Meine Hauptfigur hat kein Gesicht!

  • ChickLit (in welcher Schreibung auch immer) ist frauenfeindlich, in Bezug auf die Rollenbilder antiemanzipatorisch, höchstgradig konservativ, eigentlich sogar reaktionär. Schon der Begriff sagt vieles: "Chick" steht für "Chicks", also "Hühner", ein diskriminierender, diskreditierender Begriff für junge (im Kontext schwingt "eher nicht so kluge" mit) Frauen, die klassische Rollenmaxime - Mann, Kinder, Haus, Herd - ausleben und in erster Linie hübsch zu sein versuchen, um Konkurrentinnen auszustechen. Frauen, die die Vervollständigung des eigenen Bildes durch "finding mr. right" anstreben. Auch der zweite Teil des Begriffs, das Diminutiv, verweist darauf, dass es nicht um "richtige" Literatur geht, sondern eben nur um "Lit", quasi Ein-Drittel-Literatur, wenn man die Anzahl der Silben zum Maßstab nimmt.


    Der Begriff bedeutet gar nichts. Es ist als "abwertender" Begriff entstanden und wird auch so benutzt, was aber nicht heißt, dass er damit quasi wertneutral wird und die damit bezeichnete Literaturgattung ausreichend kennzeichnet.


    Zitat


    Autoren und Autorinnen, die ChickLit schreiben und sich dieser Kategorisierung unterordnen, müssen sich den Vorwurf absolut gefallen lassen, dieses Bild und Wertgefüge zu transportieren,


    Nicht alle ordnen sich unter. Einige werden auch untergeordnet. Und selbstverständlich müssen diese Autoren sich den Vorwurf nicht gefallen lassen.


    Zitat


    … Die Ausrede, es ginge "nur" um Unterhaltung, um das Abschalten und das Ausblenden des Alltags, halte ich für eingeschränkt zulässig, weil sie alles rechtfertigen würde, also auch jede andere Form von minderheiten-/gruppenfeindlichen Ideen als Teil, sogar Kernmerkmal (schlimmstenfalls: Botschaft) belletristischer Werke. Dabei geht es nicht um Komponenten, Figurenverhalten, Konflikte und dergleichen, sondern um den Gesamttenor der Erzählungen. Es ist okay, wenn man das machen und/oder lesen will, weil wir glücklicherweise (noch) nicht in einer Welt leben, die von der Political Correctness beherrscht wird, aber man sollte sich das mindestens vergegenwärtigen, bevor man jemandem, der auf genau diese Umstände hinweist, seinerseits Frauenfeindlichkeit oder sogar -hass unterstellt. Und auch die Tatsache, dass es hier Autorinnen und Autoren (seltener, und wenn, dann meistens unter Pseudonymen) gibt, die ChickLit schreiben, sollte nicht zur Folge haben, dass man Kritik diesem Genre gegenüber ausblendet. Es gibt auch andere literarische Subgenres, die mit vergleichbaren Wertvorstellungen einhergehen. Die Macho-Detektiv-Romane mit den einsamen, saufenden Underdogs als "Helden" beispielsweise gehören dazu.


    Grundsätzlich findet man in allen Literaturgenres Wertvorstellungen, die mal subtil, mal allzugrob transportiert werden. Deshalb halte ich deine Kategoriesierung hier nicht einmal eingeschränkt für zulässig ;) - worauf es allerdings genausowenig ankommt, wie auf deine Generalisierungen.


    Zitat


    Und wenn es Ironie in der ChickLit gibt, dann auch im Rahmen des Rollenbildes. Die (bezogen auf das Umfeld) selbstbewussten Protagonistinnen setzen sich höchstens im Rahmen des klassischen Rollenmodells durch, akzeptieren dies aber ohne Ausnahme. Es geht um ein Bestehen in der Männerwelt, ohne diese je aktiv zu hinterfragen. Um Frauen, die quasi ihren Mann stehen (was für eine widerwärtige Formulierung!), aber auch und vor allem, um ihn zu kriegen, ihm zu gefallen. Die amerikanische Autorin Siri Hustvedt hat sich vor ein paar Jahren zu diesem Thema geäußert und prägnante Worte gefunden, die ich aber leider gerade nicht finde, weil ich mich nicht an den Namen der Publikation erinnere. Und wer sich in Frauenforen umtut, in denen es um Fragen der Emanzipation, der Gleichberechtigung und der Gesellschaftsentwicklung geht, wird viele sehr kluge Äußerungen finden, die kein gutes Haar an solchen Büchern und Filmen lassen.


