Preußler lässt "Neger" und "Negerlein" streichen

  • Gerade im Spiegel gelesen: Der Thienemann Verlag lässt "Kleine Hexe" überarbeiten und alle "Neger" und "Negerlein" streichen bzw. umbenennen.

    http://www.stern.de/kultur/bue…lassiker-1950169.html</a>


    Über das Thema denke ich auch immer wieder nach. Früher wurden solche Ausdrücke natürlich ständig verwendet, war ja auch ganz normal.
    Gerade habe ich das wieder in der "geheimen Autorbiografie von Mark Twain" erlebt. Da wurden diese Ausdrücke belassen, sie gehörten zur damaligen Zeit,
    die ja in dem Fall originalgetreu wiedergegeben werden soll.


    Ich habe das immer zum Anlass genommen, meiner Tochter zu erklären, warum das nicht okay war und ist und dass sich die Zeiten und Ausdrücke heute zum Glück geändert haben.


    Ist es nun richtig oder falsch, diese Formulierungen aus den Büchern zu entfernen bzw. umzuschreiben?
    Sind es nicht sprachliche Zeitzeugen, die eben auch verdeutlichen, was sich bis heute geändert hat?


    Auf der anderen Seite sollte man vielleicht insbesondere Kinder gleich mit dem richtigen Ausdruck aufwachsen lassen...


    "Der Duden schreibt dazu:
    Neger - Person von [sehr] dunkler Hautfarbe
    Besonderer Hinweis
    Die Bezeichnung Neger
    gilt im öffentlichen Sprachgebrauch als stark diskriminierend und wird
    deshalb meist vermieden. Als alternative Bezeichnungen fungieren Farbige[r] sowie Schwarze[r], wobei die Bezeichnung Schwarze[r]
    z. B. in Berichten über Südafrika vermehrt anzutreffen ist, wohl um
    eindeutiger auf die schwarze Bevölkerung (im Gegensatz zu den Indern
    etc.) Bezug nehmen zu können. In Deutschland lebende Menschen dunkler
    Hautfarbe haben die Ausweichbezeichnung Afrodeutsche[r] vorgeschlagen. Diese setzt sich immer mehr durch."

  • "Neger" ist zwar heutzutage ein Schimpfwort, dennoch würde ich deswegen nicht sämtliche alten Bücher, in denen das Wort vorkommt, ändern (lassen). Insbesondere bei "Tom Sawyer" und "Huck Finn" gehört es einfach dazu. Eben weil man in der damaligen Zeit so sprach.


    Ich habe beim Entrümpeln des Dachbodens meiner Oma unlängst ein altes Kinderbuch namens "Zehn kleine Negerlein" gefunden. Der Titel und der Inhalt brachten mich zum Schmunzeln, mehr aber auch nicht. Meine Kinder fanden es ebenfalls nicht anstößig...

  • Preußler lebt noch. Es ist anzunehmen, dass er dazu sein okay gegeben hat. Dann muss man nicht weiter diskutieren. Bei Astrid Lindgren, wo das schon einige Jahre zuvor gemacht wurde, war eine Rücksprache nicht möglich.


    Andererseits: Erwachsene können reflektieren und einen Zeitbezug herstellen. Kinder können das in den meisten Fällen noch nicht. Insofern liegt schon eine Berechtigung darin, in Kinderbüchern Veränderungen dieser Art vorzunehmen. Das ist auch ein Stück in der Richtung gearbeitet, bewusster mit Sprache umzugehen. Wenn man sieht und hört, dass Kegelklubs und Seniorenausflugsgesellschaften heute noch "Lustig ist das Zigeunerleben" grölen und steif und fest behaupten, das sei ein gutes altes Volkslied, dann kann man sich nur wünschen, das kommende Generationen etwas bewusster mit Sprache und mit anderen Menschen umgehen. Ich würde gerne mal einen Sinti oder Roma fragen, wie er sich fühlt, wenn er dieses Lied hört. Oder das von Lenau, das Hannes Wader in seinem Repertoire hat. Letzteres ist weniger derb und enthält sich grober Zuweisungen (Zigeuner als Dieb - 6. Strophe), fokussiert auch eher auf die Sinnfrage des Lebens - trotzdem bleibt auch dabei hängen, das "Zigeuner" faul und träge sind.


