Was ist Geld noch wert?

  • Gerade lese ich, dass auch Sparkassen Negativzins auf lange Sicht nicht mehr ausschließen. Man peilt zunächst große Vermögen an, aber der kleine Sparer wird dem ebenfalls nicht lange entgehen. Er wird dann nicht mehr nur noch Wertverlust durch fehlenden Inflationsausgleich auf seinen Spargroschen haben, sondern es wird ihm vom Spargroschen sogar noch etwas abgezogen. Regelmäßig. Dass es große Kapitalanleger unter Umständen noch härter trifft, ist kein Trost, zumal jene das durch diverse Transaktionen weitgehend umgehen können-


    Sind wir damit dem "Freigeld" (oder "Schwundgeld") eines Silvio Gesell ein gutes Stück näher gekommen? Der hatte vor fast hundert Jahren aus der Beobachtung von Wirtschaftskrisen eine Geldtheorie entwickelt, die zunächst absurd erschien. Geld, dass nicht im Umlauf blieb, sollte an Wert verlieren. Während der Weltwirtschaftskrise gab es einige Experimente, die so positiv verliefen, dass sie untersagt wurden. Angestoßen von der Lobby der Banken. Einer der bedeutendsten Nationalökonomen des 20. Jahrhundert – John Maynard Keynes – sagte jedenfalls, dass man von Gesell mehr lernen könne als von Karl Marx. Bislang war davon wenig zu spüren. Man hat ihn als Spinner abgetan und es gab nur kleine Grüppchen, die versuchten, seine Lehre hochzuhalten. Steht ihm - bzw. seiner Geldtheorie - jetzt eine Renaissance bevor?

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Das ist echt ein Thema, in dem ich mich gerne besser auskennen würde. Vom "Freigeld" höre ich durch dich jetzt zum ersten Mal.
    Soweit ich mitbekommen habe, will unser politisches System das Problem der (nötigen) Geldentwertung mit mehr Wachstum/mehr Beschäftigung/mehr Kaufkraft in den Griff bekommen. Für mich klingt das wie: Einen bereits gerodeten Wald weiter verheizen wollen.
    Das gehortete Geld gehört wieder in den Fluss geschüttet und an Wert gekoppelt, also der Goldstandard zurück. So ist meine Meinung dazu, die aber auf viel zu wenig Wissen beruht. Lerne hier gerne noch dazu.

    [buch]3866855109[/buch]


    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • @Stefanie
    Eine Frau, die viel von Geld versteht, ist Margrit Kennedy. Sie hat 1987 ein Buch geschrieben, das heute schon ein Klassiker der "Alternativen Geldtheorie" ist:
    [buch]3442123410[/buch]
    Bei Youtube gibt es ein Interview mit ihr und einen kompletten Vortrag zur Geldreform von ihr.

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  • Silvio Gesell kannte ich bis eben fast nur dem Namen nach und nach dem Überfliegen der Wiki-Artikel auch nicht viel besser. Man muss sich mit solchen Theorien ein wenig beschäftigen. Daher halte ich zu einer Beurteilung seiner Freiwirtschaftslehr die Klappe.


    Eingehen möchte ich aber auf die Frage: Wenn mein Geld als „kleiner Sparer“ vor sich hinschimmelt und sich bei einem Negativzins sogar noch verringert – ist das dann die Schuld des „Systems“ oder vielleicht meine eigene?


    Vorab: Wie Silke richtig betont, ist es ein Luxusproblem, wenn ich mich fragen darf: Was mache ich mit Geld, das ich aktuell nicht brauche?


    Wenn sich die Frage aber stellt, dann leuchtet es mir nicht ein, warum ich mich an Sätzen orientieren sollte wie: „Dass es große Kapitalanleger unter Umständen noch härter trifft, ist kein Trost, zumal jene das durch diverse Transaktionen weitgehend umgehen können.“ Denn 1.: Warum sollte es für mich ein Trost sein, das es „den Großen“ auch nicht besser geht? Und 2.: Warum sollte ich „kleiner Sparer“ das nicht durch „diverse Transaktionen“ auch umgehen können?