    Das Chick Lit umstritten ist, nicht nur in Frauenforen, ist bekannt. Wir erleben das gerade auch in diesem Fred, in dem es eigentlich um ein anderes Thema geht. Das besagt aber nur, dass Chick Lit und das damit vermeintlich transportierte Frauenbild umstritten ist.


    Zitat


    Wenn Didi also schreibt, dass es in solchen Romanen überwiegend um Äußerlichkeiten geht, um - was im Kontext mitschwang - reaktionäre Rollenbilder, und dies in die (erkennbar sarkastische) Wertung ummünzt, dass damit durchaus eine gewisse Minderung der Mentalkompetenz einhergehen müsse, dann ist das überzogen und provokant, aber durchaus eine zulässige Bewertung, was den Kern der Aussage anbetrifft. Wir kommen von solchen Rollenbildern, Vorurteilen und Verhaltensmustern niemals weg, wenn wir sie kleinreden und verniedlichen - oder dadurch rechtfertigen, dass es "nur" um Unterhaltung ginge. Vorausgesetzt, wir streben an, uns von derlei zu lösen. Wer das nicht will, dem sei das natürlich zugestanden, aber es hat noch nie etwas gebracht, wenn man den Botschafter getötet hat - die Botschaft blieb immer.


    Es ist nicht nur überzogen und provokant, sondern auch anmaßend, nicht weil Didi das so äußert, sondern weil dahinter kein Wissen steht, sondern ein selbstgefasste Meinung auf der Basis von Vorurteilen. Wir kommen von Rollenbildern, Vorurteilen und Verhaltensmustern nicht deshalb nicht weg, weil sie in den Büchern stehen, sondern weil ihnen mit ebensolchen Vorurteilen und Verhaltensmustern begegnet wird.


    Zitat


    Ich habe keine Ahnung, wie ich jetzt noch die Kurve kriegen soll, um jenen Autorinnen und Autoren, die hier zugange sind und sich mit derlei aktiv befassen, mitzuteilen, dass ich durchaus respektiere und manchmal sogar schätze, was sie tun und wie sie es tun. Alltägliche Gegebenheiten, folgenreiche Richtungsentscheidungen oder simpel die Zwänge des Daseins lassen nicht immer zu, dass man etwas tut, das "nur gut" ist. Womit nicht gesagt werden soll, dass ChickLit prinzipiell schlecht wäre, der Antichrist der belletristischen Unterhaltung o. ä. - zuweilen lässt sich eine Veränderung am besten bewirken, wenn man direkt im Auge des Zyklons agiert. So oder so, ich halte es für sinnvoll, sich jederzeit kritisch mit dem auseinanderzusetzen, woran man arbeitet, mit wem und für wen man arbeitet. Und wenigstens zu versuchen, innerhalb dieser Parameter zu überprüfen, ob es nicht möglich ist, hier und da ein paar Gedankengänge einzustreuen, die das Absurde des Fundaments, nun, nicht unbedingt hinterfragen, aber wenigstens unterstreichen.


    Andersherum könnte ich jetzt umständlich zu erklären versuchen, dass es mir nicht darum geht Chick Lit schönzureden oder mehr hineinzuinterpretieren, als überhaupt drin ist. Was mich nervt sind die Vorurteile, die auf dieses ganze Genre abgeladen werden, sogar noch mit der schwerwiegenden Behauptung, es wäre mitverantwortlich dafür, dass Rollenbilder nicht aufgelöst werdne können etc. Dass ist einfach Dünnschiss.


    Zitat


    Selbstverständlich dürfen Autoren alles. Nicht nur, weil es um Kunst geht, sondern auch und vor allem, weil niemand die Welt allein retten muss. Aber es kann hilfreich sein, sich hin und wieder ein paar Gedanken zu machen - und nicht gleich jeden zu erschlagen, der mit kritischen Anmerkungen daherkommt, ganz egal, wie er sie formuliert hat.


    Kritische Gedanken sind immer gut, auch oder besser: insbesondere dann, wenn sie unbequem sind. Unqualifizierte Aussagen, die lediglich für sich in Anspruch nehmen, zu überziehen oder provozieren zu wollen, helfen aber selten.

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Chicklit und Literaturskandal


    Ein interessanter Artikel, in dem das Thema Chick Lit nur am Rande vorkommt, trotzdem gut illustriert, wie wenig eindeutig die Meinung in dieser Sache ist.

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  • Hallo, Horst-Dieter.


    Zitat

    Was mich nervt sind die Vorurteile, die auf dieses ganze Genre abgeladen werden, sogar noch mit der schwerwiegenden Behauptung, es wäre mitverantwortlich dafür, dass Rollenbilder nicht aufgelöst werdne können etc.


    "Vorurteile" sind Urteile, die vor einer Kenntnisnahme der Umstände entstehen - tradierte Meinungen, ethische und moralische Maxime, die anerzogen werden. Dem stehen "Urteile" ohne Präfix gegenüber, also Wertungen nach möglichst objektiver Kenntnisnahme der Umstände. Was mich anbetrifft, handeln sich meine Äußerungen zum Genre, mit dem ich mich durchaus intensiv befasse und befasst habe, um letzteres. Anders gesagt: Nenn mir einen (bevorzugt etwas bekannteren) Roman, der der ChickLit zugerechnet wird, in dem es nicht so ist.


    Zitat

    Dass ist einfach Dünnschiss.


    Diskurs auf höchstmöglichem Niveau! Ich liebe das! ;)

  • Lieber Horst-Dieter, dein obiges Plädoyer für eine sinn- und wertbefreite Beliebigkeit in der Literatur ist, um es einerseits so kurz wie möglich zu halten, andererseits deine eigenen Worte zu gebrauchen, "einfach Dünnschiss". :)

  • Hallo, Horst-Dieter.



    "Vorurteile" sind Urteile, die vor einer Kenntnisnahme der Umstände entstehen - tradierte Meinungen, ethische und moralische Maxime, die anerzogen werden. Dem stehen "Urteile" ohne Präfix gegenüber, also Wertungen nach möglichst objektiver Kenntnisnahme der Umstände. Was mich anbetrifft, handeln sich meine Äußerungen zum Genre, mit dem ich mich durchaus intensiv befasse und befasst habe, um letzteres. Anders gesagt: Nenn mir einen (bevorzugt etwas bekannteren) Roman, der der ChickLit zugerechnet wird, in dem es nicht so ist.


    Habe ich gerade verlinkt. :)


    Was deine Wertungen abelangt: Dein erster Absatz ist so eine Art Schein-Objektivität, in dem du den Begriff auseinandernimmst und deutest, als wäre es ein Begriff der allgemein in seiner Bedeutung ist und wissenschaftlich gefestigt. Du zeigst aber lediglich auf, warum er abwertend so konstruiert wurde.


    Zitat

    Diskurs auf höchstmöglichem Niveau! Ich liebe das! ;)


    Ja, das wissen wir.

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  • Lieber Horst-Dieter, dein obiges Plädoyer für eine sinn- und wertbefreite Beliebigkeit in der Literatur ist, um es einerseits so kurz wie möglich zu halten, andererseits deine eigenen Worte zu gebrauchen, "einfach Dünnschiss". :)


    Dafür habe ich nicht plädiert.

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  • Hallo, Horst-Dieter.


    Ich habe versucht, Deinen Anmerkungen etwas zu entnehmen, auf das ich eingehen könnte, bin aber gescheitert - was an mir liegen wird.


    Natürlich reflektiert ChickLit - wie Kunst allgemein - gesellschaftliche Zustände, bezieht sich auf die Welt, wie sie ist. ChickLit generiert nicht das kritikwürdige Miteinander, sondern verwendet es als Grundlage. Diese Grundlage ist frauenfeindlich und antiemanzipatorisch, betreibt in diesem Bereich bestenfalls Kosmetik. Es ist fraglos auch kein Muss, diesen Umstand abzulehnen, aber das verneint nicht das Recht anderer, ihn so zu nennen, wie er eben ist: Frauenfeindlich. Man muss auch nicht gegen Frauenfeindlichkeit sein, und manch eine Person fühlt sich in der anerzogenen oder angenommenen Rolle pudelwohl - ihre Sache, ihr Leben. Darum ging es (mir) aber auch nicht.

