Siegfried Lenz ist tot

  • Heute ist der Mann gestorben, dessen Bücher mich mein ganzes Leben lang begleitet haben. Von allen zeitgenössischen deutschen Schriftstellern war er mir der liebste. Welch ein großartiger Erzähler!


    88 Jahre sind ein gutes Alter zum Sterben. Traurig bin ich dennoch.

  • Von allen zeitgenössischen deutschen Schriftstellern war er mir der liebste. Welch ein großartiger Erzähler!

    Dem schließe ich mich an. Ich habe das gerade mit Betroffenheit im Radio gehört. Vor allem die Prosa seiner frühen Romane und Erzählungen (So zärtlich war Suleyken, Deutschstunde, Heimatmuseum) hat einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen.

  • Das ist eine traurige Nachricht. Man konnte zwar nicht mehr auf ein großes Werk von ihm hoffen, aber auch die letzten, kürzeren Erzählungen von ihm waren noch lesenswert. »Heimatmuseum« ist für mich immer noch ein Findling, der hoch über den Rest der deutschen Literatur hinausragt. Aber auch die eineinhalbtausendseitige Scharteke mit seinen Erzählungen nehme ich immer wieder gerne zur Hand.


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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • »Heimatmuseum« ist für mich immer noch ein Findling, der hoch über den Rest der deutschen Literatur hinausragt.

    Ich hätte es nicht besser sagen können. :chapeau
    Allein für dieses Werk schon hätte Lenz den Literaturnobelpreis eher verdient als gewisse andere Leute ...


    Doch das stört ihn nun alles nicht mehr.

  • Ich habe es auch gerade gelesen und bin sehr traurig.
    Siegfried Lenz war mein Lieblingsautor und "Der Denkzettel" aus dem Bändchen "Der Geist der Mirabelle" gehört wie die "Jütländische Kaffeetafel" zu meinen absoluten Lieblingsgeschichten.
    Alles Gute Herr Lenz, dort wo Sie jetzt sind und vielen Dank für Ihre wunderbaren Geschichten, die ich schon entdeckt habe und die, die ich noch entdecken darf.

    Liebe Grüße
    Alma



    "It's dangerous to love." (The Man Who Cried)

    Einmal editiert, zuletzt von Alma ()

  • Als ich heute Abend meinen Ziehsohn von den Pfadfindern abholte, lief im Deutschlandfunk ein Feature über Siegfried Lenz. Es war so interessant, dass ich bis zum Schluss im Auto sitzenblieb. Hier der Link zum Text, auch mit Podcast.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Ich bin traurig.
    Ich liebe die Deutschstunde.
    Ich erinnere mich an ein Interview mit ihm , in dem er sagte: "Ich lese alles zuerst meiner Frau vor und frage sie: Kannst du es sehen, kannst du es vor dir sehen? Und wenn sie sagt Ja, ich kann es sehen!, dann bekommen es auch andere zu lesen."

  • Er war ein unglaublich warmherziger, freundlicher, völlig unprätentiöser Mensch, wenn man einmal von seiner Eigenart absieht, sich jeden Satz zu überlegen und - selbst beim Kaffeetrinken zu Hause - möglichst nur Druckreifes von sich zu geben. Das ist in einer geschwätzigen Welt des aufdringlichen,überlauten, meistens jedoch bedeutungslosen Geschwafels anfangs wohltuend, kann aber auch durchaus ein wenig anstrengend werden ...


    In den späten 90er Jahren lernte ich Siegfried Lenz kennen. Ich war zum Vorsitzenden des Elternbeirats der Schule gewählt worden, die meine Töchter besuchten. Zusammen mit dem rührigen Direktor hatten wir beschlossen, der Schule, die bis dahin lediglich so hieß wie der Ort, in dem sie stand, einen "richtigen" Namen zu verschaffen. Ich habe damals von Anfang an für "Siegfried-Lenz-Gymnasium" plädiert und folgerichtig den Kontakt zu Lenz aufgenommen. Das war nicht allzu schwer, denn zu der Zeit verbrachte er seine Sommer meistens in seinem weißen Bungalow (mit extra auf seinen Wunsch ausgebaggertem riesigen Fischteich mitten auf der Wiese) bei dem kleinen Örtchen Tetenhusen hier ganz in der Nähe.


    "Sie erwarten aber nicht, dass ich allzu bald ablebe", fragte mich Lenz schmunzelnd mit vorgeblichem Misstrauen, als ich - von ihm zum Kaffee eingeladen - mein Anliegen vorbrachte. Schließlich sei es eher üblich, Gebäude und Institutionen nach bereits Verblichenen zu benennen. Ich konnte ihn da beruhigen ...
    Mit der Namensgebung erklärte er sich einverstanden, nachdem er sich fast eine Stunde lang intensiv und immer wieder nachfragend mit dem Schulprogramm befasst hatte, das damals gerade von den Lehrern, Schülern und Eltern der Schule erarbeitet worden war. Die ausdrückliche Ausrichtung der Schule auf Kontakte ins Ausland, die Bewerbung um den Status als "Europaschule", all das schien Lenz gut zu gefallen.


    Natürlich hatte ich mein von vielfachem Lesen leicht angegriffenes Exemplar der "Deutschstunde" mitgebracht und bat ihn, dies zu signieren. Da steht jetzt über der Widmung und der Unterschrift in seiner typischen winzigen Schrift: "So muss ein Buch aussehen!"


    Leider hat sich dann die Mehrheit der Schulversammlung für einen anderen Namen entschieden. Die Schulleitung hat Siegfried Lenz darüber benachrichtigt. Ich habe diesen liebenswürdigen Menschen nie wiedergesehen. Alles sehr schade.


    Vor einiger Zeit habe ich Erich Maletzkes Versuch einer biografischen Annäherung an Lenz auf Büchereule.de besprochen. Den Link dazu hänge ich an.


    http://www.buechereule.de/wbb2/thread.php?threadid=68129