Die folgsame Schar der Moralisten

  • Demokratieverständnis wird je nach politischer Verortung ebenfalls unterschiedlich gesehen.

    Da kann man sich auf das Minimum einigen. Reicht. Juristen nennen das etwas blutleer die "FDGO", die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Art. 79 Abs. 3 GG enthält die sog. Ewigkeitsklausel: "Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig."


    Föderalismus, Menschenwürde, Grundrechte, demokratischer und sozialer Rechtsstaat.


    Sollte diese Übereinstimmung nicht mehr gelten, haben wir andere Probleme als PC.


    Im Übrigen möchte ich an dieser Stelle auch endlich mal in die Welt hinausschreien, wie unterdrückt ich werde: Von den bösen Menschen, die alles, was nicht ihrer Weltsicht entspricht, als "links-grün versifft" bezeichnen. Sogar dieses Forum soll ja dezidiert links sein und nicht anders tolerieren. Wer hilft mir nur? Solche Vorwürfe sind doch total ungerecht. Ich fühle mich regelrecht kujoniert. ")"


    Es gibt kein Problem.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Das ist doch klar, Horst-Dieter, das ist doch genau das, was ich meine. Es gibt keine allgemeingültige Definition, allenfalls kleinste Nenner, also was suchen wir panisch nach einer? Wir müssen uns doch nicht mit Binnenweisheiten befassen. Stringente Vorschriften gehen oft auf Kosten des eigenständigen Denkens, das ist das, was ich befürchte (und zum Teil auch beobachte). Als wir anfingen, Telefonnummern zu speichern, haben wir damit auch ein Stück Merkfähigkeit verloren. Und genauso will ich mir von abstrusen Gender- und Korrektheitsvorgaben nicht die Urteilskraft vernebeln lassen, wann ich z.B. einen Witz drüber finde, wann es zynisch und gemein wird. Für mich - andere haben wieder andere Grenzen, auch eine Binnenweisheit übrigens.

    Und das alles hat mit links oder rechts überhaupt nichts zu tun, sondern einfach nur mit der Vermeidung von Blödsinn.

    "Aim high, expect nothing."

    (Uschi Obermaier?)

  • Tom


    Es geht aber genau darum, in welcher Form die Berichterstattung im ORF erfolgt. Wie ein Spielfilm oder eine dieser idiotischen Sendungen a la Dancing Stars angekündigt oder moderiert werden, ist mir relativ egal.

    Obgleich auch hier kaum eine Gelegenheit ausgelassen wird, Seitenhiebe gegen die aktuelle Regierung, im Speziellen die FPÖ, auszuteilen. Nochmal: Das ist nicht Aufgabe eines öffentlich/rechtlichen Rundfunks!

    Egal, wo ich politisch stehe, derartiges kann und werde ich niemals akzeptieren.

    Unser Rotfunk schaffte es tatsächlich, in einem über fünfminütigen Beitrag (Ö1 Mittagsjournal) zu den verheerenden Anschlägen in Sri Lanka nicht ein einziges Mal, ich wiederhole: nicht ein einziges Mal die Worte Islam oder islamistisch zu verwenden. Und das, obwohl seit Tagen offiziell klar war, wer für diesen Irrsinn die Verantwortung trägt.

    Und damit bin ich aus dieser Diskussion raus. Du hast Recht, Tom. Eigentlich sollte es um politische Korrektheit, vulgo Neusprech gehen.


  • Manuela, Berichterstattung bezeichnet die Schilderung eines Sachverhalts in Form eines Berichts. Das macht nur einen Teil der journalistischen Arbeit aus, aber den, der recht objektiv sein kann, denn er sollte auf Nachrichten basieren. Andere journalistische Formen sind Reportagen und Features und Interviews, geschichtliche Features, Portraits usw. All das ist nicht mehr objektiv und will es auch nicht sein. Gerade Reportagen nehmen oft, direkt aus der Sicht von Betroffenen erzählt, eine konkrete Position ein, und zwar absichtsvoll, und meistens beziehen darin auch die Reporter Stellung. Eine Reportage über eine krasse Umweltsünde will in aller Regel nicht objektiv sein - und soll es auch nicht.


    Und die Moderation von Unterschichtunterhaltungssendungen ist jedenfalls nicht das Gegenteil von Berichterstattung.


    Und die FPÖ besteht eben zu 99,975033% aus Spacken, da beißt die Maus keinen Faden ab, und es spielt auch keine Rolle, ob die nun an der Regierung sind oder nicht. Es fiele mir auch sehr schwer, beim Staatsfernsehen tätig zu sein, während der dazugehörige Staat gerade von diesen Spacken regiert wird, und dabei so zu tun, als wären sie eben keine Spacken. Sorry, isso. Und ich habe als Journalist gearbeitet. Und versucht, an den richtigen Stellen objektiv zu sein. Ich habe auch mal für österreichische Medien geschrieben, allerdings alles andere als objektiv. ;) Das war aber auch keine Berichterstattung.


    Ob etwas "offiziell klar" ist oder faktisch feststeht, das scheinen mir auch unterschiedliche Situationen zu sein. Aber ich kenne den fraglichen Bericht nicht. Vielleicht verlinkst Du ihn ja mal, falls Du ihn in der Mediathek findest. Du scheinst ihn ja häufiger angeschaut zu haben. ;)

  • Zitat

    Ob etwas "offiziell klar" ist oder faktisch feststeht, das scheinen mir auch unterschiedliche Situationen zu sein. Aber ich kenne den fraglichen Bericht nicht. Vielleicht verlinkst Du ihn ja mal, falls Du ihn in der Mediathek findest. Du scheinst ihn ja häufiger angeschaut zu haben. ;)


    Wenn es ein öffentliches Bekenntnis des IS zu diesem Anschlag gibt, wenn die Behörden Sri Lankas nichts anderes bekannt geben, als dass sämtliche Fakten für einen islamischen Anschlag sprechen, dann darf man wohl annehmen, dass dies Faktum ist und keine Mutmaßung. Wenn etwas aussieht, wie eine Ente, watschelt wie eine Ente und quakt, wie eine Ente, dann ist es eine Ente. ;)

    Aber wir leben in einer Zeit, in der nichts mehr beim Namen genannt werden darf. Es könnte ja irgendjemand beleidigt sein. Unsere politisch korrekten Politiker schaffen permanent Euphemismen oder Verharmlosungen, um unliebsame Missstände unter der Decke zu halten. Beispiele dafür gibt es genug, eines davon ist beispielsweise, von Islamisten zu sprechen. Die natürlich überhaupt nichts mit dem Islam zu tun haben, denn der ist ja bekanntlich eine Religion des Friedens und der Nächstenliebe und steht von daher unter Artenschutz, wie leider alle Religionen. Islamisten machen folglich Terror einfach so, schlicht aus Lust am Töten, ohne jeden religiösen Hintergrund. Nur, weil sie böse Menschen sind.

    Und Hänschen Müller glaubt die Mär sogar. Seine heile Welt kriegt somit keine Risse. Islam ist Religion, folglich gut und unpolitisch, Islamismus ist böse und vor allem politisch. Und nur gegen den politischen Islam, also Islamismus muss sich die freie Welt wehren, plärrt die Linke permanent in die Welt hinaus. Als ob es so etwas wie einen unpolitischen Islam irgendwo auf der Welt gäbe. :kopfhau

    Wer es wagt, in diesem Zusammenhang von religiös motiviertem Terror zu sprechen, wird medial politisch korrekt ignoriert oder gleich wegzensuriert.

    Alle, meist selig grinsende Willkommensklatscher, die derart (gefährlichen) Unsinn verzapfen, haben sich nie näher mit dem Islam beschäftigt. Sie kennen weder den Koran, noch die Hadithe noch die Sunna, geschweige denn die Scharia, äußern sich folglich zu Dingen, von denen sie keine Ahnung haben.

    Und dieses Unwissen brüllen sie auch noch laut in die Welt hinaus, wenn möglich via TV und Radio. Und wer anderer Meinung ist, ist ein Nazi.

    Was politisch korrekt oder nicht korrekt ist, was rechtsextrem oder auch nicht ist, wird heute in weiten Teilen Europas von einer linken Schickeria bestimmt, die auf alles wütend hinbeißt, was sich nicht ihrer eutopischen Weltsicht anschließt.

    Mittlerweile wird ja schon Henryk Broder als politisch Unkorrekter und Rechter beschimpft. Wie er selbst sagt, wehrt er sich nicht einmal mehr dagegen. Wäre er kein Jude, bestimmt gälte er in linken Kreisen bereits als Nazi und Antisemit.


