Sicherheit im Internet

  • Schon verblüffend - offenbar nutzen auch die Geheimdienste "neue" Technologien. Flächendeckend wird protokolliert und überwacht, was so im weltweiten Kommunikationsnetzwerk geschieht. Die einen schreien laut, die anderen sagen leise: "Ich habe nichts zu verbergen, was schert mich das."


    Firmenmitarbeiter versenden kritische Informationen per Mail, Software liegt auf fernen Servern, Datenbestände sind in der "Cloud" oder per VPN, gar per Remote via Internet erreichbar, an dem ohnehin jeder Rechner pausenlos hängt - vorbei die Zeiten, als man sich noch "eingewählt" hat, um eine Verbindung aufzubauen, die man anschließend tunlichst kappte. Smartphones hängen am Netz, Autos, Navigationsgeräte, Fernseher, Kühlschränke, Wetterstationen, Kinderspielzeuge, aber auch Bankautomaten, ganze Fabriken, Verkehrsanlagen - alles. Eine unfassbare Datenmenge wird durchs Netz geschaufelt, unaufhörlich, und dabei tut man so, als wäre eine "sichere" Verbindung - etwa beim Online-Banking - tatsächlich sicher, als würde eine willkürliche Kombination aus Name und Passwort irgendwas schützen. Man bunkert Daten auf "Skydrives", oder glaubt gar, der eigene Computer wäre unangreifbar, weil man kostenlose Virenscanner installiert hat, die von Firmen stammen, deren Produkte niemand kontrolliert. Und es wird täglich mehr und mehr, exponentiell. Darüber, was wir alles in "sozialen Netzwerken" und bei Google über uns preisgeben, ohne auch nur einen winzigen Gedanken daran zu verschwenden, welche Wege das nimmt, wer es lesen, protokollieren, abgreifen und auswerten kann, muss man eigentlich überhaupt nicht mehr reden.


    Etwas wie Privatsphäre gibt es im Internet nicht. An keiner Stelle.


    Der unglaubliche Erfolg des Kommunikationssystems hat völlig verdrängt, das es nie dafür entwickelt wurde, so genutzt zu werden, wie es genutzt wird, und die Standards sind nach wie vor jene aus den Achtzigern. Jede Information geht über zig Zwischenstationen, die keineswegs unter staatlicher, gar neutraler Überwachung stehen, überall hängen Server und Serverfarmen, die privat betrieben werden, von kommerziellen Unternehmen - das beginnt bei den Anbietern, über die wir ins Netz gehen, und endet längst noch nicht bei jenen Firmen, deren Dienste wir kostenlos nutzen, weil wir selbst die Produkte sind, also Google, Facebook, Apple, Microsoft & Co. Wo es Server und Serverfarmen gibt, da gibt es IT-Mitarbeiter und Adminstratoren, die an alles herankommen. An alles. Und unsere Daten wandern nicht etwa von A nach B. Sie wandern von A nach Z, und dazwischen liegen weit mehr als 24 Stationen.


    Ich finde das gut und sehr interessant, was gerade geschieht. Nicht, weil mich die Tätigkeit der Geheimdienste ärgert - es liegt in der Natur solcher Organisationen, sich abseits der Legalität zu bewegen, sonst wäre der Präfix "Geheim" überflüssig. Ich verbinde diesen Vorgang mit der Hoffnung, dass die Menschen, die so sorglos vor "dem Internet" sitzen und sich gnadenlos entleiben, mal für ein paar Momente darüber nachdenken, was sie da eigentlich tun. In den Köpfen scheint es vielfach noch den Gedanken an jene starre "Telefonleitung" zu geben, die zwischen zwei Kommunikationspartnern genutzt wurde und für diese Zeit für alle anderen gesperrt war. Das ist nicht mehr so. Was wir ins Internet hineintun, das wird gestreut, vervielfältigt, kopiert, gesammelt, pausenlos. Als würden wir private Liebesbriefe millionenfach kopieren und mit einem gewaltigen Gebläse in die Welt pusten. Als würden wir sie geöffnet einem beliebigen Passanten geben, der sie so lange an andere Passanten weitergibt, bis sie den Empfänger erreichen. So funktioniert das Internet.


