Kummertantes Kummer

  • Zitat


    Einer absolutistischen Haltung, die in unserer Zeit leider immer mehr Platz greift.
    Ich finde, es muss in einer Demokratie möglich sein, auch Meinungen/Haltungen äußern zu dürfen, die gegen den aktuellen Mainstream gerichtet sind ohne dafür reflexartig denunziert, pathologisiert oder gar kriminalisiert zu werden. Das sollte eine liberale Gesellschaft schon aushalten können.


    Ja!


    Allerdings ist eine Zeitung auch "Kulturvermittler" und nicht unmaßgeblich im Einfluss einer sozialen Bildung. Es handelt sich somit nicht um eine Einzelmeinung, sondern um einen suggerierten kollektiven Konsens eines öffentlichen Organes.


    Ich finde -und fand es schon immer- ekelig anzusehen, wenn zwei Männer sich küssen. Dieses Grundgefühl kann mir keine Gleichmachung oder rationale Aufklärung nehmen. Aber ich muss ja nicht hinsehen. Überdies nervt mich bei den Diskussionen über gleichgeschlechtliche Partnerschaft dieses Sexualfixierte. Warum müssen Blümchenstreuer wissen, wie es das Pärchen in der Hochzeitsnacht treibt? So ein Quatsch. Ich will auch nicht wissen wie und ob meine Eltern Sex haben oder Alexander oder oder oder. Das ist Privatsache und muss auch Privatsache bei Homosexuellen sein dürfen.


    Christiane hat das schön geschrieben:

    Zitat


    Geht es in dem Alter wirklich um sexuelle Orientierung oder nicht vielmehr darum, dass zwei Menschen sich lieben, so wie sich auch die eigenen Eltern lieben und Prinz und Prinzessin im Märchen usw.?

  • Zitat

    Überdies nervt mich bei den Diskussionen über gleichgeschlechtliche Partnerschaft dieses Sexualfixierte.

    Es geht aber nur darum. Denn nichts anderes als die Sexualität differenziert sie von Hetero-Lebensgemeinschaften, und nichts anderes als die sexuelle Fixierung ist dafür verantwortlich, dass Männer Männer, Frauen Frauen oder Männer Frauen und umgekehrt lieben. Das liegt doch in der Natur der Sache. Der Sexualtrieb ist der zweitstärkste Trieb im Menschen. Er kommt gleich nach nach dem Selbsterhaltungstrieb. Was soll daran schlecht sein?

  • Jetzt, da ich die ganze Kolumne gelesen hab (danke Manuela), ändert sich meine Meinung schon ein wenig. Kann jedenfalls bei der Kolumnistin keine Homophobie mehr erkennen (bei den Lesern schon, aber naja, was willste machen). Krass, wie so Artikel durchs verkürzte Zitieren verfälscht werden können.


    Eine Hochzeit zwischen zwei Männern muss keineswegs deshalb besonders sexualfixiert sein, weil da zwei Männer heiraten. Ich verstehe den Einwand nicht.


    Grüßle ...


    Jo

  • Ich finde die Antwort der Kolumnistin nach wie vor empörend und für Homosexuelle sehr verletzend.
    Vor der Hochzeit von Heterosexuellen muss man Kindern doch auch nicht erklären, dass und wie die beiden Sex machen. Ich gehe mit Christiane und Nifl. Es gibt übrigens Paare, die gar keinen Sex haben und sich lieben. Und Kinder finden es sowieso eklig, wenn Erwachsene sich küssen, nehmen aber keinen Schaden daran.

  • Hi zusammen,


    Jetzt, da ich die ganze Kolumne gelesen hab (danke Manuela), ändert sich meine Meinung schon ein wenig. Kann jedenfalls bei der Kolumnistin keine Homophobie mehr erkennen (bei den Lesern schon, aber naja, was willste machen). Krass, wie so Artikel durchs verkürzte Zitieren verfälscht werden können.

    zuerst noch einmal zur "ganzen Kolumne" un dem "verkürzten Zitieren". Ich hatte dazu ja eigentlich schon Stellung genommen, als Manuela die etwas längere Version eingestellt hatte. Anscheinend gibt es zwei oder mehrere Ausgaben des "Westfalenblatts", die zwei Versionen der Kolumne abgedruckt haben. Im eingangs verlinkten Artikel der "Welt" sieht man ein Foto der etwas kürzeren Kolumne:






    Dazu steht im verlinkten "Welt"-Artikel der Kommentar der "Westfalenblatt"-Redaktion: "Wir haben Verständnis dafür, wenn beim Lesen insbesondere der kurzen Fassung der Kolumne ,Guter Rat am Sonntag' der Verdacht der Homophobie entstehen konnte. Das Westfalen-Blatt weist aber zugleich den Vorwurf zurück, der Schwulen- und Lesbenfeindlichkeit das Wort reden zu wollen.".


    Zu der kurzen und der langen Fassung haben wir bisher alle Meinungen versammelt, so wie ich es sehe: Der Fragesteller ist homophob, die Kolumnistin aber nicht oder nur in der Kurzfassung. Oder es werden beide Kolumnen für homophob gehalten. Ich selbst halte weder die etwas kürzere noch die etwas längere Fassung für schwulenfeindlich.


    Darauf kommt es mir aber nicht an.


    Wegen einer schwulenfeindlichen Kolumne hätte ich keinen Thread eröffnet.


    Mir kommt es darauf an, dass sich das "Westfalenblatt" wegen des Shitstorms von der Kolumnistin getrennt hat. Und dass sich an diesem Beispiel unversöhnliche Fronten bilden (siehe die Kommentare in der "Welt") - zwischen PC-Forderern (Shitstorm) und PC-Gegnern (Mehrheit der "Welt"-Kommentare). In gemäßigter Form kann man diese Fronten auch hier betrachten.


    Nun ist es so, dass die PC-Gegner immer mit der Meinungsfreiheit argumentieren. Und in diesem Fall meine ich, dass da etwas dran ist. Ich lese etwa Fleischhauer bei SPON und Broder in der "Welt" sehr gern, und die sind quasi von Berufs wegen Anti-PC, provozieren gern und viel. Wenn sich ein Trend wie beim "Westfalenblatt" durchsetzen sollte, würde das dazu führen, dass Kolumnisten nicht mehr unbefangen schreiben können, weil sie immer Angst vor einem Shitstorm haben, vor dem die Redaktion dann einknickt. Das wäre dann in der Tat eine Meinungs-/Gesinnungsdiktatur.


    Auf der anderen Seite sind die PC-Gegner eben oft nicht nur aus Liebe zur Meinungsfreiheit anti-pc. Ein Beispiel von hier. Manuela schreibt:


    Zitat

    Es liegt in der Natur der Sache, dass von heutigen Meinungsmachern tendenziös zitiert wird. Heißt, Aussagen auf das einzudampfen, was die eigene Weltsicht stärkt und die der anderen denunziert. Dabei wird weder vor Pathologisierung Andersdenkender zurückgeschreckt, wie das schon der medizinische Terminus Phobie zeigt, nein, es wird auch kriminalisiert, denn bspw. Volksverhetzung ist ein gerichtlich strafbarer Tatbestand, mit dem in manchen Medien locker herumgeworfen wird, wenn es darum geht, bspw. Zuwanderungs- oder Islamgegner zu diskriminieren.


    Dazu will ich jetzt keine Diskussion anfangen. Das wird uferlos. Ich will Manuela auch nichts unterstellen. Aber ich muss bei dem Zitat an Pegida und die Plakate von der "Lügenpresse" denken. Vielleicht mein Fehler. Jedenfalls hätte ich wahrscheinlich weniger Probleme mit den PC-Gegnern, wenn sie nicht oft genauso humorlos auftreten würden wie die PC-Forderer. Und wenn sich hinter der Ablehnung von PC nicht oft einfach Intoleranz verbergen würde.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Ich bin da ganz bei Manuelas Posting. Ich hatte schon beim Lesen der Kurzvariante gedacht: Meine Güte, hier geht es nicht wirklich um Schwulenfeindlichkeit, hier geht es um überalterte Erziehungsgebahren. Wenn ich das Thema Homosexualität vor meinen Kindern verheimliche (offenbar haben sich der geliebte Onkel mit Freund ja noch nie vor den Kindern geküsst oder andere Zärtlichkeiten wie Händchenhalten etc.), dann muss ich natürlich wirklich befürchten, dass sie bei der Hochzeit überfordert sind. Andererseits wäre ja die Vorbereitung auf die Hochzeit (Blümchenstreuen, welche Kleidung anziehen, wie läuft die Zeromonie etc.) eine wunderbare Gelegenheit, die Kinder diesbezüglich aufzuklären und sie dann selbst entscheiden zu lassen. So einen Hochzeit ist ja wohl nicht gleich nächsten Montag. Ich vermute mal, dass die Journalistin diese familiäre Situation so eingeschätzt hat, allerdings hat sie saudämlich argumentiert. Sie hat es auf eine allgemeine Ebene und Begründung (zu jung) gestellt und durch die Verallgemeinerung sich selbst sehr nah an Homophobie gebracht. Aber gleich Entlassen? hmmm ?!? Um das zu beurteilen, müsste ich mehr von dieser Dame gelesen haben.