    Ja, ich glaube, solche Änderungen in Kinderbüchern finde ich gut. Eine generelle Zensur lehne ich aber ab. Bereits mit Jugendbüchern sollte man so etwas nicht mehr tun.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • 10 kleine blonde kinderlein - und schon bleibt einem das schmunzeln - wenn es denn überhaupt dazu kommt, bei dem schwachsinns zeilen - im hals stecken, finde ich.


    als sprachzeugen der zeit im storykontext, also z. b. bei tom sawyer etc. sehe ich keinen überarbeitungsbedarf. kleine hexe oder pippi langstrumpf u. a. - da sehr wohl. denn heute würden weder preußler noch lindgren diese begriffe für ihre geschichten verwenden, nehme ich jedenfalls stark an. der wandel der zeit hat sie überholt. ebenso wie sie unbewusst zu verwenden.


  • Ich habe beim Entrümpeln des Dachbodens meiner Oma unlängst ein altes Kinderbuch namens "Zehn kleine Negerlein" gefunden. Der Titel und der Inhalt brachten mich zum Schmunzeln, mehr aber auch nicht. Meine Kinder fanden es ebenfalls nicht anstößig...


    Natürlich finden Kinder das nicht anstößig. Sie können sich vermutlich noch nicht einmal vorstellen, dass sich andere dadurch verletzt fühlen könnten. Ebene jene heute noch lebenden 'Negerlein' …

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Wieder mal eine meiner Lieblingsdiskussionen. Früher nannte man Neger politisch korrekt Neger, und sie fühlten sich nicht diskriminiert (anders als bei "Nigger", was ganz gezielt und ausschließlich zum Zwecke der Diskriminierung eingesetzt wurde), plötzlich fand jemand (wahrscheinlich nicht einmal ein Neger, sondern irgendein politisch pseudokorrekter, unterbeschäftigter Korinthenkacker), daß Neger sich dadurch gefälligst beleidigt zu fühlen haben, und schon war eine muntere Diskussion im Gange.
    Ich persönlich werde in diesem Leben niemals jemanden, der nicht schwarz ist, schwarz nennen, empfinde aber durchaus ehrliches Mitgefühl mit Menschen, die in Ermangelung gesunder Sehkraft oder geistiger Kapazität beispielsweise mich als weiß bezeichnen, selbst wenn ich gerade einen zweiwöchigem Strandurlaub hinter mir habe und meine Haut mit der genannten Farbe ungefähr so viel gemein hat wie eine Stachelbeerstrauch mit einem Tetraeder. Ebenso wenig werde ich mir je ein Ticket für den Sinti-und-Roma-Baron besorgen oder in einer Pommesbude ein Mobile-ethnische-Minderheiten-Schnitzel bestellen. Warum? Wenn ich es je darauf anlegen sollte, mich in aller Öffentlichkeit zum Vollobst zu machen, werde ich einen subtileren Weg finden - das bin ich denjenigen schuldig, die bei Verstand sind.
    Ich werde die weitere Entwicklung schmunzelnd als Zuschauer im Auge behalten. Spätestens wenn der erste Opa den Begriff Opa als diskriminierend empfindet und seiner notorischen Langeweile durch eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof kurzfristig Einhalt zu gebieten versucht, wird eine hübsch anzusehende Lawine ins Rollen kommen, in der dann die Blinden - analog zu den ehemals Tauben und jetzigen Gehörlosen - zu Gesehlosen (oder heißt es politisch korrekt Gesichtslosen?) und die Stummen zu Gesprächlosen, Sprachlosen oder gar Sprechlosen werden und die kulturell hochgeschätzte Diseuse den Weg aller Masseusen und Friseusen geht und zur Diseurin verstümmelt wird. Ich freu mich drauf.
    Nur am Rande: Es ist durchaus möglich, simple Begriffe wie Opa, Radfahrer, Türke, Deutscher oder Hausmeister in einem beleidigenden Kontext oder sogar als offene Beleidigung zu benutzen - aber damit das klappt, sind immer zwei Kombattanten notwendig: Sender und Empfänger. Soll heißen: Wer mich "weiß" nennt hat nichts zu befürchten; vielleicht schenke ich ihm sogar als Trost für sein Gebrechen einen Negerkuß.

    41jWqsh7W2L._SY264_BO1,204,203,200_QL40_ML2_.jpg

    kaelo.de

    2 % aller Menschen besitzen einen IQ >130, die restlichen 98 % nicht. Das erklärt meine Skepsis gegenüber Mehrheitsmeinungen. (Kaelo)

  • ( Duden: ) In Deutschland lebende Menschen dunkler
    Hautfarbe haben die Ausweichbezeichnung Afrodeutsche[r] vorgeschlagen.


