Visage zeigen?

  • "Wer demonstrieren will, soll demonstrieren und seine Visage offen zeigen.“, sagte Franz Josef Strauß zum Vermummungsverbot.


    Seit dieser Woche posten die "Lübecker Nachrichten" nicht mehr bei Facebook, wenn es um Flüchtlinge geht. Grund dafür sind "polemische Exzesse" und "allerlei Hass". Die "Süddeutsche" hat ihren Kommentarbereich eingeschränkt. Beim "Stern" dürfen nur noch registrierte Nutzer kommentieren. Die "taz" "löscht Beiträge von Neonazis oder Pegida-Trollen". (Nicht nur sie. Bei "Welt" und "Spiegel" werden die Kommentare zu einschlägigen Themen regelmäßig für einen halben Tag dicht gemacht, wenn sich die Kretins häufen.)


    "Cicero" schreibt von einer zunehmenden Überschwemmung durch rechtsextreme Kommentare. Daher erlaubt cicero.de keine anonymen Kommentare mehr. Unter den "Leserbriefen" muss der richtige Name stehen, so wie bei gedruckten Zeitungen. Diese Medienkolumne im "Cicero" ist der Aufhänger für diesen Thread.


    Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte , wonach die Betreiber kommerzieller Internet-Foren für Beleidigungen haftbar sein können.


    Um die Entscheidung der "Lübecker Nachrichten" mit Facebook ist übrigens ein Furor losgebrochen. Kritiker sprachen von "Zensur" und "Totschweigen".

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Ich halte es zum einen für sinnvoll, ab einem bestimmten Punkt die Kommentarfunktion zu sperren, außerdem finde ich es richtig, dass, wer etwas kommentieren will, das unter seinem Realnamen machen muss. Die Hürde, jeden unreflektierten Müll zu schreiben, wird größer bis unüberwindbar, wenn man sich nicht mehr hinter einem Pseudonym verstecken kann.


    Das Internet hat ja nicht nur den Vorteil der Möglichkeit zur weltweiten Kommunikation, sondern es kann auch jeder, auf dessen Meinung eigentlich keiner wartet, schreiben, was er will. Wenn man das unter seinem tatsächlichen Namen machen muss, überlegt man sich vermutlich wenigstens ein paar Minuten, ob man das wirklich möchte.


    Für eine Einschränkung der Meinungsfreiheit halte ich das nicht. Zeitungen wurden jahrzehntelang ohne "Kommentarfunktion" verkauft.


  • Für eine Einschränkung der Meinungsfreiheit halte ich das nicht. Zeitungen wurden jahrzehntelang ohne "Kommentarfunktion" verkauft.


    Stimmt nicht!


    Da gab's und gibt es noch die Ecke mit den Leserzuschriften.

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Genau, denn das sind alles böse Nazis, denen der gegenwärtige Gesellschaftsumbau nicht gefällt. Wer sich daran stört, dass beispielsweise in Frankreich (aus Deutschland fehlen vergleichbare Daten) mittlerweile fast 9 Prozent der Bevölkerung Muslime sind (Tendenz stark steigend), es dort aktuell rund 2300 Moscheen gibt, sich 300 weitere in Bau befinden und die Muslimische Kulturgemeinde lautstark nach 5000 ruft und stillgelegte Kirchen in Moscheen umgestalten will, ist ein Pfui-Mensch. Sind alles holocostleugnende, rassistische Bösmenschen, die von einer zunehmenden Islamisierung Europas sprechen und dagegen auf die Straße gehen. Natürlich müssen wir linkslinken Gutmenschen sofort etwas dagegen unternehmen. Keine Frage. Am besten, indem wir die öffentliche Meinung politisch und wo es geht, auch medial zensieren und verstärkt die veröffentlichte Meinung protegieren und Andersdenkende mit der Nazikeule vor uns hertreiben. Sind ohnehin alles Rassisten und Holocaustleugner. Sind wir uns doch ehrlich: Wer braucht schon ein eigenes Volk und dessen kulturelle Werte, wo die doch allesamt braune Kacke sind. Hoch lebe der Ethnomasochismus: Neurotische Hassgefühle gegen die eigene Herkunft, die eigene Kultur und das eigene Volk sowie lustvolle Zerstörung, Abschaffung und Diffamierung derselben, bei gleichzeitiger Toleranz und Förderung fremder Religionen und Kulturen.


