Im Fahrwasser schwimmen oder lieber eigene Wege suchen?

  • Hat man Erfolg, wenn man den Erfolg anderer kopiert? Oder freundlicher gesagt: Das eigene nach dem ausrichtet, was gerne genommen wird? Indem man (un)geschriebene Regeln verfolgt und möglichst nicht verletzt? Letzteres fordern ja immer mal wieder auch Lektoren, die sonst empfindlich mit der Ablehnung von eingesandten Manuskripten drohen. Aber auch Leser, die wollen, dass sie sich mit Prota- und Antagonisten identifizieren möchten, leiden oft keine Abweichungen. Müssen Autorin und Autor sich danach richten, wenn sie sich nicht die Finger verbrennen wollen?


    In der Regionalgazette "Fränkische Nachrichten" gibt es heute (29.9.2015) ein Interview mit der Altmeisterin des deutschen Krimis: Ingrid Noll. Im Interview wurde sie zum Genre befragt:


    Zitat


    Wieso fanden Sie ausgerechnet zum Krimigenre, dem Sie dann eine eigenwillige Note gaben?
    Noll: Eher aus Versehen. Ich wollte etwas für Erwachsene schreiben. Nachdem ich schon mit Geschichten für Kinder experimentiert hatte. Unsere Kinder waren schon groß. Ich habe mir dann gedacht, das Krimigenre sei leichter und werde von der Kritik nicht so wahrgenommen. Dass es leichter ist, stimmt aber wohl nicht. Ich geriet dann jedoch auf eine etwas andere Schiene beim Schreiben, weshalb mein erster Roman "Der Hahn ist tot" ein etwas merkwürdiger Krimi wrude. Aber genau das war wohl ein Grund für seinen Erfolg, er war eben anders.

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    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Muss Autorin und Autor danach richten, wenn sie sich nicht die Finger verbrennen wollen?


    Müssen tut ja niemand. Es ist eine Frage der Entscheidung, welchen Weg man wählt. (siehe erstes Märchen in deinem Buch "Der Fürst im Berg" ")" )
    Das herauszufinden dauert manchmal lange. Bei manchen auch nicht.
    Um mal von man und manchen und manchmal wegzukommen:
    Ich selbst bin da tw. noch in der Phase des Suchens, merke aber eine deutliche Grenze, wenn es darum geht, mich anzupassen. Ich habe auch schon zweimal eine Zusammenarbeit aus dem Grunde abgelehnt.

  • Ingrid Noll hat das gut zur Sprache gebracht. "Anders" zu schreiben, also nicht mitten im oft rasenden Fluss des Mainstreams zu schwimmen, lieber den oder den hochinteressanten Seitenarm zu nehmen, heißt ja nicht, es ist langweilig. Wenn sehr viele in diesem Fluss schwimmen, wird es eng und die Schwimmer sehen sich alle verdammt ähnlich. Da guckst du doch woanders hin - und findest Bücher, Romane, die dich bezaubern, erfrischen, die dich total in den Bann ziehen.
    Und das "Andere" kann sehr wohl ein Erfolg werden.
    Letztendlich ist es eine sehr persönliche Entscheidung, denn auch Mainstream will gekonnt sein. Und manches Mal ist es eine Entscheidung zugunsten des Bankkontos.


    Ich neige eher dazu, "was anderes zu schreiben", beziehungsweise es kommt immer wieder so.

  • Zitat

    also nicht mitten im oft rasenden Fluss des Mainstreams zu schwimmen,
    lieber den oder den hochinteressanten Seitenarm zu nehmen, heißt ja
    nicht, es ist langweilig.

    Eher umgekehrt. Allzu 'mainstreamig' kann leicht in Abkupfern ausarten. Ich finde es gar nicht schlecht, wenn man das handwerkliche Rüstzeug hat, um einen Mainstramkrimi schreiben zu können. Was man schreiben will, ist eine ganz andere Frage.

  • Vereinfacht ausgedrückt - kommt darauf an, ob man Geld verdienen oder Kunst machen möchte.

    Περὶ θεῶν λέγε, ὡς εἰσἰν. Von den Göttern sage: sie sind. (Bias von Priene)
    [buch]3939459801[/buch]

  • Vereinfacht ausgedrückt - kommt darauf an, ob man Geld verdienen oder Kunst machen möchte.


    Bei Frau Noll scheint sich das Geldverdienen aber mit dem Vorsatz, es anders zu machen, nicht auszuschließen.

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    Emanuel von Bodmann


  • Ich lese da keinen Vorsatz heraus. Es schent sich so ergeben zu haben. Das finde ich auch besser so, weil weniger krampfig. Meiner Meinung nach kann man es spürten, ob sich eine Eigenart aus der Geschichte oder dem Autoren heraus ergeben hat oder ob jemand unbedingt anders schreiben wollte als die anderen.


  • Bei Frau Noll scheint sich das Geldverdienen aber mit dem Vorsatz, es anders zu machen, nicht auszuschließen.


    Tut es ja auch nicht, ist nur nicht so wahrscheinlich.

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