Der Erfolg von Helene Hegemann

  • Liebe Ulli,


    danke, wer blind ist, bleibt es halt auch. ;(


    Weiß zufällig jemand, ob und wo es noch mehr als die Arbeit über Mein Name sei Gantenbein und den Artikel von ihm gibt? Da er nirgendwo in den Personallisten zu finden ist, kann ich ihn nicht selbst fragen. ;(


    Ich wüsste halt gern, wo er sonst steht.


    Liebe Grüße
    Judith



    Edit: Bei Durchgehen der Kommentare ist mir aufgefallen, dass ich nicht die einzige bin, die Graf nicht finden kann, dafür gab es da noch die Statements von Anatol Stefanowitsch,:


    http://www.wissenslogs.de/wblo…r-erschaffung-von-w-rtern


    über die Auswirkungen der Affäre auf den Sprachgebrauch


    Edit2: Ich springe dauernd zwischen einem ironischen Text und dem hier hin und her. Das hat wahrscheinlich mehr Auswirkungen auf meine Postings, als mir lieb ist. ;(

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



    Der Tokee in Die rote Kammer [buch]393991407X[/buch]

  • Zitat

    Original von lyrx
    Haben denn die anderen Diskutierenden in diesem Thread das Buch gelesen?


    Natürlich nicht! Ja glaubst du, wir lesen hier erst noch lange die Büchner, die wir verreißen? Das wär' ja noch schöner! :P

    Fare thee well! Thomas W. Jefferson
    I am mad, bad and dangerous.

  • Naja, aber manchmal riskieren wir einen zweiten Blick. Ich werde mir die neue Ausgabe nämlich auf alle Fälle angucken, bloß kaufen werde ich sie nicht und wahrscheinlich auch dann nicht zu Ende lesen. Da nehme ich mir das Vorrecht der ersten vier Seiten. (-:


    Liebe Grüße
    Judith

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



    Der Tokee in Die rote Kammer [buch]393991407X[/buch]

  • Ich hab mir das Buch heute zugelegt und werde es in den nächsten Tagen lesen. 8-)
    Unabhängig davon hat mir ein Vöglein gezwitschert, dass hier bald eine Rezension dazu erscheinen wird. Nur zu, hab ich mit meinem Gaumenpfeiferl zurückgezwitschert, nur zu.
    Mal sehen, ob sich das Vögelchen an sein Versprechen hält. ;)

  • Ich freu mich schon drauf, auf die Rezi. Die bei Amazon sind eher seltsam.


    Liebe Grüße
    Judith

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



    Der Tokee in Die rote Kammer [buch]393991407X[/buch]

  • Zitat

    Original von Manuela K.
    Ich hab mir das Buch heute zugelegt und werde es in den nächsten Tagen lesen. 8-)


    Vielleicht kannst Du mir dann erklären, warum ausgerechnet ein nackter Schwanzlurch auf der Straße sterben muss....


    Mag sein, dass ich einfach schon zu alt oder zu wenig "pseudobekifft" bin, um den Titel zu verstehen.


    Also bitte:


    Helft ...


    lg
    scribbler



  • Hallo scribbler,


    mir fiel ein, dass eine Erklärung zu Titel in einem Artikel der Zeit-Online gestanden hat:


    Auch der Titel ihres Romans Axolotl Roadkill ist eine Anspielung auf das Alter. Ein Axolotl ist ein mexikanischer Schwanzlurch, der niemals alt wird, ewig Kind bleibt.


    Quellenangabe!: http://www.zeit.de/2010/05/Helene-Hegemann?page=3


    Herzlichen Gruß,
    Cordula G.

    "Man muss immer noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können." Nietzsche

  • Hallo ihr Lieben,


    nein, er bleibt eben kein Kind, sondern er wird im Larvenstadium erwachsen und geschlechtsreif, vermehrt sich, sammelt entsprechend seiner cognitiven Leistungsfähigkeit Erfahrungen und verwertet sie und stirbt, aber er kann zeitlebens Wachsen (nicht dass das Amphibien nicht ohnehin tun, auch wenn sie die Metamorphose durchlaufen).