  • Hallo Tom,


    ich hatte vor, jetzt noch auf deinen scheinobjektiven Wertansatz einzugehen, lasse das aber lieber, weil das zu nichts führt. Ich lehne übrigens nicht ab, dieses Genre "frauenfeindlich" zu nennen - Meinungsäußerung, und nichts anderes ist das, ist ja immer legitim - sondern die Behauptung, dass diese Art von Literatur Schuld daran ist, dass sich nichts ändert. Dass es andere Meinungen dazu gibt, belegt der Bericht des Deutschlandfunks. Er ist selbstverständlich ebenfalls nicht als rein objektiver Ansatz zu werten, zeigt aber auf, dass mehr hinter diesem Genre stecken könnte, als von Kritikern behauptet. Überhaupt scheint es mir eher so, als wenn Chick Lit jetzt den ganzen Sermon abbekommt, den die sogenannten Groschenromane schon immer abbekommen haben. Auf diese trifft das m.E. viel stärker zu, was aber wiederum ein Vorurteil ist. Nämlich meins!

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  • Romane wie "Der letzte Single fängt den Mann", "Payoff" und "Mit Skalpell und Lippenstift" gehören zur sogenannten Frauenliteratur, einem Label, das die Schriftstellerin und Moderatorin Amelie Fried für das "schlimmste Etikett" hält, das man einem Buch verpassen kann: "Im Unterton heißt es dabei ,Schwachsinn für Minderbemittelte'. Es ist diskriminierend, und das soll es auch sein."


    http://www.spiegel.de/spiegel/kulturspiegel/d-86519339.html

  • Tom
    Wir können uns jetzt zupflastern mit so etwas. Feuilleton ist aber eben Feuilleton und keine objektiv wertbare Wahrheit. Dafür, dass Du für dich eine objektive Wertung Deiner Aussagen in Anspruch nimmst, präsentierst Du ganz schön schwaches Material.

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  • Den Versuch einer halbwegs objektiven Wertung. Ich kann gerne dieser Tage die dazugehörige Literaturliste posten. Ich fand übrigens nicht einmal (alles) schlecht, was ich da gelesen habe. Es gibt viele Romane in diesem Bereich, die äußerst unterhaltsam, klug, spannend und amüsant sind. Das ändert nichts an ihrer Gemeinsamkeit, um die es mir hier geht. Ich will auch niemanden dazu zwingen, das abzulehnen (wer wäre ich, mir das anzumaßen?), darum geht es ebenfalls nicht. Es geht darum, dass hier jemand als eitel, selbstgefällig und misogyn bezeichnet wurde, der eine kritische Anmerkung gemacht hat, die im Kern sehr wahrscheinlich einfach stimmt. ChickLit macht aus guten auch keine schlechten Menschen - oder umgekehrt. So einfach sind die meisten Leute dann doch nicht gestrickt, dass das möglich wäre. Und es ist nie verkehrt, sich mit Um- und Zuständen aktiv auseinanderzusetzen, als Leser wie als Autor.

  • Es kann sein, dass wir hier von unterschiedlichen Romanen sprechen, aber die wenigen ChickLit-Romane, die ich bisher gelesen habe, SIND nichts anderes als Groschenromane für pseudoemanzipierte Frauen. Wenn man das Genre also nicht schönredet, sondern als das betrachtet, was es ist und meiner Ansicht nach auch sein will, dann erübrigt sich die ganze Frage nach der Frauenfeindlichkeit fast schon wieder.


    Alle Romane, in denen es darum geht, wie eine Frau sich einen Versorger angelt, sind im Grunde genommen frauenfeindlich. Vor allem sind sie aber trivial. Und ich frage mich jetzt ernsthaft, wie zielführend es ist, sich darüber zu unterhalten, dass Trivialliteratur trivial ist :)


    Ich denke, wer sie schreibt, was, was er da schreibt. Und wer sie liest, weiß auch, was er da liest. Es regt sich ja auch kaum jemand ernsthaft über Heftromane auf :)


