TA 5: D. F. Wallace - Unendlicher Spaß (Romanauszug)

  • Verehrte Anwesende,


    in unserer Textanalyse geht es um einen Text von D. F. Wallace. Den Text – einen Romananfang mit dem Titel „Unendlicher Spaß“ – findet ihr kostenfrei hier.


    Folgende Fragestellungen möchten wir gern erörtern:



      - Schreibt da einer ohne Regeln oder hat er Regeln die nur nicht leicht zu erkennen sind?


      - Ist der Einsatz von Fremdwörtern und Jargon ein legitimes Stilmittel für den modernen Erzähler?


      - Welche Momente dieser 16 Seiten motivieren zum Weiterlesen dieses 1600 Seiten umfassenden Schmökers?


      - Lässt sich die Handlung dieses Romananfangs in drei Sätzen zusammenfassen?


      - Worin zeigt sich auf diesen 16 Seiten bereits die Komplexität im Stil dieses Autors?


    Ich wünsche allen viel Vergnügen bei der Lektüre und eine interessante Diskussion.


    Herzlichst


    Wolf P.

  • Lesehilfe:



    kongruiert = stimmt überein


    digestiv = die Verdauung fördernd


    Diktion = Ausdrucksweise, Ausdrucksstil einer Person beim Reden


    Trizepse (=Triceps) = Muskel(n) am Oberarm und Wade


    Zirkumflex(en) = diakritisches Zeichen (zur Kennzeichnung einer besonderen Aussprache), ein nach unten offener spitzer Winkel (Dach) über dem Buchstaben, z.B.: â


    Kekuléknoten = vermutlich meint er den Krawattenknoten in der Forme der historichen Kekulé-Benzol-Formel (nach Friedrich August Kekulé von Stradonitz), etwa in dieser Form:


    [SIZE=7].....[/SIZE]_
    /....\
    \ _ /



    fassonieren = Die Haare im Fassonschnitt schneiden


    aviarische Gestalt = gemeint ist vermutlich eine vogelartige Gestalt (lat. aviarius = zu den Vögeln gehörig)


    degoutiert (degoutieren) = anekeln, etwas ekelhaft finden


    ephemer = für kurze Zeit bestehend, flüchtig, ohne bleibende Bedeutung


    präskriptiv = aus der wertenden Perspektive gesehen, aus der es „richtig“ und „falsch“ in der Benutzung von Sprache gibt (Linguistik)


    mimetisch = nachahmend, nachäffend


    Montague-Grammatik = Richard Montague (1930 - 1971), US-amerikanischer Mathematiker, Logiker, Philosoph und Linguist und Klassiker der formalen Semantik natürlicher Sprachen


    Semantik = Lehre von der Bedeutung von einfachen und komplexen sprachlichen Zeichen (als Disziplin der Linguistik), sonst: Bedeutung und Inhalt sprachlicher Ausdrücke


    hypertroph = vergrößert, vermehrt entwickelt, durch Zellwachstum vergrößert (Medizin/Biologie)


    Defäkation(shaltung) = Stuhlentleerung, Haltung zur Stuhlentleerung


    Presbyophie = Altersweitsichtigkeit

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    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Original von Tom
    "Defäkation" hat es übrigens - u.a. - nach der Lektüre des Buches in meinen Alltagswortschatz geschafft. Ein wunderbares Wort.


    vor allem, weil man das ja (lt. Buch) auch als Haltung kultivieren kann :D

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  • Hallo ihr Lieben,


    diese Runde werde ich nachholen müssen. So was nachholen. Im Dezember frühestens. Was für eine Schande, bei dem Text. ;(


    Zitat


    Kekuléknoten = vermutlich meint er den Krawattenknoten in der Forme der historichen Kekulé-Benzol-Formel (nach Friedrich August Kekulé von Stradonitz), etwa in dieser Form:


    Wird er meinen, im Original ist das ein Adjektiv, so wie ich es lese (trotz Großschreibung), dann wäre es im Deutschen das Getüm wie: sein kekuléonisch (geformter) Knoten


    (Leseprobe findet sich auf Amazon.com)




    Zitat


    aviarische Gestalt = gemeint ist vermutlich eine vogelartige Gestalt (lat. aviarius = zu den Vögeln gehörig)


    avian - die Vögel betreffend
    aviary birds - Volierenvögel
    = aviarian


    Sieht nicht nur wie ein Vogel aus, sondern wie ein eingesperrter Vogel.


    @Thomas: Oder liege ich da gerade voll daneben? :dumm



    Nicht falsch verstehen, die Übersetzung ist so gut, wie man ohne Fußnoten auch nur werden kann, aber Wallace war so groß, dass sie seinem Text trotzdem jede Menge Ebenen klaut IMHO. Vielleicht ist es deshalb besser, erst mal keine Zeit zu haben, zu Wallace gelingt mir kein Abstand. Der saugt mich einfach ein und spukt mich am Ende wieder aus und ich wollte bisher gar nicht wissen, wie er das gemacht hat. Zeit, sich dem Zauber zu entziehen, nehme ich an.


