Amazon ändert die Bezahlung von Autoren

  • Zitat

    Mir scheint, dass in diesem und anderen Threads mehrere Leute Bauchschmerzen haben, weil "schlechte" Literatur erscheint.


    Niemand hat Bauchschmerzen (warum auch?), weil "schlechte" (was ist das?) Literatur erscheint, also Texte publiziert werden, die in keinem Kanon landen, vielleicht nicht einmal das Erscheinungsjahr überleben - wir alle produzieren überwiegend solche Texte. Schlecht und schlecht ist in diesem Kontext nicht dasselbe. Es geht um Publikationen, die nicht keine Literatur sind, sondern noch nicht einmal Texte. Und es geht auch, verdammtnocheins, immer nur darum, dass dieses ... Material auf Augenhöhe mit dem Rest konkurriert, also umgekehrt den Autoren, die gutes Material produzieren, das Leben erschwert. Der Kampf auf dem Lektorenschreibtisch ist hier zu den Konsumenten verlagert. Ganz wertfrei festgestellt. Genau deshalb gibt es "Qindie" und ähnliche Initiativen.


    Jeder "John Sinclair"-Roman ist um Welten, Galaxien und Universen besser als dieser Ausschuss, von dem u.a. ich hier rede. Und manch ein erfolgreicher Autor - womit ich nicht nur Selfpublisher meine - wäre froh, würde er handwerklich das leisten können, was die "John Sinclair"-Autoren beherrschen.


  • Jeder "John Sinclair"-Roman ist um Welten, Galaxien und Universen besser als dieser Ausschuss, von dem u.a. ich hier rede. Und manch ein erfolgreicher Autor - womit ich nicht nur Selfpublisher meine - wäre froh, würde er handwerklich das leisten können, was die "John Sinclair"-Autoren beherrschen.


    Es gibt fast nur einen John Siclair Autor. Und das Handwerk, dass diese(r) Autor(en) beherrschen, ist wirklich nur einfachstes Handwerk, das jeder erlernen kann ohne ein bisschen Talent zu haben. Na ja - das Talent der Ausdauer wird auf jeden Fall benötigt. ;)


    Besser als mancher selbstveröffentlichte Schwachsinn? Ja sicher, weil Strukturen eingehalten werden: Rechtschreibung und Grammatik, wenn auch auf einfachem Niveau. keine Frage. Galaxien besser ist aber eine Überhöhung, die so übertrieben ist wie die ganze Diskussion um die schlechten Autoren beim Selfpublishing.


    Und selbstverständlich habe ich nichts dagegen, dass diese John Sinclair Hefte gelesen werden. Gegen das "dürfen" habe ich mich ja schon weiter oben verwahrt. Das sie gelesen werden ist ja unübersehbar. Es bleibt mir aber das Recht, mich darüber zu wundern, das überhaupt so etwas gelesen wird.

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Hallo, Horst-Dieter.


    Auch das erlernbare Handwerk muss man erlernen wollen. Viele Leute, die ihren Textdünnschiss per KDP, BoD, DKZ oder sonstwie verklappen, wollen das nicht. Warum auch? Für die Veröffentlichung selbst ist es irrelevant. Tunwollen und Tunkönnen sind an dieser Stelle Synonyme. Und ich fürchte, Du weißt wirklich nicht, wovon Du hier sprichst. Der weiter oben verlinkte Text entstammte mehr oder weniger einer Zufallsauswahl. Es gibt Massen solcher Beispiele, und es werden täglich mehr.


    Wenn ich über dieses Thema spreche, was ich wahrscheinlich bald nicht mehr tun werde, geht es nur um die Frage(n): Was ist das Umfeld, in dem ich mich als Schriftsteller bewege? Was sind die immanenten Chancen, welche Einschränkungen entstehen durch meine Entscheidungen? Wie wird sich mein Erfolg darstellen, wie der Misserfolg? Wovon wird eines von beidem (oder beides) abhängig sein? Was muss ich beachten, wenn ich mich - grundsätzlich oder von Fall zu Fall - für die eine oder andere Option entscheide? Wie sieht es mit Nachhaltigkeit, Reputation und anderen Aspekten aus? Welche Art von Karriere wird oder kann das sein? Es geht hier weder um Grundsatzkritik, noch um das unreflektierte Alles-in-einen-Topf-werfen oder gar Hass (wer Institutionen zu hassen beginnt, sollte Therapiestunden buchen). Sondern um Fragen, die meines Erachtens essentiell sind, wenn man sich diesem Job zuwendet oder im Verlauf der Karriere Richtungsentscheidungen trifft. Ich bin nicht gegen Selfpublishing. Wer einen Verlagsvertrag unterschreibt, wird in den allermeisten Fällen im Anschluss nicht sehr viel besser dastehen als vorher. Er wird eine Publikation vorweisen können, aber das ist auch schon alles, was man (fast) immer erwarten kann (manchmal kommt es trotz Vertrag nicht einmal dazu). Man wird nicht automatisch reich oder berühmt oder verfilmt oder weiß der Geier was noch. Oft passiert überhaupt nichts. Das Buch erscheint, wird kaum beachtet, verschwindet wieder - Fehlentscheidungen im Vorfeld und auch später kann es auch hier geben, sogar massenweise. Aber wir reden hier, in diesem Thread, über die andere Variante. Die eben nicht immer gelbgolden glänzt, mit endloser Freiheit und fetten Tantiemen, die ab dem Tag des Hochladens auf dem Konto landen. Wo man auch nicht einfach machen kann, was man will, jedenfalls, wenn man den Job ernst nimmt. Wenn man gar nicht nur davon leben, sondern sogar etwas erreichen möchte. Und es ist eben auch ein anderer Markt, mit anderen Schwierigkeiten, anderen Arten der Konkurrenz, einer anderen Taktung und, nach allem, was man bisher weiß, einem völlig anderen Leserverhalten. Damit muss man sich auseinandersetzen. Und nichts anderes mache ich.