    Noch was, bevor ich aufhöre: Ich kann den zitierten ORF Beitrag leider nicht finden. Er wurde vor wenigen Tagen auf Radio Ö1 in der einstündigen Nachrichtensendung Mittagsjournal gebracht, deren Stammhörerin ich bis vor kurzem war. Ich ertrage diese verlogene Art der Berichterstattung nicht mehr und boykottiere deshalb den ORF, indem ich seine Nachrichtensendungen (fast) nicht mehr konsumiere. Im selben oder ähnlichen Tenor wie der Staatsfunk äußern sich, unter anderen, Blätter wie die Wr. Stadtzeitung DerFalter, DerStandard oder der unerträgliche Hr. Fellner mit seinem Gratis-Mistblatt, genannt Österreich. Aber auch private linkslastige TV-Sender wie bspw. Puls 4 . Das auflagenstärkste Blatt, die Kronen-Zeitung hüpft permanent vom linken auf das rechte Bein und wieder zurück, je nachdem, wie der Wind weht, ganz ähnlich wie der Bayrische Politiker Horst Seehofer.



    Zitat

    Da die FPÖ genauso wie die AfD Probleme mit der Berichterstattung hat, könnten beide mal den Fehler bei sich selbst und nicht in der Berichterstattung suchen. Könnte helfen.

    Man kann diese beiden Parteien nicht miteinander vergleichen. Wenn die AfD eine Bürste ist, dann ist die FPÖ ein Schwamm.

    Gäbe es in Österreich eine AfÖ, die FPÖ würde sich rasch halbieren und beide würden sich vermutlich so bald in keiner Bundesregierung finden.


    So, und jetzt mache ich mich auf den Weg zum 1.Mai-Treffen am Rathausplatz. Dieser Platz hieß einst Adolf Hitler Platz. Mit roter Nelke an breiter Arbeiter-Brust und stolzem Gesang falle ich dort in die Internationale ein und denke: Wenn das die FPÖ täte. An diesem schicksalbehafteten Platz! Na, mehr bräuchte es nicht.

    Der ORF-Wolf hätte wochenlang etwas zu "inquisitieren". Aber wir wissen: Wenn zwei dasselbe tun ist es noch lange nicht das Gleiche.


    Freundschaft! :blume

    2 Mal editiert, zuletzt von Manuela ()

  • Unter diesem Titel erschien in der Neuen Zürcher Zeitung ein Gastartikel von Milosz Matuschek, der sich kritisch mit der grassierenden politischen Korrektheit auseinandersetzt.

    Schafe. Menschen sind Schafe. Sie sind "die folgsame Schar der Moralisten". In dem sie dieser depperten PC anhängen.


    Zitat Herrn Matuscheks (Herv. v. m.): "Auch hier sind die Massstäbe der Beurteilung, die Standards, aus den Fugen geraten. Wer heute keine guten Argumente hat, kann mit Verweis auf Identität, Gefühl und das persönliche Erleben dank dem Schutz einer folgsamen Schar von Moralisten leicht «recht bekommen». Fakten sucht man sich wie Rosinen: Wer auf der vermeintlich richtigen Seite steht, für den gibt es nur einen Grund für den Klimawandel, aber dafür 60 verschiedene Geschlechter."


    Das ist scharf. Der vom Menschen verursachte Klimawandel ist also etwas für Menschen, die auf der richtige Seite stehen. Geil! Es ist mitnichten so, dass viele Wissenschaftler auf der ganzen Welt Fakten zusammentragen, um die Kausalität des Klimawandels zu belegen. Und dass Menschen wie der Herr US-Präsident dann alle Fakten nonchalant wegwischen. Mit Verweis auf persönliches Erlebnis, nämlich etwa einen kalten Winter in Neu-England.


    Nein, in Wirklichkeit sind Aufklärung, Wissenschaft und Forschung nur etwas für blökende Schafe. Ich meine, hier sind die Standards aus den Fugen geraten. Die Greta-Jünger picken sich Rosinen raus und argumentieren mit ihrem Gefühl. :auslach


    Das ist Kinderkacke.


    P. S.: Noch ein kleiner Nachtrag - wer Lust hat, kann ja mal auf der NZZ-Seite des Artikels nach "Klima" suchen und sich die Kommentare dazu anschauen. Da findet man dann die geistigen Ergüsse dieser Zerebral-Superhelden, die sich kein X für ein U vormachen lassen. Ganz un-pc-ig: Bevor solche Leute aus den Löchern kommen, werde ich schon lieber von Hottentotten überlaufen.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Aber wir leben in einer Zeit, in der nichts mehr beim Namen genannt werden darf.

    Was darf denn nicht beim Namen genannt werden? Ich kenn da nur eine Person und das ist Lord Volde...ähm der Mann dessen Name nicht genannt werden darf.