    Mario Draghi kommt demnächst in den Bundestag, weil gerade die Deutschen seine Niedrigzins-Politik so schelten. Im Spiegel steht heute: „Mit Blick auf Forderungen aus CDU und CSU, der nächste EZB-Chef müsse ein Deutscher sein, sagte Draghi, auch wenn ein Nicht-Italiener jetzt im Amt wäre, würde er oder sie "denselben Kurs verfolgen wie wir". Kritiker in Deutschland werfen dem EZB-Chef vor, die Niedrigzinspolitik hauptsächlich für die überschuldeten südeuropäischen Staaten zu verfolgen.
    Angesichts der extrem niedrigen Zinsen mahnte Draghi die deutschen Sparer zu einem veränderten Anlageverhalten. Sie hätten es mit ihren "Anlageentscheidungen auch selbst in der Hand, wie hoch ihre Erträge ausfallen, auch in Zeiten niedriger Zinsen". Alternativen zum Sparbuch brächten "gute Erträge", sagte Draghi, der einst für die US-Investmentbank Goldman Sachs arbeitete. Zudem gleiche die niedrige Inflation die negativen Effekte der niedrigen Zinsen für Sparer aus.“


    Der letzte Satz zeigt, dass HDs Formulierung „Er wird dann nicht mehr nur noch Wertverlust durch fehlenden Inflationsausgleich auf seinen Spargroschen haben“ nicht zutrifft. Aber das nur nebenbei.


    Denn wenn es stimmt, das nach Gesell gelten soll: „Geld, dass nicht im Umlauf blieb, sollte an Wert verlieren.“, dann ist es exakt das, was derzeit passiert und auch passieren soll: Die Niedriginflation führt zu Niedrigzins. Die Banken sollen ihr Geld nicht mehr bei der EZB parken, und wenn sie es doch tun, dann zahlen sie dafür, den negativen Einlagezins. Das ist also genau das, was Sparkassen und andere Banken für den „kleinen Sparer“ avisieren. Das Geld soll eben nicht rumliegen, sondern zirkulieren. Das machen die US-Fed und die Bank of Japan im Prinzip alles genauso.


    Was mache ich als „kleiner Sparer“? Ich denke mir: Sparbuch ist doof. Tages- und Festgeld nur, wenn es bei ausgesuchten Banken gut verzinst ist, und dann muss ich auch immer dran bleiben, weil beides demnächst auch in den Negativzins rutschen könnte, aber dann ist es erst mal keine doofe Sache.


    Das Problem mit der Verzinsung in Deutschland ist ein ganz Grundsätzliches: Zinsmenschen denken deterministisch, in dem Sinne, dass zukünftige Ereignisse durch Vorbedingungen eindeutig festgelegt sind. Die Vorbedingungen sind die Laufzeit und der Zinssatz. Das zukünftige Ereignis ist die Rückzahlung samt Zinsen am Ende der Laufzeit. Eine eindeutige Sache. Ich weiß, worauf ich mich einlasse. Deshalb reagieren Sparer auch so allergisch auf Abweichungen vom Plan. Dann fühlt sich der Zinsmensch emotional getroffen: Es gab eine klare Abmachung und die wurde nicht eingehalten. In einem deterministischen Weltbild haben solche Vorgänge nichts zu suchen.


    Aber die Welt ist, wie sie ist: Was tu‘ ich also? Ich suche nach vertrauenswürdigen Quellen. Wenn ich auf den Seiten der Verbraucherzentralen nach „Geldanlage“ suche, stoße ich schnell auf den Begriff „Indexfonds/ETF“. (ETF heißt Exchange Traded Fund, börsengehandelter Fonds.) Dann lese ich und suche weiter nach vertrauenswürdigem Rat – Stiftung Warentest/Finanztest. Die raten zu einem sog. Pantoffel-Portfolio, bestehend aus einem „sicheren“ ETF in Europäische Staatsanleihen und einen risikobehafteten ETF auf Aktien (MSCI World oder Stoxx Europe 600). Die gemeinnützige Finanztip empfiehlt etwas Ähnliches, nur mit einer „Festgeldleiter“ aus Tages- und Festgeld. Dann könnte man noch bei meinem Lieblings-Finanzblog vorbeischauen, dem Finanzwesir – aber das führt alles viel zu weit.


