TA 13: H. P. Lovecraft - Das Ding auf der Schwelle

  • Verehrte FreundInnen des geschriebenen Entsetzens,


    nach einigen Wochen der Abstinenz wollen wir es noch einmal versuchen mit unserer Textanalyse.


    Dabei möchte ich ganz bewusst nicht von Wiederbelebung sprechen, denn das geht schon in Richtung Mund-zu-Mund-Beatmung, was mir gerade bei diesem Text und bei diesem Autor nicht so ganz recht wäre, denn in unserer Textanalyse befassen wir uns mit einem sehr einflussreichen Vertreter des Genres „Horror und Grusel“, mit H. P. Lovecraft.


    Und natürlich wollen wir uns neben dem angenehmen Gänsehautgrusel auch mit Erzähltechniken vertraut machen.


    Bei dem Text „Das Ding auf der Schwelle“, wir beziehen uns auf die angehängte Übersetzung, interessiert uns die Chronologie des Textes und die Erzählperspektive.


    1. Mit welchen chronologischen Mitteln baut Lovecraft Spannung auf?


    2. Welche Erzählperspektive wählt Lovecraft und ist sie konsequent?


    3. Welche sprachlichen Mittel setzt Lovecraft ein, um dem Leser den gewünschten Gruseleffekt zu bescheren?


    4. Wirken Lovecrafts Sprache und sprachliche Mittel auch heute noch stark genug, um ihre Wirkung – ein (wohliges) Gruseln – zu entfalten?


    Viel Vergnügen bei der Lektüre.


    Herzlichst


    Wolf P.

  • Hallo Wolf P.,


    toll, dass du noch einen Versuch machst, die TA wiederzubeleben. Ich nehme mir den Text vor, komme aber vermutlich erst zum Wochenende dazu


    herzliche Grüße


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Geht mir ähnlich. Mich reißt*s mit, juckt's in den Fingern, bringt meine Augen zum glänzen ... aber zeitlich sehe ich gerade kein Land. Mal sehen, ob ich am WE was hin bekomme.


    Liebe Grüße


    Skylla

  • habt ihr inzwischen den text gelesen? macht noch jemand mit? :lupe ich finde, es lohnt sich. danke für die auswahl :anbet

  • habt ihr inzwischen den text gelesen? macht noch jemand mit? :lupe ich finde, es lohnt sich. danke für die auswahl :anbet


    Ich mach auf jeden Fall mit. Text ist auch schon gelesen. Für die Antwort brauche ich noch etwas. Vielleicht heute Abend, spätestens aber in den nächsten zwei Tagen


    Horst-Dieter

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    Emanuel von Bodmann


  • 1. Mit welchen chronologischen Mitteln baut Lovecraft Spannung auf?


    Verehrte Anwesende,


    ich greife erst einmal diese erste Frage auf.


    Teil I des Textes liefert uns schon im ersten Satz das Ende der Geschichte.


    Es ist wahr, dass ich meinem besten Freund sechs Kugeln durch den Kopf gejagt habe, und dennoch hoffe ich mit dieser Aussage zu beweisen, dass nicht ich sein Mörder bin.


    Einerseits könnte man annehmen, dass eine solche Vorwegnahme die Spannung der Geschichte von vornherein zerstört. Lovecraft koppelt aber das Geständnis der Tötung gleich mit der Aussage, kein Mörder zu sein. Er verrät uns das Ende der Geschichte und tischt uns dafür ein Rätsel auf, dass uns erst recht dazu verleitet, die Geschichte zu lesen.

    Was im Weiteren des Teils I folgt, ist eine Reihe von Andeutungen, die Tat betreffend, und ein chronologisch erzählter Lebenslauf des Edward Derby bis zu dem Zeitpunkt, da sich das Leben Derbys deutlich verändert.


    Hier setzt Teil II des Textes ein, mit dem Zusammentreffen Derbys mit Asenath Waite. Er schildert - ebenfalls in chronologischer Reihenfolge - das Kennenlernen der beiden, ihre immer enger werdende Beziehung bis hin zur Hochzeit und der Gründung des gemeinsamen Haushaltes.


    Teil III des Textes schildert die weitere Entwicklung in der Beziehung und umfasst ca. die ersten drei Ehejahre. Die im ersten und zweiten Teil angedeuteten dunklen Geheimnisse beginnen Gestalt anzunehmen.


