Ausbildung im Buchhandel

  • Hallo ihr Lieben,


    die Frage gleich vorweg: Arbeitet jemand von euch im Buchhandel oder Verlagswesen und kann mir eine Auskunft bzw. einen Ratschlag geben?

    Warum ich frage: Ich bin gerade in einer Art Karrierekrise. Ich habe mein naturwissenschaftliches Bachelorstudium erfolgreich beendet und wollte einen Master draufsetzen. Der Master gefällt mir aber so gar nicht und ich will mir stattdessen jetzt einen Job suchen. Ich wollte mein Studium mit meinem Hobby verbinden und mir etwas in Richtung Technical Writer oder Texter/Editor/Redakteur/Lektor etc. beispielsweise in einem wissenschaftlichen Verlag suchen. Spektrum, Springer Medizin, Thieme, etc. Ich habe aber kein Studium des Journalismus, der Germanistik oder Kommunikation. Und ich bin Berufseinsteigerin. Beides führt meiner Meinung nach dazu, dass es mit der Suche recht ... bescheiden läuft. (Zusammengefasst: ich bin verzweifelt.)

    Um jetzt auf die Frage zurückzukommen - ich habe überlegt, eine Ausbildung zur Buchhändlerin anzufangen und jetzt frage ich mich, ob sich das rentieren würde. Ich habe gelesen, dass man sich während der Ausbildung bspw. aufs Verlagswesen spezialisieren kann. Kann man auf diese Weise später in Verlagen arbeiten? Könnte das ein Weg für mich sein oder ist das so nicht machbar? Ich hätte total Lust auf die Ausbildung an sich. Allerdings macht mir das Ausbildungsgehalt etwas Sorgen (Wie soll ich davon leben? Bin ich überhaupt berechtigt, Wohngeld oder irgendwas zu beantragen, nachdem ich mein Studium abgebrochen habe und schon über 25 bin?) und das Verlassen meiner ursprünglichen Laufbahn. Es wäre irgendwie ein Start bei 0. Und wenn ich das, zusammen mit meinem Studium, sowieso nicht als Sprungbrett nutzen kann, dann bringt es mich glaube ich nicht weiter.

    Hat da jemand Erfahrung oder zumindest eine Schippe mehr Lebensweisheit als ich?


    Vielen Dank <3

    Caro:saint:

  • Hallo Caro,


    ich glaube, ich kann nur sehr begrenzt etwas dazu beisteuern, aber vielleicht hilft es ja irgendwie.


    Erstmal, sorry, dass du mit dem Studium nicht zu Rande kommst. Woran kann das liegen? Ich würde dir wirklich anraten, es dir sehr, sehr gut zu überlegen, ob du jetzt auf den letzten Metern aufgeben willst. Ich hatte damals auch mal so einen Punkt, nachdem ich einen längeren Auslandsaufenthalt hinter mir hatte und dachte: Jetzt wieder zurück in die Uni, nachdem ich echtes Geld verdient habe? Nein Danke! Aber mein großer Bruder hat mir glücklicherweise ins Gewissen geredet und ich habe dann die Arschbacken zusammengekniffen und es durchgezogen. Angeblich sind zu meiner Zeit 70% aller Linguistikstudenten in der Statistik einfach so verschwunden. Ich gehöre nicht dazu, und da bin ich stolz drauf.


    Nun zu dir: Früher gab es noch keine Bachelor-Abschlüsse, aber es scheint so, als ließe sich damit karrieremäßig nicht viel anfangen? Oder könntest du damit nicht auch etwas Artverwandtes und Relevantes probieren? Ich könnte mir vorstellen, dass das sich am Ende auch in deinem Geldbeutel zeigen wird im Vergleich zu einem klassischen Ausbildungsberuf, und zwar bis zur Rente. Aber das ist nur eine Vermutung und soll dich nur dazu anregen, längerfristig zu denken.


