Frage an die Lesungs-Profis

  • Aus meiner bescheidenen Leseerfahrung kann ich beisteuernpflichten: Das Publikum goutiert, wenn man ehrlich, bescheiden, selbstironisch ist. Das geht am besten, wenn man nervös ist bzw. kann ein gutes Ventil von Nervosität sein. Und die Scherze, die am besten ankommen, sind die spontanen. Im besten Fall gelingt es, irgendetwas, das im Publikum passiert, aufzunehmen und in den Vortrag zu integrieren.

  • Ein Freund von uns war DER GEBORENE LESER. Gemäß Toms Beitrag ganz am Anfang des Freds konnte der von zwanzig Minuten fünfzehn irgendwas erzählen, man hörte gebannt zu. Ist allerdings nicht jedermanns Sache.


    Aber was ich noch viel beeindruckender fans, und das ist schon mal überhaupt nicht jedermanns Sache: Er las eine Geschichte, war ca. zu dreiviertel durch - da fehlten ihm die letzten Seiten! Und das merkte er AUF DER BÜHNE vor versammeltem Publikum. Oh je, wir alle starben tausend Tode für ihn - völlig unnötig. Er grinste ganz cool, sagte (sinngemäß) Huch, da habe ich doch den Schluss nicht mit und erzählte das alles aus dem Stegreif und besser hätte er es nicht lesen können.


    Klar, ich würde die tausend Tode auf der Bühne direkt sterben. Aber wenn man so etwas mal gesehen hat, dann reagiert man auf höchst unvorhergesehene Probleme vielleicht (ich hoffe es) durchaus gefasster.

    Fiction has to be realistic, unlike real life.
    Ian Rankin

  • :nick Supergerne!


    Wie wäre es denn, wenn ihr euch einfach einen Exkurs in missratenen Lesungen antut - 2.12. im Mikado Krefeld. Lesung mit Menü. Ich stottere, stammel, mach mich lächerlich. Ihr könnt lachen kommen und dabei lecker essen ...

  • Öh. Doch. Kann man ... es sind, da Babies, aber keine Veganer. Sozusagen also Vegetarierbabies. Bah, was ihr so fressen könnt! Osterlämmchen, kleine Puschelhäschen, Rehlein, Kälbchen, - wieso eigentlich keine Katzenkinder und Welpen? *koppschüddel* Ich werde Fleischfresser nie wirklich verstehen.

  • Oh je, Lampenfieber kenn' ich auch, obwohl ich natürlich kein Lesungsprofi bin.


    Es gab für die kleine Anthologie an der ich mitgeschrieben habe, auch eine abendliche Lesung in irgendeinem kleinen Ort in Brandenburg nahe bei Berlin. Ich war so aufgeregt, dass ich in die Apotheke gegangen bin ("Geben sie mir das Stärkste was sie haben!") und mir so Riesenbaldriankapseln gekauft habe. Davon habe ich mir erstmal eine eingeschmissen und noch eine und später noch ein paar. Dann war ich schon fast ein bisschen weniger beunruhigt. Die Lesung lief prima. Ich hatte ja meinen Text, an dem ich mich festhalten konnte. Fragen wurden keine gestellt. Wir waren ja mehrere, die nacheinander vorlasen.


    Irgendwann fand ich mich jedoch auf dem Podium wieder, mit einem weiteren Teilnehmer der Anthologie und dem Krimiautor, der das Ganze angeleiert und auch mitgeschrieben hatte. Die beiden Kerle fingen dann ganz locker, flockig an, eine Unsinnsdebatte zu führen. Just for Fun. Sie spielten sich die Bälle gegenseitig zu, das Publikum gröhlte. Da ich mich tunlichst heraushielt - meine Hände waren schweißnass - ging das auch ein paar Sätze lang gut, bis der Ball bei mir landete. Einer stellte eine Frage, beide schauten mich an, die Zuschauer blickten ebenfalls erwartungsvoll auf mich. Aus meinem Herz hüpfte ein Frosch in meinen Kehlkopf und ich konnte nur noch stammelnd krächzen: "Ich bin raus.". Aber ich musste auf dem Podium sitzen bleiben, zwischen den beiden prächtig eingespielten Herren, und das Ende der Vorführung abwarten. Das war der pure Horror.


    Als ich noch gesungen habe, musste ich bei den Auftritten auch heftig gegen Lampenfieber ankämpfen. Meine Spezialität war, mitten im Gesang den Text zu vergessen. Komplett. Selbst bei meinen selbstgeschriebenen Liedern.
    Freund Alkohol half auch nichts. Vor dem Auftritt eine Flasche Sekt auf Ex. Das war dann auch mein letzter Auftritt. Ich hatte Angst zur Alkoholikerin zu werden. Das war mir die Sache auch nicht wert.


    Ich meine, wozu schreibt man da in seinem kleinen Kämmerlein anstatt große Reden zu schwingen? Das hat doch seinen Grund?
    Auf jeden Fall bin ich mir sicher: Eine Rampensau wird aus mir nie!