    Bin ganz bei dir, Alexander: Wer Deutschland liebt, den müssen wir hassen! :)

    4 Mal editiert, zuletzt von Manuela ()

  • Hallo HD,


    die Leserbriefe werden aber zum einen mit vollem Namen gezeichnet, zum anderen denke ich, dass es immer noch eine andere Form von Arbeit macht, einen Leserbrief zu formulieren, als mal eben so einen drei-Wort-Kommentar hinzutippen. Und bei Leserbriefen haben Redaktionen normalerweise Zeit, sich die in Ruhe anzuschauen und dann zu entscheiden, welche sie veröffentlichen wollen. Dabei achten sie zumindest in den SN, wo ich die Leserbriefe gelegentlich lese, durchaus darauf, auch konträre Positionen zu drucken. Von einer Einschränkung der Meinungsfreiheit kann also auch da keine Rede sein, und ich denke auch nicht, dass die Zeitung nach politischer Überzeugung eine Vorauswahl trifft.


    Aber Leserbriefe stellt eben niemand schneller online, als man sie wieder löschen kann. Und es gibt eben einfach Kommentare, die muss man löschen, nicht weil sie eine politische Meinung widerspiegeln, die nicht der eigenen entspricht, sondern weil sie rassistisch oder menschenverachtend sind.

  • @ HD: Printmedien drucken mindestens den Namen eines Leserbrief-Schreibers ab.


