Das Diktat der Politisch Korrekten

  • Zitat

    Und war diese Sarrazin-Geschichte nicht in Wien? Wisst ihr, dass in Wien
    30 % rechts gewählt haben? Dass man in Österreich ungeniert Hitlers
    Geburtstag feiert?

    Nein, diese Geschichte war nicht in Wien, sondern fand im Berliner Essemble-Theater unter den Augen des Paradelinken Claus Peymann statt, der sich gegen die Blockade der Sarazin-Lesung allerdings kritisch zu Wort meldete. (siehe meinen Presse-Link weiter oberhalb)
    Und wo bitte wird in Österreich ungeniert Hitlers Geburtstag gefeiert? - Nirgends!
    Derartige, dreiste Behauptungen in die Welt zu posten, empfinde ich als höchst tendenziös.


    Manuela

  • Sorry, dann hab ich es falsch mitbekommen. Ich hab nu leider keine Zeit mehr, alle Links zu lesen und alles anzuschauen. Meine Meinung habe ich deutlich gemacht, die ändert sich auch nicht dadurch, dass ich mich da vertan habe. Und dass kein falscher Eindruck entsteht: ich liebe Wien, bin oft dort und habe da einige Freunde, mein Sohn studiert da. Und leider haben mir genau diese Wiener erzählt, dass es eine sehr starke rechte Bewegung gibt mit viel Rückhalt in der Bevölkerung, und dass durchaus Hitlers Geburtstag gefeiert wird. Dass es aber auch ein großes politisches Bewusstsein gibt und viel Engagement gegen Rechts.
    Und dass hier solches Gedankengut und solche Ansichten weniger rausposaunt werden, heißt überhaupt nicht, dass es in Deutschland wahnsinnig viel besser ist. Jedenfalls finde ich lautstarken Protest gegen Rechts gut. Das Video zu Sarrazin in Berlin kenne ich aber nicht.

  • Heike, gib's auf. Du hast recht, aber du wirst von den alten Herren kein "ja, okay, du hast ja recht" bekommen. (Ich darf das mit den "alten Herren" sagen, ich bin nicht jünger ... ^^)


    Es dürfen sogar ganz junge "alte Herren" sagen. Ich weiß nur nicht, was das mit dieser Diskussion zu tun hat.

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Hallo Heike,


    ja, es gibt in Österreich eine stärker werdende rechte politische Bewegung, so wie in ganz Europa. Aber Hitlers Geburtstag wird nirgends öffentlich gefeiert. Höchstens in irgendwelchen privaten Klubs Ewiggestriger ohne nennenswerte Öffentlichkeit. Bestimmt findet so etwas auch in Deutschland und anderswo in diesem Rahmen statt. Wir haben seit 1945 ein Wiederbetätigungsverbot und selbst geringste Übertretungen werden strikt verfolgt und gerichtlich abgeurteilt.
    Die FPÖ ist eine populistisch agierende, mitte rechts positionierte, demokratisch legitimierte Partei, die drittgrößte politische Kraft in Österreich (rund 27 Prozent) aber sie befindet sich im Verfassungsbogen, denn sonst würde sie verboten werden. Sie als rechtsradikal zu bezeichnen wäre eine Verharmlosung der tatsächlichen extremen Rechten.


    Manuela

  • Ich mag Heike übrigens auch zustimmen ... so als mittelalter Sack :). Wann ist etwas Meinung, wann shitstorm? Wer verbietet es den Tabubrechern, ihre Tabus in aller Öffentlichkeit zu brechen, wo und wann auch immer sie wollen? Sorry, wer in der Öffentlichkeit steht, muss Gegenwind einfach abkönnen, besonders, wenn er den politisch inkorrekten Hipster macht.


    Grüssle Jo

  • Zitat

    ... besonders, wenn er den politisch inkorrekten Hipster macht.

