Selbstgespräch über einen Literaturpreis

  • Na du machst mir ja Mut... ;)


    Mal schauen, ob ich deine Beobachtungen im kommenden Januar nachvollziehen kann. Aus dem letzten Jahr kenne ich nur den Livestream des Förderpreises und das bestätigt in etwa dein Urteil (Der erste Eindruck kann natürlich auch täuschen.). Man möchte es irgendwie dennoch nicht wahrhaben...


    Aber selbst, wenn auch der Preis für die Altersgruppe 15-35 nur der Aufhübschung des Lebenslaufes dienlich ist (Eine Mogelpackung lebt ja davon, dass sie zumindest oberflächlich attraktiv ist.), wäre ich für meinen Teil schon damit zufrieden.

    Grundsätzlich bin ich ja gegen Oberflächlichkeit und das Schreiben nur für Geld, aber gerade in meinem Alter (Achtung, Klischee!) nimmt man als Nachwuchsautor, was man kriegt... :renn

  • Hallo, Sophie.


    Auch wenn die Veranstaltung selbst etwas, äh, eigentümlich ist, kann ich nicht über die anderen Juroren und ihre Vorarbeit urteilen, und ich habe mir das Video des Förderpreises nicht angeschaut. Es geht mir auch in erster Linie darum, dass die Gruppe allen Ernstes und mit großem Selbstbewusstsein diesen fast größenwahnsinnigen Anspruch hat, den sie aber - natürlich - nicht umzusetzen in der Lage ist. Abseits hiervon ist es, wie Wolfgang Tischer auch in seinem Teaser schreibt, ein Geschehen, auf das man so oder so stolz sein kann, wenn man aus hunderten oder sogar über tausend Beiträgen von wem auch immer in ein Finale gewählt wird. Wie sich das Finale selbst dann darstellt - nu (wie der Sachse sagen würde). :achsel


    Ich drücke die Daumen! Fürs Hinschaffen, fürs Überstehen, fürs Entspanntbleiben. :)

  • Hallo Tom,


    um Dich zu zitieren:


    „Wäre es dann nicht das Erste, dass man die Veranstalter mit der Kritik konfrontiert?

    Der Autor: Das habe ich getan. (Schmunzelt.)


    Und …?

    Hat man Dein Mikro abgedreht und stattdessen eine zusätzliche musikalische Untermalung dargeboten? Gab es Rücktritte wegen plötzlicher Selbsterkenntnis? Peinlich berührtes Schweigen? Hat man‘s empört oder wenigstens pikiert von sich gewiesen? Weggelacht? Zur Ordnung gerufen? Renitenz unterstellt? Eine andere Formulierung vorgeschlagen?

  • Hab das Selbst-Interview sehr gerne gelesen und wäre furchbar gerne mit dir zusammen dort gewesen, Tom, was hätten wir Spaß gehabt! Allein, mein eingesandter Text war nicht gut genug ... pffft! :schmoll (Ich fühle mich wie Paul Celan, ehrlich! :schmoll:schmoll)


    Sophie: Ein Preis ist ein Preis ist ein Preis, großen Respekt dafür von mir :dhoch :clown

  • Hey, Jo.


    Ja, wir hätten eine Menge Spaß gehabt - danke für die Blümchen. ;) Und: Du bist Paul Celan, ehrlich.


    Sophie: Ein Preis ist ein Preis ist ein Preis, großen Respekt dafür von mir

    Dem stimme ich zu, und vielleicht liege ich mit meiner Einschätzung und Wahrnehmung ja auch völlig daneben. Aber in so eine Endrunde aus xundneunzig Bewerbern zu kommen, das ist in jedem Fall eine sehr bemerkenswerte Leistung, ohne jede Frage.

  • Sophie: Ein Preis ist ein Preis ist ein Preis, großen Respekt dafür von mir :dhoch :clown

    Dem stimme ich zu, und vielleicht liege ich mit meiner Einschätzung und Wahrnehmung ja auch völlig daneben. Aber in so eine Endrunde aus xundneunzig Bewerbern zu kommen, das ist in jedem Fall eine sehr bemerkenswerte Leistung, ohne jede Frage.

    Dankeschön.

    Mir ist ja auch klar, dass jeder eine andere Wahrnehmung hat und auch haben darf. Gerade deshalb bin ich ziemlich gespannt auf Januar - es kann ja auch sein, dass es beim Förderpreis weitere Unterschiede zur "normalen" Version gibt. Von einer Textkritik nach der eigentlichen Lesung habe ich da beispielsweise noch nichts gehört. Ich lasse das einfach mal auf mich zukommen, und naja, in jedem Fall gibt es einen Platz in der Wettbewerbsanthologie und das kann ich mir wenigstens ins Regal stellen. ;)

  • Und: Du bist Paul Celan, ehrlich.


    :verleg3 Nein, hüstel, ich fürchte, hier liegt eine Verwechslung vor :verleg3


    Zwecks der echten Gruppe 47 habe ich mir gestern übrigens diese ziemlich aufschlussreiche, kleine Doku reingepfiffen. Schon krass (grass), wie die mit dem Celan umgesprungen sind. Und gesoffen wie die Löcher müssen die auch haben. Gab's in Rösrath wenigstens ordenlich Stoff? :)

  • Das ist trotzdem eine spannende, informative und sehr unterhaltsame Doku, Jo, obwohl sie sich ab der Mitte für meinen Geschmack etwas zu sehr mit der im Nachgang/nach dem Ende der Gruppe formulierten öffentlichen Kritik befasst. Sehr schön, wie der Fall Celan ("... der Tod ist ein Meister aus Deutschland ...") gezeigt wird, der ja immer als der Beweis für die Sinnlosigkeit des Anspruchs der Gruppe gesehen wurde, während es einen solchen Anspruch eigentlich nicht gab, und einzelne Irrtümer in jedem Universum möglich sind. Davon abgesehen geht und ging und wird es immer nur um Eitelkeiten gehen, in jeder Hinsicht.