    Beispiele dafür gibt es genug, eines davon ist beispielsweise, von Islamisten zu sprechen. Die natürlich überhaupt nichts mit dem Islam zu tun haben, denn der ist ja bekanntlich eine Religion des Friedens und der Nächstenliebe und steht von daher unter Artenschutz, wie leider alle Religionen. Islamisten machen folglich Terror einfach so, schlicht aus Lust am Töten, ohne jeden religiösen Hintergrund. Nur, weil sie böse Menschen sind.

    Der Islam ist so wie das Christentum. Es gibt unterschiedliche Strömungen. Während die eine streng religiös ist, gibt es andere weniger strenge, gemässigte Formen. Natürlich könnte man es sich so einfach wie Du machen, indem ich die fanatischten Anhänger einer Religion nehme und behaupte es wären alle oder die meisten so. Aufs Christentum gemünzt, würde es bedeuten: Wir wären alle getreue Opus Dei Anhänger oder so aufgeflippt wie die ehemaligen Davidianer. Aber das sind wir nicht. Trotzdem gibt es bei den Katholiken keine Priesterinnen und Kardinälinnen. Und eine Päpstin im Vatikan ist wohl auch für lange Zeit nicht absehbar.


    Alle, meist selig grinsende Willkommensklatscher, die derart (gefährlichen) Unsinn verzapfen, haben sich nie näher mit dem Islam beschäftigt.

    Nur haben sich diese "selig grinsende Willkommensklatscher" wesentlich mehr mit dem Islam befasst, als diejenigen, die gleich alle Menschen pauschalisierend in die gleiche Schublade werfen. Jedes Land und jede Religion besteht aus Menschen. Jeder Mensch ist individuell. Und wie das bei individuellen Lebensformen so ist, gibt es überall entweder Arschlöcher oder auch ganz stinknormale nette Ableger davon. Beim IS haben wir es mit einer Bündelung von Arschlöchern (Terroristen) zu tun. Aber solche Idioten gab es und gibt es bei uns genauso. Schau Dir einfach mal die IRA, NSU oder die RAF an oder Google nach europäische Terrororganisationen.

    Wenn die AfD eine Bürste ist, dann ist die FPÖ ein Schwamm.

    Schlechte Vergleiche..dafür machen die beiden zuviel Dreck.

  • Manuela, Du erschwerst die ernsthaften Bemühungen, mit Deiner Sichtweise umzugehen, weil Du Dir diese Simplifizierung zueigen machst, die bei den Kollegen, über die wir hier sprechen, auch ein beliebtes rhetorisches Mittel ist.


    Über die "Causa Wolf" wurde auch hierzulande intensiv berichtet. Ein Journalist hat seine ureigene Aufgabe sehr ernsthaft wahrgenommen, nämlich aus guten Gründen hinterfragt. Hier, konkret, nach der Verwendung des Signalinstrumentariums der Nazis, und durchaus nicht unberechtigt - die fragliche Karikatur nutzt eine Bildsprache, die auch schon "Der Stürmer" verwendet hat. Dass ein FPÖ-Generalsekretär bei einer solchen Konfrontation ganz offen droht, statt sich der Frage zu stellen, spricht Bände. Hier geht es nicht um Ungleichbehandlung oder subjektive Berichterstattung, sondern es geht um eine Kampagne der FPÖ gegen die zwar staatsfinanzierten, aber regierungsunabhängigen Medien - und gegen die Pressefreiheit an und für sich. Die FPÖ begreift nicht (bzw. tut so, als begreife sie nicht), warum sich der ORF weigert, zu ihrem Sprachrohr zu werden, wo sie doch jetzt (mit)regieren dürfen. Und die Kampagne hat persönliche Züge angenommen, ist zu einer Hetzkampagne geworden, bei der niemand davor zurückschreckt, den Versuch zu unternehmen, einzelne Journalisten einzuschüchtern und dem Mob als Zielscheibe zu präsentieren, ganz offen und ohne Skrupel ("Arminia Wolf"). Die Fragestellung, mit der Du hier ankommst, ist genau verkehrtherum aufgebaut. Eine Partei, die ein Land regiert, darf so nicht agieren. Sie muss sich qua Aufgabe eigentlich schützend vor Meinungsfreiheit und Menschenrechte stellen. Die FPÖ veranstaltet aber das Gegenteil. Sie fordert letztlich die Abschaffung dieser Werte.


