TA 4: Rilke und Hofmannsthal

  • Liebe Teilnehmer der TA 4, liebes Forum,


    Zum Abschluss ein persönliches Wort:


    1. Mit dem letzten Teil oben sind meine Beiträge zur TA 4 abgeschlossen. Die Moderation dieser TA hat mir zunehmend weniger und am Schluss überhaupt keinen Spaß mehr gemacht. Ich gehöre jedoch nicht zu den Leuten, die etwas, das sie einmal angefangen haben, einfach hinschmeißen, deshalb habe ich es bis hierher durchgezogen, wenn auch etwas lustlos.


    Für mich ist dies auch eine Art, denjenigen, die der hier angebotenen Analysemethode etwas abgewinnen konnten, meinen Respekt zu bezeugen.


    2. Meine Absicht war es, in diesem Forum eine - zumindest hier – weniger bekannte Analysemethode vorzustellen und sie anhand von zwei Beispieltexten einfach einmal zu erproben. Es ist kein Vorwurf, von der strukturalen Textanalyse (STA) in ihrer russischen Ausprägung nie etwas gehört zu haben. Die STA ist zwar schon 70 Jahre alt, aber sie ist kompliziert, terminologisch verwirrend und sie setzt eine gründliche und oft mühsame Beschäftigung mit einigen hermetischen Lehrbüchern voraus.


    In Wirklichkeit ist das eine Methode für Universitäten und Seminare, in denen oft recht abgehobene Typen esoterische Einsichten in einem mitunter bewusst dunkel gewählten Spezialwortschatz pflegen.


    Die zentrale Figur der STA ist der russisch-estnische Wissenschaftler Juri Lotman, der das Buch schlechthin zur STA geschrieben hat; darin ist wieder das achte Kapitel, in dem die Raumsemantik und die Theorie der Handlung erklärt werden, das wichtigste.


    Mein Anspruch war es nun, dieses bedeutende Kapitel aus einer unzugänglichen Fachsprache in eine leicht verständliche Alltagssprache zu übersetzen, gleichzeitig in Klammern aber die Fachbegriffe mitzuliefern, um beides nebeneinander zu zeigen.


    3. Das achte Kapitel aus Lotmans Struktur des künstlerischen Textes ist zu recht berühmt, und damit wird heute auf der ganzen Welt die Textanalyse gelehrt, auch in den USA und England, in Frankreich sowieso. Es ist also nicht irgendwas, nicht eine Methode unter vielen, die ich hier vorstellen wollte – sondern die modernste Methode über Texte zu reden schlechthin.


    Eine gründliche Beschäftigung mit Lotmans achtem Kapitel trägt reiche Früchte. Da ist eine komplette Theorie enthalten, was eigentlich Handlung in einem Text darstellt, und was keine Handlung ist. Daraus leitet Lotman dann eine sehr brauchbare Definition ab, um Hauptfiguren von Nebenfiguren zu unterscheiden.


    Gründen tut all das auf der Theorie der Raumsemantik. In Wirklichkeit ist die ganz einfach, denn sie sagt nur: Texte bauen Welten auf, die sie in unterschiedlichen semantischen Sphären oder Schichten oder Feldern organisieren. Das heißt also: In Texten gibt es Felder, die unterschiedliche Bedeutungen repräsentieren. Alle Felder und Ebenen der Bedeutung sind durch Grenzen voneinander geschieden. Die Welt der Lotmanschen TA ist aber keineswegs nur binär, es gibt also nicht nur zwei Felder und Bedeutungen (z.B. jung versus alt, oder innen versus außen), die sich gegenüberstehen, sondern so viele, wie der Text eben aufweist. Viele Felder haben Entsprechungen in der topographischen Anlage der Text, d.h. die Bedeutungen sind mit Landschaften, Orten, Meeren und Wüsten, Höhlen und Gipfeln, Bergwerken und Straßen verknüpft.


    Hat man einmal erkannt, welche semantischen und topographischen Räume der Text aufbaut und wie die Grenzen dazwischen liegen, dann lässt sich daraus wunderbar eine Theorie des Sujets und der Handlung ableiten. Handlung, sagt Lotman, ist nicht jedes kleinste Ereignis im Text (eine triviale Erkenntnis), nein, die eigentliche Handlung, die einen Text charakterisiert, das ist die Frage, welche Figuren welche Grenzen wie weit überschreiten und ob das überhaupt gelingt. Allein das ist eine wertvolle Erkenntnis und keineswegs trivial, während jede andere textimmanente (= hermeneutische) oder literaturhistorische Betrachtungsweise immer nur Vermutungen anstellen kann, was die Haupt- und Nebenfiguren sind.


    Zum Schluss kann man mit dieser Methode auch noch gut erklären, was das Sujet eines Textes ist, also das, worum es eigentlich geht, und wo die Handlung überhaupt erst einsetzt. Auch hier erlaubt die STA viele nichttriviale Erkenntnisse. Die Unterscheidung der sujetlose Schicht des Textes von der sujethaltigen ist wichtig und gut.


    4. Das alles wollte ich mit ein paar einfachen Worten erklären und dann auf zwei Texte anwenden. Ich war mir dabei vollkommen bewusst, dass die STA den meisten hier merkwürdig, ja unsinnig erscheinen muss, dachte mir aber, dass manche schon erkennen würden, dass das wirklich eine geniale Sache ist und einem sowohl bei der Lektüre als auch beim Verfassen von Texten hilft. Es hätte nur ein bisschen Geduld und Aufgeschlossenheit etwas Neuem gegenüber gebraucht – mehr nicht.