  • Hallo Tom,


    frei von jeder Polemik, bitte nicht missverstehen :): Sind das denn nicht zwei unterschiedliche Leser- und Käufergruppen, die, die sich durch das Selfpublishing-Angebot klicken, und die, die Deine und die Bücher anderer Autoren kaufen, die erst mal die Hürde des Lektorats nehmen mussten?


    Ich weiß es nicht, ich frage das ernsthaft. Denn ich kann Deine Sorge nachvollziehen, dass Teile dessen, was da hochgeladen wird, den Markt und auch das "Berufsbild" des Schriftstellers verderben.


    Aber ich frage mich gleichzeitig, ob es sich dabei nicht um ganz verschiedene Lesergruppen handelt, und ob man diese "Konkurrenz" ernsthaft fürchten muss. Vor allem frage ich mich auch, ob sich der Markt nicht doch schnell selber reguliert. Denn es wird eben nicht jeder Mist gelesen, sondern, denke ich, auch im Heftromanbereich eben nur das, was ein gewisses handwerkliches Können aufweist. Und viele Selfpublisher weisen es eben nicht auf. Und das merken doch die Leser auch.


    Ich frage mich das, ich meine das hier nicht rhetorisch.

  • Hallo, Horst-Dieter.


    Auch das erlernbare Handwerk muss man erlernen wollen. Viele Leute, die ihren Textdünnschiss per KDP, BoD, DKZ oder sonstwie verklappen, wollen das nicht. Warum auch? Für die Veröffentlichung selbst ist es irrelevant. Tunwollen und Tunkönnen sind an dieser Stelle Synonyme. Und ich fürchte, Du weißt wirklich nicht, wovon Du hier sprichst. Der weiter oben verlinkte Text entstammte mehr oder weniger einer Zufallsauswahl. Es gibt Massen solcher Beispiele, und es werden täglich mehr.


    Doch, ich glaube schon dass ich weiß, wovon ich spreche und ich stimme dir sogar in der Einschätzung - die Masse taugt nichts! - zu. Ich werte nur anders. Die Masse an schlechten Selbstpublikationen rechtfertigt m.E. nicht die Arbwertung dieser Publikationsform. Und wenn es nur eine einzige gute Autorenpersönlichkeit in der Masse der Selfpublisher gäbe, dann wäre das schon Rechtfertigung genug.


    Zitat


    Wenn ich über dieses Thema spreche, was ich wahrscheinlich bald nicht mehr tun werde, geht es nur um die Frage(n): Was ist das Umfeld, in dem ich mich als Schriftsteller bewege? Was sind die immanenten Chancen, welche Einschränkungen entstehen durch meine Entscheidungen? Wie wird sich mein Erfolg darstellen, wie der Misserfolg? Wovon wird eines von beidem (oder beides) abhängig sein? Was muss ich beachten, wenn ich mich - grundsätzlich oder von Fall zu Fall - für die eine oder andere Option entscheide? Wie sieht es mit Nachhaltigkeit, Reputation und anderen Aspekten aus? Welche Art von Karriere wird oder kann das sein? Es geht hier weder um Grundsatzkritik, noch um das unreflektierte Alles-in-einen-Topf-werfen oder gar Hass (wer Institutionen zu hassen beginnt, sollte Therapiestunden buchen). Sondern um Fragen, die meines Erachtens essentiell sind, wenn man sich diesem Job zuwendet oder im Verlauf der Karriere Richtungsentscheidungen trifft.


    Diese Überlegungen sind durchaus angebracht. Es gibt aber auch andere, die für »dein Autor/die Autorin« die Veröffentlichen möchte hinzu kommen. Zum Beispiel: Welche Einflussnahme möchte ich zulassen? Wie lange möchte ich auf die Publikation warten? Wie wichtig ist es mir, im »Umfeld« anderer Autoren veröffentlicht zu werden und noch ein paar Überlegungen mehr. In manchen Fällen werden die Antworten auf solche und ähnliche Fragen die anderen überwiegen.


    Etwas gefährliches steckt auch noch in den Überlegungen, die du aufführst, nämlich die, ob man sich einem gewissen Gruppenzwang fügen soll (oder muss!). Gruppenzwang ist immer schlecht, aber auch nicht wegzudiskutieren. Das haben auch die Selfpublisher erkannt und versuchen eigene Gruppierungen zu finden die tauglich zum Vorzeigen sind. Qindie waren nicht einemal die erste dieser Gruppierung, werden auch mit Sicherheit nicht die letzte sein. Und du magst das glauben oder nicht - in Zukunft werden solche Gruppen an Reputation gewinnen. Die augenblickliche Situation ist nicht dazu geeignet, sie auf die Zukunft fortzuschreiben.


    Zitat


    Ich bin nicht gegen Selfpublishing.


    Zumindest ich habe Dir das auch nicht unterstellt. Andererseits ist es überdeutlich, dass Du persönlich den Verlag als Publikationsfläche für Autoren für die bessere Lösung hältst. Das ist in Ordnung, solange damit nicht die Herabstufung von Autoren, die andere Entscheidungen treffen, verbunden ist. Vermutlich willst Du das auch nicht, zumindest schätze ich das so ein, aber es klingt manchmal so.