    Eigentlich müsste man diesen ganzen völlig falsch konzipierten Scheiß abschalten und durch etwas Neues ersetzen. Was nicht nur technisch unmöglich ist. Also wird man weiterhin ausbessern, was nicht auszubessern ist. Im Ergebnis werden sich die Menschen ändern müssen, sich der Erkenntnis beugend, dass sie damit aufgehört haben, als Privatperson zu existieren. Der Begriff "Datenschutz" wird in 10 Jahren nicht mehr im Duden stehen, weil es keine Verwendung mehr dafür gibt.


    Was ich sagen will. Seid vorsichtig.
    Was wenig nutzen wird.

  • Tom, sehr schön formuliert, wenn auch tom-liehr-üblich lang. Zwei Aspekte, die in deinem Text bereits enthalten sind, möchte ich jedoch noch besonders herausstellen:


    1. Es gibt keine Freiheit im Internet. All diejenigen, die das fordern, ignorieren das, was in der Realität täglich, stündlich, jede Minute und Sekunde abläuft. Es sind nicht nur die Geheimdienste, die auf vorhandene Daten zugreifen und diese auf Nutzbarkeit für ihre Zwecke prüfen. Die Wirtschaft ist es auch. Sie nutzt diese Daten und das Internet, um Profit zu machen. Letztes werte ich nicht. Unternehmen leben davon, dass sie einen Ertrag erwirtschaften. Das sie dazu aber ungefragt auf unsere Daten zugreifen können, gefällt mir nicht. Es gibt zwar Gesetze, die dies beschränken, nur sind diese dank der vorhandenen Technologien und der Unkenntnis der Gesetzemacher über die Materie leicht zu umgehen. Außerdem kommt noch eine dritte Gruppe ins Spiel, die der Kriminellen. Wer ein absolut anonymes Netzwerk will, in dem niemand niemanden kennt, der muss sich darüber im Klaren sein, dass er mit dieser Forderung das "Spielfeld" dieser Kriminellen deutlich erweitert.


    2. Serverfarmen. Kosten Geld. Die ganze Netzstruktur auch. All diejenigen, die fordern, dass Internet kostenlos zu haben ist und das, was man durch das Internet bewegen kann, auch, sollten mal ein paar Minuten ihre Gedanken daran verschwenden, wer diese Serverfarmen unterhält, finanziert und warum.

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Und glaubst du wirklich, dass dieser Zugang sicher ist? Wer steckt dahinter? Ich surfe mit Avira Security Browser (in Privat browsen), aber ich gebe mich keiner Illusion hin, dass ich nicht genauso gläsern bin. Aber zu Facebook, Twitter etc. drängle ich mich nicht!


    Bekannt? Mit wenigen Klicks kann man feststellen, ob der eigene Router dem aktuellen Standard entspricht.
    Unter http://www.computerbild.de/Routersicherheit testet eine App den Router und zeigt evtl. Risiken auf. (Den Computer-Freaks sicher lange bekannt)

    "Gedanken sind nicht stets parat. Man schreibt auch, wenn man keine hat."
    Wilhelm Busch


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    meine Homepage: lindacuir.de

  • Ich bin eine von denen, die diese Aufregung nicht sehr wundert und auch nicht sonderlich beunruhigt.
    Das Netz ist inzwischen ein Paralleluniversum geworden. Ein virtueller Abklatsch unserer tatsächlichen, verrückten Welt. Angefüllt mit Billionen Daten von Milliarden Menschen. Und ähnlich wie ich mich im Gewusel einer Großstadt solange anonym fühle, bis ich an andere Menschen anknüpfe oder angeknüpft werde, fühle ich mich auch im Netz (noch!) unbemerkt und nur dort beachtet, wo ich es selbst forciere. Bewusst oder unbewusst. Im echten Leben, wie im Datengemenge kann mir passieren, dass jemandes Fokus auf mich gerichtet wird, ohne dass ich das will.
    Auch im echten Leben könnte es ja passieren, dass jemand denkt ich gehöre beobachtet weil gefährlich, verlogen, interessant, ein potenzielles Opfer oder ein aufzuhaltender Täter sein könnte.
    Bis her war das weder in 3D noch online bei mir der Fall und ich hoffe, es bleibt so.
    Es ist diese aus der Masse entstandene Anonymität, die mich das hoffen lässt.
    Oder sehe ich das zu naiv und verbrettert?