    Der Witz bei Indexfonds ist, dass sie davon ausgehen, dass man den Markt (auf Dauer) nicht schlagen kann. Daher nennt man sie „passiv“, denn sie bilden nur einen Index ab. „Aktive“ und teure Fondsmanager dagegen können nicht einmal den Monkey-Index schlagen, nämlich Affen, die mit Pfeilen auf die Börsenseite des Wall-Street-Journal werfen.
    Jedenfalls ist passives Investment viel günstiger als der ganze Bankenquatsch, den die einem andrehen wollen, und außerdem ertragreicher. Ich merke gerade, dass ich Gefahr laufe, mich zu verzetteln. Im Grunde gibt es nur wenige wirklich wichtige Regeln: Auf die Kosten achten. Breit diversifizieren. Ausreichend lang investieren (Buy and Hold).


    Das Gejammere über den Niedrigzins und die EZB ist in Deutschland besonders stark ausgeprägt. Mit einem „Schuld sind immer die anderen“ tut man sich jedoch keinen Gefallen.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Ich fühle mich keineswegs emotional getroffen, aber ich habe etwas gegen Enteignung.


    Ich verstehe auch nicht, weshalb du in Schuldkategorien denkst. Der Gedanke 'Luxusproblem' geht völlig am Thema vorbei. Das ist eben kein Luxusproblem sondern hauptsächlich ein Problem des sog. kleinen Mannes. Der kann nämlich nicht so leicht in andere Sparformen ausweichen oder sein Kapital um den Globus wandern lassen. Es fehlt auch an kompetentem Rat, weil die Kosten meist zu hoch für das gesparte Kapital sind.


    Ich halte das für eine große soziale Ungerechtigkeit.


    Mario Draghi arbeitete früher für Goldman Sachs, allein das sollte zu denken geben. Und wenn der jetzt auch noch deutsche Kleinsparer mahnt, ist das schlicht frech.


    Staat und EZB enteignen, und der Bürger soll sich darauf einstellen und nicht so dumm investieren. Dass das so fröhlich ausgesprochen wird, ist eine interessante Steigerung.

  • Ich weiß nicht recht, was ich mit Deinem Beitrag anfangen soll, Claudia, aber ich gebe mir redliche Mühe.


    Zitat


    Ich fühle mich keineswegs emotional getroffen, aber ich habe etwas gegen Enteignung.


    Bitte was soll hier Enteignung sein? Der Niedrigzins? Das ist keine Enteignung. Die niedrigen Zinsen sind die logische Folge der extrem niedrigen Inflation, die durch Absenkung von Leit- und Einlagezins sowie durch immense Käufe von Staats- und Unternehmensanleihen Stück für Stück auf 2 % angehoben werden soll. Eine Niedriginflation mit hohen Zinsen? Wie soll das gehen?


    Zitat

    Ich verstehe auch nicht, weshalb du in Schuldkategorien denkst. Der Gedanke 'Luxusproblem' geht völlig am Thema vorbei. Das ist eben kein Luxusproblem sondern hauptsächlich ein Problem des sog. kleinen Mannes. Der kann nämlich nicht so leicht in andere Sparformen ausweichen oder sein Kapital um den Globus wandern lassen. Es fehlt auch an kompetentem Rat, weil die Kosten meist zu hoch für das gesparte Kapital sind.


    Du lieferst selbst den Grund für mein saloppes "Schuld sind immer die anderen." Du fühlst Dich "enteignet". Von der EZB. Der Sparkasse. Dem Kapitalismus. Keine Ahnung. "Luxusproblem" bedeutet: Wenn man kein Geld hat, kann man auch keines anlegen. Dazu muss man Geld übrig haben. Das ist bei vielen Menschen leider nicht gegeben. Der "kleine Mann" hat allerdings vielfache Möglichkeiten, sein Geld anzulegen. Sparpläne auf Indexfonds sind schon ab 25 Euro im Monat möglich. Dabei kann man sein Geld auch "um den Globus wandern lassen". Der MSCI World umfasst etwa 1.600 Unternehmen in den Industrieländern der Welt. Man kann auch in einen ETF auf die Emerging Markets investieren, wenn man lustig ist. Oder in einen Indexfonds auf den Topix Japan, der enthält etwa 1.800 Unternehmen. Der Indexfonds braucht nur in Deutschland kotiert (zum Vertrieb zugelassen) zu sein.


