Zitatkapiere trotzdem nicht, wie man wissen kann, was die lesen wollen sollen.
"Die" bezeichnet keine konkrete Gruppe. Die CDU-Wähler von heute sind andere als die von gestern, aber es sind alle (merkwürdigerweise) CDU-Wähler. Selbst die Fanbasis, die Autoren über die Zeit aufbauen, ist keine verlässliche Gruppe, die mit todbringender Sicherheit das nächste Buch kauft. Man kann Kaufverhalten analysieren, mit demoskopischen Daten abgleichen, man kann eigene Erfolge und die anderer heranziehen, und irgendwie versuchen, abzuschätzen, wen - mengenmäßig - ein Buch erreichen wird. Das sind aber keine bestimmten Leute, wie es auch unter CDU-Wählern Menschen geben mag, denen man das nicht zutrauen würde, und die das aus völlig irrationalen Gründen tun (oder Tradition oder Angst oder Verpflichtung der Familie gegenüber, weiß der Geier). Science Fiction erreicht überwiegend Männer zwischen 20 und 50, aber natürlich nicht alle, und außerdem lesen auch viele Frauen SF. Nicht jeder, der kürzlich ein SF-Buch gelesen hat, wird ein beliebiges neues kaufen, aber vielleicht werden viele Leute, die das letzte Buch von XY gelesen haben, auch sein neues lesen, vorausgesetzt, das letzte hat ihnen gefallen. ChickLit erreicht jüngere Frauen zwischen 16 und 40 (und wird übrigens zumeist von weit älteren verfasst), aber auch die nicht in gänze, während einige Männer gelegentlich ebenfalls in solchen Büchern schmökern, die bei Rentnern auch recht beliebt sind. "Zielgruppe" ist ein diffuser Begriff, der wenig über die einzelnen Menschen aussagt, die er umfasst, sondern eher etwas darüber, wie man das Marketing und die Produktplatzierung gestaltet, um von der Teilmenge eine möglichst große Gruppe zu erreichen. Wer das genau ist, weiß aber keiner.
Und, nein, man weiß nicht, was "die" lesen wollen. Man weiß, was Menschen hinzunehmen bereit sind, was also das qualitative Mindestmaß darstellt, und man hat als produzierendes Unternehmen den Vorteil, das Angebot wenigstens teilweise zu kontrollieren. Analog: Niemand weiß genau, was Zuschauer gerne im Fernsehen sehen würden, weil deren Auswahl auf das beschränkt ist, was angeboten wird. Erfolge überraschen oft die Beteiligten, und aufwendige Produktionen, von denen man sicher war, sie würden eine große "Zielgruppe" erreichen, floppen regelmäßig. Weil das Konsumentenverhalten eben doch nicht präzise vorhersehbar ist, weil Abnutzungs- und Ermüdungserscheinungen auftreten, weil sich das Konsumverhalten einfach ändert. Das ist eine sehr komplexe Angelegenheit, die meistens in einem Ausprobierexperiment endet, weil eben absolut niemand vorhersagen kann, was erfolgreich wird und was nicht. Man kann Erfolg nicht konzipieren. Und letztlich kommt es natürlich auch auf das einzelne Produkt an: Wenn zwar alle äußeren Parameter stimmen, aber die Hersteller (Autoren, Produzenten) Murks abgeliefert haben, scheitern alle Denkmodelle.