    @ Manuela: Ich habe keine Ahnung, was ich zu Deinem Beitrag schreiben soll. Ich habe gar keine Meinung geäußert, sondern referiert. Nimm am besten eine Baldrian. Dein Beitrag führt am Thema vorbei. Es geht darum, dass Online-Medien Beleidigungen und Hass-Polemik bei den Kommentaren vermeiden wollen. Lies die Beispiele im Cicero-Artikel. Und es soll sich nicht jeder allerletzte Stuss hinter der Anonymität verstecken können.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Doch! Natürlich hat das (auch) damit zu tun. Denn es geht längst nicht nur darum, sogenannte Hasspostings der extremen Rechten zu zensurieren, das ist nur ein Vorwand, sondern alles, was nicht auf politischer Blattlinie liegt, zu eliminieren. Viele Menschen in Europa haben schlicht die Schnauze voll von Sozialabbau, steigender Arbeitslosigkeit, astronomischer Staatsverschuldung, transatlantischer Mitläufermentalität, europäischer "Zuwanderungspolitik" und dessen permanenter Beschwichtigung und Schönrederei und reagieren von daher äußerst emotional. Vielerorts überzogen, keine Frage. Sie aber deshalb pauschal als rechtsextreme Pegida-Trolle oder Kretins zu bezeichnen (Zitat Alexander) ist unerhört und an Arroganz kaum noch zu überbieten. Was sich viele dieser Menschen face to face nicht zu sagen trauen, äußern sie in der vermeintlichen Anonymität des Internets. Und da die gegenwärtig alles beherrschende Linksdoktrin nichts hören will, was sich gegen ihre illussionäre Weltsicht stellt, wird auch vor Zensur nicht zurückgeschreckt. Gerade die Linke, (und mittlerweile sind so gut wie alle "politisch korrekten" Parteien Linksausleger) die traditionsgemäß kein gutes Haar an Gott und Kirche lässt, setzt sich vehement für Moscheenbau und freie Religionsausübung der zugezogenen Muslime ein. Sie unterstützt und finanziert die Schaffung muslimischer Kulturvereine, muslimischer Schulen und Kindergärten, verbietet jedoch christliche Feste wie Nikolaus oder Weihnachten in westlichen Erziehungseinrichtungen, ja, zwingt sie sogar zu "halalen" Speiseplänen, legalisiert männliche Genitalverstümmelung im Namen Jehovas und Allahs und bekämpft mit aller Verbissenheit Kopftuchverbote. Sie fördert einerseits die Gleichstellung von Schwulen und Lesben, setzt sich für verpflichtende Frauenquoten ein, faselt etwas von Gendermainstreaming, schafft ein völlig entbehrliches Binnen-I und reißt auf der anderen Seite Tür und Tor für Massen von muslimischen Zuwanderern auf, die mehrheitlich nichts mehr hassen, als Homosexualität und Frauengleichstellung. Tatsächlich zeigen sich die politisch Korrekten gegenüber allem tolerant, nur nicht gegenüber Andersdenkenden, dem eigentlichen Erkennungszeichen echter Toleranz. Dennoch ist es ihnen gelungen, weite Teile der politischen Landschaft Europas in Geiselhaft zu nehmen. Ob Unionsparteien, Rote, Grüne, Liberale, alle singen das selbe Lied und sind in wesentlichen Teilen ihrer politischen Agenda nicht mehr zu unterscheiden: Gut sein, alles verstehen, alles tolerieren, bloß keine gegenteiligen Ansichten akzeptieren.
    Wenn es immer mehr Menschen gibt, (und es werden immer mehr) die ihre Ablehnung der politisch verordneten political correctness laut und immer lauter hinausschreien, dann muss man sie eben mundtot machen. Denn es kann nicht sein, was nach Gutmensch-Terminologie nicht sein darf. Der Traum vom Paradies auf Erden muss weitergehen, auch wenn die Lebensrealität etwas ganz anderes zeigt.
    Ich habe früher selbst viele Leser-Kommentare in diversen Internetausgaben österr. Tageszeitungen gepostet und mich mittlerweile überall löschen lassen. Ich war dort mit vollem Namen, Telefonnummer, Wohn- und E-mail-Adresse registriert, meine Beiträge wurden deshalb jahrelang unzensuriert freigeschaltet, gelegentlich sogar in die Printausgabe übernommen. Seit kurzem werden auch derart umfangreich registrierte User bspw. bei diePresse und derStandard nicht mehr automatisch freigeschaltet. Alles durchläuft die blatteigene Zensur. Und selbst bei durchaus nüchterner, sachlicher Argumentation und Herangehensweise erscheinen viele Kommentare nicht, schlicht, weil sie nicht der gängigen political correctness entsprechen. Es gibt Reizthemen, wie USA u. Israel, Zuwanderung, Islam, Ausländerkriminalität, um nur einige Beispiele zu nennen, wo praktisch nichts mehr durchkommt, wenn auch nur ein einziges ablehnendes Wort im Posting steckt. Wir entwickeln uns mehr und mehr zu einer Gesinnungsdiktatur gutmenschlicher Prägung, die nach den staatlich kontrollierten nun auch die privaten Medien erfasst hat. Mittlerweile muss man im freien Europa Angst vor behördlicher Verfolgung haben, wenn man seiner Meinung öffentlich Ausdruck verleiht. 8-)

    2 Mal editiert, zuletzt von Manuela ()

  • Doch! Natürlich hat das (auch) damit zu tun. Denn es geht längst nicht nur darum, sogenannte Hasspostings der extremen Rechten zu zensurieren, das ist nur ein Vorwand, sondern alles, was nicht auf politischer Blattlinie liegt, zu eliminieren. …


    Du verrennst dich gerade, Manuela. Diese anonymen »Hasspostings«, auf die Alexander aufmerksam machen will, kommen nicht nur in Sachen Ausländer, drücken nicht nur extreme Fremdenfeindlichkeit aus, sondern kommen zu allem möglichen. Es gibt nichts, wozu nicht irgendwer einen dummen, oft schlimmen, nicht selten gefährlichen Kommentar abgibt. Zum Beispiel auch gegen Homosexuelle. Du warnst davor, dass der Islam kein Klima für diese schafft. Wie das Klima der Rechtsextremen für Homosexuelle aussieht, hat die Geschichte bereits gezeigt. Geändert hat sich das bei denen nicht. Dass du jetzt meinst hier - und auch bei anderen Gelegenheiten - immer zu einen Kreuzzug gegen eine vermeintliche Übernahme Europas durch den Islam und sonstige Nichteuropäer aufrufen zu müssen, zeigt nur, wie weit deine Verblendung schon reicht. Du hast möglicherweise ein berechtigtes Anliegen, über das zu reden lohnt, allein dadurch, dass du es unreflektiert bei allen möglichen und meist unmöglichen Gelegenheiten anzubringen versuchst, machst du es zu einem unberechtigten Anliegen.