    Ich weiß nicht, was Du damit hier bezweckst. Vielleicht probierst Du Argumente aus, die anderswo zum Einsatz kommen sollen. Aber mit der in der Konnotation Deiner Ausführungen mitschwingenden Behauptung, die linksversifften ORFler würden ihren Job nicht oder falsch machen, stehst Du, glaube ich, ziemlich alleine da. Weil das einfach nicht stimmt. Und selbst die FPÖ rudert ja inzwischen zurück, um ein paar Zentimeter. Um beim nächsten Mal zwei Schritte weiter zu gehen. Wie das die Populisten eben machen: Argumente sind bedeutungslos. Nur Lautstärke und Durchsetzung zählen. Es ist egal, wie man die Ziele erreicht, Hauptsache, man kommt an.


    Ansonsten ist sehr wahr, was Christian zu Deinem Schwamm-Bürste-Vergleich gesagt hat.

  • Es versteht sich von selbst, dass einseitig ideologisch ausgerichtete politische Bewegungen und Parteien, rechte ebenso wie linke, ein gestörtes Verhältnis zur Pressefreiheit haben. So war und ist (!) es ein immer wieder überall auf der Welt zu beobachtendes Phänomen, dass sie, haben sie erst einmal einen Zipfel der Staatsmacht zu fassen, versuchen, missliebige Journalisten zu behindern oder gar mundtot (oder gleich richtig tot - z. B. die "Methode Putin") zu machen. Beispiele dafür gibt es allzu viele, ich brauche sie hier sicher nicht aufzuführen.

    Genau das passiert gerade im Falle FPÖ vs. Wolf.

    Was ist passiert? Ein Journalist hat einen Parteifunktionär gefragt, ob er die Nazi-Symbolik in einer von seiner Partei verwendeten Karikatur erkenne. JEDER erkennt sie, der sich dieses Bild anschaut, natürlich auch der befragte Funktionär. Denn sie ist Absicht. Und weil sie die Macht im Staate noch nicht haben, die Presse gleichzuschalten und in ihrem Sinne zu steuern, spielen der Funktionär und seine Partei nun die armen Opfer eines angeblich linksdemagogischen öffentlich-rechtlichen Senders. Die Formulierungen, die da abgesondert werden, klingen jedem schrill in den Ohren, der sich jemals mit Diktatoren-, vor allem auch mit Nazipropaganda beschäftigt hat. Den FPÖ-Leuten - genauso wie denen von der AfD hierzulande - gelingt es dabei leider mit zunehmendem Erfolg, bei vielen den Eindruck zu erwecken, die Meinungsfreiheit sei in Gefahr, und zwar ausgerechnet durch die Presse.

    ALLE Ideologen, Volksverhetzer und populistische Simplifizierer arbeiten mit dieser argumentativen Schimäre: Weil die Journalisten sie kritisch hinterfragen, ist die Presse von der politisch anderen Seite zwangsgesteuert. Dabei ist es doch eigentlich ganz leicht zu verstehen: Freie (d.h. kritische, unbedrohte, auch andersdenkende) Presse ist gelebte Demokratie. Und genau die wollen sowohl die linken als auch die rechten Verführer ja überwinden. Dafür ist das totalitäre Verständnis der FPÖ davon, was die Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen Senders seien, ein klassisches Beispiel.

  • Unser Rotfunk schaffte es tatsächlich, in einem über fünfminütigen Beitrag (Ö1 Mittagsjournal) zu den verheerenden Anschlägen in Sri Lanka nicht ein einziges Mal, ich wiederhole: nicht ein einziges Mal die Worte Islam oder islamistisch zu verwenden.


    Im selben oder ähnlichen Tenor wie der Staatsfunk äußern sich, unter anderen, Blätter wie die Wr. Stadtzeitung DerFalter, DerStandard oder der unerträgliche Hr. Fellner mit seinem Gratis-Mistblatt, genannt Österreich.

    In Deutschland macht man sich manchmal keinen Begriff, was hier abgeht in "tu felix Austria", seit der Schwamm, also diese rechtsradikale Partei in der Regierung sitzt, die man mit AfD, der Bürste, "nicht vergleichen" kann. (Obwohl sie seltsamerweise engen Kontakt pflegen und miteinander und mit anderen rechtsradikalen Parteien bei den Europawahlen ein Bündnis schmieden - "Europäische Allianz der Menschen und Nationen (EAPN)".)