    5. Selbst ich, der ich doch dieses Forum und seine Teilnehmer schon ein bißchen kenne bzw. kennen sollte, war über die Heftigkeit der Ablehnung erstaunt.


    Da kommt zuerst der Schulmeister Quintus Fixlein und sagt: Textanalyse mit Ansatz und Methode ist immer schlecht. Viel besser ist: Lesen, Eindrücke haben, hinschreiben.
    Also gut!


    Dann kommt jemand und sagt, die ganz normalen Fragen der STA, die – darf ich es nochmals sagen – auf der ganzen Welt in Seminaren so gestellt werden, sind nicht einfühlsam. Dann eben nicht!


    Und dann habe ich erstaunlicherweise eine Co-Referentin, die sich durch meinen Beitrag offenbar in ihrer Stellung und Ehre als resident technician (just look it up) so sehr gekränkt und angegriffen fühlt, dass sie Nachtschichten einlegen und für jeden Satz, den ich schreibe, drei eigene schreiben muss, mit denen sie meine Sätzlein mit Stumpf und Stiehl ausreißt. Ach, was muss ich gefährlich sein ...


    Und siehe da: Sie weiß nicht nur alles, nein, sie weiß auch alles besser – und das, obwohl ihr ein paar unwichtige Akzidenzien wie auktorialer oder personaler Erzähler, Sujet, Handlung und Hauptfigur nicht so recht geläufig sind. Aber ganz ohne Ansatz und Methode ist es natürlich leicht, etwas zu kritisieren, insbesondere dann, wenn man für sich das Recht auf freies Assoziieren geltend macht und alles garantiert so formuliert, dass es intersubjektiv gar nicht überprüfbar ist, und dabei auch noch dauernd sagt: Jetzt siehst du mal, wie gut ich bin und wie recht ich hab.


    Ich habe es tatsächlich gesehen, ich bin beeindruckt und für diese Lektion dankbar. Und ich werde sie mir so gut merken, dass ich ab sofort die Bühne für das vertraute theoriefreie L … nein: für die textanalytische Spontanrede gerne wieder freigebe.


    Es war mir eine Ehre!


    __________________
    Fare thee well! Thomas W. Jefferson
    I never had problems with drugs. Only without. K. Richard.
    Dieser Beitrag wurde 8 mal editiert, zum letzten Mal von Th. Walker Jefferson: 05.11.2010 15:59.

  • Zitat

    Dieser Beitrag wurde 7 mal editiert, zum letzten Mal von Th. Walker Jefferson: Heute, 00:04.


    Wie heißt es so schön in Brechts Alternativ-Hymne?
    "Anmut sparet nicht noch Mühe"

  • Meine geliebte Feindin,


    Hast du gewusst, dass Stifter sein Tagebuch so lange redigiert hat, bis es druckreif war – 100 Jahre bevor es gedruckt wurde? Und auch von seinen Briefen sagt man, sie wären immer mit einem Auge auf die Öffentlichkeit geschrieben worden.


    Nun, bei mir ist es genauso. Auch ich schreibe immer nur für die Ewigkeit und meinen Nachruhm.

  • Hallo Thomas,


    bis einschließlich Sonntag wirst Du wohl eher wenige neue Beiträge finden, weil einige von denen, die regelmäßig bei der TA mitarbeiten, beim Textarbeitswochenende sind. Es kann aber gut sein, dass die Analyse des Rilke-Textes am Montag noch mal weitergeht oder sozusagen erst anfängt.


    Liebe Grüße
    Anja

  • Zitat

    Original von Shabana
    Bevor Achim vielleicht einen schweren Hautausschlag auf Lotman bekommt (und ja, der ist wirklich harter Stoff!), möchte ich gerne diese Einführung in die Literaturtheorie empfehlen, welche einen gut les- und fassbaren Überblick über alle wichtigen Literaturtheorien der Moderne bietet. Darin befindet sich auch ein Abriss über den Strukturalismus nebst Kritik daran. Toll ist auch das Einführungskapitel, in dem es nicht weniger als um die Frage "Was ist Literatur" geht. Wenn ich es mir recht überlege, wäre dieses Einführungskapitel auch ein guter Text, um hier diskutiert zu werden.


    Danke für deine Fürsorge :strauss

  • Hallo Thomas,


    ok, ich staune nicht mehr. Deine Coming-of-Age-Ausführungen haben mich aber erstmal verwirrt. Muss zu meiner Schande gestehen, dass ich erst jetzt nachgegooglet habe, was ein Cornet überhaupt ist und ja, dann kapiere ich auch den Ausgangspunkt der Geschichte. Beim ersten Lesen habe ich die Figuren der Geschichte für ein bisschen älter gehalten (so im besten Mannesalter).


    Mal abgesehen von der STA (die ich noch nicht kapiere), beeindruckt mich bei dieser Geschichte aber auch die Sichtweise (wie ich oben sagte: Rilke lässt uns ganz dicht an seinen Helden ran) und auch die Sprache (Schnulze hin oder her). Nicht umsonst beginnt Dichtermeister Rilke bei der Beschreibung des Schlossaufenthaltes mit immer poetischeren Schwüngen aufzuwarten, teilweise sogar gereimt. Das wuchtet ungemein!


    Übrigens lieber TWJ: Ein wenig Vergangenheitsform hat RMR in seinem Text schon. Schau mal in die Schloss-Szene (oder den Schlossraum nach Lotman):
    Als Mahl beganns. Und ist ein Fest geworden, kaum weiß man wie. Die hohen Flammen flackten, die Stimmen schwirrten, wirre Lieder klirrten aus Glas und Glanz, und endlich aus dem reifgewordnen Takten: entsprang der Tanz. Und alle riß er hin. Das war ein Wellenschlager...