    Zitat


    Wer einen Verlagsvertrag unterschreibt, wird in den allermeisten Fällen im Anschluss nicht sehr viel besser dastehen als vorher. Er wird eine Publikation vorweisen können, aber das ist auch schon alles, was man (fast) immer erwarten kann (manchmal kommt es trotz Vertrag nicht einmal dazu). Man wird nicht automatisch reich oder berühmt oder verfilmt oder weiß der Geier was noch. Oft passiert überhaupt nichts. Das Buch erscheint, wird kaum beachtet, verschwindet wieder - Fehlentscheidungen im Vorfeld und auch später kann es auch hier geben, sogar massenweise. Aber wir reden hier, in diesem Thread, über die andere Variante. Die eben nicht immer gelbgolden glänzt, mit endloser Freiheit und fetten Tantiemen, die ab dem Tag des Hochladens auf dem Konto landen. Wo man auch nicht einfach machen kann, was man will, jedenfalls, wenn man den Job ernst nimmt. Wenn man gar nicht nur davon leben, sondern sogar etwas erreichen möchte. Und es ist eben auch ein anderer Markt, mit anderen Schwierigkeiten, anderen Arten der Konkurrenz, einer anderen Taktung und, nach allem, was man bisher weiß, einem völlig anderen Leserverhalten. Damit muss man sich auseinandersetzen. Und nichts anderes mache ich.


    Da gibt es nichts zu kritisieren!


    :)

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    Emanuel von Bodmann


  • Hm. Ich wage es mal, mich mit einer - zugegeben altmodischen - Überlegung weit aus dem Fenster zu lehnen, die sich mir bei all diesen quälenden Diskussionen rund um das Thema immer wieder aufdrängt: Hat die Position, die man auf diesem Feld einnimmt, nicht sehr viel damit zu tun, welchen Anspruch man an das Schriftstellertum hat - oder anders ausgedrückt, welches Selbstverständnis man als Schriftsteller hat?
    Man kann die ganze scheinbar so schöne neue Welt des ungehemmten Veröffentlichungswahns natürlich rein praktisch, vor allem merkantil, betrachten und beurteilen. Man kann aber angesichts der beklagenswerten Auswüchse, die sie mit sich bringt und die hier exemplarisch schon angeführt wurden, durchaus zurückschrecken und grübelnd fragen: Was macht das eigentlich mit Literatur? Und dann öffnen sich die mühsam zusammengehaltenen Schleusen, und mit gewaltigem Druck rollt die hochnotpeinliche Frage heran: Hält Kunst die massenhafte Verhunzung denn überhaupt aus, ohne elementar an Bedeutung zu verlieren? Und, daran anschließend: Wie viel schlechte Bücher verträgt der Mensch, verträgt Kultur überhaupt, bevor das Gespür für Sprachkunst, für gut Geschriebenes - Dichtung im weitesten Sinne also - verloren geht?
    Ach ja.

  • Hallo Didi,


    Mozart und Bach bestehen auch nach wie vor. Neben dem "Musikantenstadl".


    Ich kenne die Sorge zwar, aber ich glaube, sie muss nicht allzu groß sein :) Der größere Anteil der Bevölkerung ist vielleicht eher Fan der volkstümlichen Musik, aber ich glaube, es gibt immer Menschen, die einen anderen Geschmack haben und den auch behalten und an ihre eigenen Kinder weitergeben werden.

  • Hm. Ich wage es mal, mich mit einer - zugegeben altmodischen - Überlegung weit aus dem Fenster zu lehnen, die sich mir bei all diesen quälenden Diskussionen rund um das Thema immer wieder aufdrängt: Hat die Position, die man auf diesem Feld einnimmt, nicht sehr viel damit zu tun, welchen Anspruch man an das Schriftstellertum hat - oder anders ausgedrückt, welches Selbstverständnis man als Schriftsteller hat?


    Was fallen mir dazu für Stichworte ein?


    - Dünkel


    - antiquiert


    - rückwärtsgewand


    und ich könnte die Liste jetzt noch länger machen, aber das bringt nichts.


    Lieber Didi,


    ich schätze Dich sehr als Kollegen und als Schriftsteller. Du hast bewiesen, dass Du nicht nur einfach Dein Handwerk verstehst sondern mehr kannst als die Masse. Genau das sollte Dich aber m.M.n. befähigen, auch über den eigenen Tellerrand zu schauen und nicht andere Wege, als Du sie gehst, in Bausch und Bogen zu verdammen.


    Und was die Masse an schlechter Literatur via Selfpublishing anbelangt, so macht das mit der Literatur überhaupt nichts. Es macht nur, das viele Leute glauben, etwas veröffentlichen zu müssen. Das dürfen sie sogar, denn kein Gesetzt spricht dagegen (solange die Inhalte selbst nicht gegen Gesetze verstoßen). Solange es keinen Zwang gibt, dies lesen zu müssen, sehe ich keinerlei Gefahr für die Literatur an sich.


    Horst-Dieter

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  • Hallo, Horst-Dieter.