    Im Teil IV des Textes manifestiert sich Asenath Waites Einfluss auf Derby, ihre okkulten Praktiken lassen Derby fast den Verstand verlieren. Behauptungen, seine Frau sei in Wirklichkeit ihr eigener Vater, der seinen Geist nun in seinen Körper weitertragen wolle, lassen Derby schließlich in einem Irrenhaus landen.


    Der Teil V präsentiert uns schließlich das etwas anappetitliche Finale und den Beweis, dass der Ich-Erzähler seinen Freund Derby nicht ermordet hat.


    Zur Chronologie: Abgesehen von ein paar Rückblenden im Text bleibt Lovecraft bei einem chronologischen Erzählverlauf, allerdings mit der Einschränkung der Einleitung. Mit diesem Kunstgriff, das Ende der Geschichte mit einem Rätsel verknüpft an den Anfang der Geschichte zu stellen, baut der Lovecraft geschickt die Spannung auf, die und dazu verleitet den Text weiter zu lesen.


    Herzlichst


    Wolf P.

    "NOW is the happiest time of your life." Daevid Allen ( :gitarre )

  • ja, wolf, der erste satz ist der hammer. ich will sofort wissen, was da los war. fazit: es lohnt sich immer, viel schweiß und mühe in den ersten satz/abschnitt zu investieren *find*

  • ja, wolf, der erste satz ist der hammer. ich will sofort wissen, was da los war. fazit: es lohnt sich immer, viel schweiß und mühe in den ersten satz/abschnitt zu investieren *find*

    Da stimme ich dir sofort zu. Nach einem solchen Satz klemmst du dich hinter die Geschichte, weil du unbedingt mehr erfahren möchtest. Hier hat HPL wirklich alles richtig gemacht.

  • Ich versuch's mal. Korrigiert mich bitte, wenn ich falsch liege.


    Zitat

    2. Welche Erzählperspektive wählt Lovecraft und ist sie konsequent?


    M.E. handelt es sich um einen hauptsächlich auktorialen Ich-Erzähler. Der Erzähler erinnert sich vergangener Ereignisse, die sich um seinen besten Freund ranken und deren Zeuge er wurde. Anfänglich (Bis auf die Einleitung) als distanzierter Beobachter, gerät er in den Sog des Geschehens.
    Ereignisse, deren Zeuge er nicht selbst wurde, berichtet er vom Hörensagen. (Die Tochter einer Freundin der Ehefrau, Einwohner des Ortes, Dienstboten, Mitstudenten, etc.) Hier werden Indizien gesammelt, Zeugen kommen zu Wort, es wird so distanziert geschildert, dass sich fast schon der Eindruck einer Gerichtsakte ergibt.
    Zunmehmend erteilt er auch dem betroffenem Freund das Wort. In Form von Einschiebungen in wörtlicher Rede und vor allem durch den Abschiedsbrief des Freundes, der ihm an der Türschwelle übergeben wird. So wird der Freund in diesen Sequenzen zum personalen Ich-Erzähler, der ohne jede emotionale Distanz berichten und werten kann.
    Nun wird auch der Berichterstatter emotional mitgerissen und berichtet den Hergang mit steigender Leidenschaftschaftlichkeit und persönlicher Involviertheit, denn der Erzähler muss fürchten, eine Fortsetzung der Leiden seines Freundes am eigenen Leib zu erfahren. Am Anfang und zum Ende hin wechselt die Perspektive zum personalen Ich-Erzähler, die hiermit dem Text einen Rahmen verleihen. Dieser Kunstgriff erweckt den Eindruck eines ewigen Kreislaufs, der Unvergänglichkeit des Bösen, das sich auf ewig fortzusetzen droht und aus dem es kein Entrinnen gibt.



    Liebe Grüße


    Skylla

    2 Mal editiert, zuletzt von Skylla ()

  • So wird der Freund in diesen Sequenzen zum personalen Ich-Erzähler, der ohne jede emotionale Distanz berichten und werten kann.


    Genau, Skylla,


    durch diesen Kunstgriff kann Lovecraft seine Erzählperspektive einhalten und dennoch verlassen. Briefe, Tagebuchberichte und vergleichbare Einschübe bieten dem Autor also durchaus Möglichkeiten, die Erzählperspektive zu durchbrechen. Und wie du so schön darstellst, kann ich somit auch das Tempo des Erzählflusses regulieren und Spannungsbögen justieren.