    Kompetenten Rat kannst Du für kostengünstige Anlageformen dort finden, wo ich es oben schrieb: Verbraucherzentralen, Stiftung Warentest/Finanztest, Finanztip. Ein Indexfonds auf den MSCI World ist für eine TER (Gesamtkosten) von 0,2 % zu haben, mindestens einem Achtel dessen, was Du für teure Bankprodukte zahlst. Du zahlst überhaupt keine Provisionen, auch nicht die 5 % Ausgabeaufschlag bei Banken und Sparkassen.


    Zitat

    Ich halte das für eine große soziale Ungerechtigkeit.


    Die Abzocke und die schlechte Beratung der Banken resultiert zu einem großen Teil aus der Unmündigkeit des "kleinen Mannes und Sparers".


    Zitat

    Mario Draghi arbeitete früher für Goldman Sachs, allein das sollte zu denken geben. Und wenn der jetzt auch noch deutsche Kleinsparer mahnt, ist das schlicht frech.


    Es gibt in Teilen berechtigte Kritik an Goldman Sachs. Aber warum es "zu denken geben" sollte, dass Draghi dort gearbeitet hat, verstehe ich nicht. Warum er an "den deutsche Sparer" appelliert, hat Draghi begründet, und ich folge ihm mit seinem Rat bei allem, was ich hier schreibe.


    Zitat

    Staat und EZB enteignen, und der Bürger soll sich darauf einstellen und nicht so dumm investieren. Dass das so fröhlich ausgesprochen wird, ist eine interessante Steigerung.


    Tut mir leid. Sorry. Keine Ahnung, was Du meinst.

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  • Eingehen möchte ich aber auf die Frage: Wenn mein Geld als „kleiner Sparer“ vor sich hinschimmelt und sich bei einem Negativzins sogar noch verringert – ist das dann die Schuld des „Systems“ oder vielleicht meine eigene?


    Als Frage könnte ich das so stehen lassen, denn es lässt sich in beide Richtungen deuten.


    Zitat


    Wenn sich die Frage aber stellt, dann leuchtet es mir nicht ein, warum ich mich an Sätzen orientieren sollte wie: „Dass es große Kapitalanleger unter Umständen noch härter trifft, ist kein Trost, zumal jene das durch diverse Transaktionen weitgehend umgehen können.“ Denn 1.: Warum sollte es für mich ein Trost sein, das es „den Großen“ auch nicht besser geht? Und 2.: Warum sollte ich „kleiner Sparer“ das nicht durch „diverse Transaktionen“ auch umgehen können?


    Ein Trost könnte sein, dass jeder sein Quentchen beiträgt, diejenigen, die mehr haben, eben ein größeres Quentchen und diejenigen, die weniger haben, ein kleineres Quentchen. Leider funktioniert das Spiel bei unserem derzeitigen Geldsystem eben nicht auf diese Weise.


    Zitat

    Der letzte Satz zeigt, dass HDs Formulierung „Er wird dann nicht mehr nur noch Wertverlust durch fehlenden Inflationsausgleich auf seinen Spargroschen haben“ nicht zutrifft. Aber das nur nebenbei.


    "Nur nebenbei"? Und dafür die langen Ausführungen? Ob mein Satz tatsächlich zutrifft, weiß ich nicht so genau. Er ist aber im gesamten Kontext meines Eingangspostings zu bewerten und nicht einzeln herausgelöst. Man könnte ihn mit der Argumentation Dragis natürlich widerlegen, dazu müsste man aber akzeptieren, dass Anlageformen in Wertpapieren (welche auch immer) tatsächlich eine sinnvolle Option sind.


    Zitat


    Denn wenn es stimmt, das nach Gesell gelten soll: „Geld, dass nicht im Umlauf blieb, sollte an Wert verlieren.“, dann ist es exakt das, was derzeit passiert und auch passieren soll: Die Niedriginflation führt zu Niedrigzins. Die Banken sollen ihr Geld nicht mehr bei der EZB parken, und wenn sie es doch tun, dann zahlen sie dafür, den negativen Einlagezins. Das ist also genau das, was Sparkassen und andere Banken für den „kleinen Sparer“ avisieren. Das Geld soll eben nicht rumliegen, sondern zirkulieren. Das machen die US-Fed und die Bank of Japan im Prinzip alles genauso.