    Liebe, gerade heulende, weil keine Zeit habende Grüße
    Judith


    Edit: Mit Fußnoten meine ich solche, in denen irgendwo Anm. des Übersetzers auftaucht. :D

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



    Der Tokee in Die rote Kammer [buch]393991407X[/buch]

  • Zitat

    Original von siempre
    ich hoffe, es ist okay, dass ich den link einstelle:
    http://www.welt.de/kultur/arti…fe-dann-Depressionen.html


    Ich weiß nicht, was Arne Wilander, der Autor des Artikels bei Welt-Online geraucht hat, aber abgeschrieben hat er schon ganz ordentlich. Was er da heute preisgibt - oder besser gesagt zusammenstoppelt -, das haben schon in den letzten Monaten andere Medien (vor allem Printmedien) längst gebracht.


    Mir haben diese ersten sechzehn Seiten jedenfalls Spaß gemacht. Allerdings kann ich mir schon vorstellen, dass es eine Herausforderung ist, 1600 Seiten lang immer wieder Fremdwörter nachschlagen zu müssen. Aber man hat ja auch was davon, man gewinnt dabei ja was fürs Leben, siehe Tom, der seinen Wortschatz um ein wichtiges und essenzielles Wort bereichern konnte.


    Horst-Dieter

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    Emanuel von Bodmann


  • der artikel ist ja schon ein bisschen älter, hd. ich hab mich mit mr. 1000 seitenplus noch nicht beschäftigt. sorry, wenn das alles :)lle kamellen sind für euch anderen.

  • Zitat

    Original von Horst Dieter
    Ich weiß nicht, was Arne Wilander, der Autor des Artikels bei Welt-Online geraucht hat, aber abgeschrieben hat er schon ganz ordentlich. Was er da heute preisgibt - oder besser gesagt zusammenstoppelt -, das haben schon in den letzten Monaten andere Medien (vor allem Printmedien) längst gebracht.


    Wir sind schon wieder am Shreddern, aber der Artikel ist vom 20.08.2009


    :brille


    Edit: Okay, siempre war schneller und mein Browser nicht up-to-date...

  • Zitat

    Original von JochenAlexander

    Wir sind schon wieder am Shreddern, aber der Artikel ist vom 20.08.2009


    :brille


    ….


    Stimmt! Ich habe mich am Datum oben links orientiert und das war von heute


    8o


    <schämmodus aus>

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  • Hallo, ja du liegst daneben - nicht voll, aber knapp; leider ist das auch ganz vorbei.


    In meinem Original-Schinken steht:

    Zitat

    And surely the little aviarian figure at right is Athletics…


    Dafür übersetze ich:


    Zitat

    Und die kleine vogelhafte Gestalt auf der rechten Seite ist bestimmt der Sport-Dekan.


    Im Deutschen gibt es keine „aviarische“ Gestalt, weil das Wort „avis“ nicht als Fremd- oder Lehnwort ins Deutsche eingegangen ist, ins Englische aber schon, wo man z.B. avionics sagt, wenn man all das bezeichnen will, das mit dem Fliegen was zu tun hat.


    Mit ist schon klar, warum der Übersetzer sechs Jahre gebraucht hat – weil er kein Englisch kann. Rara avis, kann ich da nur sagen.

  • Zitat

    Original von Horst Dieter
    degoutiert (degoutieren) = anekeln, etwas ekelhaft finden


    Ich weiß, dass du nichts dafür kannst, aber das Wort "degoutiert" kommt im Original überhaupt nicht vor. Da steht: distanced affront.


    Die Übersetzung ist so schlecht, dass mir gar nichts mehr einfällt. Schon auf den ersten 20 Seiten finden sich Hunderte von Fehlern. Zum Kotzen!

  • Zitat

    Original von Wolf P
    - Lässt sich die Handlung dieses Romananfangs in drei Sätzen zusammenfassen?


    Ich versuch‘s mal, ich glaube, es sind genau drei, wenn auch lange:


    1. 18jähriger Nachwuchs-Tennisspieler bewirbt sich für ein Stipendium bei einer Universität in Arizona und tritt zusammen mit seinem Onkel, der für genau die Universität arbeitet, vor den Aufnahme-Ausschuss, um ein persönliches Interview zu absolvieren.


    2. Trotz Hilfe von Onkel und anfänglicher Sympathie von Mitgliedern des Ausschusses stellt sich heraus, dass der Bewerber nicht nur miserable Noten im Gymnasium hatte, sondern diese auch noch gefälscht hat, was seine Stipendien-Bewerbung, die vor fünf Minuten noch ein klarer Fall zu sein schien, ernsthaft in Frage stellt nach dem Motto: Sportlich allein genügt nicht.


    3. Diese Entwicklung schockiert den unartikulierten Semiautisten, der sich selbst für genial hält, derart, dass er nach einer infantilen Regression eine Art von epileptischen Anfall erleidet und endlich im Krankenhaus landet.


