Der Schriftsteller Uwe Tellkamp ist ein AfD-Sympathisant

  • Ich hab zurzeit leider viel zu wenig Freizeit zum lesen, aber Heike, ich muss gerade doch mal danke für den verlinkten Artikel sagen.
    Auch ich finde diese Antwort sehr berührend, einfach weil ich dort zu allererst Mitgefühl und den Drang nach Verständnis und Miteinander empfinde und kein Ego sehe, dass in die zunehmend provozierende Form der Auseinandersetzung einsteigt. Eine Geste, nein eine Haltung, der ich im normalen Alltag viel zu selten begegne. Ein schöner Beweis, dass es auch die leiseren Stimmen gibt, die vielleicht auch bei anderen Menschen diese Saiten wieder zum schwingen bringen können.
    Das zumindest ist meine Hoffnung. Nicht zuletzt auch deswegen, weil ich gerade wieder aus einem Seminar komme, in dem es auch um das Thema Verachtung ging (Verachtung auch im Sinne von sich überlegen/besser fühlen - was ja auch von den vernünftigen Stimmen immer mehr gefordert wird, wenn diese nicht mehr differenziert auf Einzelaspekte eingehen können ohne angegriffen zu werden. "Sprich unsere Parolen/Pauschalurteile nach, sonst bist du genauso schlecht wie die Anderen") und darum, dass Verachtung die Basisemotion ist, mit der wir unser Mitgefühl abstellen. (Und dazu gibt es einige Studien, die diese Korrelation belegen (auch wenn wir aktuell nur die Augen aufmachen müssen, um diesen Effekt beobachten zu können)


    Und von daher auch vielen Dank für die Diskussion hier (die ich bisher nur lesend verfolgt habe), die mich zusammen mit dem Artikel auch wieder daran erinnert, mich selbst ebenfalls immer wieder auf meine Verachtungstendenzen zu überprüfen.

  • Schön, dass es auch behutsame Versuche gibt, mit solchen Äußerungen umzugehen, aber es stellt sich doch ernsthaft die Frage, ob man nicht einfach die Augen öffnen und der Wahrheit ins Gesicht sehen sollte.


    http://www.deutschlandfunk.de/…html?drn%3Anews_id=862742

  • Er(Tellkamp) ist " in seiner Spur". Ich habe sein Werk, auf den sich der Artikel - von Heike gepostet- bezieht, nicht gelesen und kann auch nicht beurteilen, ob Tellkamp früher auf einer anderen Spur unterwegs war. Der Artikel von Herrn Berg verleugnet die Wahrheit aber m.Ea. aber nicht. Sie ist nur eine andere Art der Antwort auf diese Eingleisigkeit.

  • Zitat


    Wir solidarisieren uns mit allen Menschen,
    die vor Krieg, Verfolgung und Armut in unserem Land Zuflucht suchen,
    und wenden uns gegen jede Ausgrenzung.


    Ich bewundere ja euren Idealismus. In der Form könnte ich das nicht unterschreiben.
    Ich verstehe Flucht aus Armut voll und ganz und kann den Menschen nichts vorwerfen, die aus verzweifelter Armut und Perspektivlosigkeit fliehen, doch alle aufnehmen zu wollen, halte ich für selbstzerstörerischen Idealismus. Ebenso wehre ich mich gegen "jede" Ausgrenzung. Vergewaltiger, Hassprediger und überhaupt alle, die auch bei uns im Gefängnis sitzen (ausgegrenzt), möchte ich nicht so gerne frei und in Deutschland sehen.
    Ich halte so eine plakative Präambel eher für schädlich, auch wenn sie gut gemeint ist.


  • Ich verstehe Flucht aus Armut voll und ganz und kann den Menschen nichts vorwerfen, die aus verzweifelter Armut und Perspektivlosigkeit fliehen, doch alle aufnehmen zu wollen, halte ich für selbstzerstörerischen Idealismus…


    … insbesondere unter dem Gesichtspunkt, das wir hier in Europa für die Armut in den betroffenen Ländern mit verantwortlich sind. Soweit sollte der Idealismus ja nicht gehen, das man Menschen aus Kulturen, die man zuvor ausgebeutet und ausgenutzt hat auch noch irgendwie hilft.


    Oder wie meinst du das?