    Diese Sich-öffentlich-selbst-Leidtuer der FPÖ müssen sich ja andauernd wehren gegen solchen Rotfunk oder tendenziöse Blätter wie den Falter oder den Standard. FPÖ Innenminister Kickl hat schon einen Burnout, weil die fiesen Medien ihn, sein Ministerium und andere Aufrechte so schief darstellen. Daher hat er auch ... aber lest selbst (übrigens aus einem liberal-konservativen Blatt, der "Presse"):


    "Innenministerium will Informationssperre für "kritische Medien"

    Das Innenministerium regte bei den Landespolizei-Pressestellen an, stets auf die Herkunft Verdächtiger hinzuweisen - und "kritischen Medien" Informationen quasi zu verweigern. Wer "neutrale oder positive" Berichte garantiere, erhalte vollen Zugang.

    (...)

    Andererseits wünscht sich das Ressort von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) einen gänzlich anderen Umgang mit Medien. "Leider wird wie eh und je seitens gewisser Medien (zum Beispiel STANDARD, 'Falter') sowie neuerdings auch seitens des 'Kuriers' eine sehr einseitige und negative Berichterstattung über das BMI beziehungsweise die Polizei betrieben", heißt es in dem Schreiben, das "Kurier" und "Standard" zugespielt und dessen Authentizität den Medien bestätigt wurde. Man solle die Kommunikation mit derlei Medien "auf das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß" beschränken "und ihnen nicht noch Zuckerln wie beispielsweise Exklusivbegleitungen zu ermöglichen". Was heißt: Reportagen mit Beamten etwa solle es keine mehr geben."

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Die Menschen, denen ich im Alltag begegne und von denen ich dann erfahre oder ohnehin weiß, dass sie zu den Rechtspopulisten und allem rechts daneben tendieren, fallen überwiegend in dieselbe Gruppe. Sie machen sich eigentlich wenige Gedanken über Politik, sind gutsituiert oder wenigstens solide abgesichert, informieren sich eher oberflächlich und gehören nicht zu den hellsten Birnen in der Lampe, aber auch nicht zu den düstersten. Eine direkte Bedrohung durch Islamisierung, angeblich zunehmende Kriminalität, Lügenpresse und jobklauende Ausländer usw. usf. ist im Umfeld dieser Leute eher nicht auszumachen. Die Kinder gehen auch nicht auf Brennpunktschulen. Es geht ihnen gut. Sie sind nur nicht besonders klug. Sie scheinen aber etwas für sich zu beanspruchen, das über alles hinausgeht, das sie aus eigener Kraft erreichen könnten. Das ist eine ganz seltsame, äußerst schwer begründbare Unzufriedenheit, die da auszumachen ist, verbunden mit einem noch schwerer begründbaren, rigorosen Egoismus. Viel ist längst noch nicht genug. Alles ist das Minimum. Scheiß auf die Welt. Ich, ich, ich. Mit diesen Leuten kann man kaum streiten.


    Das ist hier anders, und das finde ich spannend. Ich habe auch in einem Bücherforum jemanden, mit dem ich regelmäßig diskutiere, und der zu meiner Verblüffung trotz seines Intellekts in diese Richtung geht. Ich würde das gerne begreifen (bei diesem Kollegen vermute ich übrigens einen soliden Altersfrust). Ich würde gerne verstehen, wie ein Mensch, dem Vernunft eigentlich nicht fern ist, diese bizarre Wut aufstauen, diese Parolen wiederholen, sich zu dieser egoistischen Unmenschlichkeit hinreißen lassen kann. Warum jemand, der in einem zivilisierten Staatengefüge eine solide Sozialisation erfahren hat, der in Freiheit und Frieden und Wohlstand großgeworden ist, Termini wie "Mistblatt" oder "Rotfunk" wie selbstverständlich dahersagt, sich dieser extremen Oberflächlichkeit, dieser absurden Volksreinigungsidee anschließt, für diese Leute wirbt und ihr wirklich, wirklich dummes Geplapper wiederholt. Warum ist das so? Was löst das aus? Und wie ist es begründet? Welches Versprechen reizt da, welches Ziel verspricht die ultimative Befriedigung? Ich verstehe das echt nicht. Der Taxifahrer, der mich vorgestern Nacht vollgeschwallt hat, der hat keine Fragen offengelassen. Bei dem habe ich das kapiert, und vor/bei dem ist die Sorge dann auch nicht so enorm groß. Klar, der wählt auch, leider, und der bringt möglicherweise seine Kinder oder Enkel dazu, Alltagsrassismus zu entwickeln, den sie später mühevoll wieder abbauen müssen. Aber wie sich ein wirklich kluger Mensch dabei gut fühlen kann, das verstehe ich nicht. Ums Verrecken nicht. Das ist doch so offenkundiger Bullshit, dass eigentlich nur ein vernünftiger Grund nachvollziehbar wäre: Man hofft, im Fahrwasser dieser Leute, wenn sie denn langfristig erfolgreich sind, auch an den Elitestrand gespült zu werden. Ist das so? :achsel

  • Ich würde das gerne begreifen (bei diesem Kollegen vermute ich übrigens einen soliden Altersfrust).