    Nur kurz zur Sprache: Ich finde, dass gerade der Sprachduktus des ausgehenden 19. Jahrhunderts bzw. beginnenden 20. Jahrhunderts stimmungsvoll zu dem Genre passt. Natürlich kann man gruselige Szenarien auch in moderneren Kontexten schildern, oft verschwimmt allerdings der Gruseleffekt bzw. wird durch bloße Schockeffekte (splatter) ersetzt.


    Lovecraft erzeugt die Gänsehaut nicht durch Schockeffekte, indem er ekelige Sachen schildert wie zerfetzte Leichen oder ähnliches. Selbst bei der Schilderung des Dings auf der Schwelle ist er relativ dezent.


    Der Horror und das Gruseln werden erzeugt durch Aufbau einer diffusen, rätselhaften Bedrohung, die sich dem aufgeklärten Geist entzieht. Je konkreter die Vorstellung dessen wird, was mit Derby passiert, umso größer wird das wohlige Unbehagen beim Leser.


    Herzlichst


    Wolf P.

    "NOW is the happiest time of your life." Daevid Allen ( :gitarre )

  • Da ich erst nach der Sommerpause dazu gestoßen bin, gebe ich mal in diesem Forum meinen Einstand.
    Mich hat die letzte Frage am meisten interessiert, da ich aus freien Stücken eigentlich nicht nach Büchern dieses Genres greife.
    Auf Seite 13 aber hat mich die Geschichte gepackt, trotz "altertümlicher" Erzählweise. Es lag zumeist am Aufbau und daran, wie und wann Erzählstränge abgebrochen,"Minicliffhanger" eingearbeitet wurden, die mich immer neugierig hielten. Die Frage nach der Aktualität ist eine sehr spannende. Fesselnd finde ich persönlich das Thema Seelenwanderung
    Meine Töchter oder meine Schülerinnen würden ggf. schneller abbrechen, wenn sie nicht zeitnah Eingang fänden in die Story, obwohl sie viel und nicht nur Comics lesen. ( Im Unterricht gibt es ja schon den "Schimmelreiter" in einer "vereinfachten Form". Aber auch dazu habe ich ambivalente Gefühle. )
    das solls erst einmal gewesen sein, herzliche grüße, dorit

  • :dhoch

    Teil I des Textes liefert uns schon im ersten Satz das Ende der Geschichte.


    Oh großer Meister des Kobaïanisch, ich wage es. Ja, nachdem auch ich nunmehr den Text (nach längerer Zeit mal wieder) gelesen habe, wage ich es tatsächlich, dir zu widersprechen :D


    Zu Frage 1:
    Der erste Satz liefert meiner Ansicht nach nur scheinbar das Ende der Geschichte.
    1. Es handelt sich hier nicht um einen Whodunnit, sondern um den Bericht über finstere okkulte Praktiken und wie sie einen, zwei(mit Upton) Menschen zerstören. Somit ist eigentlich nicht der "Mord" das Ziel der Handlung, sondern nur der äußere Höhepunkt, der letzte Plotpoint. Scheinbar.


    2. Denn Lovecraft, der alte Schlingel, lässt das Ende eigentlich sogar offen. Jawohl, der arme Derby in der Irrenanstalt ist hin. Ist er das? Überdauert nicht der Geist des alten Ephraim solche Unpässlichkeiten auf dem Wege zum nächsten Körper? Wird jener Leib mit den sechs Luftlöchern in der Stirn nun verbrannt, obwohl ja kaum jemand dem 'irren' Geschwätz des Mörders Upton glauben schenken wird (wobei es ja objektive beunruhigende Indizien gibt)? Was geschieht mit Upton? Wird er gehenkt, rehabilitiert, bricht aus und bringt es zu Ende? Ganz ehrlich, der liebe Lovecraft baut Spannung auf, dass ich von meinem gemütlichen Lesesessel aufspringen, mir Fackel und Mistgabel schnappen und mit dem Rest der Dorfgemeinschaft dafür sorgen möchte, dass jener unnennbare Schrecken fürderhin für immer aus der unsrigen Welt verbannt sei! :evil


    Davon mal abgesehen würde ich euch nicht widersprechen, dass L. mit Hilfe des Eingangssatzes genial die Spannung in Gang setzt. Oft lebt Spannung davon, dass sich der Leser fragt (fragen soll): was wird noch geschehen? Hier ist es so, dass sich der Leser fragt: Wie kam es dazu? Eine absolut gleichwertige Spannungsmethode! Wobei - gemäß dem, was ich eben über das offene Ende gesagt habe - die Geschichte eigentlich nur mit einem Zwischenergebnis endet und Lovecraft seine Leser mit ihren dunklen Ahnungen und Befürchtungen am Kaminfeuer zurücklässt :dhoch


    Zu Frage 2 möchte ich eigentlich nur zustimmen. Lovecraft hält knallhart die Perspektive Uptons durch, wobei er - absolut beeindruckend - die Distanz zwischen seinem Berichterstatter und den Ereignissen immer weiter verkürzt, bis man... Schweißausbrüche bekommt :klatsch


    Soviel in Kürze. Werde mich demnächst den anderen Fragen zuwenden.

  • 3. Welche sprachlichen Mittel setzt Lovecraft ein, um dem Leser den gewünschten Gruseleffekt zu bescheren?


    4. Wirken Lovecrafts Sprache und sprachliche Mittel auch heute noch stark genug, um ihre Wirkung – ein (wohliges) Gruseln – zu entfalten?


    Zu 3.
    Ich kenne ja Einiges vom lieben Lovecraft (Der Flüsterer im Dunkeln, Necronomicon, Der Cthulhu-Zyklus usw.). Dabei fallen bei ihm immer wieder gewisse Stilelemente auf:


    Lovecraft setzt regelmäßig darauf, dass seine Helden sich mit verbotener Literatur beschäftigen, das Buch Necronomicon des verrückten Arabers Abdul Alhazred taucht zB immer wieder auf. Also ein Gruseleffekt durch bewusste Grenzüberschreitung, die Beschäftigung mit Dingen, von denen jeder 'vernünftige' Mensch die Finger lässt. Dies erzeugt Spannung dadurch, dass man erwartet, dass der Held die Quittung für sein Handeln erhalten muss. Die Frage lautet dann: welche Quittung? Wie reitet er sich ins Unglück? Vorzüglich gesteigert duch eine Unterbrechung des linear erscheinenden Untergangs Derbys, als er sich von Asenath 'trennt', so dass der ihm freundlich geneigte Leser wider Willen Hoffnung schöpft, es könne vielleicht sogar ein Happy End geben. Ein gegen sein Schicksal ankämpfender tragischer Held erzeugt darüber hinaus bestimmt auch eine Menge Sympathie. Sicherlich ein ganz probates Mittel in der Phantastik.


    Die Wirkung dieser verbotenen Künste steigert Lovecraft durch den Einsatz fremdartiger Namen und Wörter oder auch durch kultisch klingende Formulierungen, die bedrohlich auf den Leser wirken, vor allem, wenn jemand wie Derby sie halb wahnsinnig vor sich hinstammelt (also ihnen auch eine gefährliche Wirkung unterstellt werden kann): Shaggothen! Die sechstausend Stufen hinab. Das Ding mit der Kapuze blökte: Kamog! Kamog! Shub-Niggurrath. Die Ziege mit den tausend Jungen.


    Weiterhin setzt Lovecraft gerne Dinge und Orte ein, die der natürlichen Ordnung widersprechen: Er beschreibt Orte und Gebäude, gerne auch gigantischen Ausmaßes, welche irgendwie schief und außerhalb der natürlichen Raumordnung zu stehen scheinen. In dem 'Ding auf der Schwelle' sind es Gegenstände, die irgendwie eigentlich nicht sein können.


    Solche Namen, Orte, auch Riten und ähnliches kommen aus einer finsteren Vergangenheit oder außerhalb von Raum und Zeit, quasi aus dem Dunklen, aus einem Bereich, an dem man nicht rühren sollte. Häufig kann das auch fürchterlich stinken - üble Gerüche verwendet Lovecraft gerne: schreibe mit allen Sinnen! Die Wirkung ist ähnlich, wie bei dem anfangs Gesagten: man erwartet für den Helden, dass eine 'Strafe' für sein frevlerisches Tun erfolgt. Häufig sind speziell die Orte aber tot und leer und still - so dass man beim Lesen auch noch Verlassenheit und die Angst, nicht mehr zurückkehren zu können, spüren kann. Im vorliegenden Text verwendet Lovecraft etwas Ähnliches, indem Derby tagelang in der Dachkammer eingesperrt wird. Allerdings erzielt das hier bei mir nicht so eine große Wirkung, weil man dabei nicht allzu dicht an Derby dran ist, schließlich wird die Geschichte aus Uptons Sicht erzählt.


    Schließlich muss man auch noch konstatieren, dass Lovecraft den sichtbaren Schrecken sehr dosiert einsetzt. In der Phantastik macht man das ganz gerne, dass man lange offen lässt, ob wirklich eine außer-/übernatürliche Erscheinung vorliegt oder ob das alles nur in der Phantasie des Erzählers passiert. Hier auch: Ist Derby nur verrückt? Ist da wirlich ein anderer in seinem Körper bei dieser langen Heimfahrt im Auto etc? So richtig offensichtlich wird der Schrecken ja nur, als das Ding auf der Schwelle ist und selbst da geht Lovecraft zwar ins Detail - aber er schwelgt nicht allzulange in irgendwelchen Einzelheiten. Ich finde, er neigt eher dazu, um den eigentlichen Schrecken herumzuschleichen und seine Auswirkungen zu beschreiben, anstatt ihn selbst. Dazu garniert er die Empfindungen und Geschehnissse gerne mit Adjektiven, sowas wie namenloser Schrecken und unnennbares Grauen oder so ähnlich. Als er den verwandelten (von Ephraim übernommenen) Derby im Irrenhaus trifft, sagt er: Doch ich fühlte, dass etwas Schreckliches, etwas unerklärlich Falsches, und Abnormes vor sich ging. Dieses Wesen verursachte einen Ekel, den ich nicht begriff. Alles sehr allgemeine Beschreibungen, bei denen man Lovecraft das altbekannte Show, don't tell zurufen möchte. Aber gerade, weil er sich ja mit dem namenlosen, dem unsagbaren Grauen beschäftigt, passt es bei ihm, oder? Seine damals sicherlich im Gegensatz zu heute religiösere Leserschaft packt er dann außerdem mit Garnierungen wie 'Ort äußerster Blasphemie' oder 'den unheiligen Schacht'.


    Zu deiner 4. Frage:
    Jein mit einer Tendenz zum Nein. Es ist immer noch klasse Literatur und es macht Spaß, sie zu lesen. Spannung kann man auch immer noch empfinden, denn die hierfür eingesetzten Mittel halte ich für zeitlos. Jedoch Grusel? Ich glaube, Lovecrafts Gruselelemente sind mehr auf seine damalige Zuhörerschaft abgestimmt. Auf die meisten heutigen Leser, Visualjunkies des Fernsehzeitalters, müssten solche allgemeinen Beschreibungen des Grauens eher flach wirken, weshalb wir ja in der Literatur auch immer mehr in die Details gehen (müssen). Außerdem wirken speziell die religiösen Kontrapunkte (Blasphemie, unheilig usw.) zumindest in unserer westlichen Gesellschaft wohl nicht mehr so stark wie früher.
    So jedenfalls sehe ich das. Wenn andere nach dieser Story auf ihrer Gänsehaut Parmesan reiben können: Gut für euch :evil


    Gruselige Grüße
    Achim

  • Auf die meisten heutigen Leser, Visualjunkies des Fernsehzeitalters, müssten solche allgemeinen Beschreibungen des Grauens eher flach wirken, weshalb wir ja in der Literatur auch immer mehr in die Details gehen (müssen). Außerdem wirken speziell die religiösen Kontrapunkte (Blasphemie, unheilig usw.) zumindest in unserer westlichen Gesellschaft wohl nicht mehr so stark wie früher.

    Ich weiß zwar nicht mehr, wie es bei dieser Geschichte war, aber bei anderen Lovecraft-Stories habe ich durchaus eine Gänsehaut bekommen. Allen voran bei "Die Farbe aus dem All", die ich auch heute noch für ein Meisterwerk halte.

  • Ich weiß zwar nicht mehr, wie es bei dieser Geschichte war, aber bei anderen Lovecraft-Stories habe ich durchaus eine Gänsehaut bekommen. Allen voran bei "Die Farbe aus dem All", die ich auch heute noch für ein Meisterwerk halte.


    Gut für dich. Ich weiß auch gar nicht, ob diese letzte Frage nach der Wirkung so allgemeingültig beantwortet werden kann. Insofern revidiere ich meine Aussage dahingehend, dass das so für mich gilt. Andere Meinungen her!