Nie wieder Majonäse!

  • Das Faszinierende am ß ist ja, dass für uns Schriftdeutschen es als ein ganz "normaler" Buchstabe erscheint, obwohl es bis heute unklar ist, wie er entstanden ist. Er scheint ja eine Erfindung der Drucker gewesen zu sein (die auch die Großschreibung der Substantive erfunden haben). Mit der Großschreibung wird das ß endlich volljährig und gleichberechtigtes Mitglied unseres Alfabets.

    ASIN/ISBN: 395494104X


    "schönheit ist das versprechen, daß das werden kann, was wir uns wünschen." (Ronald M. Schernikau: Die Tage in L.)

  • Ganz so unklar ist die Entstehung des ß nicht.
    Schon die Kopisten vor Erfindung des Buchdrucks verwendeten Ligaturen, um Platz, Tinte und Papier resp. Pergament zu sparen. Das Zeug war teuer.
    ß ist eine Verschmelzung von s (in den Fraktur- und anderen Handschriften, zum Beispiel in der karolingischen Minuskel, noch wie das kleine f geschrieben, nur ohne Querstrich) und folgendem z. Die Buchdrucker haben später nur das nachgeschnitzt, was die Schreiber früherer Jahre aufs Pergament gemalt haben.

  • Jürgen: Im lateinischen Alphabet, das dem deutschen zugrundeliegt, sind die Umlaute nicht enthalten, stimmt, denn im Lateinischen gibt's ja auch keine Umlaute. Im deutschen Alphabet sind sie jedoch enthalten, dem Z folgend, und ganz am Ende steht das ß. Wenn Kinder das Alphabet lernen, lernen sie zuerst das lateinische, das mit dem Z endet, und danach die deutsche Ergänzung.

  • Kaelo: Deine vermutlich gut begründbare Frankophobie in allen Ehren, aber auch Du gerietest möglicherweise in Erklärungsnot, solltest Du einem Weitablinksrheinischen verständlich zu machen versuchen, warum man heute Häute abzieht, aber nicht häute Heute oder heute Heute oder gar häute Häute. Klar, es geht um den Wortstamm "Haut", aber warum unterschiedlich verwendet wird, was doch gleich klingt, erklärt das nicht. Und der Plural von Haut könnte ja genauso gut Haute lauten.

  • Klar, es geht um den Wortstamm "Haut", aber warum unterschiedlich verwendet wird, was doch gleich klingt, erklärt das nicht.


    Leider berücksichtigt die neue RS solche etymologischen Vorgaben nicht mehr bzw. nicht immer. Kommt belämmert etwa von Lamm? Keineswegs. In Holland lesen wir im Bus, es ist verboten, den Fahrer zu "belämmeren" - huch! und schon hat mich mich das Autokorrekturprogramm verbessert! Noch mal: es heißt belemmeren, was so viel bedeutet wie belästigen. Ob die Holländer das jetzt auch mit ä schreiben? Bestimmt nicht, sie sind doch nicht belemmert.

  • Kommt belämmert etwa von Lamm? Keineswegs. …


    Ein Blick in Grimm's Wörterbuch zeigt, dass dein "Keineswegs" gar nichgt so fest steht.Zwar stimmt es, dass belemmern mit "e" statt "ä" geschrieben wurde, aber der ursprüngliche Bezug zum Schaf scheint doch gegeben (siehe "behammeln"). Das abgekupferte Zitat aus der Wikipedia scheint mir da etwas zu kurz zu greifen.


    Diese altbackene Kritik, dass die neue Rechtschreibung zu wenig auf Etymologie setzt, finde ich auch belämmert (und meinetwegen auch belemmert).

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Im Urlaub habe ich auf dem Trödel den Sprachbrockhaus von 1935 ergattert und stelle fest: Während im Duden 1934 nur die französische Schreibung geführt wird, steht hier das erste Mal (?) "Majonäse". Dies wirft ein neues Licht auf die Sache: Die Majonäse-Schreibung geht also nicht zurück auf die Rechtschreibreform der 90er Jahre, sondern auf eine der "Reformen" der Nazizeit (Maßnahme der "Entwelschung", dem Verbannen und Zurückdrängen einiger französischer Lehnwörter. Bei den bekannten "Perron" und "Trottoir" war das ja wohl auch erfolgreich. Diese lautgerechte Schreibweise mit "ä" und einem "n" richtete sich also nicht danach, wie die Schreiber wirklich schrieben, sondern war eine polititsche Setzung und Regulierung von oben. Dabei stellt sich die Frage, ob in den späteren Dudenauflagen diese Schreibweise bis heute nur mitgeschleppt wurde oder ob sie die wirkliche Rechtschreibung in der Öffentlichkeit abbildet. Dafür müsste man mal in die Zeitungsarchive gucken. Wer hat Lust dazu?
    Viele Grüße
    Jürgen

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    "schönheit ist das versprechen, daß das werden kann, was wir uns wünschen." (Ronald M. Schernikau: Die Tage in L.)

  • R.G.: wenn ich dich richtig verstanden habe, ist eine Anti-Semit das Gegenteil eines Semiten, was nicht zwangsläufig bedeutet, dass er gegen Semiten eingestellt ist. Anti-Semit etwa wie Anti-Christ, das Gegenteil von Christus, bzw. sein Gegenspieler. Meinst du das so?
    Apropos Majonäse: nach dem Eierskandal wird sie aus dem Duden verschwinden.

  • Das Anti-Beispiel hat nichts mit den Rechtschreibregeln zu tun, sondern scheint eine Form der leichten Sprache zu sein (oder wie das heißt). Durch den Bindestrich sind beide Wortteile gleichwertig, während zum Beispiel bei Kompositionen (die keinen Bindestrich haben) die zwei Substantive (Grundwort und Bestimmungswort) im logischen Verhältnis der Unterordnung stehen.
    Zum Zweiten: wohl ist Portmonee gemeint: Doppel-e, da langes e und es kein Doppel-ä gibt.

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    "schönheit ist das versprechen, daß das werden kann, was wir uns wünschen." (Ronald M. Schernikau: Die Tage in L.)

  • Das Wort "Antisemit" hat eine eigene Bedeutung bekommen, bei der das Wortteil "-semit" eine andere (eingeschränktere) Bedeutung hat als das Ursprungswort "Semit". Dieser Vorgang ist ganz normal bei Wortbildungen. Wieso sollte dieser Vorgang mit einem Bindestrich rückgängig gemacht werden? Das ist doch eine reine Spitzfindigkeit.

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    "schönheit ist das versprechen, daß das werden kann, was wir uns wünschen." (Ronald M. Schernikau: Die Tage in L.)