    Ich kann Didis letztem Posting keine Verdammung in Bausch und Bogen entnehmen, sondern nur eine Frage, die durchaus auch als selbstkritisch zu bewerten ist: Was geschieht mit Schriftstellerei und Literatur, wenn es sich durchsetzt, nur noch oder wenigstens überwiegend diese direkten Wege zu gehen? Das ist auch in meinen Augen eine Frage, die man sich durchaus in ernstzunehmender Weise stellen kann und sollte (obwohl ich nicht der Überzeugung bin, dass diese Entwicklung eintreten wird). Auch die Zusammenarbeit mit Verlagen hat fraglos inhaltliche und künstlerische Konsequenzen; sicherlich haben einige wenige die Freiheit, im Umgang mit Verlagen tun und lassen zu können, worauf immer sie Lust haben (ich kenne einige Autoren, die beispielsweise in die Verlagsverträge aufnehmen lassen, dass es kein Lektorat geben wird), doch im überwiegenden Normalfall wird es Einflüsse und Einflussversuche von Programmleitung über -konferenz (auch mit dem Präfix "Vertreter") bis zum Lektorat geben - mal mehr, mal weniger. Ein Unterschied scheint jedoch darin zu bestehen, dass es so weit beim erfolgreichen Selfpublishing (wenigstens derzeit) nicht einmal kommt, denn das, was via Selfpublishing erfolgreich ist, betrifft nicht nur eine überschaubare Anzahl von Genres, sondern viel mehr als das - bis letztlich hinunter zum eigentlichen Thema dieses Threads: Durch die Bezahlsysteme und ihre inhaltliche Ausgestaltung geben die Distributoren sogar vor, wie Texte aufgebaut sein sollten, an denen man mehr verdient. Wer sich als Autor - fallweise oder generell - für diese Option entscheidet, muss (aktuell) bestimmte Genres bedienen und bestimmte Arten von Texten liefern, um zu bestehen. In hoher Taktung und mit großer Fähigkeit zur Flexibilität muss man die Kunden direkt bedienen, sehr schnell reagieren und die Bewegungen des Marktes genau im Blick behalten. Das geht mit einem völlig veränderten Paradigma einher; gemächliche Planung, lange Recherche, ausufernde Diskussionen mit Agenturen und Verlagsmitarbeitern fallen weg, aus Intensität wird Akkord, schlimmstenfalls. Die Ergebnisse wandern unmittelbar auf die Reader der Kunden, wenn es denn gelingt, die Kunden zu locken. Das ist keine Bewertung, sondern eine Feststellung. Marketing können sich nur diejenigen leisten, die bereits Einnahmen erzielt haben oder über entsprechende Polster verfügen. Die Anbindung an die Fanbasis ist direkter, die einzelnen Titel sind (noch) weniger unabhängig von einander. Und. So. Weiter. Das sind alles Dinge, die unsere Art zu arbeiten, unser Selbstverständnis, unsere Ansprüche an uns selbst, sogar unser Selbstwertgefühl beeinflussen können. Vor allem jedoch das, was wir herstellen.


    Es ist ja - derzeit - zum Glück keine Entweder-oder-Frage, auch wenn sie zuweilen so kategorisiert wird. Das gilt bei der Oder-Variante jedoch für einen bestimmten Aspekt, nämlich für die Frage nach dem "Mit wem". Amazon hat den Boom erst ermöglicht. Amazon beherrscht diesen Markt. Alle, die jetzt mit ihren Versuchen, ähnliche Dienstleistungen anzubieten, daherkommen, sind Jahre zu spät dran. Es wird weitere Jahre dauern, bis sie, wenn überhaupt, aufschließen. Bis dahin lautet die Antwort auf diese Frage: Amazon. Vielleicht mit irgendeinem Dienstleister, der zwischengeschaltet ist, und der ein paar E-Books via iTunes vertickt. Unterm Strich ändert das wenig. Und wenn Amazon diesen Markt beherrscht und die Konditionen diktiert, dann muss man das in Autorenforen diskutieren, ohne dass einem "Hass" oder Amazon-Bashing oder Maschinenstürmerei oder ähnliches unterstellt werden. Weil es eben um mehr geht als nur veränderte Vergütungen.

  • Hallo, Horst-Dieter.


    Ich kann Didis letztem Posting keine Verdammung in Bausch und Bogen entnehmen,


    Ja, stimmt. Da habe ich unüberlegt ein wenig überzogen. Aber wenn dieser Satz gestrichen wird, kann das vorgehende trotzdem bestehen bleiben. Denn so eindeutig sehe ich Deine Auslegung nicht.


    Zitat


    sondern nur eine Frage, die durchaus auch als selbstkritisch zu bewerten ist: Was geschieht mit Schriftstellerei und Literatur, wenn es sich durchsetzt, nur noch oder wenigstens überwiegend diese direkten Wege zu gehen? Das ist auch in meinen Augen eine Frage, die man sich durchaus in ernstzunehmender Weise stellen kann und sollte (obwohl ich nicht der Überzeugung bin, dass diese Entwicklung eintreten wird).


    Das glaube ich im Übrigen auch nicht, aber ich bin davon überzeugt, dass sich das Selbstveröffentlichen von Literatur als ernstzunehmende Variante stärker etablieren wird als bisher. Verlage sind ja auch schon dazu übergegangen, diese Variante zu beobachten und erfolgreiche Titel abzuwerben.


    Zitat


    Auch die Zusammenarbeit mit Verlagen hat fraglos inhaltliche und künstlerische Konsequenzen; sicherlich haben einige wenige die Freiheit, im Umgang mit Verlagen tun und lassen zu können, worauf immer sie Lust haben (ich kenne einige Autoren, die beispielsweise in die Verlagsverträge aufnehmen lassen, dass es kein Lektorat geben wird), doch im überwiegenden Normalfall wird es Einflüsse und Einflussversuche von Programmleitung über -konferenz (auch mit dem Präfix "Vertreter") bis zum Lektorat geben - mal mehr, mal weniger.


    Wo Licht ist, ist auch Schatten. So hilfreich und sinnvoll diese Eigenheit von Verlagen ist, Manuskripten Lektorat und dem fertigen Buch später so etwas wie Marketing angedeien zu lassen, so negativ wirkt sich das in manchen Fällen (und m.M.n. in nicht wenigen) aus. Die Alternative heißt für mich aber nicht zwangsweise zum Selfpublishing zu wechseln sondern die Stärkung der Position der Autoren. Was nicht leicht ist, weshalb dann sicher manche doch zum SP greifen.


