Agenten finden

  • Zitat

    Original von AchimW
    Ich habe auch noch eine Nachfrage zu Toms Exkurs:


    Gehe ich richtig in der Annahme, dass die Zusammenarbeit mit Lektoren in seriösen Verlagen bzw. mit seriösen Agenten üblicherweise keinerlei Urheberrechtsprobleme hervorrufen?
    Ich lese ab und zu, dass Lektoren/Agenten doch recht intensiv in den Text einsteigen und auch Vorschläge bezüglich Handlung usw. machen. Das klang für mich manchmal doch so, als ob sie den Text ein Stück weit mitgestalten.


    Liebe Grüße
    Achim


    Was ist denn deiner Meinung nach die Aufgabe eines Lektors?

  • ... da ich noch nie mit einem live zu tun hatte, kann ich jetzt aus der Fülle meiner Fantasie schöpfen :baby:
    Der Lektor hat meinen Text von allen Unbillen der Rechtschreibung zu reinigen...


    nein, im Ernst:


    Ich gehe davon aus, dass er vor allem den Text druckreif kriegen soll, d.h. natürlich Rechtschreibung, aber auch schwache Ausdrücke, Wortwiederholungen, Adjektivitis und wofür man sonst noch regelmäßig ein gesundes Brett vor dem Kopf entwickelt, jedenfalls bezüglich der eigenen Elegien.


    Ich habe aber schon in den Danksagungen Lobpreisungen von Lektoren gelesen, die klangen, als hätten die die andere Hälfte des Romans geschrieben. Im Zusammenhang mit der Urheberrechtsdiskussion weiter oben, kam daher für mich diese Frage auf.


    Liebe Grüße
    Achim


  • Darüber lässt sich jetzt trefflich spekulieren, ich kann leider nicht in die Köpfe jener Autoren hineinsehen. Ich meine jedenfalls solche Sprüchlein wie:
    "Ich danke meinem Lektor Harry Pingelig vom Hurtzverlag, der mich mit seinen kritischen und kompetenten Ratschlägen begleitet hat. Ohne Harry würde diese Geschichte nicht dastehen, wie sie ist."


    Und angesichts der Urheberfrage kam ich da ins Grübeln, ob Harry Pingelig nicht mehr gemacht hat, als Kommafehler zu punktieren. :bahnhof

  • Zitat

    Original von AchimW


    Und angesichts der Urheberfrage kam ich da ins Grübeln, ob Harry Pingelig nicht mehr gemacht hat, als Kommafehler zu punktieren. :bahnhof


    Ein guter Lektor/eine gute Lektorin macht mehr als nur Rechtschreibfehlerkontrolle. Sie weist den Autor auch auf Stilbrüche, auf Logikfehler hin, versucht ihn auf dramaturgische Mängel hinzuweisen und diskutiert mit ihm möglicherweise auch dies und jenes inhaltlich. Aber letztendlich schreiben muss der Autor selber - auch gewünschte/empfohlene Anpassungen. Das Problem das Lektor/Lektorin allerdings nicht aus dem Auge verlieren darf, dass er/sie nicht versucht, das Buch selbst zu schreiben.


    Ein Beispiel, wo das Lektorat seine Aufgabe nicht erfüllt hat, findest du hier. Da gibt es erhebliche Logikfehler im Roman, die einer aufmerksamen Lektorin hätten auffallen müssen.


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Original von AchimW
    Der Lektor hat meinen Text von allen Unbillen der Rechtschreibung zu reinigen...


    nein, im Ernst:


    Ich gehe davon aus, dass er vor allem den Text druckreif kriegen soll


    Hallo Achim,


    ein Beispiel: über die Zusammenarbeit von Autor und Lektor - wie sie ablaufen kann, nicht muss.


    Gruß,
    Petra

  • Zitat

    Original von AchimW
    Danke Petra, hört sich interessant an. Ich habs mir mal auf meinen Amazonwunschzettel gepackt.
    Meine Güte, seit ich hier im Forum bin, wird der auch immer länger.


    Liebe Grüße
    Achim


    Einfach zwischendurch immer wieder mal löschen ;)

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    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Original von AchimW
    Ich habe auch noch eine Nachfrage zu Toms Exkurs:


    Gehe ich richtig in der Annahme, dass die Zusammenarbeit mit Lektoren in seriösen Verlagen bzw. mit seriösen Agenten üblicherweise keinerlei Urheberrechtsprobleme hervorrufen?
    Ich lese ab und zu, dass Lektoren/Agenten doch recht intensiv in den Text einsteigen und auch Vorschläge bezüglich Handlung usw. machen. Das klang für mich manchmal doch so, als ob sie den Text ein Stück weit mitgestalten.


    Kommt wahrscheinlich sehr auf den Verlag an. Bei Kleinverlagen kann es Dir passieren, dass das Lektorat bloß ein Korrektorat ist oder es gar nichts gibt. Da habe ich es - besonders bei Kurzgeschichten für Anthologien - schon mehrfach erlebt, dass die Texte wie sie waren gedruckt wurden. Und das nicht, weil alle perfekt und fehlerfrei :rofl waren, sondern weil keiner Korrektur gelesen hat oder gar lektoriert hat.


    Oder es sitzt da jemand, der eigene Vorstellungen der deutschen Rechtschreibung hat oder sonstwie am Text rumpfuscht. Und damit auch alles missachtet wird, dem Autor nicht mal die Druckfahne zukommen lässt. Merkt man das im Vorfeld, sollte man seinen Text zurückziehen und die Finger von dem Verlag lassen.


    Meine Lektoratserfahrungen bei CORA sind dagegen absolut himmlisch. Zuerstmal sind dort alle so lieb und hilfsbereit, der Umgangston ist so freundlich, dabei aber immer absolut professionell. Und es ist immer meine Geschichte, was die Lektorin an Vorschlägen macht, bespricht sie mit mir, wenn sie etwas streicht oder strafft, dann weil ich an der Stelle mal wieder zu ausschweifend beschrieben habe und es besser ist, da was einzukürzen. Ebenso bekomme ich Hinweise, wo ich was verlängern muss.


    Es ist auch hinterher immer absolut meine Geschichte, nur eben viel besser, als ich sie alleine jemals schreiben könnte. Und darüber freue ich mich und bin meiner Lektorin sehr dankbar,auch, weil ich durch das Lektorat enorm viel lerne. Korrektorat macht bei CORA aber jemand anderes, da ist ein extra Korrekturleser für zuständig. Daher haben die CORAs ja auch so gut wie keine Tippfehler, weil halt immer mehrere Fachleute an einem Roman dran sind.


    Bei el!es bekam ich für Liebe in Schottland eine externe Lektorin zugeteilt, mit der es ebenfalls prima lief. Sie hat inhaltlich nichts verändert, mir nur gesagt, wo ich besser verlängern sollte, da die Beschreibungen da zu mager ausfielen. Gebügelt, wenn was holprig war und meine Tippfehler beseitigt. Das war auch eine schöne Zusammenarbeit.

  • Zitat

    Ein guter Lektor/eine gute Lektorin macht mehr als nur Rechtschreibfehlerkontrolle.


    Obwohl ich der Meinung bin, einen sehr guten Lektor zu haben, frage ich mich seit meiner ersten Romanveröffentlichung, was einen guten Lektor eigentlich ausmacht. Letztlich bin ich zu der (vorläufigen) Meinung gekommen, dass ein guter Lektor einem Autor drastische Veränderungen abtrotzt und ihm dennoch das Gefühl gibt, es wäre seine eigene Idee gewesen. ;)


    Ein Lektor korrigiert nicht in der Hauptsache, das machen nämlich Korrektoren. Lektorat ist Arbeit am Text. In erster Linie sind das üblicherweise Streichungen; nach meinen Erfahrungen besteht die Arbeit eines Lektors zu über 70 Prozent hieraus. Der Rest setzt sich aus Umstellungen, Formulierungs- und Änderungsvorschlägen zusammen. Lektoren sollten nicht eigenständig am Text arbeiten; "gute" Lektoren tun das auch nicht, zumal das einen urheberrechtlichen Konflikt nach sich ziehen könnte und würde. Lektoren schlagen vor, die Dramaturgie, Abläufe und ähnliches zu verändern, aber sie tun das nicht selbst. Die Hoheit über den Text hat alleine der Autor. Deshalb verbindet mein Lektor zumeist jeden gravierenden Vorschlag mit der Anmerkung: "Es ist Dein Text (den wir gekauft haben); das sind alles nur Vorschläge." Normalerweise sind das vernünftige Vorschläge, weshalb man sie dann auch umsetzt. Und natürlich ist seine Machtposition nicht gerade klein, schließlich schlägt ein Lektor auch Titel für das Programm vor. Ein Autor, der sich überarbeitungsresistent zeigt, wird nach einem mittelmäßig laufenden Buch auch daran gemessen, wie er sich in dieser Hinsicht gegeben hat, wenn es darum geht, einen weiteren Titel mit ihm zu machen.


    Es gibt aber auch andere Fälle. Eine befreundete Autorin hatte jüngst mit einem Lektor zu tun, der sehr eigenwillig Veränderungen vornahm und dieser Autorin - die redlich Erfahrungen hatte - das Gefühl zu geben versuchte, doch recht ahnungslos und naiv an die ganze Angelegenheit zu gehen, was definitiv nicht stimmte. Er versuchte dieserart, sich in den Vordergrund zu drängen und dem Text seinen Stempel aufzudrücken. Das gipfelte darin, dass der Titel beinahe nicht erschienen wäre. Erst Interventionen von vielen Seiten und nicht zuletzt dezente Kreidefresserei der Autorin führten dazu, dass sich die Wogen glätteten und das Buch erscheinen konnte. Dabei ging es nicht einmal um prägnante Veränderungen, sondern offenbar um Eitelkeiten. Möglicherweise gab/gibt es auch leicht misogyne Züge bei diesem Lektor. Menschen gehen sehr unterschiedlich mit Macht um.


    Will sagen: Man kann es nicht verallgemeinern. Aber ein guter Lektor macht aus einem guten Text gemeinsam mit dem Autor einen sehr guten, mit dem alle Seiten zufrieden sind. Ob das gelingen kann, hängt auch davon ab, wie selbstkritisch ein Autor ist. Wer jedes seiner Worte für in Text gegossene Genialität hält, wird hier nur abkacken können. Aber es gibt auch Autoren, die sich dem grundsätzlich verweigern. Ich kenne einen, der in die Verträge aufnehmen lässt, dass es kein Lektorat geben wird. Der Mann ist allerdings nahezu brillant, nur die Enden seiner Romane sind immer totaler Murks. Da er sich trotzdem verkauft, hat sich der Verlag mit seinen Mätzchen abgefunden. Aber er könnte sich vermutlich noch weit besser verkaufen.

  • Eine gute Lektorin gibt vor allem Sicherheit. Denn Lektoren kennen sich aus, wissen, was vermutlich gut ankommen wird. Wenn man weiß, der Lektorin gefällt es, gibt das ein zuversichtliches Gefühl. Denn sie ist ja die Erste, die den Roman liest. Erst dann wird er auf die Leserschaft losgelassen.

  • Zitat

    Original von Maren
    Bei Kleinverlagen kann es Dir passieren, dass das Lektorat bloß ein Korrektorat ist oder es gar nichts gibt. Da habe ich es - besonders bei Kurzgeschichten für Anthologien - schon mehrfach erlebt, dass die Texte wie sie waren gedruckt wurden. Und das nicht, weil alle perfekt und fehlerfrei :rofl waren, sondern weil keiner Korrektur gelesen hat oder gar lektoriert hat.


    Hallo Maren,


    bei Anthos ist das die Regel, das kenne ich gar nicht anders. Die letzten Rechtschreibfehler und Wortwiederholungen entdecke ich dann, wenn ich voller Stolz meinen Beitrag im Buch lese :bonk
    Du scheinst ja mit dem Cora-Verlag echt einen Glücksgriff getan zu haben, auch wenn man andere Beiträge von dir liest.


    Liebe Grüße
    Achim

  • Zitat

    Original von AchimW
    s Grübeln, ob Harry Pingelig nicht mehr gemacht hat, als Kommafehler zu punktieren. :bahnhof


    Er wird mit Sicherheit mehr gemacht haben, als den Punkt auf den Punkt zu bringen.
    Ein guter Lektor ist vor allem eines: Menschenkenner.
    Leider ist es so, dass viele Autoren um den Punkt herumschwadronieren. Seitenlang. Oder: Sie denken, sie haben den Punkt auf den es ankommt beschrieben. Haben sie aber nicht.


    und hier kommt der Lektor ins Spiel.
    Ein guter Lektor kann sich innerhalb von zwei Sätzen in ein "Machwerk" von was-weiß-ich-wie-vielen-Seiten eines Autors einfühlen und genau diese Schwachpunkte herauspicken.
    Zu diesem Zeitpunkt kommt weder die Fähigkeit sich grammatikalisch korrekt auszudrücken oder Kommata an der richtigen Position zu setzen zum Vorschein. Als Erstes kommt hier das psychologisches Geschick zum tragen. Nicht mehr und nicht weniger. Alles andere..., kommt irgendwann.


    Und das Beste an der Sache: Ein guter Lektor ist in der Lage seinen Autor nicht mal merken zu lassen, dass sein Werk "lektoriert" wurde.


    lg
    scribbler