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    Emanuel von Bodmann


  • Der Westen hat mAn den letzten Funken gesunden Menschenverstandes verloren, ein untrügliches Zeichen von Dekadenz, zugleich Symptom des Verfalls einer Wertegemeinschaft. Er wird erst wach werden, wenn es endgültig zu spät ist.


    Um die Vereinsseite der 42er Autoren nicht weiter mit meinen rechtsextremen Postings zu belasten, werde ich mich bis auf weiteres jeglicher Meinungsäußerung enthalten, sei es politischer oder literarischer Natur und nur noch still mitlesen. Es steht der Vereinsleitung frei, meinen Nick zu löschen.

  • Der Westen hat mAn den letzten Funken gesunden Menschenverstandes verloren, ein untrügliches Zeichen von Dekadenz, zugleich Symptom des Verfalls einer Wertegemeinschaft. Er wird erst wach werden, wenn es endgültig zu spät ist.



    Auf diese Wertegemeinschaft wird immer wieder verwiesen, wenn sonst keine Argumente zur Hand sind. Benannt werden die Werte aber entweder nicht oder nur sehr unbestimmt. Humanismus wird oft angeführt, ohne aber im Detail zu sagen, was Humanismus ist oder auf welchen Humanismus man sich beruft. Der zitierte Satz allein ist schon eine Zumutung. Im ersten Teil wird eine Behauptung aufgestellt, diese Behauptung wird im zweiten Teil des Satzes genutzt, um sie als Zeichen für etwas (hier Dekadenz) zu definieren um dann im letzten Teil eine Analyse (Verfall einer Wertegemeinschaft) zu liefern. Hass war nie ein guter Ratgeber und führt immer zu Unrecht.

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  • Das finde ich jetzt schade, Manuela. Wenn ich es richtig sehe, hat hier wirklich niemand deine Beiträge als "rechtsextrem" bezeichnet. Und das sind sie ja auch nicht. Vieles an dem, was du sagst, ist bedenkenswert, wenngleich einige deiner Thesen nach meinem Empfinden allzu apodiktisch und geradezu von Sendungsbewusstsein getragen daherkommen. In der Sache selbst (eigentlich sind es ja recht viele unterschiedliche "Sachen", um die es dir geht) kann man trefflich streiten, aber das Vorgehen von Medien, keine anonymen Beiträge mehr zu bringen, ist per se nicht zu beanstanden. Nach meinem Demokratieverständnis darf jeder alles sagen, solange er niemanden diffamiert etc. - allerdings nicht anonym, also, ohne Verantwortung für seine Äußerung zu übernehmen. Ich finde es gefährlich, daraus verschwörungstheoretische Annahmen abzuleiten. Das landet dann rasch im Vorwurf "Lügenpresse". Und das wäre ja nun nicht dein Niveau.

  • Mittlerweile muss man im freien Europa Angst vor staatlicher Verfolgung haben, wenn man seiner Meinung öffentlich Ausdruck verleiht.

    Jetzt greife ich doch einen Satz heraus. Ein fundamentaler Irrtum vieler Online-Kommentatoren ist, dass Nachrichtenportale so etwas wie Eckkneipen seien - oder dass sie es bei Internet-Medien mit irgendeiner Form von Staat zu tun hätten, der ihnen Rechte garantieren müsse. Dem ist nicht so. Wenn die Zeitschrift "Der Cocker Spaniel" keine Leserbriefe zu Labradoren abdruckt, dann ist das so. Ihre Entscheidung als privates Medium. Und wenn "Der Cocker Spaniel" nur Lobhudeleien in Leserpost zu dieser Hunderasse will, dann ist das auch so. Punkt.


    Eine Unsitte bei Online-Kommentaren (wenn ich mal welche lese - meist lohnt es nicht) ist, dass viele Leser einen Artikel nur als lose Anregung zu ihrem Gedankenwust verstehen. So, wie es Manuela hier auch getan hat. Insofern danke für das Beispiel, Manuela.


