Irgendwann im September bekam ich eine Mail von Johannes Strate, der mir gleich in der Einleitung damit auf die Sprünge half, dass er erwähnte, der Sänger von "Revolverheld" zu sein, aber das hätte ich auch so gewusst. Er fragte an, ob ich bei der zweiten Ausgabe von "Feels like home" die Nachfolge von Heinz Strunk anzutreten bereit sei.
Die Veranstaltung präsentiert Musiker, vor allem Singer/Songwriter, die noch nie in Deutschland aufgetreten sind. Das Line-Up der zweiten Veranstaltung bestand aus Ari Hest, Helgi Jonsson und Chris Trapper. Außerdem sollen in den Pausen "bekannte" deutsche Autoren lesen - beim ersten Mal war das, wie gesagt, Heinz Strunk ("Fleisch ist mein Gemüse", "Die Zunge Europas", "Fleckenteufel"). Ich zögerte nicht lange. Die Veranstaltung dient einem guten Zweck, die Teilnehmer verzichten auf Honorare. Dieses Mal gingen die Erlöse an "Viva Con Agua", eine Organisation, die sich darum bemüht, Trinkwasser in benachteiligte Regionen zu bringen, wenn man so will. Kurz vor Toreschluss sagte noch Roger Willemsen seine Teilnahme zu. Glücklicherweise konnte ich der "Running Order" entnehmen, vor ihm dran zu sein.
Am vergangenen Samstagabend war es dann so weit. Location war das "KNUST" in Hamburg, das ich im Frühjahr bereits von innen gesehen hatte, beim Auftritt einer meiner Lieblingsbands, den "Presidents of the USA". Der Unterschied bestand darin, dass ich dieses Mal auf der Bühne sein würde. Vor etwa 500 Leuten. "Meinem" bisher größten Live-Publikum, wenn ich das richtig sehe.
Während wir im viel zu engen Backstage-Bereich zusammen saßen, Wein, Wasser und Bier schlürften, und ich mich zwischen lauter Musikern (Willemsen war noch nicht da) etwa seltsam fühlte, trafen regelmäßig Meldungen über den Füllstand des Saals ein, die mit "It's packed" endeten, irgenwann um kurz vor neun. Dann gingen Johannes Strate und seine Mitveranstalterin Dannie Quilitzsch auf die Bühne, um die Leute zu begrüßen und "Viva Con Agua" vorzustellen. Anschließend folgte der Auftritt von Ari Hest, der im Backstage-Bereich seine Gitarre keine Sekunde aus den Händen gelassen hatte - außer mal kurz, um mit den beiden anderen Musikern ad hoc ein Arrangement für die Schlusszugabe zu üben. Über seinen Auftritt kann ich nicht viel sagen, weil ich in der "Running Order" folgte und deshalb dann doch noch ein paar Blicke auf meine Texte warf. Viel zu schnell war es dann auch so weit. Bevor ich auf die Bühne stolperte, hörte ich Dannie gerade noch ins Publikum flüstern: "Tom hatte übrigens gestern Geburtstag."
Ich saß schon, als die fünfhundert Leute "Happy birthday" anstimmten. Das war sehr rührend. Ich stand wieder auf, um mich artig zu bedanken, und las dann erst eine Short Story ("Warum es ein schlechtes Zeichen sein kann, einen Hund zu besitzen" - war hier auch mal Besprechungstext) und anschließend einen Auszug aus "Pauschaltourist". Insgesamt 25 Minuten. Im Gegensatz zu "normalen" Lesungen, bei denen man Saallicht hat und das Publikum auch sehen kann, war meine Sicht auf die erste Reihe beschränkt. Die Monitore waren außerdem so laut, dass ich nur wenig hören konnte. Trotzdem bekam ich mit, dass viel gelacht wurde, und der Schlussapplaus war mehr als herzlich. Als ich zurück hinter der Bühne war, wurde ich umarmt und freundlich geknufft, aber das gehört dazu. Endlich war auch Willemsen eingetroffen, der sofort sämtliche Presse auf sich zog - die sich um die anderen Künstler überhaupt nicht scherte.
Ich ging hinaus, ins Publikum, um "meine" Büchereulen-Südkurve zu treffen. Von dort aus sah ich dann den Auftritt des großartigen Helgi Jonsson, dessen aktueller Song "Digging Up A Tree" auch bei besseren Radiostationen zu hören ist. Danach folgte Willemsen in Begleitung einer Schauspielerin namens Julia Stinshoff, die man kennen kann (ich erkannte sie auch, hätte sie aber keinem Film zuordnen können - ist aber eine sehr nette). Die beiden lieferten einen professionellen Auftritt ab. Zum Abschluss folgte Chris Trapper, der vermutlich nie aufgehört hätte, wären nicht irgendwann einfach alle Beteiligten zu ihm auf die Bühne gekommen. Es gab viel Schlussapplaus und Verneigerei, dann sangen die drei den zuvor einstudierten Ari-Hest-Song gemeinsam - eine echte Gänsehautnummer. Und Feierabend. Willemsen war da längst wieder weg.
Ich bin noch eine Weile - wie in Trance - durchs Publikum gelaufen, habe Hände geschüttelt und Schulterklopfer hingenommen, und gegen eins sind wir dann zurück ins Hotel. Eine wirklich schöne, sehr gelungene Veranstaltung. Ich bin stolz darauf, dabei gewesen zu sein, auch wenn ich mir als Autor zwischen all den Musikern wirklich oft wie ein geduldetes Anhängsel vorkam. Whatsoever, wer in Hamburg oder Umgebung wohnt, sollte sich die nächste Ausgabe dieser erfreulichen Veranstaltung antun.
Auf "MySpace" (zu erreichen über die "Feels Like Home"-Site) gibt's auch Fotos.
Ach so. Wer zu solchen Veranstaltungen eingeladen wird, sollte Texte auswählen, die sehr prägnant und im Idealfall lustig sind, auch wenn sie für das Oeuvre des Autors vielleicht nicht typisch wären. Dies nur als Hinweis aus eigener Erfahrung.