    Dann wird also aus Jim Knopf demnächst ein kleiner afrodeutscher Junge? Ich habe schon Hörnchen bekommen, als Michael Ende aus seinen Chinesen Mandalesen und aus Li-Sis Schlitzaugen Mandelauchen machte, nur weil es plötzlich aus PC Gründen nicht mehr opportun war, mit den bestehenden naiven Klischees von fremden Völkern (hier: Chinesen) zu spielen ...


    Zitat

    "Ein Baby!" riefen alle überrascht, "ein schwarzes Baby!"
    "Das dürfte ein kleiner Neger sein", bemerkte Herr Ärmel und machte ein sehr gescheites Gesicht.


    Jeder Versuch, das PC zu machen, macht diesen feinen Dialog kaputt!


    Aus Astrid Lindgrens "Negerkönig" einen "Südseeherrscher" zu machen, wie es Oettinger getan hat, finde ich übrigens ebenso lächerlich. Astrid Lindgren spielt ja geradezu mit den Vorurteilen der Leser - um sie dann im dritten Pippi-Buch sehr positiv zu enttäuschen. Solche Nuancen gehen durch die sprachlichen Vergewaltigungen der der Originale kaputt.


    Für mich ist das nicht eine Modernisierung, sondern eine Verschandelung und Vergewaltigung der Originale, die jedem mit einem bisschen Sprachgefühl eigentlich auf die Barrikaden treiben müsste! (EDIT: Kaelo, du sprichst mir aus der Seele!)

  • Zitat Christian:

    Zitat

    Für mich ist das nicht eine Modernisierung, sondern eine Verschandelung
    und Vergewaltigung der Originale, die jedem mit einem bisschen
    Sprachgefühl eigentlich auf die Barrikaden treiben müsste! (EDIT: Kaelo,
    du sprichst mir aus der Seele!)

    Mir auch! :)

  • Manuela, Christian F. Kaelo:
    Glückwunsch und Freude darüber, dass ihr es in dieser politisch korrekten Welt wagt, euch zu outen. :klatsch Und ich beiße nicht in eine Wurst mit Roma- und- Sinti -Soße. :nein1
    Wie war das noch mit dem Jägerschnitzel und der Kinderwurst? Alles Kannibalen. Oder? :evil

  • … Und ich beiße nicht in eine Wurst mit Roma- und- Sinti -Soße. :nein1
    Wie war das noch mit dem Jägerschnitzel und der Kinderwurst? Alles Kannibalen. Oder? :evil


    Vielleicht anders als bei "Neger" war der Begriff »Zigeuner« immer negativ belastet. Liebe Bettina, geh einfach mal zu den Betroffenen hin. Sing einem Roma oder einem Sinti das lustige Zigeunerleben vor und lade sie zu speziellem Schnitzelessen ein. Schau dann nach, ob da Betroffenheit herrscht oder nicht.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Ich finde das gut.
    Meine jüngste Tochter liebt die kleine Hexe, bisher habe ich beim Vorlesen Afrikaner aus den Negern gemacht. Mit dem Lesen lernen jetzt kommt eine Erklärung auf mich zu, die ich allerdings auch für wichtig und angebracht finde. Ein Kind sollte wissen, dass das Wort früher ohne Wertung verwendet wurde, dass es sich heute aber um ein Schimpfwort handelt, bzw. dass man damit Menschen wehtun kann.
    Das kann ungewollt passieren, wenn Kinder das Wort durchs Vorlesen als etwas ganz normales wahrnehmen und nachplappern.
    "Guck mal da, ein Neger!" - und schon wird deine Familie im schlechtesten Fall zu Rassisten, tritt aber in jedem Fall jemandem ungewollt auf die Füße - am ehesten einem anderen Kind, dass dann zu Hause sitzt und traurig ist, weil es Neger genannt wurde. Unnötig.
    Im Alter, in dem man Huck Finn liest, ist das Verständnis größer. Die kleine Hexe aber ist Literatur fürs Kindergartenalter, da kann man mit Erklärungen noch nicht viel reißen, da bleibt vieles hängen, vieles aber auch nicht. (Und ich vermute mal, dass die spannenden Abenteuer der hexe eher hängenbleiben als eine dazugereimte Erklärung, warum die Hexe "Neger" sagt, man selbst das aber bitteschön nicht tun sollte.) Daher finde ich es wirklich sinnvoll, diesen Stolperstein herauszunehmen.


    Und nein, ich kenne keinen Schwarzen, egal welcher Herkunft, der Neger nicht schlimm findet, keinen einzigen von ziemlich vielen.

    Einmal editiert, zuletzt von Mulle ()

  • …Ein Kind sollte wissen, dass das Wort früher ohne Wertung verwendet wurde, dass es sich heute aber um ein Schimpfwort handelt, bzw. dass man damit Menschen wehtun kann.….


    Wann ist früher? Und ab wann gilt heute?


    Mein etymologisches Wörterbuch (Pfeifer) weiß zu diesem Begriff:


    Zitat


    Neger m. 'Mensch mit dunkler Hautfarbe', entlehnt (Ende 17. Jh., vorher Negres, Negren Plur., Anfang 17. Jh.) aus gleichbed. mfrz. frz. négre, das einerseits auf gleichbed. span. port. negro, einer abschätzigen Bezeichnung für die als Sklaven gehandelten Eingeborenen Afrikas, beruht; zu lat. niger 'schwarz'. Zuvor begegnet (Ende 16. Jh.) auch im Dt. Negro als direkte Entlehnung aus dem Span. oder Port., das neben Mohr und schwarze Leute tritt.


    Unterstreichung ist von mir.


    Allen, die vermeintlich mutig für die neutrale Bezeichnung Neger eintreten, sei geraten, sich etwas intensiver mit diesem Begriff zu beschäftigen. Das dieser Begriff schon vom Ursprung her etwas abwertendes hatte, lässt sich leicht herausfinden. In Deutschland ist der Begriff "Neger" spätestens seit dem 1000jährigen Reich negativ belastet. Hitler verließ 1936 das Olympiastadion in München, weil ein »Neger« gewonnen hatte. Rechtsradikale Kreise benutzen diese Begriff heute noch abwertend. Daneben möchte ich mich nicht stellen.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Horst-Dieter, ich bin soweit bei dir.
    Aber ich gehe *schwer* davon aus, dass weder Astrid Lindgren noch Ottfried Preußler das Wort mit dieser Wertung verstanden haben, als sie es schrieben.
    Allerdings wird das ganze Zeitdenken damals ein anderes gewesen sein. Meine Uroma hat auch Neger gesagt, ohne es böse zu meinen oder jemanden damit beleidigen zu wollen. Es war allerdings für sie auch keine Bezeichnung für einen gleichwertigen Menschen.

  • "When we let freedom ring, when we let it
    ring from every village and every hamlet, from every state and every
    city, we will be able to speed up that day when all of God's children,
    black men and white men, Jews and Gentiles, Protestants and
    Catholics, will be able to join hands and sing in the words of the old
    Negro
    spiritual, "Free at last! Free at last! Thank God almighty, we are
    free at last"!"


    Martin Luther King in seiner berühmten Rede "I have a dream"
    Wie sollen wir nun Negro übersetzen?



  • Horst-Dieter, ich bin soweit bei dir.
    Aber ich gehe *schwer* davon aus, dass weder Astrid Lindgren noch Ottfried Preußler das Wort mit dieser Wertung verstanden haben, als sie es schrieben.
    Allerdings wird das ganze Zeitdenken damals ein anderes gewesen sein. Meine Uroma hat auch Neger gesagt, ohne es böse zu meinen oder jemanden damit beleidigen zu wollen. Es war allerdings für sie auch keine Bezeichnung für einen gleichwertigen Menschen.


    Das "Zeitdenken" war kein anderes, auch wenn diverse Omas und Opas das nie bös gemeint hatten. Hinter dieser Bezeichnung stand ein Rassedenken. Aus Gewöhnung wurde das hinüber transportiert bis weit in die 60er Jahre hinein. Deshalb konnten Preussler und Lindgren, die auch für mich jenseits der Verdächtigung liegen, diese Begriffe nutzen. Sie haben sich bestimmt auch nichts dabei gedacht.


    Das ist trotzdem kein Grund, jetzt so zu tun, als sei schon immer alles "normal" gewesen und wir regen uns nur künstlich auf. Den Begriff "Zigeuner" lehnen sämtliche nationalen und internationalen Vertretungsgremien der Roma ab, weil für sie eine lange Vertreibungs- und Verfolgungsgeschichte damit verbunden ist. Sie sehen darin eine Stigmatisierung.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann



  • Und mit diesem Zitat des unverdächtigen Martin Luther King ist jetzt alles in Butter? Und auch dein Zigeunerschnitzel gerechtfertigt?

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann



  • Das "Zeitdenken" war kein anderes, auch wenn diverse Omas und Opas das nie bös gemeint hatten. Hinter dieser Bezeichnung stand ein Rassedenken.

    Genau das sage ich doch.
    Natürlich stand ein Rassedenken dahinter, welches aber wohl kaum vergleichbar ist mit dem Rassedenken heute, weil die Umstände anders waren.