    Kein verständiger Mensch wird bestreiten, dass es im Internet etliche Trolle gibt. Beleidigungen gehören nicht zu einer Diskussion. Wenn solche Kommentare (etwa bei Twitter) völlig außer Kontrolle geraten, spricht man dann von "Shitstorm", und einen solchen wünsche ich niemanden.


    Zu behaupten abweichende Meinungen würden zensiert, eben weil sie nicht dem Kurs dem Mediums oder Artikels entsprächen, ist absurd. Fast jeder Artikel und seine Kommentare belegen das Gegenteil, zumindest auf den Seiten, die ich regelmäßig lese.


    Im Februar 2014 schrieb SPON: "Beleidigende Kommentare: Presserat will Regeln für Foren einführen ". Darin war zu lesen: "Online-Medien sollen Kommentare unter Artikeln wie diesem hier so behandeln wie Leserbriefe. Entsprechende Regeln plant der Deutsche Presserat, er will Regeln für Leserbeiträge in Internet-Foren von Medien einführen." Unter dem Artikel erschienen am selben Tag 254 Kommentare, bis SPON die Liste schloss. Nr. 5 etwa lautet: "Schritt für Schritt zum Überwachungsstaat." Nr. 3: "Ich höre schon Ausländerrausler, Schwulenfresser, Sozialrassisten und DerFeindstehtlinkser über "Beschränkung der Meinungsfreiheit" und "Zensur" jaulen... dass man es nicht einmal mehr taschendiebenden Zigeunern, Hartz-IV-Sozialschmarotzern und Mauernschützenparteianhängern in solchen Foren so richtig geben darf... empööörend... mainstream, rotgrüner... und üüüberhaupt..."


    Alles schön beisammen.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Zeitungen und Zeitschriften sind nicht neutral. Sie sind auch nicht der Objektivität verpflichtet. Es gibt redaktionelle Vorgaben und etwas wie einen journalistischen Ethos, aber grundsätzlich sind Beiträge eingefärbt, und auch bei reinen Nachrichten entscheidet bereits die Auswahl darüber, ob sich das beabsichtigte Bild ergibt oder nicht. Wer die großen Printmedien und ihre Online-Ausgaben konsumiert, sucht in aller Regel entweder die Bestätigung der eigenen Haltung oder Informationen über die Meinung der Gegenseite. Natürlich wird die Faktenlage der Realität halbwegs entsprechen, es wird also meistens nicht direkt gelogen. Aber auch die absichtliche Auslassung oder das Setzen von Schwerpunkten ähnelt bereits einer Lüge. Medien transportieren Meinungen - und erst in zweiter Linie Tatsachen, selbst wenn sie sich "Nachrichtenmagazin" nennen. Das ist schon so, seit es diese Form der Kommunikation gibt.


    Deshalb hat mich das Aufkommen der Möglichkeit, Beiträge zu kommentieren, von Anfang an irritiert. Ich lese nicht den Spiegel oder dessen Online-Ausgabe, um zu erfahren, dass es zu bestimmten Lieblingsthemen des Magazins auch andere Meinungen "im Volk" gibt, zumal sich dieses Volk ganz offensichtlich erstens nur anonym aus der Deckung traut - und zweitens überwiegend peinlichen Dünnsinn absondert. Würde ich das erfahren wollen, könnte ich mich auch mit einer Druckausgabe des Spiegel in eine beliebige Gardinenkneipe setzen und abwarten. Oder ich könnte, um diese Gegenmeinung auf etwas höherem Niveau zu erleben, in der Auswahl zwischen BILD und F.A.Z. stöbern. Es ist kein Ausdruck der Meinungsfreiheit oder ihres Gegenteils, Kommentare zuzulassen oder zu verbieten. Dieses Merkmal dient in erster Linie dem Marketing, der Erhöhung der Klickzahlen und der Anbindung einer wie auch immer gearteten "Community". In der Realität feiern die Trolle auf diesem Weg ihre Partys. Einen Mehrwert generiert das aus meiner Sicht nicht; ich benötige keine Hilfe, um die formulierte Meinung hinterfragen zu können, und erst recht nicht von Leuten, die das anonym tun und die Anonymität nutzen, um ihre offensichtlichen Störungen auszuleben. Wenn ein Online-Medium Kommentare moderiert oder grundsätzlich verneint, erhöht es dadurch seinen Wert für mich. Einen Mehrwert in Form von guten Kommentaren zu Texten, die selbst bereits überwiegend Kommentare sind, habe ich bislang nur ausnahmsweise erlebt. Diese Form der Reflexion ist in der praktizierten Form völlig überflüssig. Mehr noch, sie ist nervtötend, ärgerlich - und geeignet, das Medium drastisch abzuwerten. Für eine Online-Ausgabe des Spiegel ohne Kommentare würde ich bezahlen, für die Version mit Kommentaren jedoch nicht.


