Ausbildung im Buchhandel

  • Da, wo ich lebe, gibt es keine Buchpreisbindung. Daher sind Amazons Bücher viel billiger, als die im Laden. Ich kaufe selten aktuelle Neuerscheinungen, von Bildergeschichten abgesehen. Von daher weiß ich genau, was ich suche, und brauche keine Beratung von einem Buchhändler, der selbstverständlich alle ~5000 Titel, die er in seinem Laden führt, selber gelesen hat und mir daher mehr erzählen kann, als was auf dem Umschlag steht. :rolleyes:

    Autorenlesungen... nun ja. Ich war mal auf einer. Ich interessiere mich eigentlich weit mehr für den Inhalt der Bücher, als für deren Verfasser. Auch Autogramme sind etwas, was man vielleicht einmal sammelt, aber dann doch nie mehr anschaut.^^" Insofern hat das für mich keinen besonderen Reiz. Ich muß gestehen, daß ich noch nie in dem Literaturhaus in meiner Stadt war. ^^"

    In meiner Jugend ging ich häufig und gerne in den Buchladen, (was möglicher Weise auch ein wenig mit der äußerst hübschen blonden Verkäuferin dort zu tun haben mochte :whistling:), aber nachdem dieser immer schlechter wurde und schließlich einer unpersönlichen Großbuchhandlung wich, gab es für mich keine Veranlassung mehr, extra in die Stadt zu fahren um dort ewas zu bestellen, was ich genau so gut auch zu Hause bestellen kann. (Hinzu kommt, daß ich bei Amazon auch andere Dinge des Alltags kaufen kann und meine Bücher dann gleich mitbestelle, welche insgesamt einen kleineren Anteil an meinen Käufen ausmachen.)

    Aber Jedem das Seine. Ich will niemandem seine Buchhandlung madig machen. Ich sage nur, was für mich am angenehmsten und vorteilhaftesten ist.

  • In der Schweiz existiert z.B. keine Buchpreisbindung, auch in Großbritannien und den USA nicht. Genaugenommen ist es ein staatlicher Eingriff in die freie Marktwirtschaft, der auf der Ansicht basiert, ein Buch sei ein wichtiges Kulturgut und daher preislich schützenswert. Ob der niedergelassene Buchhandel davon profitiert, wage ich zu bezweifeln. Die meisten Buchhändler, die ich kenne, gleichen mittlerweile Gemischtwarenhändlern.


    Edit: Und warum gilt das nicht auch für andere wichtige Kulturgüter?

    Kaum etwas wird gründlicher vorbereitet, als ein plötzlicher Kriegsausbruch!

    (Unbekannt)

    Einmal editiert, zuletzt von Manuela ()

  • Freie Marktwirtschaft gibt es nirgendwo, zumindest nicht so, wie Adam Smith sich das vorgestellt hat. Ob diese radikale Form der Marktwirtschaft eine positive Errungenschaft wäre, sei dahingestellt, denn das Spiel von "Angebot und Nachfrage" ohne Regel würde zu einem noch stärkeren sozialen Ungleichgewicht führen, als wir es ohnehin schon haben. Das liegt weniger an dem Modell der Freien Marktwirtschaft als daran, dass sich Marktteilnehmer darin Eingriffe erlauben können, gegen die die staatlichen Eingriffe heute Sandkastenspielchen sind.


    Amazon würde dann beispielsweise noch viel weitgehender soziale Errungenschaften torpedieren oder außer Kraft setzen, als sie es heute schon tun. Wer aus Bequemlichkeit bei Amazon bestellt tut das in dem Bewusstsein, dass dieser Konzern Mitarbeiter extrem ausbeutet und Lieferanten in einem Maße reglementiert, wie das eigentlich nicht sein dürfte.

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    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Und warum gilt das nicht auch für andere wichtige Kulturgüter?

