Amazon und der Kampf um das E-Book-Geschäft


  • Andererseits ist absolut richtig, dass die gesamte Wirtschaft ähnliche Prinzipien nutzt. …


    Eben. Jedes Unternehmen das Monolpostellung erreicht oder dem zumindest nahe kommt, schafft eine Situation, die für alle unerträglich ist. Kunden wie Lieferanten. Für Amazon sind (u.a.) die Autoren Lieferanten. Wenn sich Autoren blind stellen und die Weltherrschaft oder eine weitgehende Alleinstellung fordern, dann werden sie sich noch wundern, was passieren wird.


    »Wes Brot ich ess, des Lied dich sing« war noch nie eine gute Losung.


    Gleiches gilt für Verlagsmonster und Buchhandelsketten. Ich habe die nicht gelobt und werde die nicht loben. Ich rufe aber weder für die einen noch für die anderen den Boykott aus.

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    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Stefanie, warum sollten sie das nicht tun? Die 70% ist deren Argument, SP an sich zu binden. Über die schiere Masse verdienen die sich ohne irgendeinen Aufwand dumm und dämlich. Wenn sie anfangen, die Schraube enger zu drehen ... sind sie IMMER noch tausendmal besser in den Konditionen als der gesamte Rest (Beam mal ausgenommen, aber über die verkauft man nix.)
    Nö, ich unk da nicht mit. Das einzige, was mir angst machen könnte, wäre die Vorstellung, dass die KDP und Create Space dicht machen könnten. (Verlagsauszahlung eBook: 20% vom netto. Bei miesen Verkaufszahlen von Verlagsebooks. Um das zu unterbieten, müsste Amazon für die Veröffentlichung und Distribution zur Kasse bitten, statt was zu zahlen, echt.)

  • Horst-Dieter: Für die Verlage sind Autoren Lieferanten und Heizmaterial. Bei Amazon krieg ich was raus unterm Strich.


    Der Rest: Ich hoffe, du wählst die Linke bei der kommenden Europawahl. :D
    Das ist das System, das haben wir uns selbst so eingerichtet. Ich schimpf nicht auf Einzelne, ich schimpfe gerade mal auf den gesamten Dreckskapitalismus.
    Und bei Amazon krieg ich wenigstens noch was ab vom Kuchen.

  • Susanne:
    Das du bei Amazon etwas vom Kuchen abbekommst, finde ich gut. Das will ich dir weder madig machen, noch will ich Verlage als etwas besseres herausstellen. Ich weiß selber, dass dies nicht so ist. Nur ist es leider nicht so, dass du dich auf Amazon verlassen kannst. Du - und alle anderen Autorinnen und Autoren - seid da nicht mehr als Mittel zum Zweck und werdet solange gut behandelt, wie es für Amazon nützlich ist. Manipuliert werden alle sowieso schon von Amazon.


    Schimpfen auf ein "System" halte ich für unnütz. Es gibt dieses "System" schlicht nicht, auf das immer geschimpft wird. Oder anders gesagt: Egal wo man ist und in welchem -ismus man lebt - es gibt immer ein "System" auf das gerne so voll Hass geschimpft wird. Letztendlich ist man Teil dieses Systems und hält es am leben, was immer man sich auch einredet.

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  • Susanne: Autoren sind nicht bei allen Verlagen Lieferanten und "Heizmaterial". Ganz so einfach ist das - wie so vieles - nicht. Aber, ja, man kann es schon als frustrierend empfinden, wie sehr man als "Verlagsautor" manchmal weiterkrebsen muss, obwohl die Investitionen, um das überhaupt zu erreichen, nicht eben gering waren, und man sich schon von vielen tausend anderen absetzen musste, um wenigstens "Heizmaterial" zu werden. Andererseits gehört "Strohfeuer" zu den eisernen Marketingprinzipien von Amazon; "schnell und viel" ist eine der wichtigsten Maximen. Ich bin ehrlich besorgt um die vielen guten Autoren, die ihre Karrieren allein auf dieses Standbein stützen, sich auch noch für Werbekampagnen vereinnahmen lassen - ohne die allergeringste Gewissheit, dass es den Komfort lang-, wenigstens mittelfristig geben wird. Denn diese superguten Schnellzahler sitzen nicht nur am längeren Hebel, sondern derzeit am einzigen.