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    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

    Einmal editiert, zuletzt von Stefanie J. ()

  • Wie Stefanie sehe ich das ganze eher unaufgeregt, aber wegen des online-Banking ist ein gewisser Schutz schon erforderlich. Auch möchte ich nicht, dass sich jemand in meinen Router einloggt und sein Unwesen treibt.
    Vor zwei Jahren hatte sich hier eine islamistische Gruppe bei einem Normalbürger eingeloggt und über seinen Router böse Aufrufe verschickt. Die Sonderpolizei stürmte nachts das Haus. Das würde ich mir gerne ersparen!

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  • Auch ich sehe das ganze eher entspannt. Mich amüsieren die Diskussionen über Twitter und Facebook und wie sie uns alle in gläserne Bürger verwandeln.
    Ein Widerspruch in sich.
    Als Autor, als Blogger, nutze ich Social Media Plattformen WEIL ich gelesen werden möchte, WEIL ich ich will, dass möglichst jeder mein aktuelles Blogposting liest, oder meine kritische Anmerkung, oder meinen charmanten Witz, oder mein ganz persönliches Nudelrezept. Und wenn ich meine Meinung zum Thema Politik äußere, dann ganz bewusst und mir darüber im Klaren, dass irgendein zukünftiger Arbeitgeber eventuell damit nicht einverstanden ist. So wissen wir wenigstens beide, woran wir sind.
    Wer mit abgeschaltetem Gehirn über den eigenen Chef lästert und am besten noch dessen Namen, Wohnort und Telefonnummer nennt, der darf sich über Konsequenzen nicht wundern.
    Wenn sich nun jemand die Mühe macht, aus meinen gesammelten Postings ein genaues Profil zu erstellen, könnte er sich die Arbeit sparen - er findet nämlich das alles als Konzentrat im "About Me" meines Blogs.
    Anders formuliert:
    "Sie dürfen gern 20 Milliarden in Überwachungstechnologie investieren, sie können aber auch gern mein Blog lesen. Da steht ziemlich exakt, wo ich gestern war."

  • So sind wir schon drei, die sich von der Datenkrake nicht persönlich bedroht fühlen.
    Damit (also durch mangelnde Verängstigungsbereitschaft) machen wir uns wahrscheinlich schon verdächtig und fünfundzwanzig Spezialisten sind schon dabei, unsere Daten gegen uns auszuwerten.

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  • Etwas beängstigend finde ich den Gedanken, dass manche Unternehmen ihre gesamten Kundendaten online haben. Wenn die ungefragt an Dritte gelangen - ich weiß ja nicht, ich weiß ja nicht.

    "Die Literatur hat ihren eigenen Wahrheitsgrund." Jan Drees

  • kueperpunk: Das ist bestenfalls noch ein Randaspekt. Im Kern geht es - auch mir - darum, dass das gesamte Internet praktisch qua Design äußerst unsicher ist, um es vorsichtig zu sagen. Sie "Passantenbeispiel".


    Sabrina Saskia: Kundendatenbanken, die per Web zugänglich sind, stellen auch nur die Spitze des Eisbergs dar. Davon, dass derlei gehackt wird, hört man ja regelmäßig, und es ist anzunehmen, dass die Dunkelziffer ziemlich hoch ist, denn solche geschäftsschädigenden Informationen hält man tunlichst geheim. Unternehmen, die kritische Daten verwalten, arbeiten über unsichere Kanäle mit "Software as a Service", ganze Infrastrukturen - von der Einzelhandelsbude bis zum Kraftwerk - hängen halbgeschützt am Web, und so weiter.

  • Was mir an der Sache Angst macht: Wissen ist Macht. Ich war mir sicher, dass die USA eine in rasantem Abstieg befindliche Großmacht sind; diese Entwicklung wird sich nun im besten Fall viel langsamer vollziehen, denn viele, viele Politiker, Aktivisten u.u.u. werden nun schön erpressbar sein - z.B. im Fall der Politiker damit, dass sie lange über millionenfachen Rechtsbruch bescheidwussten oder gar mitgewirkt haben. So richtig will aber kaum jemand darüber nachdenken, das Mediengros genausowenig (weil sie konzernabhängig, staatstragend oder schlicht auch erpressbar sind); unser Land ist politisch dermaßen tot, dass das Volk seiner Regierung nicht mal die gegenwertige Tragikkomödie übelnehmen wird.