    Zitat


    Ein Unterschied scheint jedoch darin zu bestehen, dass es so weit beim erfolgreichen Selfpublishing (wenigstens derzeit) nicht einmal kommt, denn das, was via Selfpublishing erfolgreich ist, betrifft nicht nur eine überschaubare Anzahl von Genres, sondern viel mehr als das - bis letztlich hinunter zum eigentlichen Thema dieses Threads: Durch die Bezahlsysteme und ihre inhaltliche Ausgestaltung geben die Distributoren sogar vor, wie Texte aufgebaut sein sollten, an denen man mehr verdient.


    Wie das? Das Bezahlsystem, das Amazon gerade ändert, betrifft nur und ausschließlich das Verfahren Kindle unlimited. Dem muss man sich nicht anschließen. Andere Distributoren haben das nicht. Hier solltest du besser differenzieren.


    Zitat


    Wer sich als Autor - fallweise oder generell - für diese Option entscheidet, muss (aktuell) bestimmte Genres bedienen und bestimmte Arten von Texten liefern, um zu bestehen. In hoher Taktung und mit großer Fähigkeit zur Flexibilität muss man die Kunden direkt bedienen, sehr schnell reagieren und die Bewegungen des Marktes genau im Blick behalten. Das geht mit einem völlig veränderten Paradigma einher; gemächliche Planung, lange Recherche, ausufernde Diskussionen mit Agenturen und Verlagsmitarbeitern fallen weg, aus Intensität wird Akkord, schlimmstenfalls. Die Ergebnisse wandern unmittelbar auf die Reader der Kunden, wenn es denn gelingt, die Kunden zu locken.


    Als Siegfried mir von seinen Überlegungen erzählte, seine philosophischen Abhandlungen als E-Book zu veröffentlichen, gab ich dem keine Chance. Für mich bestanden die E-Book-leser ausschließlich aus Lesern von Genreliteratur minderer Qualität. Siegfried hat mit seinen E-Books (und über CreateSpace gedruckten) Werken einen beachtlichen Erfolg, was meine Einschätzung des Lesepublikums und des Selfpublishing verändert hat. Wenn man immer nur in die eine Ecke starrt, dann weiß man eben nicht, was in den anderen Ecken vor sich geht.


    Zitat


    Das ist keine Bewertung, sondern eine Feststellung. Marketing können sich nur diejenigen leisten, die bereits Einnahmen erzielt haben oder über entsprechende Polster verfügen. Die Anbindung an die Fanbasis ist direkter, die einzelnen Titel sind (noch) weniger unabhängig von einander. Und. So. Weiter. Das sind alles Dinge, die unsere Art zu arbeiten, unser Selbstverständnis, unsere Ansprüche an uns selbst, sogar unser Selbstwertgefühl beeinflussen können. Vor allem jedoch das, was wir herstellen.


    Marketing wird überbewertet. Zumindest wenn man nur auf Marketing im großen Stil schaut. Das Marketing an der Basis jedoch kann schon dafür sorgen, dass man mit einer selbst veröffentlichten Publikation mehr erreicht als mit einer Verlagspublikation, die im Gesamtmarketing des Verlages untergeht - wenn überhaupt welches für diese eine Werk welches gemacht wird.


    Zitat


    Es ist ja - derzeit - zum Glück keine Entweder-oder-Frage, auch wenn sie zuweilen so kategorisiert wird. Das gilt bei der Oder-Variante jedoch für einen bestimmten Aspekt, nämlich für die Frage nach dem "Mit wem". Amazon hat den Boom erst ermöglicht. Amazon beherrscht diesen Markt. Alle, die jetzt mit ihren Versuchen, ähnliche Dienstleistungen anzubieten, daherkommen, sind Jahre zu spät dran. Es wird weitere Jahre dauern, bis sie, wenn überhaupt, aufschließen. Bis dahin lautet die Antwort auf diese Frage: Amazon. Vielleicht mit irgendeinem Dienstleister, der zwischengeschaltet ist, und der ein paar E-Books via iTunes vertickt. Unterm Strich ändert das wenig. Und wenn Amazon diesen Markt beherrscht und die Konditionen diktiert, dann muss man das in Autorenforen diskutieren, ohne dass einem "Hass" oder Amazon-Bashing oder Maschinenstürmerei oder ähnliches unterstellt werden. Weil es eben um mehr geht als nur veränderte Vergütungen.


    Das ist natürlich auch ein Punkt, der mir nicht behagt. Man kann an Amazon nicht vorbei sehen und man muss Amazon möglicherweise sogar dankbar sein, dass es diese Entwicklung überhaupt ermöglicht hat. Das heißt aber noch lange nicht, das man deshalb Amazon unkritisch gegenüber treten muss. Das jede kritische Äußerung gleich zur "Aussonderung" führt erlebe ich ebenfalls schmerzhaft. Dabei rufe ich nicht zum Boykott gegen Amazon auf oder sage, dass es der Böse in Person ist. Ich empfehle sogar allen, die Selfpublishing probieren wollen, es mit Amazon zu probieren. So einfach geht es nirgendwo anders derzeit und epbuli mit seinen unmöglichen Verträgen ist alles andere als eine Option. Wenn überhaupt rate ich die zu boykottieren.

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  • In der Tat wollte ich mein Posting nur als Reflexion verstanden wissen - ich gab ja auch keine Antwort auf die Fragen, die ich aufwarf. Mag sein, dass allein die Fragen für dich, lieber Horst-Dieter, bereits so provokant waren, dass du daraus Dünkelhaftigkeit meinerseits ableiten wolltest, allein: Sie waren nichts anderes als lautes Grübeln. Aber ich sehe gerade, du hast deine Reaktion diesbezüglich ja schon relativiert. Also gut.


