nie bedurfte und wir in diesem Bereich das Diskutieren verlernt haben. Und so wie der, der im Film mit dem Bärtigen diskutieren wollte reagiert, beobachte ich das so oft, auch an mir. Man echauffiert sich im Innersten und regt sich über die Ungeheuerlichkeiten auf, aber argumentativ kommen -wenn überhaupt- spontan nur Plattitüden und widerlegbare Behauptungen über die Lippen. Dieses Phänomen beobachte ich selbst in Schriftform.

  • Danke für die Erinnerung, hatte die Sendung verpasst.
    Sehr fein finde ich, dass Du Andrea das so offen schreibst.
    Ich beobachte an mir, dass ich hier im Dorf gut zuhören kann und dann reden, da gelingt auch fast immer ein Gespräch und eine kleine Veränderung, aber sonst gerate ich auch oft in hilflose Schnappatmung, wenn es bei einem Sender oder sonstwo unvermittelt rechts losgeht, denn dieser Neofaschismus ist ja überall inzwischen zu finden. Und ja, wir haben Zuhören, argumentieren auch links teilweise verlernt, weil wir genauso in Blasen leben.

  • Danke, Tom! Ich habe mir die schwere Stunde Fernsehen heute Mittag angetan, auch wenn's kaum auszuhalten war. Ich muss das sehen, obwohl ich mich am liebsten verstecken möchte. Es ist erschütternd, wie kalt und klug die Rechten strategisch vorgehen und wie dumpf der Widerstand - der gar nicht klein ist - in die Falle tappt. Nichts scheint zu funktionieren.

    Ich versuche es im Kleinen, bin aber zu emotional und bin schon Diskussionen aus dem Weg gegangen, die Freundschaften zerstört hätten. Auf der anderen Seite habe ich einen Freund erlebt, der so bewundernswert sachlich diskutieren konnte, dass das AfD-gesonnene Gegenüber nichts mehr zu sagen wusste. Der hat das in seinem Umfeld aber vielfach geübt und kannte alle Argumente.


    Und ich? Ich koche am Sonntag mit Freunden aus Syrien, Aghanistan, Afrika und rede darüber, wie großartig das ist. Wenigstens etwas.


  • Ja, da schreibst du was. So geht es wohl vielen, denn wir sind ja so aufgewachsen (unterstelle ich jetzt einfach mal), dass dieses Gedankengut so klar und einvernehmlich verurteilt wurde, dass es einer Diskussion ja gar nie bedurfte und wir in diesem Bereich das Diskutieren verlernt haben. Und so wie der, der im Film mit dem Bärtigen diskutieren wollte reagiert, beobachte ich das so oft, auch an mir. Man echauffiert sich im Innersten und regt sich über die Ungeheuerlichkeiten auf, aber argumentativ kommen -wenn überhaupt- spontan nur Plattitüden und widerlegbare Behauptungen über die Lippen. Dieses Phänomen beobachte ich selbst in Schriftform.


    Nehmen wir an, ich sage: An allem (Diebstähle, Vergewaltigungen, Arbeitslosigkeit) ist das Großkapital schuld und überhaupt sieht man ja nur noch Ableger des Kapitalismus in der Stadt. Eine absurde Behauptung, natürlich. Oder ich mache Strahlungen des Uranus verantwortlich. Oder Donald Trump. Den Klimawandel.


    Falls jemand mit Behauptungen arbeitet, die eine sachliche Argumentation vermissen lassen, dann kann man gar nicht sachlich dagegen argumentieren. Wo es bloß um unhaltbare Phrasen geht, um verfälschende Verallgemeinerungen, um "Fake News" ... da begibt sich der Phrasendrescher auf ein Feld, das der nüchternen Argumentation unzugänglich ist.


    Ich sehe es wie der SPIEGEL-Korrespondent Hasnain Kazim: Wenn der bombardiert wird mit Mails, die ihn auffordern zu beweisen, dass er Deutscher sei - was soll er dann machen? Soll er "sachlich argumentieren"? Seinen Personalausweis einscannen? Das reicht dem Schreiber der Mail ja nicht: "Ein deutscher Pass genügt nicht!!!" Soll Herr Kazim den anderen auf stilistische und orthographische Mängel in dessen Deutsch aufmerksam machen? Nein - wie Kazim stets wiederholt: Mit Pappnasen kannste nicht diskutieren. Seine Lösung ist durchaus elegant.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Zitat


    Nehmen wir an, ich sage: An allem (Diebstähle, Vergewaltigungen, Arbeitslosigkeit) ist das Großkapital schuld und überhaupt sieht man ja nur noch Ableger des Kapitalismus in der Stadt. Eine absurde Behauptung, natürlich.