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Fakt ist für mich, dass eine nachhaltige Hilfe nur die Selbsthilfe vor Ort sein kann.
    Fakt ist für mich auch, dass ein Sozialsystem nur funktioniert, wenn das Nehmen und Geben ausgewogen bleibt. Das kann ich doof finden (finde ich auch), aber so ist es leider.

  • Fakt ist für mich, dass eine nachhaltige Hilfe nur die Selbsthilfe vor Ort sein kann.
    Fakt ist für mich auch, dass ein Sozialsystem nur funktioniert, wenn das Nehmen und Geben ausgewogen bleibt. Das kann ich doof finden (finde ich auch), aber so ist es leider.


    Interessant, das mit dem Nehmen und Geben. Europa hat Jahrhunderte lang genommen ohne etwas zu geben und jetzt davon zu sprechen, dass die, die etwas brauchen, auch etwas geben sollen, klingt schon irgendwie komisch.

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  • Es war bestimmt nicht leicht, eine Formulierung zu finden.
    Aber da steht nirgends, dass alle, die vor Armut fliehen, aufgenommen werden sollen. Unsere Solidarität verdienen sie allerdings auf jeden Fall, zum Beispiel auch durch Hilfe vor Ort.
    Und Straftäter gehören bestraft, aber nicht ausgegrenzt. Ich verstehe das Problem nicht. Das ist für mich eine seltsame Wortklauberei.


  • Das habe ich nicht geschrieben.


    Du hast von "Nehmen und Geben" geschrieben und dies als Fakt dargestellt. Es ist Wackelpuddingtaktik, dies jetzt abzustreiten. Heike hat recht: Es ist Wortklauberei.

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    Emanuel von Bodmann


  • Fakt ist für mich auch, dass ein Sozialsystem nur funktioniert, wenn das Nehmen und Geben ausgewogen bleibt.



    Würde ich so nicht unterschreiben, den Satz. Ich würde ihn abändern in: Das Sozialsystem funktioniert umso besser, je ausgewogener das Nehmen und Geben ist. Aber dann kann man auch sagen: Der Ball ist rund und Paris eine Weltstadt.


    Der Sozialstaat kann eine Menge ab, und das muss und sollte er auch. Seine Idee ist, dass alle grundsätzlich versorgt gehören, auch die, die aus irgendwelchen Gründen nicht oder wenig geben wollen können. Oder können wollen. Und das ist wieder Wortklauberei, denn wer kann entscheiden, bei wem was der Fall ist? Jede Gemeinschaft, ob Volk, Verein oder Kollegium, setzt sich zusammen aus Leuten, die viel geben, solchen die mittelviel geben und solchen, die wenig geben. Warum sollte man erwarten, dass es anders ist, wenn von außen mehr und andere Leute dazu kommen. Oder? Warum sollte man von den Außenkommenden als amorphe Masse mehr Geben erwarten, als es intern der Fall ist? Das wäre an jeder Realität vorbeigeschrappt.


    Ein Sozialstaat (Chef, Verein) kann natürlich überlegen, wie er das Geben attraktiv machen kann. Und: Hilfe vor Ort ist ein wichtiger und entscheidender Punkt. Nicht nur Selbsthilfe, denn, wie Horst-Dieter sehr richtig bemerkt: Europa hat da einiges vermasselt und wieder gutzumachen. Aber auch das wird wohl Utopie bleiben.

  • Aber dann kann man auch sagen: Der Ball ist rund und Paris eine Weltstadt.

    :D Schön gesagt, Kristin.



    Allerdings sagt ja auch der Satz mit dem runden Ball etwas aus: Alles ist möglich im Fußball.


    Und dies scheint mir ein wichtiger Punkt bei den beiden Erklärungen zu sein, um die es hier geht. Beide kommen im Gewand von Selbstverständlichkeiten.


    Die "Gemeinsame Erklärung 2018" lautet:

    Zitat


    Mit wachsendem Befremden beobachten wir, wie Deutschland durch die illegale Masseneinwanderung beschädigt wird. Wir solidarisieren uns mit denjenigen, die friedlich dafür demonstrieren, dass die rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen unseres Landes wiederhergestellt wird.

    Über der Erklärung prangt ein Foto, das eine Demonstration für Frauenrechte zeigt.