    Ich frage mich einfach, wo uns die massenweise unkontrollierte Veröffentlichungsflut im SP-Zeitalter literarisch wohl hinführen möchte. Eine Antwort scheint mir auf der Hand zu liegen: Sie wird zumindest die Qualitätsansprüche an Sprachrichtigkeit auf Dauer ins Negative verschieben.


  • 1. So wäre dieses ansonsten tolle Buch NIEMALS durch ein Lektorat gegangen und


    Wenn du das "niemals" streichst, dann habe ich gegen deine Argumentation durchaus nichts einzuwenden. Es gibt genügend Beispiele (wenn auch im Verhältnis zu SP wenige), wo auch Verlage wenig Wert auf ein vernünftiges Lektorat oder gar Korrektorat legen. Immer dann, wenn Verlag meint, es kommt nicht darauf an (weil die Zielgruppe das sowieso nicht merkt oder der Autor eine entsprechende Aufwertung seines Buches "noch" nicht wert ist) wird da geschludert und durchaus nicht nur bei Kleinverlagen.


    Das ist im Übrigen auch ein Grund, warum ich nach einer Experimentierphase das SP für mich vorläufig nicht weiter berücksichtige. Wenn ich das ernsthaft betreiben wollte, müsste ich da entsprechend größeren Aufwand betreiben und das geht nicht mehr alles im Do-it-yourself-Verfahren. Ich finde in fremden Texten mehr Fehler als in meinen eigenen. Das ist einfach so. Sollte ich also doch irgendwann noch das eine oder andere aus der virtuellen Schublade holen und selbst veröffentlichen, weil es mir zum digitalen Vergammeln zu schade ist, dann müsste eine entsprechende Aufbereitung stattfinden.

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  • Zitat

    Immer dann, wenn Verlag meint, es kommt nicht darauf an (...), wird da geschludert und durchaus nicht nur bei Kleinverlagen.


    Beispiel? Eines reicht schon.

  • Beispiel? Eines reicht schon.


    Hier


    obwohl ich sicher bin, dass dir auch schon so etwas mal untergekommen ist, das ein Buch in einem »richtigen« Verlag nicht ordentlich aufgelegt wurde. Es kommt vor, ob Dir das gefällt oder nicht. Und es ist unsinnig das abzustreiten. Ansonsten bitte ich mein Gesamtposting zu betrachten und NICHT nur den hier zitierten Auszug. Ich führe keineswegs einen Feldzug gegen Verlage, ich mag nur die Schönfärberei auf der einen Seite so wenig wie auf der anderen.

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  • Hallo, Horst-Dieter.


    Ich kann Deiner Argumentation nicht folgen.


    Gmeiner ist mit einer Bilanzsumme von knapp 1,8 Millionen € ein Kleinverlag. Und die von Dir angemerkten Fehler waren inhaltlicher Natur, während Dieter von orthografischen Fehlern sprach.


    Ja, hin und wieder rutscht auch "den Verlagen" etwas durch, ob nun absichtlich (weil, nach Deiner Lesart, die Zielgruppe aus Deppen besteht oder der Autor sowieso demnächst abserviert wird) oder aus Fahrlässigkeit. Aber es ist alles andere als die Regel. Während, und nur darauf wollte Dieter hinaus, selbst bei gelungenen, anspruchsvollen Texten, die per Selfpublishing veröffentlicht werden, viele solcher Fehler gefunden werden können, wobei gleichzeitig davon auszugehen ist, dass es bei vielen Texten die Regel ist. Was zumindest nach meiner Beobachtung auch stimmt (und ich beobachte keineswegs nur den kleinen Teil des Geschehens, der mir vermeintlich die besten Argumente liefert). Im Ergebnis, und darauf wollte Dieter wahrscheinlich hinaus, kommt man zu einem ähnlichen Modell, wie es jüngst an Schulanfängern ausprobiert wurde (in einigen Bundesländern gibt es das wohl noch): Es ist egal, wie geschrieben wird, Hauptsache, der Sinn bleibt erkennbar. Das war quasi die Ableitung, bezog sich also nicht auf den konkreten Text. Siegfried möge das Dieter verzeihen - und mir, dass ich abermals Bezug darauf genommen habe, ohne das Beispiel konkret zu kennen (ich lese derzeit ein anderes Buch von ihm).


    Anyway, die Diskussion nimmt ganz allmählich idiotische Züge an. Nicht Vergleichbares wird verglichen, in einer Absicht, die ich nicht verstehe. Das Qualitätsproblem beim Selfpublishing ist immanent und wird auch von den Protagonisten nicht bestritten. Deshalb gehört es zu den Hauptzielen der guten Selfpublisher, sich entsprechend abzuheben und abzusetzen. Dieses Bemühen frisst Ressourcen, was auch für alle anderen Tätigkeiten gilt, die man bei diesem Veröffentlichungsweg selbst übernehmen muss. Das sind Fakten, die kaum jemand verneinen wird. Sie stellen auch keine Bewertung dar, erst recht nicht eine Bewertung derjeniger, die diesen Weg erfolgreich wählen - und Leuten, die zwei Jahre für einen Vertrag gekämpft haben und dann weitere zwei Jahre auf ein Buch warten müssen, für das sie ein weiteres Jahr später die ersten Tantiemen erhalten, aus gutem Grund den Vogel zeigen. Es ist manchmal nervtötend und oft sehr anstrengend, mit - vor allem größeren - Verlagen zusammenzuarbeiten. Vieles geschieht im Hintergrund, auf das man sich Einfluss wünscht. Aber das gesamte Geschehen hat auch völlig andere Qualitäten und Auswirkungen. Es passieren im Vorfeld und später Dinge, die es beim Selfpublishing überhaupt nicht oder so nicht gibt. Das Verhältnis zum Produkt ist ein ganz anderes. Und der Markt, auf den man sich begibt, ist ein anderer. Ob Gmeiner bei einem Regionalkrimi ein paar Punkte vergisst oder dem Lektor durchgeht, dass bei angelegter Kapuze eigentlich keine Haare im Zugriff sein sollten - wofür oder wogegen soll das ein Argument sein? Du wirst kein in einem nennenswerten Verlag veröffentlichtes Buch finden, das vor orthografischen Fehlern strotzt, es sei denn, es handelt sich um eine Wiederveröffentlichung - oder der Autor ist Anhänger irgendeiner Schule, die explizit beispielsweise auf Interpunktion verzichtet.


