Hurra, sie lesen wieder!

  • Ich war gestern in Berlins noblem Applestore am Kudamm. Für eine Stunde tauchte ich in eine Parallelwelt ein. Alt, Jung, Gr0ß, Klein, Reich (arm wohl weniger) hockte auf für mein Alter unbequemen Hockstühlen übers iPhone, iPad, Macbook gebeugt und machte da irgendwas, es könnte lesen gewesen sein. Das brachte mich auf die Idee, dass dieser Raum eigentlich eine moderne Form der alten Buchhandlung sei. Bei Thalia oder Hugendubel sitzt man allerdings bequemer, aber auch da hocken überall lesende Leute. Was ist der Unterschied zwischen einem Buch und einem Smartphone oder Tablet? Und ist es verwerflicher einen elektronischen Text zu lesen als ein Buch? Nun mag es sein, dass bei Apple nicht alle hochliterarische Texte lesen, sondern Sachthemen, Comics, Videos, Informationen allerart eben. Aber auch das gibt es in gedruckter Form. Wo also liegt der Unterschied? Warum verurteilt man oft schnell und leichtfertig, wenn Kinder ihr Smartphone bedienen? Mein Enkel, gerade 13 geworden, hat sich ein erstaunliches Wissen angeeignet und kennt sich in der aktuellen Politik besser aus als mancher Erwachsene. Auch hält er mir lange Vorträge über Transsexualität und sieht die Problematik positiv, aber durchaus kritisch. Er erklärt mir das Insektensterben und den Untergang Roms. Nur mal als Beispiel. Ich finde das gut und könnte sagen "Hurra. Sie lesen wieder!"

  • Ich bin mir da nicht so sicher, dass die Leute im Applestore, die auf Monitore, Tablets und Smartphones starren, wirklich lesen. Also Bücher oder Texte.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Es erscheinen ja immerhin zuweilen Buchstaben und Zeichen. Die kann man lesen. Einer Frau schaute ich über die Schulter, sie las mails oder FB Einträge. Sind auch Texte.


    Die Haltung dabei ist eine andere, zumal die Mails und SMS heute von Abkürzungen und Symbolen leben.

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  • Mit den Studenten/vor allem innen habe ich an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf (habe da 17 Jahre gelehrt, erst Medienpädagogik, dann Kommunikationswissenschaften) eins begriffen: dass jede Generation entsprechend der technischen Veränderungen anders zum Lesen kommt (also wenn denn). Ich war froh als überhaupt mit dem ausreichenden Essen, alias Grauensuppe bedrucktes Papier und vor allem das Radio (Radio Beromünster) auftauchte; später kamen Kinder über die Hörkassetten zum Buch, heute sind die Wege noch komplexer. Was nicht heißt, dass nicht die meisten Kinder es lieben, wenn ihnen vorgelesen wird, was dann auch immer noch prägt bzw. wie die Erwachsenen mit den Medien umgehen. Über die Tablets und die Bildchen dort angeregt, gehen Jugendliche ins Kino, über Handys gelangen sie zu Comics, Büchern, aber sie benutzen das alles anders.


    @Liebe Bettina, gell bequeme Stühle haben etwas für sich!!!

  • Wenn jemand auf elektronischen Geräten Bücher oder Zeitschriften liest, dann bewerte ich das nicht anders, als wenn Bücher oder Printmedien gelesen werden. Aber das Lesen von Mails und SMS ist etwas anderes. Das ist Kommunikation. Nach wie vor glaube ich nicht, dass sich Menschen in den Apple Store setzen, um zu lesen. An Computern jeder Art werden auch andere Sachen gemacht. Mir kommt das ein wenig nebulös vor, aus dieser oberflächlichen Beobachtung etwas herausdeuten zu wollen.

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  • Horst-Dieter - was hältst du von einem ausgiebigen Besuch im Apple Store? Schon allein der Hocker wegen! Nebenbei könntest du deine kritischen Blicke über die Monitore schweifen lassen!


    maryanne


    Maryanne, ich habe schon mehr Apple-Stores gesehen, als Du Dir vermutlich vorstellst. Nach meinem Eindruck spielen die Besucher mit dem Betriebssystem herum, Nerds prüfen die Programmierumgebung, andere surfen im Internet und einige Lesen. Ähnlich ist das bei den Smartphonenutzern in öffentlichen Verkehrsmitteln oder überhaupt in der Öffentlichkeit. Ich sehe immer wieder einzelne, die still auf das Display starren und gelegentlich mit dem Daumen drauftippen, vermutlich zum umblättern. Mehr jedoch scrollen hin und her oder tippen mit ein bis zwei Daumen Mails, SMS oder Chats ein, wohingegen man die Nutzer von E-Book-Readern in den meisten Fällen tatsächlich das Lesen zusprechen kann.

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  • Huch, da ist sie wieder, die kleine dumme Frau, die sich die Vielfalt der Welt nicht vorstellen kann. Das ist ein Eigentor, Horst-Dieter. :evil


    Zuvor war es der kleine dumme Mann, der noch nie solch einen Laden von innen gesehen hat.


    Liebe Bettina, das plakative Aufrufen von Vorurteilen nützt niemandem etwas.

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  • Ich möchte mal einen ganz anderen Aspekt des Internetlesens ansprechen: die Orthographie.


    Mein Sohn liest tatsächlich weit mehr im Netz als in Büchern, und auch er informiert sich dort durchaus zu Sachthemen (neben vielem Unsinn, den er natürlich genauso surft).


    ABER: Ins Netz kann jeder alles stellen, und vor allem: Er/sie kann das schreiben, was er/sie für richtige Orthographie hält :).


    Bücher werden dagegen meistens korrigiert und vermitteln damit sozusagen "nebenher" auch die richtige Rechtschreibung.


    Ich finde es natürlich gut, wenn Kinder überhaupt lesen, ganz generell, wenn Menschen überhaupt lesen. Aber als Lektüre finde ich das Internet zumindest für Kinder orthographisch betrachtet ziemlich problematisch. Auch deshalb versuche ich, meinen Sohn gelegentlich mal zu dem einen oder anderen Buch zu überreden. Meist mit mäßigem Erfolg. Und daran ändert leider auch unsere Vorbildfunktion hier im Haus nicht viel.

  • Liebe Anja, das sehe ich genauso. Die Orthographie ist meistens kein Vorbild. Die Schulen legen auch keinen besonderen Wert mehr darauf. Dann gehen wir zurück ins Barock, wo es keine verbindlichen Regeln gab. Zurück in die Zukunft! :(