    Womit sich mir schon wieder die Frage stellt, was politisch inkorrekt ist, vielmehr noch, wer das bitteschön festlegt? Eine demokratische Mehrheit oder doch nur eine Minderheit, die sich für eine moralisch überlegene Kaste hält und Meinungsfreiheit nur dann akzeptiert, wenn es sich um die Bestätigung der eigenen Meinung handelt? :)

  • Ich denk, Manu, da lässt sich auch wieder trefflich drüber streiten. PC oder PIC sind natürlich Labels, die je nach Geschmack aufgebappt werden. Ich nehme an, dass da das Presserudel zwischen den Leitwölfen SPIEGEL und BILD auch noch ne Rolle spielt. Gehört vermutlich nicht hier her ... :)

  • Äh. Obwohl ich eigentlich meinte, dazu zu neigen, mich relativ klar auszudrücken, bin auch ich offenbar nicht dagegen gefeit, Missverständnisse zu generieren. ;)


    Ich bin ein energischer Freund und Verfechter der Meinungsfreiheit. Der Widerstreit der Meinungen ist essentiell für eine pluralistische Gesellschaft, die sich entwickeln will oder soll, und das Recht der freien Meinungsäußerung ist ein ebenso essentielles Bürgerrecht, das für die individuelle Entfaltung unabdingbar ist. Dazu gehört nicht nur die Qualität der Meinung selbst, sondern auch die Form, in der sie geäußert wird. Keine Meinung oder Haltung ist absolut richtig oder gar wahr; wer das meint oder glaubt, ist ein Gegner der Meinungsfreiheit und außerdem auf absurde Weise arrogant.


    Im Ausgangsbeitrag und den folgenden ging es mir um zwei Dinge, die dieser Haltung meiner Meinung nach widersprechen. Zum einen sind es die Formvorschriften, genauer gesagt: Die "politisch korrekte" Sprache, die ganz offenbar von jedem verlangt wird, der sich irgendwie - bevorzugt öffentlich - äußert. Sprachverwendung transportiert bereits Haltungen und Meinungen; schon die Syntax ist semantisch. Verlangt man von jemandem, sich dem unterzuordnen, beugt man dessen freie Meinung. Wenn ich gezwungen werde, etwas in (von anderen) bestimmten Worten zu sagen, sage ich nicht mehr das, was ich sagen wollte. Zumal ich ohnehin selbst die Verantwortung für das trage, was ich zu sagen beabsichtige. Eine Bevormundung ist also weder erforderlich, noch in meinem Interesse.


    Der zweite Aspekt sind schlicht Hetzkampagnen, die ja bevorzugt anonym veranstaltet werden. Und bei jene geht es eben zuvorderst darum, bestimmte Meinungen zu ächten, gar zu verbieten. Das ist der Impetus der selbsternannten Gutmenschen und Meinungshoheitsträger. Im schlimmsten Fall, der gemächlich zum Normalfall wird, geht es direkt an die Würde der fraglichen Person. Das kann ich nicht ertragen und hinnehmen. Außerdem ist in diesem Zusammenhang oft zu beobachten, dass es um schlichte Machtbeweise geht, das Interesse der Beteiligten an der Thematik aber eher gering ausfällt.


    Um nicht missverstanden zu werden. Ich halte viele Meinungen und Standpunkte für dumm, gefährlich, widerwärtig, menschenverachtend (hierzu gehört allerdings auch jene "Meinungshygiene") und vieles mehr. Begegne ich solchen, trete ich ihnen energisch entgegen. Aber eben der Meinung, nicht der Person dahinter. Hetze, Diskreditierung, Lächerlichmachung kann ich fast ebenso schwer ertragen wie beispielsweise braunes Geblubber.

  • Während Ihr nur die Leipziger Buchmesse im Kopf habt, startet bei mir in Köln zeitgleich die lit.Cologne. Dazu habe ich eben wieder einen Newsletter erhalten:


    Zitat

    Sibylle Lewitscharoff auf der lit.COLOGNE am 19.03.2014


    Vor der Romanvorstellung von Sibylle Lewitscharoffs "Killmousky" wird Bettina Böttinger mit Frau Lewitscharoff über ihre umstrittene Rede im Dresdener Schauspielhaus von 2. März 2014 diskutieren.