    Zumindest kommt mir vor, dass das in meiner englischen Ausgabe drinsteht. Steht das in etwa auch in der wertvollen deutschen Nachdichtung des Mannes, der sechs Jahre gebraucht hat, die Berlitz-Stufe „ungewöhnlich“ zu erreichen, ja?

  • Hallo Thomas,


    Zitat

    Original von Th. Walker Jefferson


    Hallo, ja du liegst daneben - nicht voll, aber knapp; leider ist das auch ganz vorbei.


    Ich hab's geahnt. Danke. =) Muss mir die Sache mit der OED-Subscription wohl doch noch überlegen, wenn ich nicht weiß, dass das ein valides Adjektiv ist.



    Zitat


    In meinem Original-Schinken steht:


    Dafür übersetze ich:


    Das lustige ist, da wäre ich auch angekommen, wenn auch aus falschen Gründen ...



    Zitat


    Mit ist schon klar, warum der Übersetzer sechs Jahre gebraucht hat – weil er kein Englisch kann. Rara avis, kann ich da nur sagen.


    Na ja, er zwitschert wirklich ein bisschen anders, das ist wohl wahr, und sie nennen es dann Übertragung. Das bedeutet auch, dass mehr Interpretation einfließt, als vielleicht gut ist. Möglich, dass der Übersetzer ein besonders hohes Register einsetzen wollte und sich größere Freiheiten dafür genommen hat. Ich halte Wallace eigentlich für nicht übersetzbar ohne entsprechende Fußnoten (deshalb habe ich ja auch z.B. bei Murakami immer das Gefühl, nicht mal ein Drittel zu verstehen). Aber so schlecht wie damals der Dan Brown Übersetzer ist die Übersetzung nicht (obwohl, auch hier gehen die Alliterationen verloren gleich auf den ersten Sätzen). Denke ich. Hoffe ich. Habe mich doch glatt von Preisen blenden lassen. Ich weiß nicht, keine Ahnung. In any case, I stand corrected. :)


    Das sagt der Übersetzer [URL=http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,646947,00.html]hier[/URL] und da



    Seufz. Aber vielleicht ist der Schritt, für 5 Minuten von Rechtsgeschichte zu unendlichem Scherz zu wechseln, ein bisschen zu großund ich sollte es für die nächsten Wochen wirklich lassen.


    Liebe Grüße
    Judith

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



    Der Tokee in Die rote Kammer [buch]393991407X[/buch]

  • Zitat

    Original von Margot
    Eine Zwischenfrage von einer, die ab und zu eure intelligenten Postings liest - jetzt ohne Ironie :D


    Wieso nehmt ihr denn nicht einfach deutsche Texte, wenn die Übersetzungen immer so bescheiden sind? Oder fiele dann ein angenehmer Sündenbock weg? 8-)


    Wir hatten schon deutsche Texte (TA1, TA3 und TA4). Es werden auch weitere kommen (vielleicht schon bei TA6, je nachdem für welchen sich die Anbieterin entscheidet).


    Außerdem soll ja für alle etwas dabei sein mit der Zeit und bei Übersetzungen ist die Frage der Übersetzungsqualität auch etwas, was interessant ist. Bei Dan Brown (TA2) war es für mich zum Beispiel schön zu sehen wo da die Mängel lagen, wurde uns ja ziemlich deutlich nahe gebracht. Für mich war es dann auch eine nicht unwesentliche Erkenntnis, zu sehen, dass die schlechte Übersetzung das Buch nicht wesentlich schlechter gemacht hat. Tiefer gings eigentlich nicht mehr.


    Bei Wallace ist es schon interessanter. Von einem Urteil halte ich mich aber erst einmal fern. Momentan bewegt sich das noch nicht weit weg von der Behauptung, dass der Übersetzer es nicht gut gemacht hat. Da muss noch etwas mehr Stoff kommen.


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Habe mich jetzt durch die ersten beiden Seiten Text gequält. Werde es in den nächsten Tagen mit weiteren Seiten versuchen. Selbst auf die Gefahr hin, mir hier meine Reputation zu versauen:


    1. Regeln sind Leitplanken für Anfänger wie mich. Der Meister bricht sie gekonnt. Aber der Stil des vorliegenden Textes wirkt auf mich krampfhaft, gekünstelt und gewollt. Das liest sich total sperrig, wie von einem Anfänger. Sorry, aber so kommt das bei mir an X(.


    2. Fremdwörter und Jargon? Selbstverständlich darf man die einsetzen. Why not? Allerdings: Wallace knallt die Dinger in einer Vehemenz aneinander, dass schlichtweg bei mir kein Lesefluss aufkommen will. X(


    3. Nix. X( X( X(


    Für Frage 4. und 5. bin ich noch nicht weit genug im Text.
    Sorry, aber mein erster Eindruck von diesem Text: Schrott, Schrott, Schrott. Ab in den (virtuellen) Papiermülleimer damit. X(


    Liebe Grüße
    Achim