    Ich habe bescheidene Erfahrungen mit dem Verlagswesen. Während meines Studiums musste ich ein paar Wochen ein Praktikum absolvieren und bin bei einem Berliner Mini-Verlag gelandet, der gleichzeitig auch Verlagsservices z.B. für Wissenschaftsverlage angeboten hat. Meine Aufgabe lag im Marketing - und das war nicht mein Studienfach, aber bei Gesellschaftswissenschaftlern muss man flexibel sein. Es war ... nun ja ... mäh. Das lag auch daran, dass es ein Mini-Verlag war. Aber wir hatten auch echt nur eine Handvoll Bücher, kein Budget, und die große Sause war die Lange Nacht der Museen, wo wir eine Lesung hatten. Es hat mit dem Zauber der Bücher nicht viel zu tun gehabt, war einfach ein Produkt, das man verzweifelt versucht hat, an den Mann zu bringen. Der Verlagsservice gestaltete sich anders, und auch da habe ich reimgeschnuppert. Da wurden Bücher digital gesetzt. Das fande ich schon faszinierender, weil man da ein Produkt vor Augen hat und aktiv daran mit gestaltet. Das erforderte Detailverliebheit, Fingerspitzengefühl, eine hohe Aufmerksamkeit, usw. Für so etwas musste man nicht unbedingt Germanistin sein, und ich glaube, die junge Dame, die das als Volljob gemacht hat, war das auch nicht. Aber sie war eben ordentlich und penibel. Das nur mal so als Einblick, dass es in dem Bereich ganz unterschiedliche Berufsbilder gibt. Ich fand es dennoch nicht sonderlich glamourös, und ich kann mir vorstellen, dass die Aufregung nach dem 10. Buch vorbei ist.


    Mit deinem wissenschaftlichen Hintergrund könnte die Arbeit in einem Lektorat tatsächlich passen, allerdings befürchte ich, werden sie dich kaum von der Straße weg übernehmen. Du wirst wahrscheinlich erstmal unbezahlte oder sehr gering bezahlte Praktika fahren müssen, um relevante Berufserfahrung zu sammeln und dich in der Branche bekannt zu machen. Die Stellen sind leider sehr dünn gesät. Abonnierst du den das Börsenblatt des Deutschen Buchhandels? Da sind Stellenanzeigen für die gesamte Branche gelistet.


    Wie auch immer du dich entscheidest, ich wünsche dir alles Gute und hoffe, dass du deinen Weg findest.

  • Texter/Editor/Redakteur/Lektor etc. beispielsweise in einem wissenschaftlichen Verlag suchen. Spektrum, Springer Medizin, Thieme, etc. Ich habe aber kein Studium des Journalismus, der Germanistik oder Kommunikation

    Hallo Caro,


    zur Buchhandelsausbildung kann ich dir leider nichts sagen, zum Thema Journalismus und Redaktion aber durchaus. Du brauchst überhaupt kein Journalismus- oder Kommunikationsstudium, um Redakteurin zu werden, der klassische Weg ist nämlich immer noch ein Volontariat nach einem Studium, bei vielen Medienhäusern auch egal welcher Fachrichtung. Ja, es gibt journalistische Studiengänge, und die taugen auch sicher was, aber es ist nicht der einzig selig machende Königsweg. Es geht eben auch entweder Bachelor oder Master in Egalwas als Voraussetzung für ein Volontariat plus in der Regel journalistische Erfahrung durch freie Mitarbeit und Praktika. Es werden in vielen Medienhäusern meines Wissens sogar besonders gerne Volontäre eingestellt, die eben gerade nicht Germanistik oder Kommunikation oder Theaterwissenschaft studiert haben, sondern solche, die auch andere Gebiete, speziell Naturwissenschaften beherrschen, sowieso in Medienhäusern mit einschlägigen Fachpublikationen aber auch bei Tageszeitungen oder Rundfunk mit speziellen digitalen Wissensformaten, die ja inzwischen inflationär auf allen Kanälen zu finden sind.


    Es verschwimmt inzwischen vieles bei den Medienhäusern. Früher gab es reine Zeitungsverlage, Buchverlage, Zeitschriftenverlage, Rundfunkanstalten. Heute werden durch die Digitalisierung in vielen Medienhäusern die unterschiedlichsten Formate bedient, wobei mitunter auch dieselben Inhalte für verschiedene Ausspielungswege (Video, Podcast, Textbeitrag für Internet, Textbeitrag für Print, Text für Buchproduktion) jeweils anders aufbereitet werden oder aufeinander abgestimmt müssen..