  • Hallo Susanne,


    ich hasse auch kleine Buchhandlungen, in denen alte Tanten unfreundlich und wenig kompetent ihr kleines Reich beaufsichtigen. Aber das kann man natürlich nicht verallgemeinern.


    Und ich liebe es übrigens, bei Thalia zu stöbern. Ich finde da BuchhändlerInnen, die sich auskennen, mir was empfehlen, die kommunizieren können und einfach viel Leseerfahrung haben. Und ich mag es, das Buch aufzuschlagen, den ersten Satz zu lesen und einen in der Mitte. Ich hocke mich da hin und lese in Reiseführern und entscheide, wo ich hinfahre. Es gibt einen Tisch mit anspruchsvoller Literatur. Und so weiter. Es lebe Thalia. Und schade, dass es den Hugendubel nicht mehr in der Nürnberger Innenstadt gibt.


    Allerdings lese ich überhaupt keine E-Books. Ich wüsste nicht warum. Und ich meide wenn möglich Unternehmen, die vor allem zu den Kunden freundlich sind und nicht zu ihren Mitarbeitern. Irgendwann nähert sich das nämlich an. Wer seine Packerin scheiße behandelt, wird das auch ganz schnell mit seinen Kunden und mit seinen Autorinnen tun, wenn sich die Gelegenheit bietet, und die wird sich bieten. Und ja, da gibt es halt doch Unterschiede. Ich bestelle bei buch24.de, eine Firma drei Straßen weiter, da würde ich auch alle E-Books bekommen. Außer die, die exklusiv bei Amazon zu haben sind.

  • In was für Sphären driften wir denn jetzt ab ;)


    Jetzt werden die Verlage schon wie kleine Heilige hingestellt. Ich erinnere mich sehr gut an sehr viel Gestöhne ob der Gepflogenheit einiger Verlage, habe auch selbst schon so manche Erfahrung sammeln können. Auch die, wie ein Stück Dreck behandelt zu werden. Insofern unterscheidet sich Amazon sicher keinen Deut von den Verlagen im Buchgeschäft, die auch nur darauf schauen, was am Ende dabei rauskommt, den Mainstream nicht bedienen, sondern ihn formen.


    Ich bin froh, dass ich bei Amazon die Möglichkeit hatte, mein Buch zu veröffentlichen, das keiner der Verlage haben wollte. Natürlich muss ich damit leben, dass Qualität überhaupt nicht hinterfragt wird, sondern ich als Selfpublisher belächelt werde. "Ach, Sie haben auch ein Buch geschrieben. So, so."


    Ich habe mich, bevor ich mich für Amazon entschieden habe, auch nach den Konditionen von BoD und epubli erkundigt. Viel schlechter, die Preise fürs Printbook utopisch. Und jetzt wollt ihr mir erzählen, ihr freut euch nicht, wenn euer MS in die Auktion kommt? Ihr nehmt dann nicht den Verlag, der am meisten bezahlt?


    Meine Meinung zur Zukunft? Wir haben ein WWW. Es ist nicht mehr so einfach, die Daumenschrauben anzuziehen und alle lassen es sich gefallen. Das Verlagswesen ist im Umbruch, vielleicht nicht in diesem Jahr, aber sicher in zehn. Es wird neue Plattformen geben, kreative Köpfe, die sich aus dem jetzigen System herausziehen und etwas Neues entwickeln. Da bin ich mir ganz sicher.


    @Heike: Und da nicht alle Leute E-Books lesen, gibt es bei Amazon sogar die Printversion zu einem üblichen Taschenbuchpreis ;)

    "Man muss immer noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können." Nietzsche

  • In was für Sphären driften wir denn jetzt ab ;)


    Jetzt werden die Verlage schon wie kleine Heilige hingestellt. …


    Cordula, in welchem Posting in dieser Diskussion werden "Verlage wie kleine Heilige" dargestellt?

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Lieber Horst-Dieter, indem Amazon als Teufel dargestellt wird, erhöhst du unweigerlich die anderen. Für mich ist das Schwarz-Weiß-Malerei.


    Liebe Cordula,


    einmal stimmt dein Schluss schon mal nicht. Nicht ich erhöhe "unweigerlich" die anderen, sondern du tust das. Deine einseitige Auslegung dieser Diskussion ist eher Schwarz-Weiß-Malerei.