    Das musste mal um meiner preußisch-beamtischen Seele willen gesagt sein. Davon mal abgesehen dämpft das die Wirkung des Präsens, in dem die Geschichte ansonsten geschrieben ist, für mich überhaupt nicht, ist diese kurze Rückblende doch gewissermaßen ein Schwungholen für die folgende Bettszene (der Bettraum... oder auch banal: das Schlafzimmer ;-)).


    Liebe Grüße
    Achim (der sich jetzt den nächsten Teil des Lotmanreferates vornimmt. IBU-Profen 800 steht schon bereit)

  • Eine zarte Nachfrage an Judith, Thomas und alle, die Lotman studiert haben:


    Ich lese in dem Aufsatz über seinen strukturalistischen Ansatz Aussagen wie die folgende:
    Ist die Beziehung zwischen Signifikat und Signifikant in der natürlichen Sprache arbiträr und konventional, so ist den Zeichen der Kunst hingegen ein ikonischer Charakter eigen.


    OK, ich habe über Wikipedia inzwischen rausbekommen, was Signifikant und Signifikat ist, was arbitär bedeutet, was Semiotik und Narratologie sind usw. usw.


    Aber ich stehe mal wieder völlig naiv und staunend vor der Frage: warum Lotman und seine Schüler nicht einfach normale Worte verwenden. Das ist ein Gewusel mit bedeutsam klingenden Fremdwortungetümen, dass es seinem die Schädeldecke zusammenkräuselt. Oder gehört es zur Pflicht, dass möglichst wenige Menschen verstehen, was gemeint ist???


    By the way: was ist damit gemeint, dass den Zeichen der Kunst ein ikonischer Charakter eigen ist. Bildhaft? Religiös kann ja wohl in diesem Kontext kaum gemeint sein!


    Kopfschmerzige Grüße
    Achim :bonk

  • Zitat

    Ist die Beziehung zwischen Signifikat und Signifikant in der natürlichen Sprache arbiträr und konventional, so ist den Zeichen der Kunst hingegen ein ikonischer Charakter eigen.


    Je fremdwortlastiger deine Sprache, desto gebildeter wirkt sie; vor allem auf weniger Gebildete. =)

  • Zitat

    Original von AchimW
    By the way: was ist damit gemeint, dass den Zeichen der Kunst ein ikonischer Charakter eigen ist. Bildhaft? Religiös kann ja wohl in diesem Kontext kaum gemeint sein!


    Da möchte ich einhaken.
    Die niedlichen kleinen "Sinn-"Bildchen auf dem Rechnerbildschirm alias "Icons" könnten im Wissenschaftsneusprech einen gewissen Einfluss auf die zitierte Formulierung genommen haben.
    Könnte. Denn was hätte gehindert, in dem Fall von einem iconomischen zu murmeln?


    Nein, ich glaube (sic!) tatsächlich, dass eine gewisse Nähe zur Religiosität durchaus gegeben sein könnte in der Formulierungsabsicht.


    Im Gegensatz zu den Heiligenbildern und -statuen des Abendlandes gilt für Ikonen der Ostkirchen, dass mindestens eine Präsenzvermutung vorhanden ist, je nach Stärke des Glaubens. Auf Deutsch? In der Ikone ist das Heilige - oder gar das Göttliche - tatsächlich vorhanden im Sinne von anwesend.


    Der Unterschied zwischen Ikone und Icon liegt damit auf der Hand: Während das Klicken auf letzteres das dahinter hoffentlich verhandene Programm oder bestimmte Abläufe startet, ist die Andacht vor ersterer nicht notwendige Voraussetzung, dass eine wie auch immer geartete Konsequenz eintrifft. Die Ikone wirkt durch sich selbst, nicht erst durch das Verehren.


    Nebenanmerkung: In seinem 1948 erschienenen Buch Verlust der Mitte beklagt Sedelmayr, dass der modernen, vulgo: der zeitgenössischen Kunst das über sie selbst Hinausweisende, der geistige Hintergrund abhanden gekommen sei. Das Buch ist und bleibt nicht unumstritten, da sowohl dem Autor als auch einem Teil seiner Ansichten eine gewisse Verhaftung in der Zeit zwischen 1933 und 1945 nicht abzusprechen ist.


    Und was soll das nun mit dem ikonischen Charakter der Kunst im Gegensatz zur Sprache?
    Kraft meines Assoziationsschatzkästleins interpretiere ich das so, dass die Kunst, respektive das Kunstwerk über sich selbst und die bloße Informationsvermittlung hinausweist. Das allerdings sollte, meiner Meinung nach, ein literarisch gemeinter Text auch leisten können.

  • Hallo Achim,
    hallo ihr Lieben,


    bin gerade zurück von einem sehr inspirierenden Wochenende, aber nicht deshalb aus dem Bauch heraus, sondern weil ich zu keinem endgültigen Schluss für mich gekommen bin (und wahrscheinlich auch nie kommen werden) Und eigentlich liegt das alles weit jenseits des Handwerkes des Schreibens, sondern kreist um die großen Fragen von menschlicher Wahrnehmung, Verarbeitung und Kommunikation, und die sind eben nicht gelöst.