    Will sagen: Um (Fach-)Redakteurin zu werden wärst du meiner Einschätzung nach eigentlich gerade auf einer idealen Sprosse deiner Karriereleiter. Volontäre verdienen zwar nicht üppig, aber sie verdienen wenigstens so viel, dass man für zwei Jahre irgendwie durchkommen kann. Wenn du dir das genauer überlegen wollen würdest, dann wäre mein Tipp: Fang noch heute an, dir Möglichkeiten für freie Mitarbeit zu suchen. Recherchiere parallel die Voraussetzungen für Volontariate in den entsprechenden Medienhäusern deiner Wahl und arbeite gezielt darauf hin, indem du die Themen in freier Mitarbeit bespielst, die deinem Fachwissen und deinem Interesse entsprechen. Das kann man übrigens auch gut nebenher (während des laufenden Studiums) machen, im Prinzip kannst du als Nebenjob in die freie Mitarbeitarbeit einsteigen und dann sehen, wie sich das anlässt und ob dir das liegt, ob du Kontakte knüpfen kannst und sich vielleicht auch ganz neue Wege auftun. So habe ich das damals gemacht und bin dadurch damals auch an mein Volontariat gekommen.

  • Hi Silke, danke schon mal für deine ausführliche Antwort. Ich muss über alles noch etwas brüten.


    Kurz zu meinem Studium. Ich habe die Hochschule gewechselt und bin hier mehr als unzufrieden. Das hat mehrere Gründe, aber der Hauptfaktor ist, dass ich hier nichts dazulerne. Der Arbeitsaufwand ist extrem hoch für kein Outcome. Das ganze Studium ist eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, damit ich am Ende einen Zettel in der Hand halte, auf dem zwar Master steht, ich wahrscheinlich aber weniger weiß als vorher. Und das habe ich schon nach vier Wochen gemerkt. Es ging mir psychisch ganz furchtbar, bis ich beschlossen habe, mir etwas anderes zu suchen.

    Um deine Frage zum Bachelor zu beantworten: Bei den Stellenanzeigen wird oder ein "abgeschlossenes Studium" gefordert. Ein Bachelor ist in sich abgeschlossen, ein Master eine "Zusatzqualifikation", wie eine Promotion. Beide öffnen die Türen besonders in die Forschung, sind aber für viele andere Bereiche nicht unbedingt notwendig.

    Liebe Grüße

  • Tatsächlich haben wir zwei Buchhändlerinnen in unseren Reihen, und eine davon besitzt meines Wissens gleich zwei Buchhandlungen.


    Viele, die früher studiert haben, meinen, der Bachelor wäre so ungefähr wie das frühere Vordiplom, während der Master dem Diplom ähnelt, aber das stimmt nur teilweise, weil die Studiengänge heute ganz anders strukturiert sind und nicht mehr zwischen Grund- und Hauptstudium unterschieden wird, allerdings folgt einem (üblichen) Bachelor mit 180 ECTS noch einmal die gleiche Studiendauer, quasi genau wie früher. Aber je nach Studiengang sind die Berufsaussichten "nur" mit einem Bachelor tatsächlich übersichtlich (bei einem MINT-Studiengang demgegenüber muss man nur wissen, wie das Fachgebiet heißt, um einen ordentlichen Job mit steilem Anfangsgehalt zu bekommen). "Irgendwas mit Bücher/Texten/Medien" ist nach wie vor ein sehr beliebtes Beschäftigungsziel. Allerdings sind die Ausbildungsvergütungen inzwischen ordentlich, andererseits hast Du mit einem Bachelor definitiv kein BAföG mehr, und wie es mit weiterer sozialer Förderung aussieht, hängt von vielen Faktoren ab.

  • Tom Ich wollte damit nicht einen Master mit einer Promotion vergleichen. Ich meinte, dass ein Bachelor eigenständig ist und ein Master darauf aufbauen kann. Darauf kann ggf. eine Promotion aufbauen.


    Und was das BAföG angeht, hast du Recht, das werde ich nicht bekommen. Was allerdings (auch) daran liegt, dass ich es schon für meinen Master bezogen habe.

