Preußler lässt "Neger" und "Negerlein" streichen

  • Hanno, ich verstehe, dass Du da besonders empfindlich bist. Klar. Aber ich bin zum Beispiel in meiner Grundschulzeit immer gehänselt worden, auch von Lehrern (die es gut meinten), schlicht weil ich immer so viel kleiner, weil eh klein und zu allem Unglück auch noch ein Jahr jünger war. Bei Klein-Hansi musste ich nach vorne auf den Stuhl und als Beispiel dienen. Fand ich Kacke, klar. Aber ich hatte auch Eltern, die mich nie in diese Ecke drängten, sondern als "normal" behandelten.


    Klar, ein Kind mit dunkler Hautfarbe hat noch ein viel stärkeres Merkmal. Aber ich stimme Kaelo zu, wenn man das entspannt nimmt, ist das sicher die bessere Variante. Ich hatte mal das menschlich sehr interessante Erlebnis, dass die damals knapp dreijährige Tochter eines Kollegen aus Hamburg eine seiner Bekannten zum ersten Mal mit deren Freund traf. Der Freund war ein "Afrikaner" - also "schwarz". Ich mach das mal beides in Anführungszeichen. Jedenfalls stand das zweieinhalbjährige Mädel vor dem Afrikaner und starrte ihn an wie ein Weltwunder.


    Was will man dem Mädchen vorwerfen? Vielleicht hatte es schon 10 Dunkelhäutige in der U-Bahn von Hamburg gesehen - aber nicht auf sich bezogen. Das Mädel war schlicht überrascht. Nicht geschockt, nicht erschreckt, überascht. Es hat geschaut, nochmal geschaut, und dann hat es gegrinst und Hallo gesagt, weil die Eltern genauso gehandelt haben wie bei allen Bekannten, die das Mädchen vorher nicht kannte. Klar hat das ein deutliches bisschen länger gedauert. Aber will man dem Mädel jetzt Rassismus vorwerfen? Nein, es gibt Dinge, die überraschen, da muss man mal zucken, und dann ist alles gut. Auch als Erwachsener gilt das.


    Und wer würde nicht innerlich zucken, wenn er einem Blinden sagt: Auf Wiedersehen. Oder? Für den Blinden ist das im Zweifelsfall eine Floskel - wie für uns. Denn wer will schon jeden Deppen wiedersehen, selbst wenn er ihn sehen KANN.

    Fiction has to be realistic, unlike real life.
    Ian Rankin

  • Karen
    Das was mit "Mobbing auf dem Schulhof" diskutiert wird hat nichts, aber auch gar nichts mit Rassismus zu tun. Man kann dem durch resolutem Auftreten begegnen, meist so, dass alles in Grenzen bleibt. Das Problem ist: Das kann nicht jede/r und wenn Mobbing dann ausartet - ist dann der gemobbte Schuld? Das ist schon mal eine kleine offene Frage am Rande.


    Das eigentliche Problem liegt jenseits von "Mobbing auf dem Schulhof". Das liegt darin, dass es nach wie vor Rassismus (und Judenhass) gibt. Das beides nach wie vor in unserer Gesellschaft existiert - und nicht nur am braunen Rand. Das äußert sich auch nicht dadurch, das »belastete« Begriffe benutzt werden, sondern schon mal jemand an einer Bushaltestelle halb- oder ganz totgeschlagen wird. Und das äußert sich in der Folge dann auch noch dadurch, dass (bekannte) Täter weiter in Freiheit bleiben und Gerichtsverfahren lange hinausgeschoben werden.

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Man kann dem durch resolutem Auftreten begegnen, meist so, dass alles in Grenzen bleibt. Das Problem ist: Das kann nicht jede/r und wenn Mobbing dann ausartet - ist dann der gemobbte Schuld? Das ist schon mal eine kleine offene Frage am Rande.


    Mobbing ist eine Droge. Sie verschafft manchen Menschen kurzzeitige Glückgefühle, kostet nichts, ist wenig zeitaufwändig, und dann kann man auch noch den doofen Kollegen, den man längst weghaben wollte, aus dem Unternehmen kicken. Es ist eine furchtbare Droge der egozentrischen Menschen, die aber überall vertickt wird, nicht nur in der Schule, nicht nur dort, wo Menschen wenig gebildet sind. Weit gefehlt. In gebildeteren Kreisen läuft der ganze Prozess nur eher subtiler ab, sodass er sich wenig nachweisen lässt; es wird eher ausgegrenzt als gezielt beleidigt. Dass man jemanden beschimpft oder durch Taten gepiesakt hat, lässt sich oftmals noch beweisen, aber es ist schwieriger, wenn man einfach das unbestimmte Gefühl hat, dass man von der Gemeinschaft ausgeschlossen wird.


    Die Option, sich zu wehren, hat man immer. Manche nehmen sie nicht wahr. Manchmal, ich würde sogar sagen: oft, suchen diejenigen, die als Kinder nicht gelernt haben, mit Frust angemessen umzugehen, gezielt Menschen, von denen sie nicht annehmen, dass sie sich wehren werden, um dann an ihnen ihren Dampf abzulassen. Das ist nicht okay. Und man sollte den Opfern auch auf angemessene Art und Weise sagen, dass es so ist, ihnen aber auch versuchen beizubringen, dass man an seinem eigenen Verhalten arbeiten kann. Man ist nicht Schuld, aber man kann versuchen zu verstehen, was die anderen veranlasst hat, so mit einem umzuspringen.

    "Die Literatur hat ihren eigenen Wahrheitsgrund." Jan Drees

  • Hallo Hanno,


    du schreibst ja u. a. Bühnenstücke, vielleicht interessiert dich das Stück "Benefiz - Jeder rettet einen Afrikaner"?
    http://www.wolfgang-borchert-t…ttet-einen-afrikaner.html


    Einige Menschen mit besten Absichten bereiten einen Benefizabend vor und schon bei der Planung verbiegen sie sich derartig Zunge und Hirn auf der Suche nach politisch korrekten Formulierungen, dass es immer fraglicher wird, ob der Abend überhaupt zustande kommt.
    Die Dialoge sind böse, satirisch, erschreckend und lustig zugleich, mir hat es gut gefallen.



    Zum Thema Kinderbücher pc bereinigen:
    Viele Kinder lesen doch eh nicht, und wenn, dann meistens diejenigen, deren Eltern sich Zeit für sie nehmen, mit ihnen über die Inhalte sprechen und Dinge geraderücken können.
    Was deinem Sohn passiert ist, tut weh. Doch du kannst sicher sein, dass es in jeder Klasse viele Kinder gibt, die Mobbing nicht gut finden, aber nicht wissen, wie sie reagieren sollen. Diese Gruppe muss man stärken und mobilisieren, damit das Mobbing-Opfer nicht mehr allein ist. Wenn die Kinder über Literatur plus Gespräche mit Eltern oder über Klassenlektüre plus Gespräche mit Lehrern und Mitschülern mehr Wissen zum Themenbereich Diskriminierung erhalten, können sie besser mit entsprechenden Situationen umgehen.


    Wie wäre es, wenn du ein Theaterstück für Kinder darüber schreibst?


    Liebe Grüße,
    Broxi

  • … "Benefiz - Jeder rettet einen Afrikaner"?
    http://www.wolfgang-borchert-t…ttet-einen-afrikaner.html


    Hi Broxi, schön, Dich mal wieder zu lesen. Klingt sehr interessant, Dein Link. Gibt's das Stück auch auf DVD? Bei diesem Schweinewetter hab ich so gar keinen Bock, ins Münsterland zu rutschen.

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    kaelo.de

    2 % aller Menschen besitzen einen IQ >130, die restlichen 98 % nicht. Das erklärt meine Skepsis gegenüber Mehrheitsmeinungen. (Kaelo)

  • Hi Kaelo,


    auf DVD gibt es das Stück wohl nicht, aber es wird auch am 16. und 17.2. gespielt, bis dahin ist das Wetter hoffentlich wieder besser.
    Falls du kleine Theater magst: "Der Gott des Gemetzels" im Borchert ist ebenfalls sehr zu empfehlen.
    http://www.wolfgang-borchert-t…r-gott-des-gemetzels.html


    Liebe Grüße,
    Broxi

    Einmal editiert, zuletzt von Broxi () aus folgendem Grund: Link eingefügt

  • Also zunächst mal möchte ich mich bei allen Forums-Teilnehmern und den 42er-Admins/Vorstand entschuldigen, hier kurzfristig die Contenance verloren zu haben - aber da war der richtige Knopf gedrückt, denn dieses Argument habe ich die letzten Jahre zu oft gehört, man solle das nicht so an sich ranlassen usw. - das empfinde ich beinahe als Verdrehung von Ursache und Wirkung, denn der Alltagsrassismus, mit dem meine Familie zu tun hat, beschränkt sich nicht nur auf den Schulhof, setzt sich fort in der Nachbarschaft, in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf Behörden, im Restaurant usw. - da hilft es nicht, zu verdrängen, sondern man muß Strategien erarbeiten, wie man damit umgeht - und diese dem Kind natürlich mit auf den Weg geben, denn ihn wird das vermutlich lebenslang begleiten. Zum Diskriminieren gehören zwei ist ja im Prinzip die Abwandlung der durchaus richtigen schon sprichwörtlichen Erkenntnis zum Streiten gehören zwei. Nur hat ein Streit eine andere Qualität, da es widerstreitende Interessen gibt, und das ist bei einer Diskrimnierung so nicht gegeben, da nur der Diskriminierer ein Interesse hat, verkürzt gesagt meist sich selbst psychologisch zu erhöhen. In dem Zusammenhang in einer Stadt wie Stuttgart, die einen der höchsten Ausländeranteile in Deutschland hat, übrigens kein Wunder, wenn Diskriminierung schwarzer Hautfarbe gern von Ausländern aus aller Herren Länder kommt, denn die sind hier so assimiliert, dass sie viel weniger im Straßenbild auffallen als z.B. in Frankfurt a.M. oder Berlin - die wirken sozusagen oft deutscher als die Deutschen. - Broxi vielen Dank für den Link, klingt sehr interessant; in manchen Gesprächen mit schwarzen Deutschen, daran erinnert mich das, wurde mir immer wieder erklärt, wie Ihnen der positive Rassismus auf den Geist geht... - Sorry, dass ich mich erst jetzt nach Tagen wieder mit einer Antwort gemeldet habe, momentan unerwartet zu tun an der Arbeit...