    Zitat

    Original von AchimW


    Ich lese in dem Aufsatz über seinen strukturalistischen Ansatz Aussagen wie die folgende:
    Ist die Beziehung zwischen Signifikat und Signifikant in der natürlichen Sprache arbiträr und konventional, so ist den Zeichen der Kunst hingegen ein ikonischer Charakter eigen.


    Hier erst mal eine Liste von Nachschlage-Seiten im Netz,


    umfassendes Glossar der Fachbegriffe mit kurzen Erklärungen


    Semiotik für Anfänger auf Englisch, aber mit guter Übersicht über die Beziehungen der Begriffe und äußerst unerquicklichem Bildschirmhintergrund:



    nützliche Links finden sich hier


    Hier finden sich jede Menge Links zu den verschiedenen Ansätzen


    http://www.fernuni-hagen.de/EUROL/termini/welcome.html


    Zitat


    Aber ich stehe mal wieder völlig naiv und staunend vor der Frage: warum Lotman und seine Schüler nicht einfach normale Worte verwenden. Das ist ein Gewusel mit bedeutsam klingenden Fremdwortungetümen, dass es seinem die Schädeldecke zusammenkräuselt. Oder gehört es zur Pflicht, dass möglichst wenige Menschen verstehen, was gemeint ist???


    Jein. Ja, es ist eine Sprache, die sich an die diejenigen richtet, die auf dem Gebiet forschen. Ja, sie ist nicht auf Anhieb allgemeinverständlich.
    Ja, das hat zu einem gewissen Teil wohl auch mit Abgrenzung zu tun, aber das eigentlich Problem besteht darin, dass hier mit dem Gegenstand der Forschung geforscht werden muss und dazu braucht es Begriffe, die eine (einigermaßen) eindeutige Bedeutung haben, damit sie eben nicht mit alltäglichen Vorstellungen überlagert werden. Das führt dann dazu, dass sie für alle, die nicht in diesem Bereich arbeiten, erst einmal fremdeln. Aber das tut Verwaltungssprache ja auch wie jede andere Fachsprache.


    Lothman richtet sich ja an die "Eingeweihten", an die, die sich dieses Fachvokabular erarbeitet haben, aber IMHO muss auch er an den Grenzen der Metasprache scheitern.


    Ich schaue mir mal einfach diesen Satz ohne seinen Kontext an :evil


    Zitat

    st die Beziehung zwischen Signifikat und Signifikant in der natürlichen Sprache arbiträr und konventional, so ist den Zeichen der Kunst hingegen ein ikonischer Charakter eigen.


    Ist die Beziehung zwischen Bedeutung und in Buchstabenzeichen umgesetzter Laute willkürlich und über durch Übereinkommen [der Sprecher/Leser] bestimmt,


    so ist den Zeichen der Kunst hingegen eine Art inhaltlicher Verbindung zwischen Zeichen und Bedeutung eigen


    bzw.


    so ist der Kunst eigen, dass sie über Ähnlichkeiten beim Interpretanten die Zuordnung eines Begriffes (auslöst).


    Je nach dem, ob man einem zweidimensionalen oder mehrdimensionalen Zeichenbegriffes folgt.


    Klingt total abgehoben. Ist es auch. Aber der Unterschied ist IMHO wesentlich, denn lässt man den Interpretanten außen vor, scheint die Zuordnung zwischen Zeichen und Bedeutung wegen der direkten inhaltlichen Verbindung und der Satzstellung, die durch die Stellung einen Gegensatz impliziert, eben nicht willkürlich, sondern (auf den ersten Blick zumindest) "zangsläufig".


    Nimmt man aber hinzu, dass auch solche Beziehungen nur durch den Interpretanten entstehen können und in ihm, so hängt sie von dessen Wahrnehmung ab. Das wiederum bedeutet, er kann sich irren. Was der Wikipedia-Artikel perspektivisch nennt, heißt für mich nichts anderes, als auch bei Ikonen eine Konvention zwischen zwei Interpretanten bestehen darüber bestehen muss, was da gerade für ein Begriff entsteht. Und plötzlich entschwindet der Gegensatz.


    Das könnte der Grund sein, warum Lothmann (oder sein Übersetzer) auf "ikonischen Charakter" ausweicht. Nennt er es eine Ikon, kommt PIerce und damit der Interpretant und damit die Unsicherheit der Kommunikation ins Spiel, die ein Übereinkommen zwischen Sprechern über die Bedeutung verlangt. Weil er aber auf eine Fügung ausweicht, die Fachwort und Bild vermischt, kann er den Gegensatz aufbauen, ohne die dritte Komponente ins Spiel zu bringen.


    Isoliert betrachtet zeigt dieser Satz für mich, wie schwer Interpretation grundsätzlich sein kann.


    Und mir schwirrt immer wieder der Kopf dabei :bonk. Mal kann ich die Zeichenbeziehung fassen, mal nicht. Sie entzieht sich - da sie genau diesen Denkprozess beschreiben will - einer konkreten, ein-eindeutigen Verbalisierung, selbst bei denen, die versuchen, sich eine eigene Sprache dafür aufzubauen



    Zitat


    By the way: was ist damit gemeint, dass den Zeichen der Kunst ein ikonischer Charakter eigen ist. Bildhaft? Religiös kann ja wohl in diesem Kontext kaum gemeint sein!