    Fühl' dich also getröstet. :streichel1 Da bist du beileibe nicht die Einzige. Ein Patentrezept kann ich dir leider auch nicht anbieten. Vielleicht kommt's mit der Übung. Ich drücke dir jedenfalls alle verfügbaren Daumen.


    Liebe Grüße


    Skylla

  • Nun werde ich möglicherweise in Leipzig wieder zum Lesen antreten müssen


    Weiter oben stand ja auch schon, Lesungen gehören dazu. Tun sie das wirklich???
    Also ich kann mir ein Leben auch ohne sowas sehr gut vorstellen :D . Muss ich deswegen auf Ruhm, Reichtum und Nobelpreise verzichten ;) ?

  • Wie wäre es denn, wenn ihr euch einfach einen Exkurs in missratenen Lesungen antut - 2.12. im Mikado Krefeld. Lesung mit Menü. Ich stottere, stammel, mach mich lächerlich. Ihr könnt lachen kommen und dabei lecker essen ...


    Ich bin ja schon angemeldet.
    Boah, wehe, wehe, wehe, wenn du das ganz cool runterreißt. Das wird mich dann so sehr frustrieren, dass ich mit Essen werfen werde. :zwille


    kamelin - noch ne Idee:
    Gemeinschaftslesungen. Ich lese am 13.11. mit zwei Kolleginnen (Rebekka Pax & Andrea Gunschera) in Mülheim a.d.Ruhr.
    Da fürchte ich mich null. Das wird ein Gegacker sondergleichen, weil wir alle gleich viel Angst haben werden :irre


  • Ich bin ja schon angemeldet.
    Boah, wehe, wehe, wehe, wenn du das ganz cool runterreißt. Das wird mich dann so sehr frustrieren, dass ich mit Essen werfen werde. :zwille


    kamelin - noch ne Idee:
    Gemeinschaftslesungen. Ich lese am 13.11. mit zwei Kolleginnen (Rebekka Pax & Andrea Gunschera) in Mülheim a.d.Ruhr.
    Da fürchte ich mich null. Das wird ein Gegacker sondergleichen, weil wir alle gleich viel Angst haben werden :irre


    13.11. - das ist ein Sonntag, oder? Das schaffe ich. Cool - dann sehe ich auch endlich mal meine Cover-Fee .-)
    Am 2.12. haben wir, glaube ich, eine Weihnachtsfeier. Ich sehe das aber noch mal nach.

  • PS:
    Es hat mich übrigens ziemlich überrascht, dass so viele von euch vor den Lesungen nervös sind. Ich hatte wohl angenommen, dass die Routine den sog. Lampenfieberfaktor wegspült. Mist, aber auch ... ,-)
    Trotzdem: Danke für eure Offenheit - irgendwie fühle ich mich jetzt besser :)

  • Weiter oben stand ja auch schon, Lesungen gehören dazu. Tun sie das wirklich???
    Also ich kann mir ein Leben auch ohne sowas sehr gut vorstellen :D . Muss ich deswegen auf Ruhm, Reichtum und Nobelpreise verzichten ;) ?


    Nö, aber auf Knete. Und darum geht's doch auch in nich unwesentlichem Maße. Habe mal gehört, dass nicht nur der Durchschnittsautor vor allem mit seinen Lesungen Geld, das sich wirklich lohnt, verdient. So 500 Tacken pro Abend, da sollte man sein Lampenfieber schon irgendwie für bekämpfen.

    Fiction has to be realistic, unlike real life.
    Ian Rankin


  • So 500 Tacken pro Abend, da sollte man sein Lampenfieber schon irgendwie für bekämpfen.

    Also das muss man erstmal einhandeln.
    Die aktuelle Empfehlung liegt bei 300€/Lesung, aber darum müssen selbst bekannte Autoren angeblich oftmals diskutieren.
    Als Noname wird nicht selten davon ausgegangen, dass du nicht nur umsonst - oder für einen Buchgutschein über 20€ liest - sondern auch noch auf eigene Kosten anreist. Es ist recht frustrierend, überhaupt jemanden zu finden, der dich lesen lässt, wenn du nicht willens und in der Lage bist, alles - wieder auf eigenes finanzielles Risiko - selbst zu organisieren. Ich wurde, in netten kleinen Buchhandlungen, schon sowas von unfreundlich abgewiesen, dass ich bei der Frage nach Honorar nur noch beschämt den Kopf senke.
    Und mich aufs nächste Jahr freue: Ab dann kümmert sich der Verlag :high


  • Nö, aber auf Knete. Und darum geht's doch auch in nich unwesentlichem Maße. Habe mal gehört, dass nicht nur der Durchschnittsautor vor allem mit seinen Lesungen Geld, das sich wirklich lohnt, verdient. So 500 Tacken pro Abend, da sollte man sein Lampenfieber schon irgendwie für bekämpfen.


    250 - 300, wenn die ordentlich bezahlen. Und trotzdem kenne ich eine Menge KollegInnen, die nur deswegen und dadurch von ihrem Schreiben leben können. Seufz.