  • Hallo SusanneGB,


    Dankeschön! Das hat mir sehr weitergeholfen, vor allem die Infos über das Volontariat. Ich dachte nämlich, dass die - ähnlich wie die meisten Praktika - gar nicht bezahlt werden. Dann mache ich mich da mal auf die Suche und mache mich schlau, was freie Mitarbeit und Volontariate angeht. :saint:

    Super - ja, mach dich schlau. Und wie gesagt: Besser gestern als heute auch irgendwo eine freie Mitarbeit anstreben, und wenn es erstmal nur beim örtlichen "Käseblatt" ist. Jede praktische Erfahrung zählt, und freie Mitarbeit wird zwar vergleichsweise lausig bezahlt, ist aber meistens eine nicht verhandelbare Voraussetzung, wenn man ein Volontariat anstrebt.

  • Wenn Du einen Bachelor hast und was Neues anfängst, also nicht weiterstudierst, bekommst Du so oder so kein BAföG mehr.


    So interessant ich die Vorschläge von Susanne finde, so sehr zwickt es mich dabei. Die Medienlandschaft ist extrem im Wandel, die Redaktionen schrumpfen drastisch und werden zusammengelegt, und um jeden Job, der an Freie (sogar an feste Freie) vergeben wird, streitet sich ein ganzes Rudel. Und, ja, heutzutage werden Volontäre und -innen zuweilen vergütet, aber wenn es um Print, TV und Radio geht, läuft da fast nichts mehr.


    Ich würde mich bei LinkedIn umtun, und ansonsten mal in die einschlägigen Fachforen horchen. Aber freie Mitarbeit im Textbereich, das ist leider wieder deutlich schwieriger geworden.

  • Das hat mehrere Gründe, aber der Hauptfaktor ist, dass ich hier nichts dazulerne. Der Arbeitsaufwand ist extrem hoch für kein Outcome. Das ganze Studium ist eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, damit ich am Ende einen Zettel in der Hand halte, auf dem zwar Master steht, ich wahrscheinlich aber weniger weiß als vorher.

    Ja, das spiegelt meine Erfahrung im HS an der HU Berlin wider. Die Inhalte waren für mich am Ende irrelevant. Ich habe mich da irgendwie nur noch duschgeschummelt mit Themen, die mich einigermaßen angesprochen haben, um dann am Ende das Zeugnis in den Händen zu halten. Nach dem übrigens nie jemand gefragt hat. Ich habe es natürlich im Lebenslauf erwähnt, aber es hat keiner nachgefragt, ob das wirklich stimmt. Fand ich schon kurios.


    Mein Studium sah so aus, dass ich größtenteils in total überfüllten Seminaren saß (in einem alten DDR-Gebäude, das für Klassengrößen von 20 konzipiert war, wir waren aber regelmäßig um die 60). In der ersten Stunde wurden die Referate verteilt. Man tat gut daran, sich eins zu sichern. Dann hat man das vorbereitet, alle anderen auch, und die restlichen Stunden des Semesters mussten wir uns diese Referate anhören. Die meisten waren unfähig, ein Thema selbstständig zu erarbeiten und es so aufzubereiten, dass man es als Referat auch vortragen konnte. Außerdem konnten sie nicht ordentlich reden und es gab immer, wirklich immer zu wenig Handouts und viel zu kleine Schrift auf den Overhead-Projektoren. Und überzogen haben sie auch noch, sodass man oftmals das Ende verpasste, weil man ja weiter musste. Es bestand Anwesenheitspflicht. Man ist also hin, hat sich benuscheln lassen, konnte mit Glück eine Kopie des Handouts ergattern (da gab es noch keine Handys mit Kamera) und ist dann nach Hause, um den gesamten Kladderadatsch selbstständig noch einmal nachzubereiten.


    Ich schwöre, so sah das gesamte Studium aus. Und leider, leider hängen in den Geisteswissenschaften immer jede Menge Leute ab, die keinen Plan haben und offenbar bis zur Rente durchstudieren wollen.

  • a, heutzutage werden Volontäre und -innen zuweilen vergütet, aber wenn es um Print, TV und Radio geht, läuft da fast nichts mehr

    Unbezahlte Volontariate???


    die Redaktionen schrumpfen drastisch und werden zusammengelegt, und um jeden Job, der an Freie (sogar an feste Freie) vergeben wird, streitet sich ein ganzes Rudel.