    Mal schnell nachgeschaut: Die Tickets dafür sind bereits ausverkauft. Aber ich habe in der Tauschbörse gerade entdeckt, dass jemand seine zwei Karten los werden will. Vielleicht kriege ich die ja - dann werde ich berichten!

    "Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt." - Albert Einstein
    "Gib jedem Tag die Chance, der schönste Deines Lebens zu werden." - Mark Twain
    "Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt." - Mahatma Gandhi

    Einmal editiert, zuletzt von Jasmin ()

  • Insgesamt ist das ganze eine geschickte Marketingstrategie...der Shitstorm als schnelles Werbe-Pferd.

    Das ist wahr. Aber ich könnte mir vorstellen, dass das eine sehr unruhige Veranstaltung wird.

    "Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt." - Albert Einstein
    "Gib jedem Tag die Chance, der schönste Deines Lebens zu werden." - Mark Twain
    "Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt." - Mahatma Gandhi

  • Zitat

    Für HD: Nur welche Definition meinst du jetzt?


    M E I N U N G


    Mir kommt es vor, die Frage wird aufgeworfen: Was ist eine Meinung? (Wo beginnt und wo endet sie?)
    Aber diskutiert wird darüber, wer eine haben darf und wer nicht und welche im speziellen und welche im allgemeinen gefährlich oder gar keine sind.


    Als würde man fragen was ist eigentlich ein Apfel? - und als Antwort kommt immer nur: "Also ich mag Boskop, nee ich mag lieber den Granny, ach! - ich hab ja Kernobstallergie! ... und ganz viele Äpfel auf dem Haufen sind sowieso Scheiße, weil man damit Scheiben einschmeißen kann

  • Es geht um Meinungsfreiheit und darum, dass Menschen, die ihre Meinung kundtun (sei sie noch so abwegig und verurteilenswert) nicht dämonisiert und geächtet werden sollen.
    Es wird in der öffentlichen Diskussion zu oft und zu schnell schon geteert und gefedert. Klar finden sich auch zu allem immer auch sachliche Stimmen. Aber in den Medien werden zu schnell Menschen verurteilt.
    Wer bekommt schon mit - in all der Aufregung - dass sich die Autorin bereits entschuldigt hat??

    [buch]3866855109[/buch]


    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

    Einmal editiert, zuletzt von Stefanie J. ()

  • Ich halte es tendenziell für zwecklos, zwischenmenschliche Vorgänge auf ein paar wenige gültige Verhaltensdogmata zu reduzieren. Es gibt nicht die zwei, drei Regeln, an die man sich einfach nur halten muss, und dann hat man alles richtig gemacht. "Ich darf alles sagen, du darfst alles sagen, fertig", "Man darf alles sagen, muss aber mit den Konsequenzen leben, fertig", das sind alles so verallgemeinernde Verhaltensregeln, die sich vielleicht auf viele Situationen anwenden lassen, aber längst nicht auf alle. Mit solchen Regeln spannt man sich selbst ein Netz, das einen sicher hält, wenn man unsicher wird und nicht weiß, was man tun und sagen soll, aber in dem man sich auch leicht verstricken kann.
    Wir haben quasi nur die Frage. Eine Antwort gibt es leider nicht.

  • Hallo, dORIT.


    Zitat

    Was ist eine Meinung?


    Eine Meinung ist eine Haltung in einer bestimmten Frage. Dabei kann es um so scheinkomplexe Fragen wie jene nach der Existenz irgendwelcher Götter gehen, aber auch ganz simpel um Bekleidungsmode (in der Realität ist letztgenanntes häufig komplizierter als erstgenanntes).