    Das war auch meine Frage und Vermutung. Allerdings bin ich auch skeptisch, ob es derzeit tatsächlich so läuft, wie Gesell sich das gedacht hat, denn die Einflussstellen, diejenigen, die an den Rädchen drehen, können das ja auch wieder ändern, wenn die Situation Ihnen dafür genehm erscheint.


    Zitat



    Das Gejammere über den Niedrigzins und die EZB ist in Deutschland besonders stark ausgeprägt. Mit einem „Schuld sind immer die anderen“ tut man sich jedoch keinen Gefallen.


    Die Schuldfrage habe ich auch nicht gestellt. Mein Posting ist eher motiviert von der Situation der Negativzinsen und der Überlegung, ob dies zu einem Effekt wie von Gesell gewünscht führen wird. Weitergedacht: Ob eine Änderung des Geldsystems an dieser Stelle denkbar - und vielleicht sogar realisierbar - wird.

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    Emanuel von Bodmann


  • Zitat
    Der letzte Satz zeigt, dass HDs Formulierung „Er wird dann nicht mehr nur noch Wertverlust durch fehlenden Inflationsausgleich auf seinen Spargroschen haben“ nicht zutrifft. Aber das nur nebenbei.



    "Nur nebenbei"? Und dafür die langen Ausführungen? Ob mein Satz tatsächlich zutrifft, weiß ich nicht so genau. Er ist aber im gesamten Kontext meines Eingangspostings zu bewerten und nicht einzeln herausgelöst. Man könnte ihn mit der Argumentation Dragis natürlich widerlegen, dazu müsste man aber akzeptieren, dass Anlageformen in Wertpapieren (welche auch immer) tatsächlich eine sinnvolle Option sind.


    Neien. Man müsste dazu akzeptieren, dass man keinen Inflationsausgleich braucht, wenn es keine Inflation gibt. Das war der letzte Satz im Artikel über Draghi: "Zudem gleiche die niedrige Inflation die negativen Effekte der niedrigen Zinsen für Sparer aus"

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  • tja, nur vergisst der gute Draghi dabei eines: Der Zins ist kein Ausgleich für die Inflation sondern ein Entgelt für geliehenes Kapital! Und da genügt es nicht, nur die Inflation auszugleichen, sondern der Zins für den Sparer muss höher sein.

  • Dann müsste man aber konsequent sein und das Altersvorsorgesystem mit reformieren. Gleichzeitig Geld anlegen und privat für das Alter vorsorgen lässt sich nun einmal schlecht mit dem Wegfall von Guthabenzinsen bewerkstelligen.


    Zudem kann ich keine Politik erkennen, die von einer Gleichstellung der Partner im Handel ausginge.


    Die Draghivariante ist ein Zwischending, in dem wenig informierte Kleinsparer benachteiligt werden.

  • tja, nur vergisst der gute Draghi dabei eines: Der Zins ist kein Ausgleich für die Inflation sondern ein Entgelt für geliehenes Kapital! Und da genügt es nicht, nur die Inflation auszugleichen, sondern der Zins für den Sparer muss höher sein.


    Neien. Der Zins "muss" gar nichts. Und er ist auch kein "Entgelt" für "geliehenes Kapital". Dein Zitat drückt genau die deterministische Weltsicht des Zinsmenschen aus, von der ich im ersten Beitrag hier schreibe: "Das Problem mit der Verzinsung in Deutschland ist ein ganz Grundsätzliches: Zinsmenschen denken deterministisch, in dem Sinne, dass zukünftige Ereignisse durch Vorbedingungen eindeutig festgelegt sind. Die Vorbedingungen sind die Laufzeit und der Zinssatz. Das zukünftige Ereignis ist die Rückzahlung samt Zinsen am Ende der Laufzeit. Eine eindeutige Sache. Ich weiß, worauf ich mich einlasse. Deshalb reagieren Sparer auch so allergisch auf Abweichungen vom Plan. Dann fühlt sich der Zinsmensch emotional getroffen: Es gab eine klare Abmachung und die wurde nicht eingehalten. In einem deterministischen Weltbild haben solche Vorgänge nichts zu suchen."