    Ich würde gerne verstehen, wie ein Mensch, dem Vernunft eigentlich nicht fern ist, diese bizarre Wut aufstauen, diese Parolen wiederholen, sich zu dieser egoistischen Unmenschlichkeit hinreißen lassen kann. Warum jemand (...) Termini wie "Mistblatt" oder "Rotfunk" wie selbstverständlich dahersagt, sich dieser extremen Oberflächlichkeit, dieser absurden Volksreinigungsidee anschließt, für diese Leute wirbt und ihr wirklich, wirklich dummes Geplapper wiederholt. Warum ist das so? Was löst das aus? Und wie ist es begründet?

    zu 1: Ich vermute bei ihm (und ich bin sicher, wir meinen denselben) eher beginnende dementia senilis.


    zu 2: Ich wage die Behauptung, es könnte der morbide Reiz der wissentlichen Verblödung dahinter stecken, die fatale Lust an alten, längst in den Zeitläuften dahingerafften Ideologien, eine Art Flucht aus der immer komplizierteren (und sicher auch immer frustrierenden) Welt in die vermeintliche Seligkeit der geistigen Verarmung. Das Simple ist per se anspruchslos, aber es schafft auch einen diabolischen Wohlfühleffekt. So ähnlich wie Trunkenheit, die hilft auszublenden, um sich wohl zu fühlen. "Uns ist ganz kannibalisch wohl, als wie fünfhundert Säuen". !;-)!!


    Anmerkung dazu:

    Trunkenheit ist natürlich nur ein eher harmloses Beispiel für die Lust am Ausblenden, den Drang zum Vereinfachen zu Lasten der Wahrheit und für das daraus erwachsende - zumindest temporäre - törichte Gemeinschaftsgefühl. Das wissen diejenigen, die Menschen verführen, um Macht über sie zu gewinnen, seit jeher genau. Beispiele gefällig? Nur zwei:

    1."Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich" (Mt 5,1)

    2. "Die Partei, die Partei, die hat immer recht".

    (Übrigens: Nur wer Nr. 1 beherzigt, kann Nr. 2 ernst nehmen; ein Treppenwitz der Weltgeschichte, über den diejenigen, die das Lied gesungen haben, nicht so richtig lachen können.)


    Einmal editiert, zuletzt von H. Dieter ()

  • Hallo Didi,


    darf ich Dich um etwas bitten: Lass mal die Religion an dieser Stelle raus:).

    Es gibt dieses Bibelzitat, aber ob es wirklich so gemeint ist, wie Du es eben ausgelegt hast, da bin ich mir nicht sicher.


    Einen religiösen Menschen a priori mit einem dummen oder leicht verführbaren Menschen gleichzusetzen, das geht für mich nicht zwingend auf. Es KANN aufgehen, sicher, die Geschichte liefert Beispiele genug dafür.

    Aber ich denke, in dieser Diskussion geht es um andere Fragen, weiten wir das doch nicht auch noch auf die Religion aus.

    Denn ein anderer Aspekt des Christentums (und Dein Zitat stammt ja aus dem NT) ist das Postulat der Nächstenliebe. Und die ist meiner Ansicht nach das absolute Gegenteil von all dem, was AfD und FPÖ von sich geben.


    Einen religiösen Glauben zu haben, kann, muss aber absolut nicht heißen, dass man falschen Führern nachläuft.


    Außerdem: bitte, bitte nicht wieder die alte Glaubensdiskussion. Bitte, bitte keine Polemik gegen die Religion, und schon gar nicht an dieser Stelle. Bitte, bitte beides nicht in einen Topf werfen, damit wird man der Religion nicht gerecht. Nicht jeder, der glaubt, ist ein Schwachkopf:)

  • Einen religiösen Glauben zu haben, kann, muss aber absolut nicht heißen, dass man falschen Führern nachläuft.


    Bitte, bitte keine Polemik gegen die Religion, und schon gar nicht an dieser Stelle. Bitte, bitte beides nicht in einen Topf werfen, damit wird man der Religion nicht gerecht. Nicht jeder, der glaubt, ist ein Schwachkopf:)

    Was soll das? Ich habe nichts dergleichen behauptet.


    Wird jetzt hier die Zensur eingeführt?