    Das handelt sich also bei ausgewachsenen Exemplaren auch um erwachsene Tiere mit den einigen Merkmalen eines Jungtieres, vor allem der, dass sie so Körperteile schneller regenerieren können (bis hin zum Gehirn, ohne dass diese ersetzten Körperteile rudimentär blieben. Wenn man sie mit Thyroxin impft, metamorphisieren sie und gehen an Land, vermehren sich. Und schließlich, neotene Formen bei Salamandern kommen in Jod-armen Gewässern überall vor.


    Und jetzt versuche ich mal, den Titel zu analysieren, ohne Blick auf den Autor, so wie ich es immer tue, denn gewöhnlich sind mir die Autoren völlig egal, wenn ich lese. Der Text kommuniziert mit mir, nicht sein Autor.


    Mit dem Blick auf das Axolotl im Kopf, sagt das Bild, auf seine Elemente reduziert, also an der Oberfläche, seht her, selbst wenn ich mich nicht euren Erwartungen eines Erwachsenen angleiche, kann ich es werden und sein. Und gebt ihr mir Thyroxin, dann gehe ich sogar an Land und sehe aus wie ihr, aber dann werde ich auf euren Straßen überrollt.


    Die Auswahl des Axolotls ist dabei für mich ziemlich plaktativ für mich, weil sich hier eine gesamte Art sich so verhält, und nicht die gehemmte, körperliche Entwicklung eines Individuums wie z.B. in der Blechtrommel betrachtet wird. Diese Vereinnahmung von anderen, die ein Schicksal teilen, zusammen mit dem Zufall des Autounfall wird für mich dann wieder so ambivalent, dass es eben doch um das indivifuelle Schicksal gehen wird, weil der Rest es möglicherweise über die Straße schafft.
    Nett, mehr aber auch nicht.


    Das Bild ist also bei dem Versuch im Bedeutungvielfalt zuzuordnen auch so zu sehen::


    Seht her, selbst wenn wir und nicht euren Erwartungen eines Erwachsenen angleichen, können wir es werden und sein. Und wenn ihr uns Thyroxin gebt, gehen wir sogar an Land. Dabei werden ein paar auf euren Straßen überrollt.


    Okay, damit sind wir bei der Prämisse aller Coming-of-Age Romane. Das ist nicht weiter schlimm, nur eben auch kein überrage Metapher für mich, sondern hat zwei mögliche Interpretationen, die der folgende Text definieren kann.


    Nehmen wir ein letzte Element hinzu: Die Verbindung zu Xolotl, einem aztekischen Gott der eher dunklen Seite, der innerhalb der Kosmonogie bei der Zündung der fünften Sonne flieht und sich in verschiedene Lebewesen zuletzt in das Axolotl verwandet, weil ihn der Mut zur Selbstopferung verlassen hat. (In einem anderen Mythos steigt er mit seinem Zwillingsbruder in die Hölle und sammelt Knochen aus nach ein paar Verwicklungen die Menschen der fünften Sonne geschaffen werden)


    Wichtig ist, dass die Azteken dabei das Axolotl im See nicht als Inkarnation betrachtet haben, sondern als Sinnbild und es trotzdem mit Genuss verspeisten. Wenn der Axolotl aber keine Inkarnation ist, dann hat er für die Interpretation nur insofern Bedeutung, dass er aus Feigheit beinahe die Entwicklung der Menschheit verhindert hätte und manche Götter tatsächlich von ihren Anhängern verspeist werden. Das wäre dann wieder ein Roadkill, schon im Axolotle selbst.



    Seht her, selbst wenn wir und nicht euren Erwartungen eines Erwachsenen angleichen, können wir es werden und sein. Und wenn ihr uns Thyroxin gebt, gehen wir sogar an Land. Dabei werden ein paar auf euren Straßen überrollt. Aber sicher kann ich selbst in meinem Tümpel nicht sein.


    Das erweitert die Metapher um einige Teile des mexikanischen Schöpfungsmythos, ohne dem Bild eine Re-Interpretation der eigentlich Prämisse hinzuzufügen, sondern begründet sie noch einmal mit einem weiteren Element.



    Die Blechtrommel als Titel zieht dagegen neben der Hauptfigur mit der Blechtrommel militärische Traditionen von Friedrichs langen Kerls bis hin zu kleinen Trommler, Hinrichtungen, staatlichen Ankündigungen auf dem Marktplatz bis hin zum Kinderspielzeugen wie dem Teddy mit der Trommel..


    Auf der klanglichen Ebene schlägt Axolotl Roadkill die Blechtrommel um längen, dunkle Vokale am Anfang, am Ende hell und lichtbetont. Ausblick auf Hoffnung könnte man meinen.


    Der Anglizismus, der hier einen deutschen Nebensatz ersetzt, spiegelt aktuelle Sprachentwicklungen, zeugt aber auch davon, dass möglicherweise eine Art Sprachlosigkeit Thema sein könnte.


    Insgesamt hätte mich der Titel, hätte es den Hype nicht gegeben, vielleicht sogar gereizt, weil ich auf der klanglichen Ebene ziemlich leicht zu überzeugen, aber für Covergestaltung und Klappentexte relativ unempfindlich bin.


    Ich hätte aber auf keinen Fall ein sprachlich wirklich innovatives Buch erwartet, sondern eines, dass mit relativ schlichten, aber klangvollen Stilmitteln arbeitet, um eine von vielen Romaen über das Erwachsen werden zu lesen, mit all ihren Sentimentalitäten und einer Legion von Vorbildern im Gepäck, die der Titel nicht spiegelt.


    DAnn hätte ich angefangen zu lesen und folgendes wäre passiert: O je. Theaterblut. Auf den Text bezogen. Theaterblut deshalb, weil die überzogene Gewalt und der pornographische Sex einfach so überbordernd eingesetzt werden, dass ich keine spannenden, zu entschlüsselnden Bilder mir sehen kann. Und da vergeht mir die Freude. Es fehlt am literarischen Feuer, der gute literarische Erotik ausmacht, aber auch an ungewöhnlichen Blick auf die Dinge. Es ist nichts wirklich Neues auf den ersten Seiten, alles auf Verschreckung ausgerichtet. Und wie ich bei Alien lachen muss, wenn das Ding endlich aus der Brust springt, habe ich hier gelacht, weil die Verwendung dieser Bilder so überaus plakativ und durchsichtig ist, dass es eben auf Theaterblut hinausläuft, diesen Zwang, den Schrecken so offensichtlich zu betonen, dass er unter der Last der Bilder verschwindet.


    Ob und in wieweit der Titel vom Buch eingelöst wird, kann ich eben (noch) nicht beurteilen, weil ich ja wegen des Theaterblutes ausgestiegen bin aus dem Buch.


    Liebe Grüße
    Judith

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



    Der Tokee in Die rote Kammer [buch]393991407X[/buch]

  • Judith: Du hast mich erschlagen:-) Aber danke... Ich schäm mich mittlerweile sogar ein biscken... Bei mir werden Bücher nach dem Motto gelesen: Titel gefällt... Plot is ok... kann am nehmen...
    Aber so tiefgehende Gedanken über einen Buchtitel hab ich mir noch nie gemacht..
    Ich geh mich jetzt schämen :(


    lg
    scribbler...

  • Zitat

    Original von Ulli
    Ich wette, die Hegemann hat keinen einzigen deiner Gedanken zum Titel gehabt.


    Wenn ich mir diesen Titel ausgedacht hätte (ist zwar fast nicht möglich, aber nur mal angenommen), dann hätte ich mir Judiths Gedanken auch nicht gemacht.


    Horst-Dieter (der künftig bei seiner Titelwahl immer gleich denken wird: "Was wird Judith dazu wohl sagen")

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Hier eine lesenswerte Rezension zum Axolotl. Geschrieben von Klaus Nüchtern, in der Wiener Wochenzeitung, der Falter


    Manuela :)

  • Hallo Judith,


    ich bin schlichtweg begeistert, wie du das alles aus dem Ärmel zu schütteln scheinst.
    Meine Hochachtung und vielen Dank für diesen anregenden Exkurs. Leider wird die Titelwahl der eigenen Werke jetzt noch schwerer :kratz1


    Herzlichen Gruß,
    Cordula G.

    "Man muss immer noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können." Nietzsche

  • Hallo ihr Lieben,

    8o Aber, aber es gibt keinen Grund dafür. Weder fürs Schämen noch für's Zweifeln. Natürlich mache ich sowas nur bei Titel, die als Bild daherkommen, und auch nur bei Literatur, die Titel nicht als blanke Informationsübermittlung benutzen (die -in bei historischen Romane z.B.) und zweitens läuft das meiste davon automatisch ab.


    Drittens, und wohl am wichtigsten, ich bin einfach darauf konditioniert, sowas zu machen. Wenn ich an fremden Texten arbeite muss ich ja ständig die Absichten von Autoren hinterfragen und mit ihnen mitunter auch sehr ausführlich über die Wirkung von Bildern diskutieren. Das hinterlässt Spuren, die ich nicht unter Kontrolle bekommen kann, nicht mal will. (-:


    Ich übertrage also einfach einen Teil meines Lebens auf den Text, deshalb meinte ich ja auch, dass es mal einfach nur um den Text gehen soll.


    Liebe Grüße
    Judith

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



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  • Ich sollte deine Gedanken zu Titeln aber trotzdem mal demjenigen im Verlag zeigen, der dafür zuständig ist [SIZE=7](und zwar bevor er den Titel für meinen neuen Thriller verbricht) [/SIZE]


    :evil :evil

  • Hallo Ulli,


    mach nur. :evil


    Aber nur, wenn ich vorher die Schnellschreib-IchmussnochandereSachenmachen-Typos entfernen darf.


    Liebe Grüße
    Judith, der auch klar ist, wie oft Titel von Verlagen vergeben werden, aber das hat ja nix mit ihrer Wirkung zu tun

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



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  • Hallo ihr Lieben,


    Ullstein hat die Bibliographie veröffentlicht .Ich finde die Liste etwas unglücklich, weil sie immer noch an Stellen Lücken enthält, die zu schließen leicht gewesen wäre.


    So steht einer der am meisten vom Feuilleton gelobten Sätze


    "Ich hingegen erfreue mich an der von mir perfekt dargestellten Attitüde des arroganten, misshandelten Arschkindes, das mit seiner versnobten Kaputtheit kokettiert und die Kaputtheit seines Umfeldes gleich mit entlarvt." http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/498287 (ich habe extra den höchst wohlwollenden Kommentar hier ausgewählt. 8-), auch wenn ich ihn in den Schlüssen nicht nachvollziehen kann.)


    jetzt gleich wieder im Verdacht aus einem Kommentar einer Textbearbeitungsgruppe übernommen zu sein, da der entsprechende Anteil an der Seite 49 von der Ullsteinliste nicht genauer bestimmt sondern ohne Zitatangabe einer Makita von http://www.kurzgeschichten.de zugeordnet wird)


    Spannend übrigens in Hinblick auf den "naiven Umgang und Fehler", einen Blick auf die ausführlichen Regeln dort zu werfen, und dass da ein Verwertungsverbot auf der Homepage steht, brauche ich auch nicht zu erwähnen, oder?


    Ganz problematisch finde ich aber die Formulierung für das Vorgehen bei dem auf Seite 207 für S. 56 angegebenen Zitats. So, wie es da steht und noch dazu ohne Eingrenzung liest sich das erst mal so, als wären Teile eines Drehbuchs mündliche "+überliefert" worden, das nicht produziert ist.


    So was von ungeschickt, dass selbst die salvatorische Klausel am Schluss, die eigentlich einfach Usus ist und sich in nahezu jedem Sachbuch findet, einen faden Beigeschmack bekommt, und sei es nur deshalb, weil je nach Reaktion der Rechteinhaber offensichtlich mit sehr unterschiedlichem Maßstab an der Offenlegung gearbeitet wurde und so - neben allem anderen - die Intertextualität in den betreffenden Fälle überhaupt nicht hergestellt wird.


    Nicht gut, lieber Ullsteinverlag, überhaupt nicht gut.


    [Edit: http://www.stern.de/kultur/bue…ene-hegemann-1544969.html - nur damit ich nicht versehentlich Rechte verletze. :evil)


    Liebe Grüße
    Judith

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  • Hallo Monika,


    das ehrt mich sehr, aber hör nicht auf, die Artikel zu lesen, oder Diskussionen. nur so kannst du dir selbst ein Bild machen. (;


    Übernächste Woche fahre ich dann mit der LIste noch einmal in die Stadt und nehm den nächsten Anlauf., mich dem Text zu nähern. Soweit noch möglich, ohne die Autorin und den Hype im Kopf.


    Mal sehen, ob ich gegen das Thealterblut ankomme.


    Liebe Grüße
    Judith

    Nay, thy lordship, me ain't no thief, not even a smart one - Piper Quickfingers



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