  • In literarischen Werken oder vielleicht auch in anderen Zeitdokumenten nachträglich Begriffe zu ändern ist Zensur, ohne wenn und aber. Ganz egal aus welch menschenfreundlicher Absicht das auch immer geschieht. Wenn in einem Text Neger steht, dann steht dort Neger.


    Was werden wir als nächstes machen? Wenn in einem Roman des 19. Jahrhunderts ein Krüppel auftritt, machen wir dann einen Gehbehinderten daraus? Werden wir demnächst die klassische Literatur unter Gender-Gesichtspunkten von geschlechterspezifischen Rollenbildern vereinigen?


    Wenn jemand Menschen mit afrikanischer Herkunft herbsetzen will, dann wird er das immer tun, ganz egal wie wir uns verrenken, und welche Begriffe wir verwenden wollen. Auf diese Weise wird dann eben "Schwarzer" oder "Farbiger" zum Schimpfwort. Das Ganze gerät dann sehr schnell zur Realsatire mit maximalpigmentierten Mitbürgern.

  • Wieder mal eine meiner Lieblingsdiskussionen. Früher nannte man Neger politisch korrekt Neger, und sie fühlten sich nicht diskriminiert (anders als bei "Nigger", was ganz gezielt und ausschließlich zum Zwecke der Diskriminierung eingesetzt wurde), plötzlich fand jemand (wahrscheinlich nicht einmal ein Neger, sondern irgendein politisch pseudokorrekter, unterbeschäftigter Korinthenkacker), daß Neger sich dadurch gefälligst beleidigt zu fühlen haben, und schon war eine muntere Diskussion im Gange.
    Ich persönlich werde in diesem Leben niemals jemanden, der nicht schwarz ist, schwarz nennen, empfinde aber durchaus ehrliches Mitgefühl mit Menschen, die in Ermangelung gesunder Sehkraft oder geistiger Kapazität beispielsweise mich als weiß bezeichnen, selbst wenn ich gerade einen zweiwöchigem Strandurlaub hinter mir habe und meine Haut mit der genannten Farbe ungefähr so viel gemein hat wie eine Stachelbeerstrauch mit einem Tetraeder. Ebenso wenig werde ich mir je ein Ticket für den Sinti-und-Roma-Baron besorgen oder in einer Pommesbude ein Mobile-ethnische-Minderheiten-Schnitzel bestellen. Warum? Wenn ich es je darauf anlegen sollte, mich in aller Öffentlichkeit zum Vollobst zu machen, werde ich einen subtileren Weg finden - das bin ich denjenigen schuldig, die bei Verstand sind.
    Ich werde die weitere Entwicklung schmunzelnd als Zuschauer im Auge behalten. Spätestens wenn der erste Opa den Begriff Opa als diskriminierend empfindet und seiner notorischen Langeweile durch eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof kurzfristig Einhalt zu gebieten versucht, wird eine hübsch anzusehende Lawine ins Rollen kommen, in der dann die Blinden - analog zu den ehemals Tauben und jetzigen Gehörlosen - zu Gesehlosen (oder heißt es politisch korrekt Gesichtslosen?) und die Stummen zu Gesprächlosen, Sprachlosen oder gar Sprechlosen werden und die kulturell hochgeschätzte Diseuse den Weg aller Masseusen und Friseusen geht und zur Diseurin verstümmelt wird. Ich freu mich drauf.
    Nur am Rande: Es ist durchaus möglich, simple Begriffe wie Opa, Radfahrer, Türke, Deutscher oder Hausmeister in einem beleidigenden Kontext oder sogar als offene Beleidigung zu benutzen - aber damit das klappt, sind immer zwei Kombattanten notwendig: Sender und Empfänger. Soll heißen: Wer mich "weiß" nennt hat nichts zu befürchten; vielleicht schenke ich ihm sogar als Trost für sein Gebrechen einen Negerkuß.


    Wenn jemand Menschen mit afrikanischer Herkunft herbsetzen will, dann wird er das immer tun, ganz egal wie wir uns verrenken, und welche Begriffe wir verwenden wollen. Auf diese Weise wird dann eben "Schwarzer" oder "Farbiger" zum Schimpfwort. Das Ganze gerät dann sehr schnell zur Realsatire mit maximalpigmentierten Mitbürgern.


    :dhoch
    und ich bin dennoch kein Rassist. Negro, neger, nigra (Porta Nigra) bedeutet schwarz. Wenn ich Schwarzafrikaner sage, verwende ich nur ein deutsches Wort für das lateinische nigra. Ich halte die Diskussion für absurd.