    Es gibt in vielen kulturellen Bereichen Sonderregelungen und Förderungen. Es gibt ganze Sparten, die wären ohne staatliche Eingriffe längst nicht mehr existent oder extrem eingedampft. Bücher - genauer: veröffentlichte Langtexte - sind aber tatsächlich ganz besondere Kulturgüter, mit anderen Lebensdauern, anderen Wirkungen, anderen Reichweiten. Ein Buch braucht kein Abspielmedium, während eine Filmpreisbindung oder eine Musikpreisbindung deutlich schwieriger zu etablieren wäre. Gleichzeitig ist ein ganzes Füllhorn an Kultur vollständig kostenlos und wird allein aus dem Staatshaushalt finanziert, dazu gehört ein Gutteil der anschaubaren Kulturgeschichte in Museen.


    Aber hinter der Frage steht ja nicht wirklich eine nach der Gleichbehandlung von Kultur, sondern die Verneinung einer Regelung, die (vorläufig) nur auf demokratischem Weg verändert werden könnte. Das fällt letztlich in die gleiche Kategorie wie die fundamentale GEZ-Opposition und Vergleichbares.

  • Amazon beutet extrem aus? :rolleyes: Haben die inzwischen die Leibeigenschaft wieder eingeführt? Soweit ich weiß, gibt es Tarifverträge und keiner wird mit Waffengewalt gezwungen, in einer Firma zu arbeiten. Ich frage mich, woher solche Verleumdungen kommen und wieso so viele Menschen, diese unreflektiert nachplappern. Die Arbeitsbedingungen sind vielleicht nicht so gemütlich wie bei Staatsbeamten, aber im Vergleich zu anderen Branchen (z.B. Fleischindustrie, Transportwesen, Gastronomie usw.) ist Amazon ein recht fairer und atrtraktiver Arbeitgeber. (Und nein, ich arbeite weder dort noch bin ich Aktionär dieser Firma.)


    Ich frage mich, warum man unattraktive Produkte, die von den meisten Menschen als minderwertig angesehen werden, künstlich fördern muß. Denn wären sie attraktiv, würden sie sich von selbst verkaufen. Die Menschheitsgeschichte beweist doch recht eindrücklich, daß die Kunst sich seit den Höhlenmenschen immer von ganz allein recht gut entwickeln und durchzusetzen vermochte, ganz ohne obrigkeitliche Förderung. Und überall da, wo die Staatsführung Kultur fördern und propagieren mußte, entstand meist peinliche Propaganda und minderwertiger Schrott.

    Warum sind deutsche Filme oft so langweilig und moralinsauer? Weil sie sich nicht an den Interessen der Zuseher orientieren, sondern an denen der staatlichen Filmförderung. Derweil schauen sich die Leute mit ihren eigenen Geld lieber die US-Produktionen im Kino an.

    Warum werden in den USA mehr Bücher publiziert und mehr unterschiedliche Genres bedient, als bei uns, obwohl es keine Buchpreisbindung gibt?

  • Wie Amazon Tarifverträge umgeht oder auszuhebeln versucht ist inzwischen ausreichend dokumentiert. Verleumdungen? Dazu das "Auslagern" von Dienstleistungen, Ausbeutung über Bande, sozusagen, beherrscht Amazon auch ganz gut. Wer nur auf seine eigene Bequemlichkeit schaut, tut sich natürlich leicht, kritische Aspekte von Amazon wegzuargumentieren, ohne dafür tatsächlich Belege in der Hand zu haben.


    Das Kunst sich von alleine durchsetzt ist auch so ein Mythos. Höhlenmenschen als Beweis anzuführen zeigt schon eine gewisse dickfelligkeit beim Betrachten dieses Problems, vor allem, wenn man sich die Künstler dabei nicht anschaut. Natürlich gibt es Kunstförderung, erfreulicherweise, dass dabei aber auch einiges im Argen liegt kann man am Beispiel der Filmförderung gut diskutieren. Eine andere Schattenseite zeigt der aktuelle Beitrag in unserem Blog.