    Und ob sie das Frauenbild in unserer Gesellschaft so unbedingt zementieren? Ich weiß nicht. Dieses Frauenbild existiert, und ich denke, heute wieder mehr als vor ... sagen wir mal ... dreißig Jahren. Es gibt diesen Trend zu den alten Rollenbildern, er hat vermutlich ganz einfach sehr viel mit der Unsicherheit in der Berufswelt zu tun. Einfacher ist es da, sich einen Mann zu organisieren, der das für einen regelt. Dieses Bild wird aber in der ChickLit meiner Ansicht nach weniger gefördert als eher gespiegelt. Und selbst wenn es diese Romane nicht mehr gäbe, selbst wenn es jetzt nur noch Bücher im Sinne Alice Schwarzers gäbe, von der ich übrigens sehr, sehr viel halte, würde sich das Frauenbild vermutlich deshalb nicht unbedingt ändern. Die entsprechende Lesergruppe würde vermutlich einfach nur weniger lesen :).

  • … Es geht darum, dass hier jemand als eitel, selbstgefällig und misogyn bezeichnet wurde, der eine kritische Anmerkung gemacht hat, die im Kern sehr wahrscheinlich einfach stimmt.….


    Nichts davon habe ich Didi zugemutet. Ich habe seine - von ihm selbst als überzogen und provokativ bezeichnete - Behauptung als nicht sachgemäß zurückgewiesen. Etwas beleidigendes sollte in meinen Anmerkungen nicht zu finden sein. Ich denke, dass diese Art von Kritik zulässig ist und ausgehalten werden kann.

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  • Dass ich das noch erleben darf: drei gesetzte Herren unterhalten sich ernsthaft (!) über chick lit. Bzeichnenderweisee diskutiert weder eine Autorin des Genres noch eine Leserin mit. Dabei wären sie doch die ersten, die da Thema beträfe?


    Zitat


    Zitat von »Tom«





    ChickLit (in welcher Schreibung auch immer) ist frauenfeindlich, in Bezug auf die Rollenbilder antiemanzipatorisch, höchstgradig konservativ, eigentlich sogar reaktionär.

    Sicher, aber kannst du behaupten die Welt sei anders? Nach wie vor ist es einfacher für eine Frau, eine einflussreiche Position zu erheiraten (Schäffler, Liz Mohn) als sie sich zu erarbeiten (Merkel). Wobei Schäffler und Mohn gute Beispiele sind, dass Frauen genausogut führen können.


    Wenn ich mich in Spielzeugläden umsehe (rosa für Mädchen, hellblau für Jungs) beschleicht mich die leise Ahnung, dass auch in dieser Generation nur wenig weibliche Führungskräfte heranwachsen.


    Chick Lit halte ich für das kleinste Problem in diesem Komplex. Die Leserinnen lesen etwas, was sie selbst erleben und können darüber lachen. Man kann das Lachen auch als ersten Schritt zur Distanzierung werten.


    Wer etwas wirklich frauenfeindliches lesen möchte, sollte sich Artikel aus den Wirtschaftszeitungen zum Themenkomplex Übernahme Continental durch Schäffler bzw, die Schlacht um den Suhrkampverlag vornehmen. Beide halte ich für wesentlich einflussreicher als das 385. Buch um Mr. Right.


  • Alle Romane, in denen es darum geht, wie eine Frau sich einen Versorger angelt, sind im Grunde genommen frauenfeindlich. Vor allem sind sie aber trivial. Und ich frage mich jetzt ernsthaft, wie zielführend es ist, sich darüber zu unterhalten, dass Trivialliteratur trivial ist :)



    Darüber, dass Chick Lit trivial und keine Hochliteratur ist, muss man sich wirklich nicht streiten. Ob Trivialliteratur trivial ist unterhalten wir uns hier aber nicht. Welche Funktionen Trivialliteratur erfüllt und welche Bedeutung sie haben kann, ist ein eigenes Thema, das zudem noch breit gesteckt ist. Wenn Du das diskutieren willst, musst du eine eigene Diskussion dazu starten.

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  • Horst-Dieter: Davon abgesehen hat Didi - siehe Link - sinngemäß Amelie Fried zitiert. ;)


    ClaudiaF: Wir reden über Eisbergspitzen oder abgebrochene Stücke, die im Meer treiben. Der in solchen Diskussionen immer wieder vorgetragene Ansatz, man möge sich doch mit ernsthafteren Problemen oder ernsthafteren Ausprägungen des Problems auseinandersetzen, halte ich für Augenwischerei. Frauenfeindlichkeit, Rassismus, Ausgrenzungen gleich welcher Art werden bleiben und noch Jahrhunderte überleben, wenn kein echtes Umdenken einsetzt. Und dazu gehören alle Aspekte, nicht nur die plakativen.