    Ich hatte mich mit der Gruppe 47 vor dem Juni diesen Jahres wenig befasst, und mindestens dafür, mit diesem besonderen Ereignis der deutschen Nachkriegsliteratur auf diese Weise konfrontiert worden zu sein, muss ich der inoffiziellen Nachfolgerin dankbar sein. ;) Dass zum Beispiel Reich-Ranicki seine Karriere als Kritiker, überhaupt die Basis seines literaturkritischen Ansatzes ebenfalls der Gruppe verdankt, wusste ich schlicht nicht.

  • Ranicki erzählt selbst, dass er erst wenige Monate vor seiner Einladung zur Gruppe 47 von Polen nach Deutschland zurückgekehrt ist und hier total unbekannt war. Nur Siegfried Lenz hat sich wohl an ein früheres Interview mit ihm erinnert und ihn dann empfohlen. Vetterleswirtschaft wie bei der CDU, geht gar nicht ;)


    Ja, da ham wir wahrscheinlich was verpasst, mit unserer Gnade der späten Geburt. Zum Glück gibt es da die Nachfolger in Rösrath, wa? :saint:

  • Die Nachfolger sitzen garantiert nicht in Rösrath. Als eine "Art von Nachfolge" kann der Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt gesehen werden. Er ist inspiriert von der Gruppe 47 und auch die Art und Weise der öffentlichen Diskussion über die Beiträge zeigt die deutliche Verwandschaft. Das Teilnehmer "eingeladen" werden und nicht sich bewerben müssen (noch dazu mit einem Geldbetrag) unterstreicht diese Verwandschaft zusätzlich.


    Mir gefällt die Bachmann-Preis-Veranstaltung nicht, aber ich halte sie für seriös und sehe auch einen "würdigen" Nachfolger der Gruppe 47 darin. Selbsternannte 48er kommen nicht mal in die Nähe des 47er Geruchs. Das eine einzelne Autorin ein willkürliches Statement zu den Texten abgeben soll, das hätte sämtlichen 47er damals den Magen umgedreht.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Stimmt, die 48er sind nicht die Nachfolger, sondern sogar die Weiterentwicklung ;)


    Scherz, du hast natürlich recht, HD. Der Bachmann-Preis ist wohl eher der Nachfolger der 47er, und jetzt direkt was Schlechtes kann ich an der Veranstaltung nicht finden. Ich hab mir am Samstag auch mal auszugsweise ein paar Leserunden plus Juryurteile angeguckt, gibt es ja gerade an der 3sat-Mediatheke, und das ist ganz interessant.


  • Scherz, du hast natürlich recht, HD. Der Bachmann-Preis ist wohl eher der Nachfolger der 47er, und jetzt direkt was Schlechtes kann ich an der Veranstaltung nicht finden. Ich hab mir am Samstag auch mal auszugsweise ein paar Leserunden plus Juryurteile angeguckt, gibt es ja gerade an der 3sat-Mediatheke, und das ist ganz interessant.

    Nein, etwas Schlechtes gibt es daran nicht. Mir persönlich gefällt das "Elitäre" nicht, aber das hätte mir auch bei den 47ern gestunken. Ist eben eine persönliche Macke von mir. Die Veranstaltung an sich (Bachmann-Preis) ist ansonsten ganz in Ordnung und das sie in aller Öffentlichkeit stattfindet noch das Schmankerl dabei.

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  • Das Elitäre sowohl der "Tage der deutschsprachigen Literatur", wie die Veranstaltung rund um die Verleihung des Bachmann-Preises heißt, als auch der legendären Gruppe 47 korreliert(e) wenigstens mit ihrem Output, was man von den selbsternannten Nachfolgern kaum sagen kann. Auch wenn die Gruppe 47 fast diktatorisch beherrscht und männerdominiert war, auch wenn sie politisch etwas, äh, uneindeutig agierte und im Umgang mit den Künstlern kaum das gezeigt hat, was man heute "Achtsamkeit" nennt, sprechen doch ihr Ausstoß und ihre Wirkung auf die deutsche Literatur der Jahre nach WW2 und auf die deutsche Literaturkritik insgesamt eine klare Sprache, und ähnliches gilt für den Bachmannpreis, der ebenfalls nicht unumstritten ist, aber schlicht und ohne Konkurrenz das Maß aller Dinge markiert, wenn es um eine werthaltige Momentaufnahme der jüngeren Literaturszene geht. Özdogan, den ich im Text erwähne und der vor zwei Jahren in Rösrath war, hat auch in Klagenfurt gelesen, 2016 oder 2017 war das.


    Ich find's ja eigentlich in Ordnung (oder sogar weit mehr als das), keine Angst vor Hochstapelei zu haben, sich mutig und ungeniert auch große Vorbilder zu wählen und den Versuch zu unternehmen, sie sogar in den Schatten zu stellen. Aber ... 8)