  • Habt ihr schon mal Kinder aufgezogen und aufgeklärt? Das ist verdammt schwer.


    Da hat man ihnen gerade das mit den Bienchen und Blümchen erklärt, und dann heiraten die Onkels. Was, wenn die Mädchen nun fragen: Kriegen sie auch bald ein Baby?


    Hi Pearl,


    Antworten in der richtigen Reihenfolge: Ja. Nö. Nee, kriegen sie nicht.


    Dein Vergleich mit dem Vierjährigen bei der Beerdigung hinkt noch stärker als Quasimodo.


    Aber zum Thema, verehrte Anwesende.


    Wenn jeder Journalist oder Reporter, der mal was Doofes geschrieben hat, fliegen würde, wären wir zwar endlich die BILD los, aber womöglich auch alle anderen Zeitungen und Journale. Von daher: Dumme Idee. War der Rat ein dummer? Klar. War er diskriminierend, schwulenfeindlich? Wenn ich schwul wäre und in der Provinz lebte, würde ich wahrscheinlich laut JA sagen, denn dann hätte ich mein gerüttelt Maß an Intoleranz schon genießen dürfen.
    Müssen alle gleich denken? Nein. Daher finde ich den Rauswurf der Kummertante blödsinnig. Aber mindestens genauso blödsinnig ist der Ruf nach meinem Recht auf "Homophobie". Niemand soll gezwungen sein, Homosexuelle zu lieben, aber jeder sollte bemüht sein, nach dem Spruch "Leben und leben lassen!" zu handeln.


    Wobei mich aber letztlich umtreibt: Warum soll ich mich für solch ein Gequirl interessieren? Warum druckt eine Zeitung solche uninteressante Fragen und Antworten überhaupt ab? Und wir blöd muss ich sein, solch eine Frage an eine Zeitung zu schicken? Genügt das Privatfernsehen als Lieferant für Hirnerweichung nicht?


    Herzlichst


    Wolf P.

  • @Wolf
    Ich stimme dir zu. Zum Glück gibt es hier auch vernünftige Stimmen. Ich falle ja sonst vom Glauben an die 42er ab.
    Und ok, die Kündigung war überzogen.
    Kinder aufzuziehen ist allerdings schwer, die Aufklärung ist dabei eher die leichteste Übung. Ich glaube, meine Söhne können sich gar nicht mehr an eine Zeit erinnern, in der sie nicht wussten, dass es auch Paare aus zwei Männern oder Frauen gibt.
    Ich würde mir eine Welt wünschen, in der das einfach Menschen sind, die da heiraten, weil sie sich lieben. Und in der einzig Hochzeiten mit Tieren, Sachen oder Kindern fragwürdig sind, also etwas wovor man kleine Mädchen schützen sollte.

  • Aber mindestens genauso blödsinnig ist der Ruf nach meinem Recht auf "Homophobie". Niemand soll gezwungen sein, Homosexuelle zu lieben, aber jeder sollte bemüht sein, nach dem Spruch "Leben und leben lassen!" zu handeln.

    Ja.


    Das Problem ist, dass oft die Gegner der political correctness für sich Toleranz einfordern und sich diskriminiert fühlen. Viele dieser Menschen diskriminieren andere und fühlen sich dafür schlimm diskriminiert.


    Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die Gefahren einer PC-Diktatur möchte ich gerade anhand dieses Beispiels der Kolumnistin nicht ohne Weiteres wegwischen.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Hexenverbrennung 4.0. Wir sind - wieder - auf dem Weg in eine Gesellschaft, in der man Angst haben muss, wenn man seine Meinung sagt.


    Homophobie - von der hier m.E. allerdings keine Rede sein kann - ist nicht verboten.


    Ich wünsche allen, die Scheißestürme lostreten oder sich an solchen beteiligen, dass die eigenen Westen jungfräulich-blütenweiß sind. Und außerdem stinkende, faulende, niemals abheilende Eiterpickel am Arsch.

  • Ich glaube, die mit der Angst vor der PC-Diktatur sind ein bisschen Szene-geschädigt. Wer mal hier nach Bayern kommt und Sechs auf Kraut in einer fränkischen Dorfkneipe isst oder wer sich den politischen Aschermittwoch der CSU reinzieht, oder wer auf eine Familienfeier von mir geht und neben den richtigen Leuten sitzt, alle einigermaßen gebildet und informiert, oder wer mal einen Bibelkreis von Evangelikalen besucht, der wird merken, dass da die Welt noch in Ordnung ist. Keine PC-Diktatur weit und breit. Keiner hat Angst, seine Meinung zu sagen.
    Ich mag den Begriff Homophobie auch nicht. Er unterstellt, es ginge immer nur um Angst, in der Regel vor eigenen homoerotischen Anteilen. Oft geht es aber einfach um Hass auf das Anderssein oder um die Projektion eigener widerwärtiger Seiten auf Schwule und Lesben. Verboten ist auch das nicht, und es ist genauso wenig verboten, das abscheulich und verachtenswert zu finden und diese Meinung kundzutun.
    Dass der Rat der Kolumnistin schwulenfeindlich war, steht für mich außer Frage. Da ist ein wenig Empathie gefragt mit denen, die das lesen und eine Geschichte haben mit ihrer Homosexualität, die oft noch sehr weit weg von PC und allem stattgefunden hat. Einen Shitstorm habe ich noch nie losgetreten und mich noch nie beteiligt. Vielleicht würde ich es tun, wenn z.B. in Nürnberg der "Stürmer" wieder aufgelegt wird. Es könnte durchaus gute Gründe geben. Diese bescheuerte Kolumnistin hat sich eine Reaktion, ein Feedback redlich verdient, finde ich, aber keinen Shitstorm im Sinne eines Prangers.

  • Hexenverbrennung 4.0. Wir sind - wieder - auf dem Weg in eine Gesellschaft, in der man Angst haben muss, wenn man seine Meinung sagt.


    Homophobie - von der hier m.E. allerdings keine Rede sein kann - ist nicht verboten.


    Ich wünsche allen, die Scheißestürme lostreten oder sich an solchen beteiligen, dass die eigenen Westen jungfräulich-blütenweiß sind. Und außerdem stinkende, faulende, niemals abheilende Eiterpickel am Arsch.

    Lieber Tom,


    wir sind uns darin einig, dass wir die Kolumne nicht schwulenfeindlich finden. Außerdem teile ich Deine pointierte Ansicht, dass die Gefahr einer PC-Diktatur besteht.


    Mit "Szene" hat Toleranz m. A. n. wenig zu tun, Heike. Ob mir hinterher ein Schneidezahn fehlt, weil ich am 1. Mai in Kreuzberg von meinen Erlebnissen auf dem CSU-Parteitag erzähle, oder ob mir ganze Körperteile fehlen, weil ich bei der "Rechten" in Dortmund ein flammendes Plädoyer für die "Homo-Ehe" halte - das ist kein qualitativer Unterschied.


    Zum Satz: "Homophobie ist nicht verboten." - Gedanken sind frei. Homophobie für sich genommen ist nicht strafbar. Sie kann ins Strafbare münden, wenn daraus Beleidigungen oder gar Körperverletzungen werden. Diese Grenze hat die Kolumnistin jedenfalls nicht überschritten. (Bei weitem nicht.)