    Oder man stellt den Zins überhaupt in Frage. Womit wir wieder bei Silvio Gesell wären.


    Das kann man alles machen. Man kann sich vorstellen, wie es wäre, wenn das Finanzsystem ein anderes wäre. Ich möchte es aber sinngemäß mit Heine halten:


    Wir wollen auf Erden glücklich sein,
    Und wollen nicht mehr darben;
    Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
    Was fleißige Hände erwarben.


    Es wächst hienieden Brot genug
    Für alle Menschenkinder,
    Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
    Und Zuckererbsen nicht minder.


    Er meint das im Wintermärchen in Bezug auf das Himmelreich, ich in Bezug auf Theorien, die vielleicht schön wären, aber nun mal nicht da sind in der Praxis. Daher plädiere ich dafür, sich von den Banken zu emanzipieren und sich ein bisschen in passives Investment einzupfriemeln. Ist auch gar nicht so viel Arbeit. Im Prinzip reicht es, Stiftung Warentest mit dem Pantoffel-Portfolio zu vertrauen und das noch ein wenig zu individualisieren. (Je nach Risikoneigung.)


    Einen konkreten Tipp möchte ich noch loswerden: ARERO . (Dafür werde ich auch meinen einzigen Link in diesem Thread los.) Das Akronym steht für Aktien, Renten, Rohstoffe. Es stammt von der Uni Mannheim, wo ein Prof. Weber (in der Branche ein Crack) das Konzept nach wissenschaftlichen Erkenntnissen konzipiert hat. Kostenquote: 0,5 %, in diesem Bereich konkurrenzlos günstig. Dabei ist auch einmal im Jahr ein sog. Rebalancing, dass die Gewichtung der Anlageklassen wiederherstellt.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • @Alexander
    Auch Heine beschreibt nur eine Wunschvorstellung.


    Geldanlage durch Investment (ob aktiv oder passiv) ist leider in meinen Augen keine Loslösung von den Banken.

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  • Alexander, du denkst zu kompliziert. Ich bin einfach eine Sch ... kapitalistin, so einfach ist das :D . Ich würde - hätte ich Geld verliehen - ein passendes Entgelt sehen wollen. Nix Determinismus, nix emotionale Betroffenheit. Der schnöde Mammon interessiert mich.


    Die Benachteiligung von Kleinsparern wird übrigens nicht dadurch besser, dass sie mit wissenschaftlicher Anmutung verbrämt wird. Es bleibt eine soziale Ungerechtigkeit.


    Was mich wirklich wütend macht (und damit meine Emotionen kochen lässt): dass dann auch noch Leute wie Draghi daherkommen und ihnen durch die Blume ihre Nichtinformiertheit vorwerfen. Ich werde noch zum Linkenwähler wenn das so weitergeht.

  • @Alexander
    Auch Heine beschreibt nur eine Wunschvorstellung.


    Geldanlage durch Investment (ob aktiv oder passiv) ist leider in meinen Augen keine Loslösung von den Banken.

    :)


    Wie Du selbst weißt, geht das Heine-Zitat so weiter:



    Ja, Zuckererbsen für jedermann,
    Sobald die Schoten platzen!
    Den Himmel überlassen wir
    Den Engeln und den Spatzen.


    Das alles ist eine Besinnung aufs Diesseits bei ihm. In diesem Sinne ist mein Diesseits die Wirklichkeit der Wirtschaft und nicht die Vorstellung einer anderen.


    Passives Investment ist selbstverständlich eine Loslösung und Emanzipation von den Banken: Du lässt Dich nicht mehr (mehrheitlich) mangelhaft von ihnen beraten und kaufst von ihnen keine völlig überteuerten Produkte.


    Alexander, du denkst zu kompliziert. Ich bin einfach eine Sch ... kapitalistin, so einfach ist das :D . Ich würde - hätte ich Geld verliehen - ein passendes Entgelt sehen wollen. Nix Determinismus, nix emotionale Betroffenheit. Der schnöde Mammon interessiert mich.