    Na, so absurd nun auch wieder nicht. Ich glaube, dass Aggression und Ängste nicht selten ursächlich in der Arbeits- oder Nichtarbeitssituation zu suchen sind und diese wiederum meistenfalls vom Großkapital und der Politik "gestaltet" wird.


    Zitat

    Falls jemand mit Behauptungen arbeitet, die eine sachliche Argumentation vermissen lassen,


    das ist ja gerade die Crux, sie argumentieren ja sachlich (siehe Film)


    Zitat


    Ich sehe es wie der SPIEGEL-Korrespondent Hasnain Kazim


    Ja, wunderbar! Aber (hast du den Film gesehen?) es geht ja im Beitrag um "die Intelligenz" der neuen Rechten. Die Dumpftröten sind natürlich nach wie vor auch ein Problem, aber ein anderes.


    Grüße

  • Ich übe mich darin, in einen emotionalen Zustand zu gelangen, in dem ich sachlich sprechen kann, aber wie argumentiere ich? Wie stehe ich solch eine Diskussion durch?



    Ich muss dazu sagen, dass ich die Doku (noch) nicht gesehen habe, aber Deine Frage, Andrea, treibt mich auch oft um. Mit einer (durchaus engen und auch lieben) Bekannten habe ich mich vor ca. einem Jahr auch gezofft, habe versucht ihren Argumenten sachlich zu begegnen (zum Beispiel wollte ich ihr rein rhetorisch begreiflich zu machen, dass es kein Beweis für irgendwas ist, wenn ihre Nachbarin sagt, dass sie beim Gang durch den Supermarkt nicht weiß, ob sie noch in Deutschland ist. Oder dass sie, die Bekannte selbst, als Kasachin jedes Recht der Welt hat, für sich und ihre Tochter das Beste zu wollen und nach Deutschland zu gehen und das doch bitte auch anderen zugestehen soll; Stichwort so genannte Wirtschaftsflüchtlinge. Wurde sie natürlich sauer). Ich merkte, wie ich mich emotional immer mehr aufplusterte, nervöse Flecken bekam und meinem Ziel, sie zu überzeugen, keinen Millimeter näher rückte. Es endete damit, dass wir uns ankeiften. Kein Durchdringen, weder hüben noch drüben. Am nächsten Tag tat es uns beiden leid, und ich hatte mir inzwischen überlegt, dass ich ja selbst auch manchmal besch... irrationale Ängste habe und habe das Gespräch an der Stelle wieder aufgenommen. Was aber auch nichts brachte - okay, wir haben uns notdürftig wieder vertragen.


    Ich will damit sagen, dass ich es aufgegeben habe, Leute überzeugen zu wollen (jedenfalls auf dem Gebiet ;) ). Ich kann es einfach nicht. Wenn ich trotzdem beim nächstenMal wieder argumentieren werde, so gut ich es eben vermag, dann nur und ausschließlich für mich und weil ich sonst platzen würde. Ist ein bescheidener Level aber meine einzige mögliche Umgehensweise.

  • Gestern Abend den Film gesehen. Es wird höchste Zeit, dass wir wieder einen linken, und einen sozialdemokratischen und einen liberalen Diskurs bekommen. Und dass mehr Menschen begreifen, was da in ganz Europa zusammenwächst an faschistischen Bewegungen, und alle auch durchaus gut vernetzt mit den Autokratien und Diktaturen ringsum. Das kommt. Bzw. ist das schon in unserer Gesellschaft. Das kommt auch nicht überraschend, denn wenn man genau hinschaut, war ein Teil dieses faschistischen, völkischen Deutschdenkens nie weg, nur überdeckt. Und die Vorstellung vom "Abstransport" der Nichtdeutschen (tja, wer ist das und wer sind die Arier) wird durch Anträge von FDP!!!, AFD und CDU ja wieder ein bisschen vorstellbarer.

  • Ja, wunderbar! Aber (hast du den Film gesehen?) es geht ja im Beitrag um "die Intelligenz" der neuen Rechten. Die Dumpftröten sind natürlich nach wie vor auch ein Problem, aber ein anderes.