    Das ist in dieser Diskussion inzwischen schon etwas differenzierter dargestellt. Es geht mir vor allem darum, vor den Auswirkungen zu warnen, die bei einem Monopolisten entstehen. Auf diesem Weg befindet sich Amazon. Ich rate keinem Selfpublisher, auf Amazon zu verzichten. Ich rate aber dringend, den Blick nicht nur auf Amazon ruhen zu lassen. Das habe ich hier mehrfach erklärt.


    Das Amazon nicht unkritisch ist, kann man mit etwas gutem Willen schon sehen, wenn man die Praktiken anschaut, die Amazon nutzt, um seine Markt- (und Macht)-Position auszubauen.


    Horst-Dieter

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    Emanuel von Bodmann


  • Hallo, Cordula.


    Zitat

    Und jetzt wollt ihr mir erzählen, ihr freut euch nicht, wenn euer MS in die Auktion kommt? Ihr nehmt dann nicht den Verlag, der am meisten bezahlt?


    Ein klares Jein. Natürlich freue ich mich, wenn es mehrere Bieter zu einem neuen Projekt gibt, aber die Höhe der Garantie ist dann trotzdem nicht notwendigerweise das ausschlaggebende Argument. Relevant ist außerdem, wie der Verlag den Titel aufstellen und ausstatten will, welcher Lektor das Projekt betreuen wird, wann der Roman erscheinen soll, welche Startauflagen kalkuliert werden und vieles mehr. Man kauft als Konsument ja auch nicht nur über den Preis, sonst würden alle Twingos fahren, zwischen Möbeln von "Roller" wohnen und ausschließlich Aldi-Eigenmarken-Fertiggerichte futtern. Wenn man als Autor vor der Auktion die Chance hat, die Verantwortlichen kennenzulernen, wird die zwischenmenschliche Chemie zum Aspekt. Autoren wechseln nicht selten den Verlag, auch nach langjähriger Zusammenarbeit, weil "ihr" Lektor wechselt, und sie nehmen u.U. sogar eine vermeintliche Verschlechterung in Kauf, immer aber einen ungewissen Neuanfang, denn jeder Publikumsverlag arbeitet im Detail anders. Und diese Details sind wichtig. Die Zusammenarbeit ist in der positiven Variante, die, zugegeben, nicht unbedingt den Normalfall darstellt, eine langjährige, die viel mit Vertrauen und anderen emotionalen Aspekten zu tun hat. Beiderseits.


    Selbstverständlich handelt es sich in erster Linie um eine Geschäftsbeziehung. Wenn ich aber einen anonymen Partner habe, mit dem ich nur über Automatismen kommuniziere, gibt es überhaupt keine Beziehung. Sondern nur ein Geschäft. Bei dem ich eine Controlling-Kennzahl bin und kein Hausautor, an den man u.U. glaubt, mit dem man auch Durststrecken mitmacht, den die Vertreter lieben usw. usf. Der Vergleich ist m.E. unzulässig. Beim einen geht es nur um Verkäufe und nichts sonst, das andere kann im Idealfall, der auch nicht eben sehr selten ist, eine sehr inspirierende, sogar freundschaftliche und langjährige Zusammenarbeit werden.


    Natürlich geht es den Verlagen zuvorderst auch um Verkäufe. Wenn ein Verlag keine Bücher verkauft, arbeitet er unwirtschaftlich und riskiert seine eigene Existenz. Aber ein Verlag druckt auch nicht einfach nur irgendwelche Bücher, haut sie raus und schaut dann, was passiert. Das gibt es zwar auch, ist aber nicht der Standardfall.