    Nun ist aber Kannibalismus für sich genommen auch nicht strafbar. Der Verzehr der Leiche ist meist eine Störung der Totenruhe, und ggf. liegt vorher noch ein Tötungsdelikt vor - aber der Schmaus selbst kennt keinen Straftatbestand.


    Trotzdem ist Kannibalismus aus guten Gründen gesellschaftlich geächtet. Unter - ich sag' mal: bei "aufgeklärten" Menschen gilt Ächtung auch für Homophobie. Ebenfalls aus gutem Grund. Dies ist die zweite Seite der Medaille, auf deren anderer die Hexenjagd steht, die Du ansprichst, Tom.


    Herzliche Grüße,


    Alexander

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Ich habe hier gerade Eure Diskussion verfolgt.


    In meinen ersten beiden Romanen geht es um die Liebe zwischen zwei Männern und ich war erstaunt ob der Reaktionen, die ich zum Teil bekommen habe. Mir wurde zum Teil - meist von Männern - gesagt: Wenn Du was Vernüftiges geschrieben hast, dann kannst Du damit zu mir kommen. Die eigentartigste Reaktion hatte ich bei einer Lesung in Nürnberg. Hier wurden von verschiedenen Autoren Kurzgeschichten vorgelesen. Als ich anmoderiert wurde, wurden auch meine beiden Roman erwähnt. Die Geschichte, die ich gelesen habe, hat nichts mit Homosexualität zu tun. Im Gegenteil, es geht um einen Mann und eine Frau - beide verwittet und über 70 - die sich zu einer neuen Beziehung entschließen. Ein Gast kam nach der Lesung auf mich zu und meinte: Ich hatte was brutale erwartet und keinen so schönen und gefühlvollen Text.
    Was bitte hat Homosexualität mit Brutalität zu tun? Ich denke, hier gibt es noch jede Menge Klärungsbedarf.

    "Die Welt ist groß, und sie hat Raum für jedes erdenkliche Ende und für jede Menge Anfänge"
    aus: Eureka Street, Belfast von Robert McLiam Wilson

  • Mit "Szene" hat Toleranz m. A. n. wenig zu tun, Heike. Ob mir hinterher ein Schneidezahn fehlt, weil ich am 1. Mai in Kreuzberg von meinen Erlebnissen auf dem CSU-Parteitag erzähle, oder ob mir ganze Körperteile fehlen, weil ich bei der "Rechten" in Dortmund ein flammendes Plädoyer für die "Homo-Ehe" halte - das ist kein qualitativer Unterschied.

    Gebe dir vollkommen recht. Aber es gibt bestimmte Szenen, in denen einem diese PC-Geschichten gehörig auf den Wecker gehen können und sich eine PC-Phobie herausbilden kann.

  • Ich dachte, ich hätte heute Mittag schon mal einen Kommentar zu dieser Diskussion abgegeben. Aber anscheinend habe ich dabe einen Fehler gemacht.


    Deswegen hier noch mal.


    In meinen beiden Romanen, die ich veröffentlicht habe, geht es um die Liebe zwischen zwei Männern. Im Rahmen der Lesungen und anhand der Reaktionen von manchen Menschen, ist mir klar geworden, wie viele damit ein Problem haben. Es gab Kommentare wie 'Wenn Du etwas vernüftiges geschrieben hast, dann kannst Du gerne wieder zu mir kommen'.
    Bei einer Lesung in Nürnberg wurde es noch besser. Hier wurden von verschiedenen Autoren Kurzgeschichten vorgelesen. Als ich anmoderiert wurde, kam natürlich auch das Gespräch auf meine Romane. Danach habe ich meine Geschichte gelesen, die in dem Fall nichts mit Homosexualität zu tun hat. Im Gegenteil, es geht um einen Mann und eine Frau - beide über 70 und verwitwet - die einen gemeinsamen Neustart wagen. Nach der Lesung kam ein Gast auf mich zu und meinte: Ich hatte etwas Brutales erwartet und keinen so schönen und gefühlvollen Text.
    Was bitte hat Homosexualität mit Brutalität zu tun? Ich denke, das Thema birgt noch genügend Klärungspotenzial.

    "Die Welt ist groß, und sie hat Raum für jedes erdenkliche Ende und für jede Menge Anfänge"
    aus: Eureka Street, Belfast von Robert McLiam Wilson