    Das sehe ich ebenso wie Du, Nifl. Zur Avantgarde der Rechtsradikalen habe ich etwas in meinem ersten Beitrag geschrieben, wo es um Kowalskys Buch "Rechtsaußen" geht. Die intellektuelle Rechte ist ja kein neues Phänomen; Kowalsky schrieb sein Buch vor über einem Vierteljahrhundert. Noch einmal ein Zitat aus der Rezension des SPIEGEL: "Sie diskutieren etwa den Begriff "kulturelle Hegemonie" des italienischen Marxisten Antonio Gramsci, besetzen Begriffe wie Ethnopluralismus und befassen sich mit Gentechnologie oder Weltwirtschaft - und zwar "auf einem intellektuellen Niveau", wie ihnen die alternative Tageszeitung bescheinigte, "das Kreuzberger und Frankfurter Szenestammtischen bereits vor Jahren abhanden kam"." Die Grundthese des Buchs war meiner Erinnerung nach: Die Rechtsradikalen haben sich weiterentwickelt und besetzen neue Themen, und die Linken meinen, man müsse nur genug über den Nationalsozialismus aufklären; dann erledige sich das Problem der "Neuen Rechten".


    Mein letzter Beitrag drehte sich um Andreas Überlegungen in Bezug auf die rechten Dumpfbacken, wenn sie sagen: "Die Flüchtlinge sind an allem schuld." Sie fragte: Wie argumentiert man dagegen an, und Du schriebst, wir hätten in diesem Bereich das Diskutieren verlernt. Meiner Ansicht nach ist das eine hoffnungslose Suche nach sachlicher Auseinandersetzung.


    Den Film habe ich noch nicht gesehen. Vielleicht hole ich das nach. Die "Intelligenz der Neuen Rechten" gibt es allerdings schon seit Langem.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Flötenspielen scheint ja irgendwie der Argumentation zu helfen bei Journalisten, die in der Öffentlichkeit stehen. Ich hab auch noch eine, im Haus meiner Eltern, glaube ich. Vielleicht sollte ich beim nächsten Familiengeburtstag und bei entsprechenden Äußerungen die Flöte rausholen und die Nationalhymne pfeifen? ;)
    Oder wir pfeifen alle was auf der Blockflöte und lösen einen Internet-Hype aus, indem wir alle unsere Videos davon ins Netz stellen. Wär doch mal 'ne geile Aktion ;)


    Aber was hilft wirklich in der Argumentation (so sich ein Gegenüber darauf einlässt)?
    Fragen stellen?
    Die Verallgemeinerungen bloßstellen? Indem man Fragen stellt wie "Meinst du wirklich, alle Flüchtlinge sind Diebe? Auch die Vierjährigen?"
    Oder das Nachplappern entlarvt? "Entspricht das wirklich der Realität?", "Woher weißt du das?"


    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es nichts bringt, die eigene Haltung zu referieren. Damit erreiche ich niemanden. Missionieren ist nicht erwünscht (nicht mal bei mir selbst, will sagen: ich finde es scheußlich, wenn ich es tue), die Meinung ist oft so zementiert (meine eigene ja auch), da bräuchte es schon so was wie Gehirnwäsche.


    Wenn es gelänge, den einen oder anderen zum Nachdenken zu bringen, wäre ich schon zufrieden.


    Könnten wir mal sammeln, wer welche Erfahrungen mit welcher Strategie gemacht hat? Die könnten wir dann bei nächster Gelegenheit, jeder für sich, ausprobieren. Und je mehr Strategien/Werkzeuge einer in der Hand hat, umso eher gelingt es vielleicht, beim Gegenüber etwas zu erreichen. Ich bin ein Träumerle, ich weiß, aber hoffen darf man ja noch, oder?


  • Oder wir pfeifen alle was auf der Blockflöte und lösen einen Internet-Hype aus, indem wir alle unsere Videos davon ins Netz stellen. Wär doch mal 'ne geile Aktion ;)


    Pfeifen (auch ohne Flöte) scheint sowieso eine den Schriftstellern angemessene Kunst zu sein, glaubt man H.H.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es nichts bringt, die eigene Haltung zu referieren.


    Ich denke, die Motivationen für diese neue Bewegung, bedient sich der Bauchgefühle: Unsicherheit, Angst, Orientierungslosigkeit und dem Wunsch dass jemand es in die Hand nimmt...Diese Ängste werden aufgebläht und intellektuell und philosophisch untermauert.


    Diskussionen/Argumentationen laufen dann über den Kopf. Aber das Eigentliche liegt tiefer. Angst und Unsicherheit bekommt man nicht wegdiskutiert. Klappt ja schon im Kleinen und im Alltag nicht so wirklich. Auf der anderen Seite bekommt man Angst und Unsicherheit schnell großgefüttert durch die entsprechenden Argumente.


    Zitat

    Pfeifen (auch ohne Flöte) scheint sowieso eine den Schriftstellern angemessene Kunst zu sein


    Vielleicht sollten wir uns als Verein mit anderen Menschen für die nächste Buchmesse zusammen tun und einfach intervallmäßig als Zug pfeifender, vielfältigster, musizierender, clownesker oder burlesquer, tanzender und fröhlicher Menschen durch die Gasse ziehen, an denen diese Stände liegen. Lebenslustige Störer. Pfeifen und tanzen gegen die Angst.