    Vielleicht wird sich in den nächsten zehn Jahren viel ändern, aber ich beobachte auch viele Änderungsversuche, die so tot geboren werden, dass man unaufhörlich auf Friedhöfen herumstehen könnte. In meinen Augen wird das Konsumverhalten der Leser von vielen falsch eingeschätzt oder in ein Wunschmodell eingebunden, das viel mit ganz irrer Technik zu tun hat, aber wenig mit dem, worum es beim Lesen tatsächlich geht - nämlich großartige Geschichten, die sich wunderbarerweise bei jedem Leser anders entfalten. Unter anderem der Spiegel-Kolumnist Sascha Lobo macht das mit seinem Rohrkrepierer-Experiment "Sobooks" gerade vor, und er ist längst nicht der einzige. Nicht alles, was möglich ist, ist auch zwangsweise gut. Der vermeintliche Konservatismus vieler Verlage in dieser Frage ist natürlich auch ein Aspekt, aber sie tun ja etwas. Das sich manchmal auszahlt und manchmal nicht. Wie auch immer. Revolutionen werden nicht herbeigeredet. Sie finden einfach statt, wenn es an der Zeit ist.

  • Wie soll ich mir eine Monopolstellung von Amazon denn vorstellen? Man könnte nirgendwo anders mehr Bücher kaufen? Amazon wäre die einizge Plattform für E-Books? Oder wie denn?


    Amazon versucht einen möglichst großen Anteil am Markt zu erhalten, aber das tun alle anderen Unternehmen doch auch. Amazon ist momentan nur deutlich erfolgreicher. Zum Beispiel auch dadurch, dass Autoren auf KDP einen vorbildlichen Service erhalten. Ich kann mit leichter Zeitverzögerung fast im Stundentakt verfolgen, wie die Verkäufe sich entwickeln. Das neue Dashboard zeigt mir wie viele Titel ich an jedem einzelnen Tag verkaufe. Die Tantiemen landen zuverlässig nach 60 Tagen auf meinem Konto.


    Es war doch Amazon, das die Selfpublisherwelle so richtig in Gang gebracht hat. Und es war Amazon, das die Tantiemen in die Höhe getrieben hat. Die anderen folgen doch nur. Natürlich tut Amazon das alles nur, um mehr Umsätze und einen noch höheren Anteil am Markt zu erhalten. Warum um Himmels Willen sollten sie es auch sonst tun?


    Es wäre naiv zu glauben, die jetzigen Bedingungen würden immer so bleiben. Aber ich empfehle jedem, zu nutzen, was gerade möglich ist.


    Größere Sorge macht mir ehrlich gesagt, wann unsere selbstverliebte Regierung endlich etwas dafür tut, den ermäßigten MWSt-Satz für E-Books einzuführen, statt ihre ganze Energie in teure Rentengeschenke zu Lasten unserer Kindergeneration und eine schizophrene Energiepolitik zu stecken. Aber das ist ein anderes Thema.

  • Lieber Tom,


    sicher war es überspitzt ausgedrückt, dass ihr nur nach dem höchsten Preis schielt, ich kann mir gut vorstellen, dass Aufstellung und Ausstattung des Titels, Lektor und so weiter auch von Belang sind. Aber ihr prüft doch sicher nicht im Vorfeld, wie der jeweilige Verlag mit Angestellten, Vertretern, Buchhandlungen usw. umgeht, und entscheidet euch schließlich für den sozial am verträglichsten ;)


    Du schreibst: "Aber ein Verlag druckt auch nicht einfach nur irgendwelche Bücher, haut sie raus und schaut dann, was passiert."
    Nein, das wird er nicht tun, denn das wäre viel zu teuer. Aber du willst doch nicht wirklich behaupten, dass Verlage nur "gute" Bücher drucken, wie auch immer man das definieren möchte. Und wenn sich ein Buch bei Amazon zigtausendfach verkauft, scheint es zumindest den Zuspruch der Leser zu finden.


    Sicher gibt es bereits viele Konzepte, die nicht aufgehen, das heißt aber nicht, dass es auf ewig zu bleiben muss. Ich habe ja nicht davon gesprochen, dass sich nächste Woche etwas bahnbrechendes bewegen wird.

    "Man muss immer noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können." Nietzsche

  • Hallo, Siegfried.


    Das alles stimmt.