    Die Frage kann ich nicht beantworten. Keiner kann das im Moment, soweit ich das sehe. Es kommt darauf an, welche grundsätzlichen Einschränkungen man dem Model auferlegt, mit anderen Worten, mit welchen Definitionen man arbeitet. Selbst bei der Rezeption von Semiotiktheorien entsteht der Text im Leser, fürchte ich. :evil


    Zur Ikone http://avalon.germanistik.fu-berlin.de/~litin/Glos/ikon.htm


    und hier zur Zeichenbeziehung: http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Sanders_Peirce


    Zur Ikonizität: http://de.wikipedia.org/wiki/Ikonizität



    Und für die ganz harten: Hier ein Beispiel, wie schwer es nun mal ist, wenigstens einigermaßen tragfähige Definitionen aufzubauen, bevor man sich dem Forschungsgegenstand zuwendet :evil


    http://www.linguistik-online.com/27_06/faroe.html


    :bier:bier


    Liebe Grüße
    Judith

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



    Der Tokee in Die rote Kammer [buch]393991407X[/buch]

  • Wow Judith,


    danke für die ganze Mühe. Lass mir bitte ein wenig Zeit, um wenigsten ansatzweise damit klarzukommen (wie lange studiert man das Zeug eigentlich?)
    Das man einen gemeinsamen Sprachcode für wissenschaftliche Disziplinen braucht ist ja irgendwo verständlich, aber abgefahren isses...


    Ich habe auch noch einen Link in diese Richtung gefunden:
    guggemal
    Ich hab keine Ahnung, ob der was taugt. Ist der jemandem bekannt?


    Liebe Grüße
    Achim


    Edit: bin grade mal auf das Glossar der literaturphilosophischen Grundbegriffe geschliddert und lese da Illokutionssemantig, Inchoativ, Itazismus


    Aaaarrrrrrrrrrghhhh


    :clown
    Liebe Grüße
    Achim

  • Hallo Achim,


    jede Zeit der Welt.


    sie alle, die die Zeichen lieben, haben ihr ganze Wissenschaftlerleben daran geforscht und ich glaube keiner von ihnen hat je behauptet, die Form dieses speziellen Elefanten ganz erfasst zu haben. Und die vom LiGo gehören da eindeutig dazu, guck mal ins Impressum.


    Was das für die eigene Wahrnehmung und die Analyse von Texten in Hinsicht auf Stilmittel bedeutet - da muss jeder wie immer beim Schreiben seinen eigenen Weg finden und meiner ist eben meiner. Das bedeutet auch, dass ich noch verfolge, was so an neuen Ideen dazu auftaucht, aber aus nostalgischem Interesse und mit viel zu wenig Zeitaufwand, um auf der Höhe der Forschung zu bleiben. Und der sehr persönlichen Überzeugen, dass man leichter an die Werkzeuge kommen kann, wenn es "nur" darum geht, Texte zu schreiben. :baby



    Und ja, im Nachhinein bin ich aus sehr egoistischen Gründen dankbar für diesen Ausritt in die Wissenschaft und die Wissenschaftstheorie. Sie hat mich gezwungen, meine Positionen noch einmal mit vielem abzugleichen und Gefühltes noch einmal zu überdenken für lange Zeit und intensiver, als ich es in vielen Jahren getan habe und ich habe nie zu denen gehört, die sich ein Leben in dieser Vorstellungswelt für sich selbst vorstellen konnte, nur zu denen, die das Thema faszinierend finden, weil es mir klar macht, dass so viel dran ist am "Ich weiß, dass ich nicht weiß". =)



    Liebe Grüße
    Judith

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



    Der Tokee in Die rote Kammer [buch]393991407X[/buch]

  • Hallo ihr Lieben,


    dann versuche ich es mal mit dem Klein- und Kleinsträumen in der Reitergeschichte.


    Kleinraum:


    Mailand


    Unter dem Geläute der Mittagsglocken, der Generalmarsch von den vier Trompeten hinaufgeschmettert in den stählern funkelnden Himmel, an tausend Fenstern hinklirrend und zurückgeblitzt auf achtundsiebzig Kürasse, achtundsiebzig aufgestemmte nackte Klingen[/B];


    [B]Mittagsläuten: Klang breitet sich über die ganze Stadt, Pausen- wie Triumphzeichen


    Generalmarsch von vier Trompeten: Kann ich nicht für die Entstehung des Textes einordnen, weil der eigentlich getrommelt wurde und zum Sammeln aufrief, hier aber geblasen wird.Für mich als Leserin aber entsteht das Bild eines Siegeszeichen, dass auf das Läuten der Glocken als triumphales Willkommen antwortet, ohne dessen Wirkung eindeutig zu bestimmen, weil es immer noch für Innehalten wie Triumph stehen kann, aber gleich auch den Himmel als Ort vereinnahmt. Die Welt ist in einziger Jubel, der unter dem Glanz der Schwadron erstrahlt (die dummerweise ja nur die Arbeit anderer (zumindest mit)einheimst. Damit dringt auch die Gier (nach Ruhm hier) in das ganze, scheinbar auch überirdische Strahlen des "Sieges" ein.


    Der Raum wird nicht nur kleiner, der unschuldige Glanz ist schon verloren.


    tausend Fenstern hinklirrend und zurückgeblitzt auf achtundsiebzig Kürasse, achtundsiebzig aufgestemmte


    Weiter unten aber trifft der Glanz wie der Klang auf physische Hindernisse, so weit ist der Raum also nicht, für den, der den Kopf heben müsste, um den Himmel zu sehen oder auch nur die oberste Reihe Fenster.



    Straße rechts, Straße links,


    Im Gegenteil, dieser Raum wird für mich zum Hohlweg durch das Gewirr der Reflexionen, weil ich Straße links, Straße rechts als Befehl höre, als gleichförmige Bewegung der Schwadron sehen, wo die Augen auf die Seiten zwischen die Häuser gerichtet werden.


    wie ein aufgewühlter Ameishaufen sich füllend mit staunenden Gesichtern;


    Der sich auch noch auf chaotische Weise füllt, und der Ordnung immer näher kommt. Staunen kann ehrfürchtig, neugierig, wohlwollend, neutral sein. Der Bilkc ist auf eine ovale Fläche gerichtet, nicht auf Hände oder Körper. Nach hält der Triumph seine Stellung.


    fluchende und erbleichende Gestalten hinter Haustoren verschwindend,


    Der Blick Richtet sich nach unten, die, die nicht der Schönheit verfallen, oder der eigenen Überraschung, oder der Neugier, oder der - nicht genannten - Freude, entziehen sich (in einem Freischälersinne geordneten Rückzug = verschwindend) der Kontrolle, verfluchen gleichzeitig die Schwadron und sind von Schrecken vor ihr erfasst (erbleichend). Aber wer Angst hat, ist eben nicht gerade harmlos. Und er hat einen Körper, der reagieren kann.



    verschlafene Fenster aufgerissen von den entblößtem Armen schöner Unbekannter;


    Hier öffnen sich die Fenster, wo, bleibt zunächst undefiniert, jedes für sich ein einzelnen kleiner Raum, hinter dem sich Versprechen verbirgt (darauf, ob schöner Unbekannter hier geschlechtsspezifisch gemeint ist, kann ich nicht antworten, grammatisch möglich wäre, wenn auch unterschiedlich wahrscheinlich. Anderseits waren ja auch die meisten anderen Gegner hübsch oder schön)


    Eindeutiger ist hier das entblößt, denn ohne Ärmel lassen sich keine Waffen verstecken. Die Verlockung ist für diesen Moment ohne Bedrohung.



    vorbei an San Babila, an San Fedele, an San Carlo, am weltberühmten marmornen Dom, an San Satiro, San Giorgio, San Lorenzo, San Eustorgio; deren uralte Erztore alle sich auftuend und unter Kerzenschein und Weihrauchqualm silberne Heilige und brokatgekleidete strahlenäugige Frauen hervorwinkend;


    So geht es durch die Stadt, vorüber an all den kleinräumigen Verlockung (auch bei den Frauen kommt der materielle Wert (brokatgekleidete) vor der Verführungen (stahlenäugig). Der Weg weitet sich dabei bei mir, der Blick reicht ebenfalls weiter als bei Fußgängern, kann in die erleuchteten Räume sehen, würde Bedrohung entdecken, wenn sie da wäre, findet aber Werte vor (silberne Heilige, obwohl die im Kerzenlicht eigentlich golden scheinen wollen)


    Und in genau dem Strahlen spiegelt sich auch das Licht des Eingangritts wieder für mich. Für einen Moment blitzt wieder der Himmel auf.


    Erztore: Das Eisen/Stahl-Motiv schon wieder, dass die Schönheit der Schwadron wie die Grausamkeit des Krieges spiegeln kann.




    aus tausend Dachkammern, dunklen Torbogen, niedrigen Butiken Schüsse zu gewärtigen,


    Dazwischen dann der Blick in die Dunkelheit, oben wie unten (Dachkammern, Torbogen, Butiken), in der der Tod lauert.



    und immer wieder nur halbwüchsige Mädchen und Buben, die weißen Zähne und dunklen Haare zeigend;


    und gleich wieder die Beruhigung.



    vom trabenden Pferde herab funkelnden Auges auf alles dies hervorblickend aus einer Larve von blutbesprengtem Staub; zur Porta Venezia hinein, zur Porta Ticinese wieder hinaus: so ritt die schöne Schwadron durch Mailand.


    warum diese Pferde für mich im versammelten Trab gehen, die Beine sehr hoch heben, kann ich nur mit dem Kontext begründen, die Brünnen, die Musik, die "schöne" Schwadron am Ende, alles Show, alles Besitznahme, alles auch Verstellung, denn über den blitzenden Rüstungen, den schimmernden Klingen sitzt das Gesicht voller Blut, wie Shabana schon schrieb.


    So dringt der schmutzige Krieg in der letzte strahlende Raum der schönen Schwadron, die Reiter selbst.


    Keine Ahnung, ob ich jetzt von Räumen so beeinflusst bin, dass ich sie zu sehr gegeneinander abgrenze, aber für mich findet sich hier - wie überall in der Geschichte - Licht und Dunkel in allem wieder, werden durch die Blicke auf die unterschiedlichen Räumen, die sich schließen und öffnen, immer wieder beide Prinzipien anhand der gezeigten Räume ineinander verschränkt. Keiner davon ist nur licht, nur dunkel.


    Und das erreicht der Text immer wieder durch die Gegenüberstellung von Elementen: Klang, Licht, Bedrohung, Entspannung, alles wird immer wieder in einander verschränkt, das meinte ich damit, dass es die Spiegelung ist, mit denen der Text seine Räume schafft und in jeden großen auch die kleineren legt.


    Liebe Grüße
    Judith

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



    Der Tokee in Die rote Kammer [buch]393991407X[/buch]

  • Hallo Thomas,


    Zitat


    Und dann habe ich erstaunlicherweise eine Co-Referentin, die sich durch meinen Beitrag offenbar in ihrer Stellung und Ehre als resident technician (just look it up) so sehr gekränkt und angegriffen fühlt, dass sie Nachtschichten einlegen und für jeden Satz, den ich schreibe, drei eigene schreiben muss, mit denen sie meine Sätzlein mit Stumpf und Stiehl ausreißt. Ach, was muss ich gefährlich sein ...


    :rofl :rofl :rofl:blume :klatsch:klatsch:klatsch :blume :rofl:rofl :rofl


    Schade, dass du das "nicht eingeladen" weg-editiert hast, das war besonders gut.


    Und was meine Nächte in ICEs angeht, einen anderen Ansatz zu suchen und den versuchsweise durchzuziehen, war viel spannender als dem Schnarchen der lieben Sitznachbarn zuzuhören.


    Schade nur, dass du es aus zeitlichen Gründen nicht geschafft hast, mit der Riposte aus dem allgemein-psychologisierenden Soßentopf zu kommen, statt mich mit Textstellen und Definitionen ordentlich zu füsilieren. Aber so ist das Leben. ;(


    Da ich also noch stehe, wenn auch schwankend, wäre ich einem textbasierten Schlagabtausch keineswegs abgeneigt, sobald du wieder Zeit dazu hast. Gerne auch in zwei oder drei Jahren. :box


    Denn der Text ist ja spannend, wie du am Anfang noch sagtest, obwohl ... es kann doch nicht sein, dass ich daran schuld bin, dass er plötzlich vom "fast spannenden" zum... nun ja ... soll ich das zitieren, damit es später noch da steht ... ach, was, der Ruf ist ohnehin ruiniert ... zum "nicht schlechten" degradiert wurde und der Cornet zum "Edelkitsch"?



    Liebe Grüße
    The residual ... oops ... resident evil :prost

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



    Der Tokee in Die rote Kammer [buch]393991407X[/buch]

  • Hmmm.... :(
    Lieber Thomas, liebe Judith...


    sorry, ich habe kaum was kapiert. Ich stehe vor Judiths Analyse und verstehe... nahezu Bahnhof :(


    Ich sehe, dass Thomas sich richtig Mühe gemacht hat, uns dieses Raumstrukturanalyseding nahezubringen... und es gleitet mir durch die virtuellen Finger. :affe


    Vielleicht liegt es auch ein wenig an den Texten (kein Vorwurf an dich Thomas), die mir doch recht fremd geblieben sind ?(, obwohl ich den Rilke zumindest sehr beeindruckend fand.


    Ich würde gerne noch weiter über Lotman und seine Lehren diskutieren, aber an anderer Stelle, weil ich diesen TA-Fred nicht schreddern will. Also bitte nicht wundern, wenn ich diese Thematik in einem anderen Kontext nochmal aufgreife, aber ich kann das so nicht stehen lassen. Ich muss zumindest versuchen, es zu kapieren X(.


    Liebe Grüße
    Achim :blume

  • Hallo Thomas,
    hallo ihr Lieben,


    jetzt mal nur halb kurz, schmerzhaft und ernst.


    Zitat


    Für mich ist dies auch eine Art, denjenigen, die der hier angebotenen Analysemethode etwas abgewinnen konnten, meinen Respekt zu bezeugen.


    Meiner gilt dir, Thomas, und allen anderen, aber ich hatte und habe tatsächlich Zweifel, ob es möglich ist, in diesem Rahmen und ohne sehr eingehende Beschäftigung mit einem einzelnen Text, aus eigener Kraft aus der STA mehr Informationen für die eigene Textproduktion zu gewinnen, als die Raumstruktur aufzubauen. Das tut aber jedes andere Plotsystem auch. Du hast doch selber immer wieder gesagt, dass die STA wissenschaftlich gelehrt wird, in Seminaren, die gewöhnlich in Deutschland über ein halbes Jahr gehen (bis zum Scheinerwerb) und von Einführungsvorlesungen wie -Seminaren vorbereitet werden. Kein Wunder, dass du sie hier nie angewendet findest, sie überfordert die Zeitrahmen sowohl der BTs als auch TAs.


    Allein aus diesem technischen Grund hast du uns andere vom Versuch ausgeschlossen, uns die Texte nach der STA zu erarbeiten, weil uns diese wichtigen Voraussetzungen fehlen mussten und wir schlicht keine Zeit hatten, sie uns erst einmal zu erarbeiten, denn wie du selbst schreibst:


    Zitat


    Die STA ist zwar schon 70 Jahre alt, aber sie ist kompliziert, terminologisch verwirrend und sie setzt eine gründliche und oft mühsame Beschäftigung mit einigen hermetischen Lehrbüchern voraus.


    Und weil du zaghafte Versuche, neben deinen Analysen andere Wege zu gehen, absichtlich oder nicht über Wertungen wie Leser-Anmutung, Laberei etc. disqualifiziert oder völlig ignoriert hast, entsteht der Eindruck, du ließest trotz aller Beteuerungen nur Meinungen gelten, die deine Lesart unterstützen, selbst die Respektsbezeugung oben könnte so gelesen werden, auch wenn sie so sicher nicht gemeint war.


    Genauso, wie du dich bemüht hast, ohne Fachtermini auszukommen, aber die scheinen mir tatsächlich nötig, um damit umzugehen, um nachvollziehen zu können, wie die Methode denn nun funktioniert und wo sie sich von den anderen unterscheidet und sie entschlüpfen einem auch immer wieder, wenn man damit spielt (hermetische Lehrbücher z.B.) Das ist in sich selbst ein hermetischer Begriff, der dafür steht, dass Fachsprachen stark vereinfacht nach Neutralität suchen, aber eigentlich die Wörter selbst als Zeichen für die dahinter liegenden Definitionen verstehen und zwar deren Spektrum, solange ein Oberbegriff nicht weiter definiert wird. Deshalb habe ich nach deiner Definition von auktorialem Erzähler gefragt, nicht nach der von Stanzel oder Genette, sondern danach, woran du ihn festmachst und wo du die Subjektivität personalen Erzählens findest.


    Und ja, da war durchaus Provokation. Aber für jemanden, der beständig selbst mit verschlüsselten und ironischen Setzungen, Angriffen und manchmal durchaus giftigen Pfeilen arbeitet (auch wenn du manchmal die erste, derbe Spitze weg-editierst), haben mich die Empfindlichkeiten über den Versuch einer anderen meiner Meinung nach durchaus möglichen Lesart jetzt tatsächlich völlig überrascht. :achsel


    Ich wollte mit dir über den Text wie die Methode diskutieren, ich wollte verstehen, wie du auf die Zuordnung deiner Begriffspaare da kommst, wo sie mir nicht offensichtlich waren, oder es zu viele anderen möglichen Zuordnungen hätte geben könne, und ich nahm an, dass du Spaß an einem solchen Diskurs hast.


    Da habe ich mich vielleicht geirrt, vielleicht habe ich auch selbst zu viel Freude an der Sache gewonnen, mich auf den Text und seine Wörter einzulassen, daran, dass es eben nicht die erste, offensichtliche Bedeutung sein könnte.


    Etwas davon oder alles ist dir zu nahe getreten. Das war keine Absicht, die Absicht war nur, ins Gespräch zu kommen über über den Text, die Methode und darüber, ob es einen oder ob es keinen Sinn ergibt, Methoden und Texte auf verschieden hohe Sockel zu setzen.


    Das hier ist nämlich als Arbeitsgruppe gemeint. Ganz ohne Referenten, sondern "nur" mit Moderatoren. :)


    YMMV


    Liebe Grüße
    Judith

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



    Der Tokee in Die rote Kammer [buch]393991407X[/buch]

  • Zitat

    Original von Th. Walker Jefferson

    Zum Abschluss ein persönliches Wort:


    1. Mit dem letzten Teil oben sind meine Beiträge zur TA 4 abgeschlossen. Die Moderation dieser TA hat mir zunehmend weniger und am Schluss überhaupt keinen Spaß mehr gemacht. Ich gehöre jedoch nicht zu den Leuten, die etwas, das sie einmal angefangen haben, einfach hinschmeißen, deshalb habe ich es bis hierher durchgezogen, wenn auch etwas lustlos.


    Lieber Thomas,


    ein persönliches Wort erlaubt auch immer eine persönliche Erwiderung - behaupte ich jetzt einmal. Hier also meine:


    1. hat mir die Auswahl der Texte gut gefallen. Beide kannte ich noch nicht, beide habe ich mehrfach gelesen inzwischen und obwohl ich deiner Behauptung, dass sie »sogar fast spannend« seien nicht ganz folgen kann - bis jetzt nicht - hat es mir Spaß gemacht, die Texte zu lesen und mich auch veranlasst, den Versuch zu machen, etwas tiefer einzudringen (ein Prozess, der übrigens noch nicht abgeschlossen ist).


    2. Außerdem hat mir gefallen, wie du in die STA eingeführt hast. Die Mühe, sonst nur für den Wissenschaftsbetrieb entwickelte Methoden zu erklären und auf ein verständliches Niveau herunterzubrechen, ist unübersehbar und bekommt meine volle Anerkennung. Dass der Umgang damit trotzdem nicht sofort locker von der Hand geht korrespondiert damit, dass man, wenn man die Kettensäge einmal anbekommen hat, auch nicht gleich souverän damit umgehen kann. Ich werde mir morgen (am Ende der TA4) den kompletten Fred als PDF herunterladen und noch darüber hinaus etwas weiter damit arbeiten, weil ich meine, dass sich das lohnt.


    3. Nicht gefallen allerdings hat mir, was du hier unter Moderation verstehst. Die war eigentlich kaum zu erkennen. Du hast eher doziert, als moderiert und letztendlich ziehst du dich schon zurück, bevor die Zeit für diese Texte ganz herum ist. Das ist so, als wenn der Lehrer eine halbe Stunde vor Ablauf der Unterrichtsstunde die Klasse verlässt.


    4. Beklagt hast du dich außerdem noch darüber, dass in der Klasse … <hust> … dass unter den Teilnehmern dieser TA-Runde einige mit eigenen kreativen Ideen hervorstechen und dem Dozenten außerdem noch Kritik entgegenstellen. Das korrespondiert in etwa mit dem schönen pädagogischen Motto: … wenn alles schläft und einer spricht, dann nennet man das Unterricht … :) Klar, das sollte hier kein Unterricht sein und du hast das anders gemeint, deswegen müsste man den Spruch abändern in: … wenn alles nickt und niemand widerspricht …


    So wie ich dein Posting verstanden habe, willst du künftig nicht mehr. Das ist schade. Ich habe ja immerhin zwei nicht unwesentliche positive Seiten dieser von dir geleiteten TA4 für mich herausstreichen können und wenn ich es richtig sehe, treffen diese Punkte auf eine ganze Reihe Teilnehmer mit positiver Resonanz. Und ich würde mich durchaus wieder dazugesellen wenn du, sagen wir mal mit etwas Distanz, den verarbeiteten Erkenntnissen dieser TA4 und ausgiebiger Meditation :bonk über das Ergebnis mit einem neuen Vorschlag antrittst. Vielleicht dann sogar moderater als Moderator :D


    Herzliche Grüße


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann