Vielseitige Hommage an die E-Gitarre
Das Konzept von Regisseur Davis Guggenheim klingt einfach: Bringe drei Gitarristen aus drei Generationen zusammen, lasse sie über Musik plaudern und zusammen spielen. Freilich tut Guggenheim weit mehr als das: Er gräbt tief in Film- und Fotoarchiven, folgt ihnen dorthin, wo sie ihre ersten Saiten spannten, auf den Gebäudesims, der vor Jahrzehnten die Bühne ihrer Schülerband bildete und zu den Schauplätzen, wo sie einst berühmte Lieder schrieben.
Die drei Gitarristen, das sind Jimmy Page (*1944, u.a. The Yardbirds, Led Zeppelin), The Edge (*1961, U2) und Jack White (*1975, u.a. White-Stripes und The Raconteurs). Guggenheim lässt Page erzählen von den Studios, in denen Page alles vom Goldfinger-Thema bis zum Aufzugs-Sound spielte, in die Dielenvilla, in der Led Zeppelin „When the levee breaks“ aufnahmen und den angestaubten Salon, wo er mit Robert Plant „Stairway to Heaven“ komponierte. Page, der auch als Koproduzent fungiert, hat die Rolle des entspannten Weißhaarigen, der unvergleichlich dynamisch zwischen subtilen Tönen und brachialen Riffs wechselt, zielsicher nach exquisiten Platten im Regal greift und immer noch das verschmitzte Lächeln des kleinen Jungen trägt, der gerade seinen ersten Akkord gelernt hat. The Edge ist der Soundtüftler, der mit diversen Effektgeräten ein simples Riff sphärisch klingen lässt, aber noch genau weiß, wo der Klebezettel hing, der ihn zu U2 gebracht hat; und überhaupt mehr auf dem Kasten hat, als es das Klischee, zu dem seine Band verkommen ist, vermuten lässt. Der jüngste, Jack White, erzählt, wie er anfangs gegen alle Trends darum gekämpft habe, das Ursprüngliche, Echte wieder aus dem Instrument zu holen. Bezeichnenderweise beginnt der Film damit, wie White eine Saite über einen Holzbalken und eine Colaflasche spannt, sie an einen Verstärker anschließt und anschließend dem Instrument ein gänsehauterzeugendes Klanggewitter entlockt. Überhaupt ist Jack White die Entdeckung dieser Dokumentation. Zwar mag er musikalisch weit rückwärtsgewandt sein, aber was er an Bluesperlen hervorkramt, adaptiert, verändert und die musikalische Bandbreite, die die Konzertausschnitte demonstrieren, das ist aller Ehren wert. Erzählt er vom ewigen Kampf mit dem Material, der eigenen Unzulänglichkeit, ohne den nichts neues entstehen könne, klingt es authentisch.
Wenn man diese drei dann zusammen spielen lässt, kommt mitunter fabelhaftes heraus. Wie von allein findet jeder seinen Part wie in „In My Time Of Dying“ (Led Zeppelin); sie nicken sich am Ende zu, und jeder weiß: Da war er, jener markdurchschüttelnde Kick, der sie zu dem macht, was sie sind: Musiker.
„It might get loud“ ist akustisch wie visuell eine vielschichtige, abwechslungsreiche Hommage an die E-Gitarre, die wie kein anderes Instrument die Rockmusik geprägt hat. Der Soundtrack entschädigt für tausend schlechte Bands, die man im Radio oder in Clubs so ertragen muss.