    Selfpublishing ist eine prinzipiell großartige Angelegenheit - vor allem, wenn man es nicht mehr nötig hat, den eigenen Namen bekanntzumachen, aber längst nicht nur dann. Man hat die Möglichkeit, schnell zu agieren, man kann enorm viel verdienen, man kann alles veröffentlichen, ohne irgendwen fragen zu müssen. Man steht in fast direktem Kontakt zu den Lesern. Man erschließt sich eine starke Community. Man ist Herr über die eigene Arbeit, und es verdienen nur die mit, die auch unmittelbar am Verkauf beteiligt sind. All das gilt umso mehr, wenn man die Nischen erkennt und besetzt, die besonders profitträchtig sind. Aber es gibt auch kaum etwas, das mit einer Midlist vergleichbar wäre. Alle Investitionen muss man selbst tätigen. Qualitätskontrolle muss man einkaufen. Sämtliche Marketingleistungen sowieso. Wer all das will und kann und sich der Konsequenzen bewusst ist, wie beispielsweise Susanne und Simone, der wäre mit dem Ambossbeutel gepudert, würde er diesen Weg nicht gehen. Wobei ihn Susanne beispielsweise ja nicht ausschließlich geht. Und sich einige Selfpublisher mit dem aufkommenden Erfolg auch gerne von Verlagen ankaufen lassen. Selfpublishing zeigt den Verlagen erfolgreich, dass ihre Wege und Zielsetzungen zuweilen, nun, vielleicht nicht anachronistisch sind, aber offenbar hier und da an den Leserwünschen vorbeigehen. Ob die Verlage diese Wünsche überhaupt befriedigen wollen, ist jedoch eine ganz andere Frage.


    Es geht, und das erkläre ich jetzt wirklich zum letzten Mal, um die Tatsache, dass man sich der paradigmatischen Unterschiede bewusst sein muss. Einen Uwe Tellkamp, Thomas Glavinic, eine Juli Zeh, eine Eva Menasse, eine Katharina Hartwell oder einen Heinrich Steinfest gäbe es in der vergleichsweise erfolgreichen Variante nicht auf dem SP-Markt, jedenfalls nicht auf dem derzeitigen. Und vermutlich auch nicht Leute wie mich - oder, insofern vorhanden, vergleichbare. Ansatz und Markt sind komplett anders. Ja, es wird zwischen Vertragsabschluss und Veröffentlichung anderthalb Jahre gedauert haben, bis mein nächster Roman erscheint, und auch wenn er floppt, werden die Leute, die ihn kaufen, weil ein bestimmtes Verlagslogo auf das Buch gedruckt ist, eine bestimmte Qualität erwarten können und auch erhalten. Was sie nicht erhalten werden, das ist sich anbiedernde Genreliteratur, die auf jeder einzelnen Seite darum kämpft, dass der Leser bis zu nächsten durchhält, die vor Fehlern strotzt und schon mit dem Verkaufspreis mitteilt, nicht allzu viel wert sein zu wollen, um es mal hart auszudrücken. Das, was dort produziert wird, ist eine andere Form von Literatur, eine grundsätzlich andere Herangehensweise. Das Beispiel "Siegfried" bestätigt das lediglich als Ausnahme, und in gewisser Weise gilt das auch für Susanne (und einige andere Protagonisten). Letztmalig: Man sollte sich der Unterschiede bewusst sein, bevor man sich für das eine oder andere entscheidet, wenn man denn die Freiheit hat, diese Entscheidung auch zu treffen. Dabei ist die Qualität des überwiegenden Teils der SP-Texte nur ein Randaspekt. Wer gut - besser - ist, wird sich durchsetzen. Das ist nicht das Kernproblem. Es ist lediglich interessant - und man sollte sich eben auch solcher Aspekte bewusst sein. Punkt. Ende. Over. Aus.

  • Lieber Horst-Dieter, dein emsiges Mühen geht zumindest in diesem Falle in die Hose, sorry. In den von dir vorgelegten Textproben dieses Mönch-Schinkens ist nicht ein einziger Interpunktionsfehler enthalten.

  • Es ging mir bei dem Mönchsschinken auch weniger um Interpunktion als darum zu zeigen, dass Verlage es nicht unbedingt immer allzu genau nehmen und ebenfalls oberflächlich arbeiten können. Ich habe auch auf das ungleiche Verhältnis der Qualitätsprobleme bei den SP hingewiesen. Aber gut, ehe ich weiter gegen Windmühlenflügel anrenne und mich dabei verrenne - gebe ich lieber zu: aus dieser Sicht betrachtet spricht nicht viel für diesen Publikationsweg. Und das eine Kapazität wie Uwe Tellkamp bei dieser Publikationsform noch nicht sichtbar geworden ist lässt sich ebenfalls nicht verleugnen. Dass das so bleiben muss, ist damit aber nicht bestätigt.

