Ist das jetzt ein Kalender oder ein Buch? Und wenn es kein Buch ist, also ein Kalender, darf ich es dann hier überhaupt rezensieren? Ach das ist doch so was von scheißegal! Das ist ein Kalender und ein Buch! Und gut ist das Ding auch noch.
Seit einigen Wochen schon liegt dieser Kalender 2007 also bei mir. Im Internet bestellt, war er, versandkostenfrei, zwei Tage später bei mir. So muss das sein. Nun ist es ja so, dass ich keinen Kalender brauche, denn es gibt ja Outlook und Palms und noch tausend andere elektronische Kalender, die man prima im Zug vergessen kann, nachdem man sie vorher schnell noch mit Outlook synchronisiert hat, damit der, der sie findet, auch wirklich die aktuellsten Adressen und Notizen von einem hat: Mausi anrufen, wieder mal richtig vögeln! Aber Helga nix erzählen..
Also, als Kalender kann man diesen Kalender natürlich auch benutzen, und wie. Aber genauso gut kann man drin schmökern, denn in diesem Kalender findet sich jede Menge Lesestoff. Das beginnt mit den 12 Siegertexten des Putlitzer Preises 2006. Und einige dieser Geschichten sind richtig gut.
Und dann kommen Interviews, Features und Berichte aus der Welt des Schreibens, die die Lektüre dieses Kalenders zu einem Genuss machen.
Da steht z.B. ein wirklich schöner Beitrag von Tom Liehr, der erzählt, dass ihm Lesungen aus Büchern im allgemeinen und aus seinen Büchern im besonderen anfangs eigentlich gar keinen Spaß gemacht haben. Aber er berichtet auch, dass aus anfänglicher Abneigung und Nervosität bei eigenen Auftritten durch Übung (vor dem Spiegel!), Praxis und Zuhören bei Lesungen anderer für ihn inzwischen fast schon eine Passion draus geworden ist.
Horst Dieter Radke hat zwei besonders gelungene Beiträge verfasst. Einmal stellt er kenntnisreich Software vor, die (angehende) Schriftsteller beim Schreiben unterstützt. Und dann zeigt er, dass Schreiben harte Arbeit ist, aber das sagt er nicht einfach so, das weist er anhand einer Fülle von Zitaten aus einem Roman von Agatha Christie nach. Exquisit!
Iris Kammerer und Beate Paul zeigen, dass Autoren unter Lektoren durchaus leiden können, sich dieses Leiden durch Professionalität und ein dickes Fell aber begrenzen lässt. Ja, und dann gibt es in diesem Text das wirklich schöne Beispiel eines Mannes, der von Zensoren, Impresarios und Produzenten (würde man heute sagen) mehr erdulden musste, als wahrscheinlich jeder andere Künstler der Geschichte: nämlich Giuseppe Verdi. Der hat nämlich für die Pariser Oper einen Don Carlos nach Schiller komponiert, und den musste er so oft umarbeiten, dass bis zum heutigen Tag keiner so genau weiß, welche Version eigentlich die richtige ist.
Eine Fülle von Informationen, Internet-Links, Adressen und Telefonnummern von Agenturen, Stipendiengebern und Institutionen, die Literaturpreise vergeben, runden den Kalender sinnvoll ab.
Ich kann jedem nur empfehlen: Bestellen, auspacken, loslesen, genießen, was reinschreiben, wieder genießen und sich ein ganzes Jahr und länger davon begleiten lassen!
ASIN/ISBN: 3932522079 |