    Es ist ja noch ein bisschen Zeit bis dahin aber vielleicht eine überlegenswerte Maßnahme?

  • Zitat


    Aber was hilft wirklich in der Argumentation (so sich ein Gegenüber darauf einlässt)?
    Fragen stellen?
    Die Verallgemeinerungen bloßstellen? Indem man Fragen stellt wie "Meinst du wirklich, alle Flüchtlinge sind Diebe? Auch die Vierjährigen?"


    Frei Nachgespielt: Neiiiinn, natürlich nicht (sympathisches Lächeln), ich bin ja ein Kind von hier, war dort in der Schule, habe noch viele Freunde aus der Schulzeit, auch türkischstämmige zB..Aber (das berühmte Aber) man darf auch die Augen nicht verschließen wie die Politiker, die nur sich selbst am nächsten stehen, gar nicht wissen was hier mittlerweile abgeht:
    Einige schreckliche unwiderlegbare Vorfälle werden aufgezählt.
    Und es ist nun mal Fakt, da hilft auch kein Schönreden, dass man nur in die Kriminalstatistik schauen muss und (er kennt sie in Zahl und Gliederung) ...


    Tja, und da geht das Gestotter des Gegenüber los.


  • Frei Nachgespielt: Neiiiinn, natürlich nicht (sympathisches Lächeln), ich bin ja ein Kind von hier, war dort in der Schule, habe noch viele Freunde aus der Schulzeit, auch türkischstämmige zB..Aber (das berühmte Aber) man darf auch die Augen nicht verschließen wie die Politiker, die nur sich selbst am nächsten stehen, gar nicht wissen was hier mittlerweile abgeht:
    Einige schreckliche unwiderlegbare Vorfälle werden aufgezählt.
    Und es ist nun mal Fakt, da hilft auch kein Schönreden, dass man nur in die Kriminalstatistik schauen muss und (er kennt sie in Zahl und Gliederung) ...


    Tja, und da geht das Gestotter des Gegenüber los.


    Nehmen wir also einen Punkt heraus - Kriminalität. Das Faktum ist: Sie ist weltweit höher unter Ausländern als unter Inländern. Das gilt in Australien ebenso wie in Kanada, Russland, Deutschland und Österreich. Das sachliche Argument ist eine relativ komplizierte kriminologische Ursachenforschung, bei der die herrschende Meinung weltweit sagt: Die höhere kriminogene Neigung sei in der Hauptsache auf kulturelle Konflikte zurückzuführen. Die herrschende Meinung in Deutschland stellt auf typischerweise soziale Benachteiligung ab. Die dann auch wieder in soziale Deprivation münden kann - insoweit sind wir wieder bei der ersten Meinung.


    Jetzt haben wir für unser tolles Argument zwei Adressaten: 1. Dumpfbacke. Die versteht das gar nicht. 2. rechtsradikale Avantgarde. Die weiß das schon. Die versteht das auch. Die will sich aber gar nicht überzeugen lassen.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Jetzt haben wir für unser tolles Argument zwei Adressaten: 1. Dumpfbacke. Die versteht das gar nicht. 2. rechtsradikale Avantgarde. Die weiß das schon. Die versteht das auch. Die will sich aber gar nicht überzeugen lassen.


    Und wohin führt das? Zu Frust bei demjenigen, der zu überzeugen versucht.


    Wo ich lebe, zählt zum Beispiel die Sache mit "war selbst mit Ausländerkindern in der Schule" überhaupt nicht, weil unwahr. Hier im Dorf gibt es 0 Familien anderer Herkunft, in der Kerngemeinde zähle ich vielleicht 5 oder 6 Familien mit türkischen Wurzeln und 2 mit spanischen. Dafür etwa 1/5 Menschen, deren Familien nach dem Zweiten Weltkrieg durch Vertreibung ihre Heimat verloren haben und hier zwangsangesiedelt wurden.


    Womit also punkten?
    Mit den eigenen Gefühlen? Dass ich selbst Angst habe vor dem zunehmenden Rassismus und es mir tiefe Sorge bereitet, wohin das führen könnte? Dass ich selbst zur Menschenliebe erzogen wurde und schlicht nicht verstehe, wieso Ausgrenzung überhaupt sein muss? Dass Mitgefühl mit den Ausgegrenzten angesagt ist, und bei aller Angst um die persönlichen Besitzstände Teilen das Motto der Zukunft ist, da wir bei wachsender Bevölkerungszahl weltweit ohnehin enger werden zusammenrücken müssen?
    Und dann gemeinsam überlegen, wie Lösungen aussehen könnten?