    Dies nur am Rande.

  • Während zu FJS-Zeiten zu einem Thema in der Zeitung/Zeitschrift 1 Woche oder 1 Monat später 1-3 Leserbriefe standen, stehen heute online nach 5 Minuten 127 Kommentare darunter. Diese Informationsschwemme produziert andere redaktionelle Verfahren, schließlich kann man nicht alles so zeitnah lesen, bewerten und ggf. bearbeiten.

    Περὶ θεῶν λέγε, ὡς εἰσἰν. Von den Göttern sage: sie sind. (Bias von Priene)
    [buch]3939459801[/buch]

  • Nun ja. Der arrogante Hund in mir suhlt sich lüstern hechelnd in einigen deiner Formulierungen, Tom, der rudimentär noch existente kritische Geist jedoch schreckt zurück vor der intellektuell-elitären Herablassung, die deine Zeilen atmen, soweit sie die Meinungsäußerungen der Leser betreffen.
    Zweifellos ist es lästig, dummes Geschwätz hören oder lesen zu müssen, aber der Satz


    Ich lese nicht den Spiegel oder dessen Online-Ausgabe, um zu erfahren, dass es zu bestimmten Lieblingsthemen des Magazins auch andere Meinungen "im Volk" gibt, zumal sich dieses Volk ganz offensichtlich erstens nur anonym aus der Deckung traut - und zweitens überwiegend peinlichen Dünnsinn absondert.


    ist brisant. Ja, Anonymität ist auch - ich schrieb es schon - für mich nicht akzeptabel, aber ich frage mich, wie sich "das Volk" abseits von (ebenfalls anonymen) Wahlen überhaupt artikulieren soll. Ohne die Diskussion um mehr Basisdemokratie entfachen zu wollen, bleibt ja die Frage, ob Stellungnahmen in Medien nicht ein wichtiges Ventil dafür sein können. Insoweit ist auch dein Satz


    Es ist kein Ausdruck der Meinungsfreiheit oder ihres Gegenteils, Kommentare zuzulassen oder zu verbieten.

    kritisch zu hinterfragen. Selbstverständlich sind manche solcher Kommentare außerordentlich dämlich, voller Vorurteile, und halten keinerlei sachlicher Überprüfung stand. Aber es ist eben nicht allzu vielen Menschen gegeben, sich eine fundierte Meinung anhand des regelmäßigen Studiums unterschiedlicher, möglichst konträrer Quellen zu bilden, Und, seien wir ehrlich: Die allermeisten wollen das gar nicht. Sie schreiben sich ihre mehr oder eher weniger fundierten Meinungen vom Leib, und ich fürchte, wir müssen das ertragen - natürlich unter Ausschluss beleidigender, rassistischer etc. Anwürfe, ganz klar.


    (...) ich benötige keine Hilfe, um die formulierte Meinung hinterfragen zu können (...)


    ist in diesem Kontext denn auch eine Feststellung, die man gern einmal auf ihr Verständnis von Demokratie abklopfen könnte. So zutreffend sie für dich (und mich) sicher ist, so belanglos ist sie zur Bewertung des Rechts auf Meinungsäußerung für andere, denke ich. Es geht letztlich nicht darum, welchen "Mehrwert" du aus Kommentaren ziehst, sondern darum, dass andere solche überhaupt abgeben können. "Das Volk", wie du deine Mitmenschen nennst, die dir so auf die Nerven gehen, scheint sich zunehmend artikulieren zu wollen. Wir sollten vorsichtig damit sein, das mit intellektuellem Hochmut abwürgen zu wollen. Es ist zudem durchaus aufschlussreich zu erfahren, welche (oft fadenscheinigen) Flaggen "das Volk" so vor sich her trägt ...