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    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Doch noch eine Randbemerkung: Ich muss regelmäßig lächeln, wenn irgendwer mit der "Next Big Thing"-Behauptung daherkommt - und das mit der Prognose verbindet, alles vorherige werde nunmehr den Bach runtergehen. Nicht selten wird dann der Vergleich mit dem Siegeszug des Autos bemüht, und irgendwer zitiert, der wohl mal gesagt hat, dass sich das gegen die Kutsche nie durchsetzen wird. Ja, es gibt solche Entwicklungen - die Videotheken werden demnächst flächendeckend sterben, weil Streaming unbestechliche Vorteile bietet, ohne mit erkennbaren, nennenswerten Nachteilen daherzukommen: Wer auch in zwei, drei Jahren noch in die Videothek latscht, und das auch für jeden einzelnen Film gleich zweimal, hat den Schuss wirklich nicht gehört (oder lebt im Funkloch). Aber meistens stimmt es so einfach nicht. MP3-Player und auch das Musikstreaming haben das Radio nicht getötet. Youtube bedeutet vorläufig nicht das Aus des Fernsehens. Beide exemplarischen Entwicklungen bieten Vorteile, aber sie bieten nicht das gleiche wie die metaphorischen Kutschen, die von den Autos abgelöst wurden. So ähnlich verhält es sich meistens. Es kommt etwas Neues, und das Neue ist auch Konkurrenz, aber nicht nur. Die Quoten des Fernsehens mögen leicht gesunken sein, aber das audiovisuelle Konsumverhalten der meisten Menschen - die das übrigens im deutschen Durchschnitt mehr als 4 Stunden lang täglich tun - ist ein anderes als das der Youtuber. Man muss nicht darüber diskutieren, was am Fernsehen schlecht oder gut sein mag, sondern einfach nur die Entwicklung beobachten. Vor drei oder vier Jahren hat mir ein ansonsten findiger Typ erzählt, dass Desktop-Rechner und, vor allem, Desktop-Anwendungen demnächst verschwunden sein werden, weil internetbasierte Anwendungen, Cloud-Computing und mobile Geräte all das ersetzen werden. Next Big Thing. Tatsächlich hat all das seinen Markanteil erobert, vor allem jedoch neue Märkte erschlossen. Wer etwas auf Datensicherheit, Performance, Verlässlichkeit und Arbeitsplatzergonomie gibt, und das dürften die meisten Mittelständler sein, von den großen Unternehmen ganz zu schweigen, der hat seine Ausstattung zwar ergänzt, aber keineswegs all den obsoleten, uralten und scheußlich offlinen Krempel weggeschmissen. Und, siehe da: Der PC-Markt boomt wieder, steht sogar so gut da wie seit Jahren nicht mehr. Wer nicht unbedingt mit seinen Anwendungen online sein muss, bleibt lokal. Oder ergänzt das eine um das andere.


    Und das kann und sollte man auch bei den Erscheinungen machen (also die Entwicklung beobachten), über die wir hier sprechen. Selfpublishing ergänzt die Buchwelt. Klar, es gräbt auch Wasser ab, aber zumindest bislang nicht in einer Weise, die für irgendwen oder -etwas existenzgefährdend wäre. Tatsächlich scheinen sich einige Entwicklungen, die damit einhergehen, bereits wieder abzuschwächen. Möglich, dass die Todesprognosen dennoch irgendwann wahr werden, aber zum jetzigen Zeitpunkt und sehr wahrscheinlich noch in den kommenden Jahren wird das nicht der Fall sein. Das Neue - und das betrifft auch das Medium E-Book, das einen Teil dieser Entwicklung ausmacht - bietet Vorteile, sowohl aus Sicht der Konsumenten, als auch aus Sicht der Hersteller, aber keine unbestechlichen, und erst recht keine, die alle Vorteile des vermeintlich gegenteiligen Wegs verneinen würden. Es wäre müßig, all diese Aspekte hier zum tausendsten Mal aufzuzählen. Weder SP, noch E-Books sind das Next Big Thing. Beide bieten großartige Chancen und neue Wege, aber keines von beidem ist geeignet, die jeweiligen "klassischen" Pendants zu beseitigen. Es handelt sich um Ergänzungen, die auch neue Märkte erschließen, aber nicht um etwas, dessentwegen man sein Weltbild stantepede revidieren müsste. Oder sich, um Himmels Willen, aus Autorensicht bis aufs Blut bekämpfen müsste. Ganz im Gegenteil hat man die wunderbare Gelegenheit, beide Wege anschaulich zu vergleichen, um herauszufinden, wann sie geboten sind und wann nicht.


    Das war's dann aber auch endgültig. Versprochen. 8-)

  • Weder SP, noch E-Books sind das Next Big Thing. Beide bieten großartige Chancen und neue Wege, aber keines von beidem ist geeignet, die jeweiligen "klassischen" Pendants zu beseitigen. Es handelt sich um Ergänzungen, die auch neue Märkte erschließen, aber nicht um etwas, dessentwegen man sein Weltbild stantepede revidieren müsste. Oder sich, um Himmels Willen, aus Autorensicht bis aufs Blut bekämpfen müsste. Ganz im Gegenteil hat man die wunderbare Gelegenheit, beide Wege anschaulich zu vergleichen, um herauszufinden, wann sie geboten sind und wann nicht.


    Ich finde, ein besseres Wort zum Sonntag hat es an einem Montag noch nie gegeben. :evil


    Damit kann man schon mal einen Fred abschließen, der sich so ausgefranst hat.