    Die Benachteiligung von Kleinsparern wird übrigens nicht dadurch besser, dass sie mit wissenschaftlicher Anmutung verbrämt wird. Es bleibt eine soziale Ungerechtigkeit.


    Was mich wirklich wütend macht (und damit meine Emotionen kochen lässt): dass dann auch noch Leute wie Draghi daherkommen und ihnen durch die Blume ihre Nichtinformiertheit vorwerfen. Ich werde noch zum Linkenwähler wenn das so weitergeht.


    Mmh. Zuerst: Scheiß-Kapitalismus und Linkspartei vertragen sich gaaanz schlecht. Leihe ist im Übrigen streng genommen etwas Unentgeltliches, aber wenn Du Geld lukrativ anlegen möchtest (also für passendes "Entgelt"), dann solltest Du Dir überlegen, ob Du eine überkommene Raiffeisen-/Sparkassen-/Sparbuch-Mentalität verteidigen möchtest oder ob Du Geld bestmöglich anlegen willst.


    Der ARERO-Fonds "verbrämt nicht mit wissenschaftlicher Anmutung die Benachteiligung von Kleinsparern". Unsinn. Mumpitz. Kokolores. Unhaltbar. Solche Konzepte führen im Gegenteil dazu, dass jeder "Kleinsparer" sich Anlagen leisten kann, die noch vor der Jahrtausendwende institutionellen Anlegern vorbehalten waren. Zu einem günstigen Preis. Ohne Abzocke.


    Mario Draghi hat im Übrigen auf die heftigen Vorwürfe aus Deutschland seit geraumer Zeit reagiert, wonach u. a. beim nächsten Mal kein Italiener mehr Vorsitzender der EZB werden sollte und der deutsche Michel um seinen Sparstrumpf geweint hat. Und Draghi hat mit seiner Antwort vollkommen recht. Diese Antwort haben er und viele andere nicht zum ersten und nicht zum fünfzehnten Mal gegeben. Neu ist das also nicht.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)


  • Er wünscht, dass sich alle auf das Diesseits besinnen. Und das Brot für alle da ist (die Strophe davor) ist auch eine Wunschvorstellung. Eine Utopie sozusagen.


    Zitat


    Passives Investment ist selbstverständlich eine Loslösung und Emanzipation von den Banken: Du lässt Dich nicht mehr (mehrheitlich) mangelhaft von ihnen beraten und kaufst von ihnen keine völlig überteuerten Produkte.


    Ohen Banken funktioniert auch ARERO nicht. Ich habe nachgeschaut. Das spricht nicht gegen dieses Konzept, das auf den ersten Blick überraschend positiv wirkt. Möglicherweise sind solche Konzepte auch der Schlüssel dazu, mit den Banken anders umzugehen, mag sein. Aber Loslösung geht anders. Und zur Emanzipierung sind noch weitere Schritte notwendig.


    Deshalb meine ich, ist es so verkehrt nicht, über Alternativen nachzudenken und zu diskutieren. Margrit Kennedy macht das seit einigen Jahrzehnten ungebrochen und mit der Hoffnung, dass das irgendwann Früchte trägt.

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
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  • https://de.wikipedia.org/wiki/Mario_Draghi


    Ich verlinke ungern aus Wiki, aber mir scheint, du siehst Draghi in einem allzu güldenen Licht.


    Ich bin immer misstrauisch, wenn Leute, die an Bankenpleiten verdienen, auf einmal Ratschläge an Kleinsparer haben. Aber ich würde auch Soros keinen Rat abkaufen, solange ich nicht weiss, in was der investiert hat.


    Deine plötzliche Begeisterung für Geldanlage ist ebenso rührend wie spät. Mich wundert wirklich, dass dich die Ungerechtigkeit, die das gerade für Kleinsparer mit einfachem Horizont ausmacht, völlig kalt lässt. Um mich musst du dir keine Sorgen machen, ich weiss wie ich mich informieren kann, nicht erst seit Draghi.


    Banken investieren übrigens auch, zum Beispiel in Unternehmensbeteiligungen. Was sich wiederum auf den Kurs auswirkt Horst-Dieter hat völlig recht, eine Loslösung von Banken ist ein Fond nicht.