    Das stimmt natürlich. Es kommt unterm Strich wahrscheinlich darauf an, wo man konkret hin möchte und wie ausgeprägt der Wunsch nach einer bestimmten Tätigkeit ist - und was man dafür bereit ist, an potenziellen Hürden in Kauf zu nehmen, so denke ich jedenfalls darüber. Klar, wenn man keine der begehrten Festanstellungen bekommt und sich dann als Freie durchschlagen muss, ist das entweder echt viel Stress oder viel Frust, weil das definitiv keine Goldgrube ist. Da hast du recht, das muss man einkalkulieren, wenn man mit dem Gedanken spielt, sich in die Medienschiene zu begeben. Aber gerade deshalb finde ich die Möglichkeit, über freie Mitarbeit überhaupt erst einmal ein Gefühl dafür zu bekommen, gar nicht schlecht, weil man schnuppern kann, ohne sich festzulegen und alles andere direkt hinzuschmeißen - vor allem, wenn man bisher noch nie für Redaktionen tätig war.

  • Unbezahlte Volontariate???

    Das war eine Zeitlang Gang und Gäbe. Unbezahlte Praktika und unbezahlte Volontariate. Je größer das Haus, umso größer die Auswahl an Kandidaten und -innen, die sich schon vom Glück gepudert fühlten, wenn sie der berühmten Verlagschefin mal Kaffee bringen durften. Alles verbunden mit der Hoffnung, zu connecten und zu networken und Leute zu treffen, die wichtig sind, während man unverlangt eingesandte Manuskripte mit Formablehnungen zu Papiersandwiches faltet. Und im Verlagswesen (Belletristik, Verlagsgröße: nennenswert) ist nach meiner ganz persönlichen Schätzung nur aus jedem zehntausendsten Volontär später ein Lektoratsmensch geworden.

  • Das war eine Zeitlang Gang und Gäbe. Unbezahlte Praktika und unbezahlte Volontariate. Je größer das Haus, umso größer die Auswahl an Kandidaten und -innen, die sich schon vom Glück gepudert fühlten, wenn sie der berühmten Verlagschefin mal Kaffee bringen durften. Alles verbunden mit der Hoffnung, zu connecten und zu networken und Leute zu treffen, die wichtig sind, während man unverlangt eingesandte Manuskripte mit Formablehnungen zu Papiersandwiches faltet. Und im Verlagswesen (Belletristik, Verlagsgröße: nennenswert) ist nach meiner ganz persönlichen Schätzung nur aus jedem zehntausendsten Volontär später ein Lektoratsmensch geworden.

    Echt jetzt, unbezahltes Volontariat? Krass .... Aber Generation "unbezahltes Praktikum" bin ich auch noch - das war bisweilen sehr zermürbend. Inzwischen ist das ja gesetzlich geregelt, wodurch es aber auch schwieriger geworden ist, vernünftige Praktikumsplätze zu bekommen. Beispielsweise die Praktikantenstellen in den Redaktionen der ÖRR sind ja extrem umkämpft und oft nur studienbegleitend im Rahmen eines Pflichtpraktikums möglich. Das ist dann für die Unternehmen/Sender billiger, weil ansonsten Praktikanten mit Mindestlohn vergütet werden müssen, wenn das Praktikum drei Monate+ dauert, und kürzere Praktika sind für die Radaktionen in der Regel ja mehr Belastung als Gewinn. Bei kürzeren Praktika kenne ich zumindest die Variante, dass die Textbeiträge, die man liefert, bezahlt werden wie freie Mitarbeit - damit wenigstens ein bisschen was hängen bleibt. Im Grunde kann man, um Erfahrungen zu sammeln, also auch einfach direkt in die freie Mitarbeit eingrätschen, wenn man sich das zutraut. Mit klassischen Buchverlagen und Lektoratsstellen kenne ich mich nicht aus - aber das glaube ich sofort, dass da nur jeder zehntausendste später in Festanstellung im Lektorat gelandet ist :-)

  • ...Ich habe mich da irgendwie nur noch duschgeschummelt ...


    ...Dann hat man das vorbereitet, alle anderen auch, und die restlichen Stunden des Semesters mussten wir uns diese Referate anhören....