  • Ich finde, Religion passt als Vergleich sehr gut. :evil:


    Ergänzung, damit es nicht so klingt, als wäre das eine in den Raum geworfene Provokation: Tatsächlich haben die abrahamitischen Religionen - aber nicht nur die - mit populistischen Weltanschauungen nicht wenig gemein, zuvorderst natürlich den Hang zur Simplifikation, zur Beantwortung komplexer Fragestellungen auf möglichst einfache Weise. Diese Sicht liegt allen Gott-Erfindungen zugrunde: Wir sind noch zu dumm für die komplizierte Antwort oder wissen zu wenig dafür (oder wollen die komplizierte Antwort einfach nicht hören), also bauen wir uns eine weit weniger komplexe Lösung, die wir dann möglichst gut und/oder energisch ans Volk verkaufen. So ähnlich verhält es sich im Populismus, etwa, wenn es um den/die Generalschuldigen geht (i.d.R. Flüchtlinge oder, noch einfacher, alle Ausländer). Andere Aus- und Eingrenzungsprinzipien ähneln sich ebenfalls.


    Dies nur am Rande. ;)

  • Wie ihr meint. Ihr kommt sowieso in die Hölle. :evil


    Aber wenn man den ...-phoben Kokolores in diesem Thread mit angeblich simplifizierender usw. Religion gleichsetzt, soll es mir recht sein für den politischen Kokolores, der sich dann schwarz ärgert.


    Wobei die Islamischen, die man ja nicht Islamisten nennen darf, weil alle Islamischen Islamisten und alle Islamisten Islamische sind, also, die Radikalinskis ... wo war ich? ... Ach ja, die Terror-Moslems, die machen das schon richtig, wenn sie alle Ungläubigen metzeln.


    Aber man kann auch abwarten. Ungläubige kommen in die Hölle. Allahu akbar! :evil:evil:

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Hallo Didi,


    nein, an Zensur hatte ich nicht gedacht.


    Ich habe das auch nicht in meiner Funktion als Vorstandsmitglied geschrieben, sondern als Anja. Einfach so. Weil wir diese Religionsdebatten schon so oft hatten und weil die einfach zu nichts führen.

    Entweder, man glaubt oder man glaubt nicht. Das eine ist nicht besser oder schlechter als das andere.


    Ich werde mich an der Religionsdiskussion auch gar nicht weiter beteiligen. Nur möchte ich zu bedenken geben (hallo Tom), dass beim Glauben auch noch der Wunsch nach Spiritualität eine ganz wichtige Rolle spielt, der Wunsch, dass da über allem "mehr", ein größerer Sinn als der, den wir begreifen können, steckt. Das finde ich per se nicht verurteilungswürdig, sondern dieses Bedürfnis haben einfach sehr viele Menschen.


    Und je weniger die Kirche(n) dieses Bedürfnis erfüllen können, und das können sie anscheinend immer weniger, umso stärker boomt der Markt der Esoterik. Den wirst Du zwar mit Sicherheit genauso ablehnen wie die Religion.

    Aber ich denke, wir kommen nicht an der Einsicht vorbei, dass die Menschen sich gerne eingebettet in einen "größeren Sinn" wissen. Du und Didi, ihr braucht das offenbar nicht. Das ist Eure persönliche Entscheidung. Mein eigenes Glaubensverständnis möchte ich hier übrigens gar nicht offenlegen. Ich habe aber Verständnis dafür, dass Menschen diesen Sinn suchen.


    Und noch mal: Ich wollte keine Zensur vornehmen. Es war eine ganz private Bitte. Mehr nicht.

  • Diese Sicht liegt allen Gott-Erfindungen zugrunde: Wir sind noch zu dumm für die komplizierte Antwort oder wissen zu wenig dafür (oder wollen die komplizierte Antwort einfach nicht hören), also bauen wir uns eine weit weniger komplexe Lösung, die wir dann möglichst gut und/oder energisch ans Volk verkaufen.

    Genau das war gemeint.

    Es geht nicht um eine Religionsdiskussion, die die Vorsitzende so zu fürchten scheint (Warum eigentlich? Ist dies eine Gesinnungsplattform oder das Forum für AutorInnen, also - hoffentlich - denkende Menschen?), sondern darum, unter den vielen Ideologien auch die Religion als ein in der Menschheitsgeschichte gern genutztes Werkzeug zur Simplifizierung zu benennen, das half und (wie man sieht) nach wie vor hilft, irreale Identitäten zu schaffen, Macht zu gewinnen und zu erhalten.