    Einmal editiert, zuletzt von H. Dieter ()

  • Hallo Didi,


    ich gebe Dir Recht. Ich denke, hinter dem Frust, den viele äußern und den ich übrigens tatsächlich auch nicht lesen mag, stecken Ängste. Ich halte es nach wie vor für richtig, Kommentare zu löschen, Realnamen unter Kommentaren zu verlangen oder Diskussionen, die entgleisen, zu sperren.


    Die Frage ist nur, welcher Art sich die Unzufriedenheit eines Tages Bahn brechen könnte, wenn man all diesen Frust-Postern das Gefühl gibt, dass man ihnen gar nicht zuhört. Ich höre ihnen absolut nicht GERNE zu, aber ich bin mir immer weniger sicher, ob man Probleme durch Ignorieren lösen kann.


    Noch ein Nachtrag: Mein Beitrag führt etwas weit weg von der Frage nach Kommentaren in Online-Medien, merke ich gerade. Mir geht es mehr ganz allgemein darum, wie klug es ist, Menschen, deren Meinung man einfach nur dumm und unreflektiert findet, gar nicht erst zuzuhören.

  • Hallo, Didi.


    Wenn man etwas nicht lesen will, heißt das ja nicht, dass man nicht weiß oder wissen will, dass es existiert. Man darf und sollte das eine nicht mit dem anderen verwechseln. Und, ja, das war schon etwas überspitzt und provokant formuliert.


    Ich bin tatsächlich kein Freund der Demokratie, vor allem nicht der "fundamentalen" Formen davon, weil ich der Meinung bin, dass dieses Konstrukt überwiegend nicht funktioniert - aber immerhin, zugegeben, noch besser als alle anderen Modelle. Und das hat einen ganz simplen Grund: Wenn Nichtfachleute hochemotional und zutiefst egoistisch Entscheidungen (mit)treffen, die nicht emotional, egoistisch und laienhaft getroffen werden sollten, kann das Ergebnis nicht funktionieren. Moderne, große Gesellschaften sind zu komplex, um von solchen Aspekten geleitet zu werden. Allein, ich wüsste auch keine Alternative, aber das hindert mich nicht daran, das kritisch zu sehen.


    Es ist in den meisten Fällen absolut vorhersehbar, wie die Kommentatoren auf (bestimmte) Beiträge reagieren werden. Wenn man die Menschen kennt, sie beobachtet, mit ihnen jahrzehntelang interagiert, und eben nicht nur auf das eigene Umfeld begrenzt, dann ist wenig überraschend, was so abgesondert wird. Es auch noch aufzuwerten und hoffähig zu machen, indem man es auf Augenhöhe neben von Journalisten verfasste Beiträge hebt, hat in meinen Augen keinen Wert, von einem gewissen Unterhaltungseffekt abgesehen. Ich will und werde niemanden daran hindern, seine Meinung zu äußern, ganz im Gegenteil. Dieses Recht, wie hirnrissig die jeweilige Meinung auch sein mag, ist essentiell und eines der wichtigsten. Aber es geht nicht um das Recht selbst, sondern um das Wo und um den Kontext. Dass hirntote Stiernacken jeden Text, der sich mit Flüchtlingsfragen befasst, als Angriff auf die eigene Schrebergartenfreiheit begreifen, weiß ich. Ich muss das nicht auch noch in (meistens schwer lesbarer) schriftlicher Form als Ergänzung zum Beitrag selbst haben. Oder als wie auch immer geartetes Votum. Das Wissen darum, dass die meisten Menschen ihren persönlichen Tellerrand als Weltengrenze begreifen, ist schlimm genug. Es auch noch unaufhörlich attestiert zu sehen, das ist erschütternd. Und dann auch keine Frage der (Meinungs-)Freiheit mehr. Wer etwas zu sagen hat und dazu in der Lage ist, wird ein Medium finden (oder erschaffen), um das zu tun. Beim Kommentieren von Kommentaren geht es einzig um Selbstdarstellung und um das Rechthaben oder -behalten. Mit Diskurs und/oder der Erweiterung der Perspektive hat es nichts zu tun.