    Die Buchpreisbindung ist durchaus disktuierenswert. Aber die Situation in den USA was Bücher anbelangt ist keinesfalls als Positivbeispiel heranzuziehen. Da gibt es mehr Schatten als Licht. Da taugt eher das Beispiel der Schweiz, obwohl das auch dort einen gewissen Schattenwurf gibt. Aber den hat eben, bei allen positiven Aspekten, auch die Buchpreisbindung, die es übrigens nicht nur in Deutschland gibt, sondern auch vielen anderen Ländern der EU.

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  • Hallo miteinander,


    Auf was bezieht sich die Zahl, dass in den USA mehr Titel veröffentlicht werden, auf die Gesamtbevölkerung oder den Gesamtumsatz der Branche? Würde mich mal interessieren. Denn es macht schon einen Unterschied ob der Markt 331 Mio (USA), 82 Mio (DE) oder 10,5 Mio (CH) potentielle Leser groß. In den USA lassen ich dann allein qua Größe mehr Titel unterbringen, weil ich als Verlag auch potentiell mehr Leser habe. Aber ob im Verhältnis mehr Titel pro einzelnen Lesenden auf den Markt kommen, das wäre zu überprüfen. Meine Buchhändlerin meinte mal, die Buchpreisbindung würde den kleineren Verlägen überhaupt einen Zugang zum Markt ermöglichen, weil in den USA nur schnelldrehende Titel verkauft würden, die zu hohen Preisnachlässen auf "Klopapier" auf den Markt gedrückt würden. Also ein reines Massengeschäft. Independant Verlage hätten es da noch schwerer als es schon jetzt wäre bei uns als Verlag oder Schreibende/r bei einem kleinen Verlag.


    Vielleicht ist das Buch dort auch ein stärkerer Wegwerfartikel, als ein Hinstellartikel wie in Deutschland/Europa. Ich war in mehreren Buchläden dort und war erstaunt über die miese Druck- und Papierqualität vieler Bücher. Nach einmal durchlesen und zerknautschen scheint dann so ein Buch hin zu sein. Denke so einer Entwicklung sollte ursprünglich die Buchpreisbindung entgegenwirken. Ob das heute noch marktgerecht ist kann ich nicht beurteilen.


    Das ganze bringt jetzt natürlich der Caro nichts, wie sie weitermachen möchte. Ich denke das Vertriebs- und Vermarktungskonzept Buch kennenzulernen ist eine Buchhändlerinnen Ausbildung nicht uninteressant. Der Markt ist all-in-all zwar rückläufig, aber es hängt stark von dem jeweiligen Konzept, ab welches das jeweilige Unternehmen verfolgt. Gegen eine multi-channel-Strategie mit verschiedenen Rand- und Ergänzungssortimenten ist ja nichts einzuwenden, Ikea verdient den Großteil auch nicht mehr mit Möbeln, sondern anderen Sortimenten und da "beschwert" sich auch niemand ;-). Das geht soweit, dass die in der Bauleitplanung als SB-Warenhaus und nicht mehr als Möbelhaus geführt werden.


    Bei dem Thema Verlagskauffrau ist sicherlich auch das gleiche Thema. Wie ist der Verlag aufgestellt ist, was für Vertriebswege er hat und welches Genre er bedient. Ein Wissenschaftsverlag kann ggf. sogar interessanter sein als ein Literaturpublikums- oder Nischenverlag, der gerade so über die Runden kommt, weil die Verlegenden sich keinen Lohn auszahlen.

  • Es hat ja nichts mit Bashing zu tun, wenn man kritisch auf das Verhalten von Amazon eingeht.


    Schöner Satz aus dem Interview ist:


    Zitat

    Amazon ist das Nordkorea des Internets …

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  • Aber auch das wird nichts ändern. Bequemlichkeit schlägt Bedenken. So sind Menschen.

    Manchmal ändert sich doch was, wenn auch nicht viel. Aber man freut sich dann :-)


    Schön ist auch die Vorstellung, dass Herr Bezos von seinen Ausflügen ins All - von den Amazon-Kunden finanziert - nicht mehr zurück kommt. Das ändert vielleicht auch nichts, weil Amazon auch ohne Bezos weiterlaufen wird, aber wie heißt es doch so schön: Die Hoffnung stirbt als Vorletzte. ;)

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