    Ausgangspunkt dieser Diskussion war jedoch, dass Amazon die Lieferzeiten nicht eben weniger Bücher verzögert, um eine Verlagsgruppe unter Druck zu setzen, die die neuen Margenstaffeln für eBooks nicht akzeptieren will. Amazon nimmt dafür Verluste in Kauf, denn die Leser werden sich in vielen Fällen die fraglichen Bücher anderswo besorgen, und vielleicht verliert Amazon dadurch sogar Kunden an die Konkurrenz, aber die Verlagsgruppe muss wahrscheinlich auch Einbußen hinnehmen, weil Amazon ein knappes Fünftel des Printmarkts beherrscht. Um diese Situation geht es. Und diese Situation ist nur möglich, weil Amazon im eBook-Bereich Quasi-Monopolist ist, derzeit sogar seine Lesegeräte an Leute verschenkt, die sich Rasierer und Haartrockner kaufen, auch unter Hinnahme von Verlusten. Die der Laden übrigens generell macht, aber die Kriegskassen sind gut gefüllt. Sie waren es, als Amazon das Selfpublishing-Geschäft neu erfunden hat, was auch sehr viel Kapital hat dahinschmelzen lassen. All dieses Geld wird man sich über Kurz oder Lang ganz sicher zurückholen, und zwar von den Leuten, die keine Alternativen mehr haben, weil es keine Konkurrenten mit der nötigen Reichweite gibt.


    Generelles Amazon-Bashing ist Blödsinn. Wie gesagt, aus Kundensicht liebe ich den Laden, und ich bin ein sehr guter Kunde, trage also auch Mitverantwortung. Nicht zuletzt deshalb missfallen mir diese Muskelspiele, die ja langfristige Konsequenzen haben werden, und zwar auch für uns Autoren.

  • Man kauft als Konsument ja auch nicht nur über den Preis,


    Die Gewichtung zwischen rationalen und emotionalen Kaufmotiven schwankt, je nachdem, was gekauft wird und wer kauft. Es gibt Leute, die grundsätzlich mehr auf den Preis achten als andere, nicht nur aus finanziellen Gründen - etwa sogenannte Smart-Shopper, die Markenqualität haben möchten, aber bitteschön zum Schnäppchenpreis. Dann gibt es einige Dinge, die nie über den Preis verkauft werden (sollten). Klaviere z.B. Der Preis spielt eine Rolle, aber er ist nicht das zugrundeliegende Kaufmotiv, oder sollte es zumindest nicht sein. Tatsächlich sind die emotionalen Aspekte - fühle ich mich im Laden wohl? Wie redet der Verkäufer mit mir? Vertraue ich ihm? - paradoxerweise umso bedeutender, je mehr Geld das Ding kostet.
    Bei Büchern kommt es wegen der Preisbindungen wohl eher auf die Randbedingungen, wie Liefer- und Zahlungsvereinbarungen an, und diese sind (neben einer anständigen Beratung) der einzige Weg, sich positiv hervorzutun. Und da ist Amazon wirklich am besten organisiert. Man kann sagen, was man möchte, aber dieser Laden beobachtet den Markt sehr genau und findet den besten Weg, von den Gegebenheiten zu profitieren - wie in diesem Fall von dem allgegenwärtigen Frust von Autoren, die für ihre Arbeit gern bezahlt werden möchten. Würde ich hier und jetzt ausschließlich vom Schreiben leben wollen, käme ich vermutlich nicht um Amazon herum (für dessen Erfolg aus meiner Sicht weniger Verkaufs- als Marketing- und Programmiergenies verantwortlich sind).
    An der Stelle eines kleinen Buchhändlers würde ich mich entweder fragen, was ich vom Amazon lernen kann, um es dann zu kopieren/ zu lernen und dadurch zu überleben. Eine Paderborner Buchhandlung liefert Bücher kostenlos am nächsten Tag nach Hause, wenn man bis 17 h bestellt. Da kommt dann ein Praktikant heran geradelt. Oder ich würde mir ein stimmiges Konzept überleben, das funktioniert, nach dem Motto: Klein, aber fein. Mit Aktionen, mit Engagement, mit gezielter Ansprache von ganz speziellen Leuten. So oder so, um die Marktbeobachtung, die Amazon meisterhaft beherrscht, kommt man heutzutage nicht mehr herum.

  • Zitat

    Wie redet der Verkäufer mit mir? Vertraue ich ihm? - paradoxerweise umso bedeutender, je mehr Geld das Ding kostet.


    Kürzlich habe ich irgendwo gehört (vermutlich im Radio), dass einer Untersuchung zufolge Leute in Edelgeschäften umso mehr kaufen, je schlechter sie vom Personal behandelt werden. ;)

  • Bei mir nicht. Mit so was fange ich gar nicht erst an.


