Ansprüche an einen Grammatik-Roman

  • Christoph, Deine Worte nehme ich mir sehr zu Herzen. :blume
    Der Roman liest sich angenehm, von Grammatikerklärungen erst einmal keine weiteren Spuren, da gibt es ja noch ein Protagonistinnenleben zu erzählen in der Zwischenzeit.


    Auf S. 40 stellt sich mir die nächste Frage:

    Zitat

    ... weil sich seine Stimme mitten im Gespräch immer wieder in ein Hallen verwandelte, das klang, als wolle ein metallener Roboter Kontakt zu ihr aufnehmen.


    Müsste hier nicht "wollte" stehen, Konjunktiv II?
    Nach meinem Verständnis schlussfolgert die Protagonistin aus dem Klang etwas, das nicht zutreffen kann > Irrealis
    Sehe ich das falsch?


  • Auf S. 40 stellt sich mir die nächste Frage:


    Müsste hier nicht "wollte" stehen, Konjunktiv II?
    Nach meinem Verständnis schlussfolgert die Protagonistin aus dem Klang etwas, das nicht zutreffen kann > Irrealis
    Sehe ich das falsch?

    Nein, auch hier liegst du völlig richtig. Es IST der Irrealis, also Konjunktiv II. Ein weiterer Grammatikfehler der Grammatik-Autorin ... :rofl

  • Das Buch hat 315 Seiten, wenn alle 20 Seiten ein Schnitzer passiert, sind das etwa 15 Fehler. Liegt es damit über oder unter dem Durchschnitt?? ?(


    Didi - ich finde auch, das hätte nicht passieren dürfen.
    Ein Grammatik-Roman geht ja auch mit der Mission ins Rennen - wie die Hauptfigur in dem Roman - anderen etwas beibringen zu wollen. Ich hoffe, dass es bei wenigen Patzern bleibt, sonst ist die Mission wohl für gescheitert zu erklären.


  • Auf S. 40 stellt sich mir die nächste Frage:


    Müsste hier nicht "wollte" stehen, Konjunktiv II?
    Nach meinem Verständnis schlussfolgert die Protagonistin aus dem Klang etwas, das nicht zutreffen kann > Irrealis
    Sehe ich das falsch?

    Das kommt darauf an, was man sich unter Roboter vorstellt. Es gibt ja bereits sprechende 'Maschinen'.Man muss dazu nur eine Telefonhotline anrufen, um in dieses zweifelhafte Vergnügen zu kommen. Mit Siri (iphone) kann man sich unterhalten, auf jeder Cebit wird ein putziger Roboter vorgeführt, der etwas Spektakuläres vorführt, Tennisspielen oder auch sprechen. Allerdings stellt sich dann die Frage, ob diese einen Willen haben.


    Gab es nicht auch Filme, in denen künstliche Figuren herumlaufen aber wie Menschen agieren? Star Wars fällt mir dazu ein oder auch ein Schwarzenegger Film.


    Ich halte das ganze eher für einen unglücklichen Vergleich.

  • Das kommt darauf an, was man sich unter Roboter vorstellt.

    Nein, darauf kommt es in diesem Falle nicht an, da es der Gesprächspartnerin ja klar ist, dass sie mit einem Menschen telefoniert. Es wird lediglich gesagt, dessen Stimme klänge so wie die eines Roboters. Damit ist klar, dass es kein solcher ist, mit dem sie spricht, also: Konjunktiv II. Ganz einfach.

  • Angelika Jodl stößt erst in zwei Wochen zur Leserunde dazu, das hat sie in ihrem ersten Posting geschrieben. Sie ist im Urlaub. Und ich bin auch gespannt, was sie dazu sagt. Parallel befüllt sie einen Blog mit Grammatikthemen.


    Die Maßstäbe, die ich an dieses Buch lege, habe ich in der Leserunde klar ausgedrückt. Ich konfrontiere, ja, aber werfe nix vor, sondern formuliere als Fragen, was mir im Erzähltext auffällt. In der Runde werde ich mir sowieso rasch den (nicht ganz unberechtigten) Ruf einer Besserwisserin einhandeln ;) Aber damit kann ich leben.

  • Zitat

    Auf S. 40 stellt sich mir die nächste Frage:


    Müsste hier nicht "wollte" stehen, Konjunktiv II?
    Nach meinem Verständnis schlussfolgert die Protagonistin aus dem Klang etwas, das nicht zutreffen kann > Irrealis
    Sehe ich das falsch?


    Ich bin der Auffassung, hier ist das "wolle" vertretbar. Die Form "wollte" (Konjunktiv 2) ist von außen identisch mit "wollte" (Präteritum, Indikativ), daher greift die Autorin wohl auf die Ersatzform "wolle" (Konjunktiv 1) zurück, um das Konjunktivische hervorzuheben. Dies macht man ja auch im umgekehrten Fall, wenn die Konjunktiv 1-Form identisch mit Präsens Indikativ ist (Beispiel erste Person Singular "gehe"), wo dann Konjunktiv 2 als Ersatzform ("ginge") zum Einsatz kommt.
    Würde man die Geschichte allerdings im Präsens erzählen, könnte das "wollte" durchaus bleiben, um das Irreale zu betonen:

    Zitat

    ... weil sich seine Stimme mitten im Gespräch immer wieder in ein Hallen verwandelt, das klingt, als wollte ein metallener Roboter Kontakt zu ihr aufnehmen.