    Die zweite Erklärung ist als Antwort darauf formuliert - "Antwort 2018, Unsere Antwort für Demokratie und Menschenrechte":


    Zitat

    Die Menschenrechte enden an keiner Grenze dieser Welt. Wir solidarisieren uns mit allen Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Armut in unserem Land Zuflucht suchen, und wenden uns gegen jede Ausgrenzung.


    Nun hat Heike recht, wenn sie schreibt: "da steht nirgends, dass alle, die vor Armut fliehen, aufgenommen werden sollen." Isoliert ist ist das so. Allerdings nicht, wenn man die Antwort als Antwort liest, nämlich mit Bezug auf die "illegale Masseneinwanderung".

    Im übrigen ist die Liste der Unterzeichner auf beiden Seiten heterogen. Bei den Erstunterzeichnern der "Erklärung 2018" steht ganz oben der von mir sehr geschätzte Henryk Broder.

    Ich kann Nifls Unbehagen an der Antwort nachvollziehen. (Allerdings kritisiere ich die ursprüngliche Erklärung noch mehr.) Armut ist ein bedeutender Grund, aus einem Land zu fliehen - aber sie ist kein Grund, in einem anderen Land wie Deutschland zu bleiben, solange dieses Land verfluchtnochmal immer noch kein Einwanderungsrecht hat, sondern nur ein Asylrecht. Sozialleistungen sind in diesem Fall gar nicht vorgesehen.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Das ist keine Wortklauberei, es ist eine Parole in dieser Form. Und gerade wenn Mitglieder eines Literaturbetriebs angesprochen werden sollen, empfinde ich das als schwach.


    Zitat


    Der Sozialstaat kann eine Menge ab, und das muss und sollte er auch. Seine Idee ist, dass alle grundsätzlich versorgt gehören, auch die, die aus irgendwelchen Gründen nicht oder wenig geben wollen können. Oder können wollen. Und das ist wieder Wortklauberei, denn wer kann entscheiden, bei wem was der Fall ist? Jede Gemeinschaft, ob Volk, Verein oder Kollegium, setzt sich zusammen aus Leuten, die viel geben, solchen die mittelviel geben und solchen, die wenig geben. Warum sollte man erwarten, dass es anders ist, wenn von außen mehr und andere Leute dazu kommen. Oder? Warum sollte man von den Außenkommenden als amorphe Masse mehr Geben erwarten, als es intern der Fall ist? Das wäre an jeder Realität vorbeigeschrappt.


    Ja, gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der Alterspyramide wäre das eine echte Chance.
    Nur müsste erst mal kräftig investiert werden über viele Jahre. Und wenn ich bedenke was beispielsweise eine nur einprozentige Erhöhung von Renten-/-Arbeitslosen oder sonstigen Sozialversicherungen für einen Sturm der Entrüstung verursacht, sehe ich das Szenario eher im Bereich des Ideals.


    Im Übrigen nehme ich auch hier eine "Wütigkeit" wahr, schon zu den Kommentaren von Siegfried, die weit über das Ziel hinausschießt und meiner Meinung nach kontraproduktiv ist, wie ich schon schrieb.
    Es fühlt sich auch für mich nach Meinungsdiktat an, obwohl ich eigentlich eurer Meinung bin. Sehr unangenehm, wenn man nicht mehr in alle Richtungen fabulieren darf.


  • Es fühlt sich auch für mich nach Meinungsdiktat an, obwohl ich eigentlich eurer Meinung bin. Sehr unangenehm, wenn man nicht mehr in alle Richtungen fabulieren darf.


    Man darf doch in alle Richtung fabulieren. Wer verbietet dir das denn? Das ist der gleiche Fehlschluss, den auch Tellkamp macht. Das die geäußerte Meinung nicht aufgegriffen wird sondern Gegenargumente kommen, ist doch kein Meinungsdiktat. Also bitte, auf dem Teppich bleiben.

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    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Damit meine ich, dass durch Umpolung einer Parole, die Parole totzdem eine Parole bleibt.

    Ach so, ja. Ich vermute, dass die beiden Erklärungen von den jeweiligen Unterzeichnern ganz unterschiedlich aufgefasst werden. Ich hätte keine der beiden unterschrieben. (Aber mich hat ja auch keiner gefragt. )

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)