  • Horst-Dieter: Davon abgesehen hat Didi - siehe Link - sinngemäß Amelie Fried zitiert. ;)



    Das Zitat hast du gebracht, nicht Didi. Dass es inhaltlich "sinngemäß" eine Übereinstimmung gibt, besagt gar nichts. Ich schätze Didi, das weiß er. Das heißt aber längst nicht, dass ich jeder seiner "überzogenen Provokationen" befallklatschend zustimmen muss.

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  • Ich kenne drei Bücher, die wirklich Umwälzungen in Gang gesetzt haben: die Bibel, den Koran und das Kapital. Die Wirkung von Literatur wird oft überschätzt. Und nein, ich glaube wirklich nicht, dass sich Frauenfeindlichkeit durch andere Chick Lit ändern lässt. Sie wird dann höchstens nicht gelesen.


    Wir leben in Zeiten großer Umwälzungen, es ist nichts weiter als normal, dass sich die Menschen in vertrautes Terrain wie ein überkommenes Familienbild (ewige Liebe, Mr. Right als Partner) zurückziehen. Zumindest einen Abend lang, wenn sie einen leichten Regiokrimi oder einen Chick Lit lesen.

  • Hallo, Claudia.


    Goethes "Werther" hat Heerscharen junger Männer in den Selbstmord getrieben. Tausende Kids sind nach Westberlin gereist, mit "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" unter dem Arm, und ein paar von ihnen sind selbst ins Drogenmilieu geraten. Ein Leser meines dritten Romans "Geisterfahrer" schrieb mir nach der Lektüre, dass er, wie Tim Köhrey im Roman, sein Leben hinterfragen und den Versuch unternehmen wollte, wieder von vorn anzufangen (was nicht meine Absicht war). Bücher haben Wirkung, jedes Buch hat eine Wirkung. Jede Form von Kommunikation hat das. Wir ändern uns und unsere Auffassungen und Verhaltensweisen andauernd. Wir tun das nicht immer bewusst, aber wir tun es. Vielleicht haben einzelne Bücher nicht mehr die Massenwirkung wie die göttlichen Märchenbücher, aber es ist unbestreitbar, dass jeder Satz, den man liest oder hört, etwas verändert. Wenn es nicht so wäre, könnten wir auch jedwede Kommunikation aufgeben und nur auf den Tod warten.


    Edit: Nicht zu vergessen die "Shades of grey"-Leser, die die Baumärkte leergekauft und sich anschließend beim Sex verletzt haben, was vermutlich nicht wenige Posttraumatische Belastungsstörungen ausgelöst hat. ;)

  • Es gibt Bücher, die treffen den Nerv ihrer Zeit, Werther ist dafür ein gutes Beispiel. Aus heutiger Sicht ist schwer nachvollziehbar, was die Männer in den Selbstmord getrieben hat, aber damals war das Buch revolutionär.


    Daneben gibt und gab es aber immer Bücher, die einfache Bedürfnisse befriedigen und daher auch schnell vergessen werden. Die Bücher von Hedwig Courts-Mahler sind dafür ein gutes Beispiel. Sie haben nichts verändert, sie haben schon gar nichts in der Gesellschaft hinterfragt, aber sie haben den Leserinnen abgelenkt und ein paar schöne Träumereien beschert. Auch das ist ein Wert an sich.


    Ähnlich sehe ich Chick Lit. Wobei ich Ironie als ersten, kleinen Schritt zur Distanzierung sehe, und das ist besser als nichts.


    Zu shades of grey sage ich jetzt mal nichts. Ich habe mir böse Blicke eingehandelt, als ich laut lachend in der Buchhandlung meines Vertrauens stand, mit dem Buch in der Hand. Scheinbar bin ich nicht die Zielgruppe! Dennoch fand ich die Autorin rührend, sie wirkte so harmlos und überwältigt in ihrem unvorteilhaften Kleid auf der Oscarverleihung. Und noch einmal: viele Frauen sind so. Das mag man wenig intellektuell finden, aber Fussballübertragungen sind das auch nicht.