    Ich würde das "wolle" beim Erzählen allerdings nur dann einsetzen, um eine Person zu charakterisieren (zum Beispiel als ältlichen Studienrat ")" ).
    Viele Grüße
    Jürgen

    ASIN/ISBN: 395494104X


    "schönheit ist das versprechen, daß das werden kann, was wir uns wünschen." (Ronald M. Schernikau: Die Tage in L.)

    Einmal editiert, zuletzt von Jürgen ()

  • Lieber Jürgen,


    die gesamte Geschichte ist im Präsens erzählt, die Erzählerin eine etwa 40jährige Lehrerin mit (nur) 1. Staatsexamen, also weit entfernt von steinaltem Professor ;) . Diese Stelle, um die es mir geht, ist ein Rückblick im Präteritum - das als Ergänzung zu Deinen Anmerkungen.

  • Ich bin der Auffassung, hier ist das "wolle" vertretbar. Die Form "wollte" (Konjunktiv 2) ist von außen identisch mit "wollte" (Präteritum, Indikativ), daher greift die Autorin wohl auf die Ersatzform "wolle" (Konjunktiv 1) zurück, um das Konjunktivische hervorzuheben. Dies macht man ja auch im umgekehrten Fall, wenn die Konjunktiv 1-Form identisch mit Präsens Indikativ ist (Beispiel erste Person Singular "gehe"), wo dann Konjunktiv 2 als Ersatzform ("ginge") zum Einsatz kommt.


    Das sehe ich genauso, und daher erschien mir das "wolle" eher als irreale Form als das "wollte", das ja auch identisch mit dem Indikativ ist und bei mir eher die Assoziation an etwas Reales hervorrief.

  • Zitat

    weil sich seine Stimme mitten im Gespräch immer wieder in ein Hallen verwandelte, das klang, als wolle ein metallener Roboter Kontakt zu ihr aufnehmen.


    Nur nebenbei, diesen Satz halte ich für erzählerisch noch nicht ganz ausgereift, eher so die Kategorie "beliebige Schlamperei". Eine Stimme, die ein Hallen wird... ein Hallen, das klingen will ... ein Roboter aus Metall... der Kontakt sucht... So wird doch eine Person charakterisiert, die sich mit metallener Hallstimme um den Verstand gequasselt hat...

  • Apropos belles lettres:


    Auch aus dem Urlaub liest Frau Jodl mit und antwortete auf meine Frage wg. des Konjunktivs II:

    Zitat

    Tatsächlich lässt sich der irreale Vergleichssatz (darum handelt es sich hier) sowohl mit dem K II als auch mit dem K I darstellen. Letzterer – "als wolle" – gilt als elaborierter als der K II. Man kann es sich vorstellen wie den abgespreizten kleinen Finger, mit dem ein vornehmes Wesen seine Teetasse zum Munde führt ;)


    Ist Grammatik also Geschmackssache?


  • Ist Grammatik also Geschmackssache?


    Sprache ist mehr als Grammatik. Sie bedient sich ihr, manchmal sogar gegen die Regeln der Grammatik. So ist das vermutlich gemeint.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Sprache ist mehr als Grammatik. Sie bedient sich [b]ihr[/b], manchmal sogar gegen die Regeln der Grammatik. So ist das vermutlich gemeint


    Jetzt bin ich ein bisschen verwirrt. Aber der Reihe nach: in der Sache stimme ich Horst-Dieter zu. Wir wollen ja nicht, dass ein Sprachroboter die sprachliche Gestaltung übernimmt.
    Allerdings wundere ich mich seit Jürgens Aussagen über den Genitiv und die müffelnden Wörter wie "sich bedienen" usw. , dass jetzt tatsächlich der Genitiv nicht mehr gesetzt wird und dem Dativ weichen muss. Wird das jetzt zur Norm? Oder ist das ein bewusst gesetztes Beispiel dafür, dass man auch mal gegen die Regeln der Grammatik verstoßen kann? Ich frage das jetzt als Deutschlehrerin, denn ich hätte diese Formulierung als GR-Fehler angestrichen.

  • Nein, Frau Lehrerin liebe Bettina ;) . Du hast einen Fehler entdeckt und angemerkt, der in der "Eile des Postings" entstanden ist. Allerdings habe ich mich auch nicht unter dem Druck einer Klassenarbeit (oder einer Buchveröffentlichung) gefühlt und es mögen mir auch künftig hier und da Fehler unterlaufen, ich werde die jedoch niemals als Absicht postulieren (oder es gleich dazu schreiben).

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  • es mögen mir auch künftig hier und da Fehler unterlaufen


    =) Und mir ist in der Frage, die ich der Autorin auf Lovelybooks gestellt habe, folgender Patzer passiert: Im Vorausdenken habe ich den KII (wollte), wie ich ihn für korrekt hielt, schon in das Textzitat gestopft, das mit dem "wolle" ;) (Notiz an mich: Wenn ich schlauschwätzen will, sollte ich meine Aussagen lieber dreimal nachlesen.)