    So ungefähr lief das hier auch. Ich habe eine 1,2 in Neurophysik. Nicht, weil ich Ahnung von Neurophysik hätte, sondern weil wir irgendein Thema präsentieren mussten. Wir wurden mit Praktika zugeballert, die weder mit den Fächern zusammenhingen, noch mir irgendeinen praktischen Mehrwert boten. Wie man einen Bericht schreibt, wusste ich schon vorher. Es wurden Kompetenzen verlangt, die nie Studieninhalt waren. Noch dazu waren die nicht mal klausurrelevant. Aber Studenten haben ja genügend Freizeit, um sich eine ganze Programmiersprache anzueignen, die mir am Ende des Semesters nicht einmal einen CP bringt :)

    In Statistik wäre ich beinahe durchgefallen. Ich bin gut in Statistik, aber ich bin schlecht darin, Differenzialgleichungen aufzulösen, die seit der Erfindung des Computers keiner mehr auf einem Zettel ausrechnet. Mal abgesehen davon, dass ich nicht verstanden habe, was die überhaupt mit Statistik zutun hatten.

    Und davon, welche Spannweite an Leistungen man für 6 CP aufbringen muss, will ich erst gar nicht anfangen. Die reichte von einem Single-Choice-Test bis zum Schreiben einer Hausarbeit mit dem Aufwand einer Bachelorarbeit.

  • Buchhändler sehe ich nicht unbedingt als Beruf mit Zukunft. Ich kenne zwar die offiziellen Statistiken nicht, aber ich weiß, wie viele Buchhandlungen in meiner Stadt in den letzten 20 Jahren dicht gemacht haben, und daß viele Überlebende Kleinunternehmungen sind, in denen der Inhaber meist allein oder mit nur einem Angestellten (oder Familienmitglied?) arbeitet. Ich weiß auch, wie lange ich schon keine Buchhandlung mehr aufgesucht habe, weil ich meine Bücher schneller, bequemer und billiger im Internet bestellen kann.

    Von daher würde ich eher etwas im Bereich Verlagskaufmann oder Bibliothekar suchen. Bei letzteren gibt es zwar keinen so großen Bedarf, aber die meisten Bibliotheken sind in öffentlicher Hand, und die Arbeitsplätze somit gut gesichert.

  • Wenn ich dich recht verstanden habe, suchst du eine Beschäftigung im Verlagsbereich mit einer kreativen Komponente. Da wäre der Verlagskaufmann näher, als der Buchhändler, der im Prinzip nur ein spezialisierter Einzelhändler mit Fokus auf Warenverkauf ist. Alternativ könntest du vielleicht aber auch eine journalistische Ausbildung in Betracht ziehen.

  • … Ich weiß auch, wie lange ich schon keine Buchhandlung mehr aufgesucht habe, weil ich meine Bücher schneller, bequemer und billiger im Internet bestellen kann.

    Bücher unterliegen der Preisbindung. Sie sind im Internet genau so teuer wie in der Buchhandlung (von Remittenden einmal abgesehen). Sie werden in der Buchhandlung auch genau so schnell geliefert, nämlich über Nacht. Wenn Sie dort vorrätig sind, bekommt man sie sogar schneller, nämlich sofort. Nur das bequemer stimmt. Bei Internetbestellungen muss man die Füße nicht mehr vor die Tür setzen. Ich mache das beispielsweise aber ganz gerne. Hinzu kommt, dass man Gespräche führen kann mit Buchhändlerinnen, über Bücher und Gott und die Welt. Geht bei Internetbuchhandlungen auch nicht. Außerdem sieht man bei einem Besuch einer Buchhandlung, dass dort noch andere Menschen zugegen sind und Bücher kaufen, zu manchen Zeiten sogar viele. Der Eindruck, niemand würde mehr in eine Buchhandlung gehen, kann so gar nicht entstehen.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Es muss da, wo "Katze" lebt, sehr eigenartige Buchhandlungen geben. "Einzelhändler mit Fokus auf Warenverkauf", ts, ts. 8)


    Der Buchhandel macht meistens deutlich mehr, als nur mit Büchern zu handeln. Aber wem genügt, was der Empfehlungsalgorithmus so anbietet, der mag damit zufrieden sein, und lässt sich vielleicht auch noch eine Autoren- und -innenlesung von der KI simulieren.