    Ging es um diese Theorie von diesem Hirnforscher, die in Videoformat zurzeit durch die Facebookwelt geistert? Seinen Namen habe ich natürlich vergessen. Es ist sehr interessant, was er sagt, und sicherlich auch nicht völlig unwahr, aber wie immer bei Theorien sollte das nicht verallgemeinert werden.

  • Daran sieht man, wie Geld psychologisch funktioniert...
    Ich bleibe dabei, dass ich Amazon zur Zeit umgehe wo nur möglich...Wachstum um jeden Preis will ich nicht unterstützen.
    Brauche mir nur in Erinnerung rufen, wie fertig die Paketboten neuerdings sind.

    [buch]3866855109[/buch]


    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • Hallo, Cordula.


    Zitat

    Aber du willst doch nicht wirklich behaupten, dass Verlage nur "gute" Bücher drucken, wie auch immer man das definieren möchte. Und wenn sich ein Buch bei Amazon zigtausendfach verkauft, scheint es zumindest den Zuspruch der Leser zu finden.


    Es gibt Verlage, die (fast) nur "gute" Bücher veröffentlichen, also solche Romane publizieren, die den - wie auch immer gearteten - eigenen Ansprüchen genügen. Dazu gehören z.B. Suhrkamp oder Wagenbach. Aber letztlich gibt es gut oder schlecht nicht, wenn es um Unterhaltungsliteratur geht. Es gibt Leser, Marketing, Trends und zehntausend andere Aspekte. Eine Dieter Bohlen-Biografie würde heutzutage vielleicht mit einer Startauflage von zehntausend Exemplaren starten, vor zehn Jahren waren es zwanzig mal so viele. Diese Diskussion ist absurd und irreführend; "Qualität" ist zwar ein Aspekt, aber erstens ein schwammiger und zweitens auch nicht immer. Es gibt eine Menge Scheiß da draußen, Scheiß, der sich exzellent verkauft, weil es sehr gutes Marketing gibt, weil Kaufentscheidungen emotional getroffen werden, weil Kinder irgendwelchen Blödsinn haben wollen, auf den eine rosafarbene Katze gedruckt ist, und längst nicht nur Kinder. Verlage wären dumm (und längst pleite), würden sie nicht hin und wieder auch Rosakatzendreck veröffentlichen. Der Rosakatzendreck finanziert den Rest mit. Und manchmal kauft man auch Rosakatzendreck, weil das alle tun, obwohl man eigentlich keinen haben will. Diese Thematik betrifft nicht weniger als den Kern der gesamten Marktwirtschaft. Nachfrage existiert oft nicht von selbst, sie wird erzeugt. Die meisten Dinge, die man kaufen kann, sind völlig überflüssig.


    Auch diese ganzen Randdiskussionen kann man führen, muss man aber nicht: Ob die Verlage nur Mainstream veröffentlichen, Scheißkonditionen haben, sich ausschließlich am amerikanischen Markt orientieren, Experimente scheuen. Ob Selfpublishing neue Stimmen und Themen möglich macht (was nicht der Fall zu sein scheint, denn die Bestenlisten werden von Genreliteratur angeführt, während sich originelle Stimmen und/oder Ansätze schlicht überhaupt nicht verkaufen). Und so weiter. Das sind alles Äpfel-Glühbirnen-Vergleiche. Selfpublishing hat fraglos gute Seiten, und es ist nicht zuletzt Amazon zu verdanken, dass hier einige Autoren irre erfolgreich sind, viele allerdings nicht. Die Ansätze sind völlig unterschiedlich. Verlage bringen Produkte auf den Markt, die mindestens Fensterkreuz mal Pi 5.000 Leute erreichen müssen, damit die Volontäre anschließend noch ihr Taschengeld bekommen können. Das ist die Grundlage ihres Handelns, auch natürlich im Vorfeld, bei der Produktauswahl. Alle anderen Aspekte sollten auch erfüllt sein, aber dieser ist ein Ausschlusskriterium. Viele Autoren vergessen das, wenn sie über Verlage schimpfen. Sie haben unrichtige Vorstellungen von der Branche.


    Aber all das hat mit der Frage, die wir hier mal diskutiert haben, nicht viel zu tun.