    Die Meinungsfreiheit, von der die künstlerische Freiheit eine Sonderform darstellt, da die Kunstfreiheit tatsächlich in gewissen Fällen Dinge gestattet, die von der "normalen" Meinungsfreiheit nicht abgedeckt sind, garantiert jedem Menschen, zu jeder Frage jede beliebige Haltung einnehmen zu dürfen, ohne dafür bestraft, verfolgt oder geächtet zu werden. Seine Begrenzung findet die Meinungsfreiheit in den Persönlichkeitsrechten anderer (hier darf die Kunst u.U. mehr) und im Volksverhetzungsparagraphen (§ 130 StGB).


    Diese Begrenzung, obschon konkret gemeint (es müssen also die Rechte bestimmter Personen verletzt oder es muss versucht werden, gegen bestimmte Gruppen aufzuwiegeln), wird vom Mob gemeinhin allgemein begriffen. Das führt dazu, dass man aus diversen Äußerungen leichthin den (nicht existenten) Tatbestand des "Sichbeleidigtfühlens" ableitet. Daraus folgt dann die Annahme, man könne das entsprechend vergelten, also zurückbeleidigen. Fast noch schlimmer aber ist, was ich weiter oben mehrfach angedeutet habe. Das Recht auf Meinungsfreiheit wird, bestimmte Meinungen und/oder Tendenzen vorausgesetzt, schlicht aberkannt. Man fokussiert dabei auf die Person und nicht mehr auf deren Haltung.


    Nebenbei bemerkt halte ich es für sehr unwahrscheinlich, dass Frau L. mit diesen Äußerungen Marketingabsichten verbunden hat. Und, nein, wer in der Öffentlichkeit steht, muss nicht mit allem rechnen und alles hinnehmen. Dass der Persönlichkeitsschutz endet, wenn man prominent ist, ist ein Märchen.

  • Hallo Tom, ich habe es ja weiter vorne schon mal versucht einzustreuen, was ich damit meine, wenn ich nach einer Definition "rufe" und weshalb ich auch meine, dass hier die Dialoge ziemlich aneinander vorbeigehen.
    Kurz gebündelt lese ich heraus, dass das was "der Mob" meint, in Deinen Augen keine Meinung mehr ist, sondern irgendetwas anderes. Und diese Äußerungen (nur weil sie gebündelt auftreten und fies und böse sind) aus der Definition - "eine Meinung haben dürfen", herausfallen.


    Zitat

    wird vom Mob gemeinhin allgemein begriffen. Das führt dazu, dass man aus diversen Äußerungen leichthin den (nicht existenten) Tatbestand des "Sichbeleidigtfühlens" ableitet. Daraus folgt dann die Annahme, man könne das entsprechend vergelten, also zurückbeleidigen. Fast noch schlimmer aber ist, was ich weiter oben mehrfach angedeutet habe. Das Recht auf Meinungsfreiheit wird, bestimmte Meinungen und/oder Tendenzen vorausgesetzt, schlicht aberkannt


    Aber eine Meinung ist eine Meinung und hat keinen Anspruch auf Wahrheit. Deshalb darf eine Meinung im Sinne der Meinungsfreiheit streng genommen, sogar einen Tatbestand aberkennen,


    denn laut Wiki(Auszug)

    Zitat

    Meinung ist dem Glauben verwandt und ein Gegenbegriff zu Wissen.[1]


    Eine Meinung bezieht sich nicht nur auf Sachverhalte, sondern auch auf Personen.
    Es sei denn Du erfindest eine persönliche Liehr-Definition. Ist das eine?

    Zitat

    Man fokussiert dabei auf die Person und nicht mehr auf deren Haltung.


    Natürlich richten sich Meinungen auch auf Personen. Meistens sogar. So ist es.
    Egal welche Meinung wir dazu haben.

  • Geschenkt.


    Der Tenor der Reaktionen (beispielsweise) auf Frau L. war: Das darf sie nicht sagen. Sie darf so nicht denken.


    Doch, sie darf.