Martyrs

  • Hallo Tom,


    Sorry, wollte dir keinen monokausalen Ansatz unterstellen. Hab deine Aussagen noch einmal differenzierter gelesen.


    Zitat

    Gewalt als Handlungsoption hat aber immer etwas mit Gewaltphantasien zu tun, ob nun von außen induziert oder der eigenen, unbeeinflussten Kreativität entspringend.


    Es gibt keine unbeeinflusste Kreativität. Mag sein, dass ich mich während meines Studiums schon auf bestimmte theoretische Richtungen festgelegt habe, aber der Mensch und dementsprechend die Kreativität eines Menschen ist NIEMALS unbeeinflusst (von was überhaupt, der Umwelt?). Im Gegenteil, meiner Auffassung nach entspringt Kreativität immer als eine Art Spiegelbild der Umwelt dem Einzelnen. Gerade Kreativität.


    Zitat

    Man muss sich eine Handlung, ob affektgesteuert oder geplant, auch vorstellen können.


    Richtig, und jeder Mensch besitzt Handlungsalternativen. Und für welche er sich entscheiden wird, liegt daran, wie er glaubt sein Ziel erreichen zu können. Wenn nun jemand nicht gelernt hat, gewaltfrei zu seinem Ziel zu kommen, dann wird er höchstwahrscheinlich Gewalt anwenden. Ob er dabei gewaltverherrlichende Medien (von denen ich gar nicht gesprochen habe und was Martyrs nun beileibe nicht ist) konsumiert hat ist nicht ausschlaggebend. Primär zumindest.


    Zitat

    Ich frage mich, warum sich Menschen davon unterhalten lassen müssen, wie sich andere bestialisch massakrieren.


    Klare Antwort: Es sollte nicht um Unterhaltung gehen. Genauso wie bei Dramen. Gute Horrorfilme sind (leider) in erster Linie eben nicht Unterhaltung, sondern Stress für's Gehirn.


    Zitat

    Unterhaltungsgegenstand ist nicht der Mord selbst, sondern dessen Aufklärung und Auflösung. Und die Botschaft ist zumeist eine hochmoralische.


    Gleiches gilt für guten Horror (siehe den von mir eingangs erwähnten "Night of the Living Dead" von 1969). Wir müssen bei solch einer Diskussion immer unterscheiden zwischen Produkten, die lediglich für den Markt hergestellt werden um eine Nachfrage zu bedienen und wirklicher Kunst.
    Meine Argumente beziehen sich auf den Horrorfilm als Kunst. Und der ist genauso notwendig oder nicht notwendig wie Krimis, ach, wie eigentlich jedes Genre.


    Und letztendlich noch einmal zum Reflexionspotential: Warum es jedem antrainiert werden sollte, liegt doch auf der Hand. Diskussion, ob solche Medien existieren sollten oder nicht interessiert nicht, denn sie existieren nunmal. Und damit muss jeder umgehen können. Sollte. Und dafür sind, besonders in den jungen Jahren, nun einmal hauptsächlich die Eltern verantwortlich. Sie MÜSSEN ihrem Kind beibringen, wie ein Film, ein Buch, ein Bild, Musik wahrgenommen werden sollte. Nämlich differenziert und ständig zu hinterfragen.


    von lametta:

    Zitat

    Ich werde das dumpfe Gefühl nicht los, das den Eltern die Verantwortung für die Erziehung ihrer Kinder wieder beigebracht werden muss...


    Ich habe tatsächlich mal in einer Gruppe mit Freunden und Bekannten in den Raum gestellt, dass ich für die Einführung eines Elternpasses wäre, der absolviert werden müsse, bevor das Baby geboren wird. Und ich wurde auseinander genommen. Aber die Idee, dass viele Menschen lernen sollten Eltern zu sein, halte ich trotzdem für richtig. Und dass das geschieht, wäre eine Aufgabe des Staates.


    Aber, ehrlich gesagt: Welcher Staat auf der Welt will schon einen Haufen mündiger Bürger?


    Grüße, Hauke,

  • