Liebe 42er,
ich möchte euch um Rat fragen in Sachen: Überarbeitung eigener Texte ohne die Hilfe anderer.
In einem anderen Fred hat man meine Nase auf einen Satz Hemingways gestupst: "Bei der Überarbeitung streiche ich zuerst sämtliche meiner Lieblingssätze." Streichen müsse ein Opfer sein, und Opfer müssten weh tun, sonst entstehe nicht wirklich Gutes.
Ist das allein ein Grund, aus dem ich Sätze oder Passagen oder ganze Szenen streichen sollte: dass sie mir besonders gut gefallen?
Kann ja sein. Hemingway strahlt für einen Fan wie mich schon Autorität aus - aber trotzdem hätte ich gern einen Grund fürs Streichen, wenn es ihn gibt.
Wenn ich meinem eigenen Urteil so sehr misstraue, dass ich das sofort wegwerfe, was ich für Sahnestücke halte, wie sehr kann ich denn dann dem Rest trauen?
Ich kann dieses "Kill your darling!" schon anhand von eigenen Beispielen nachvollziehen - in meinem ersten Romanprojekt gab es da diese Tanzszene mit wechselnden Perspektiven von zwei Frauen und zwei Männern ... Gott, was habe ich diese Szene geliebt! Gute und grausame Freunde haben mich dann davon überzeugt: Wenn irgendwas ersatzlos gestrichen gehört, dann diese Szene!
Ist man beim Schreiben von Lieblingsszenen vielleicht besonders selbstverliebt? Möchte man da den "Literaten" raushängen lassen? Fehlt einem gerade an diesen Stellen der letzte Rest an gesundem Abstand gegenüber dem eigenen Text? Werden solche Stellen dadurch zum Fremdkörper?
Ich versuche nur, einige mögliche vernünftige Erklärungen für dieses "Kill your darling!" zu finden. Vielleicht könnt ihr mir ja weiter helfen. Ich hoffe es sehr und würde mich sehr freuen!
Herzliche Grüße,
Hugo