  • Kundendatenbanken, die per Web zugänglich sind, stellen auch nur die Spitze des Eisbergs dar.


    Für mich gehören solchen Daten nicht ins Internet. Kundendaten, Personalinformationen, Rechnungen - es ist allzu leicht, an so etwas heran zu kommen, das stimmt. Dass die Hacker so etwas schaffen, ärgert mich gar nicht wirklich. Das ist bekannt. Vielmehr ärgert mich die Blauäugigkeit, die Vertrauensseligkeit, mit der manche Personen an das Sakramentum Internet heran gehen. Wobei die Einstellung: "Ach, mir wird schon nichts passieren" nicht nur in diesem Zusammenhang weit verbreitet ist - was nützt es also, sich darüber noch aufzuregen.

    "Die Literatur hat ihren eigenen Wahrheitsgrund." Jan Drees

  • Und warum genau regst du persönlich darüber auf?
    Verstehe nicht, was du meinst: ...gehören nicht ins Internet...Sakramentum Internet...was nützt es, sich noch darüber aufzuregen.
    Hört sich ja an, Saskia, als hättest du das persönlich gebaut, das Internet und bist nun sauer über die Ausmaße der Nutzung...


    Aber im Ernst: Für mich wird (eigentlich in den Medien immer) zu viel an Aufregung konstruiert.
    Ich soll gerade als Bürger einmal wieder Angst haben. Das würde mich lenkbarer machen.
    Wenn Meldungen gleich mit dem Wort "Skandal" verbunden werden, schalte ich grundsätzlich erstmal ab und sammle Information. Denn genau diese mediale Angst ist Machtmittel geworden...politisches Instrument.

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    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • Wir können, verehrte Anwesende,


    mit unseren Daten noch so vorsichtig umgehen, und doch werden recht persönliche Daten auf Servern gespeichert, von denen wir keine Standorte und keine Sicherungsfunktionen kennen. Die neue Versichertenkarte der Krankenkassen oder die Online-Funktion des Personalausweises sind nur zwei Beispiele dafür, dass Daten über die Bürger verfügbar sind, die nutzbar genacht werden können.
    Der Geist ist aus der Flasche. Und so wie es aussieht, ist die Flasche schon vor längerer Zeit zerschlagen worden. Den Geist werden wir nicht mehr los.


    Herzlichst


    Wolf P.

    "NOW is the happiest time of your life." Daevid Allen ( :gitarre )


  • Der Geist ist aus der Flasche. Und so wie es aussieht, ist die Flasche schon vor längerer Zeit zerschlagen worden. Den Geist werden wir nicht mehr los.


    Sehr weise gesprochen, lieber Wolf. Wir werden also mit diesem Geist umgehen müssen - und versuchen, ihn positiv zu nutzen. Wenn wir uns z.B. alle umso kritischer äußern, geht das ja automatisch an die Adressaten der Kritik. Oder wenn jeder seine Postings mit Vokablen wie "Anschlag" oder "Bombe" würzt, wird eine sinnvolle Nutzung (im Sinne der Sicherheitsfetischisten) schwieriger. Als Statistiker rate ich sehr dazu, das Netz mit falschen, aber plausiben Daten zu füttern. Das ist jetzt alles sehr naiv und kaum durchdacht, aber in diese Richtung sollte man vermutlich denken.

  • Als Statistiker rate ich sehr dazu, das Netz mit falschen, aber plausiben Daten zu füttern. Das ist jetzt alles sehr naiv und kaum durchdacht, aber in diese Richtung sollte man vermutlich denken.


    Das, lieber Michael,


    war auch die Taktik bei der Volkszählung vor -zig Jahren. Im Netz ist das noch besser möglich. So kann man sich immer wieder neu erfinden. Macht vielleicht sogar Spaß. :evil


    Herzlichst


    Wolf P.

    "NOW is the happiest time of your life." Daevid Allen ( :gitarre )

  • Das Netz ist bereits voll von Daten, die falsch aber plausibel sind. Hinzu kommen noch viel mehr Daten, die wahr aber nicht plausibel sind. :brille

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann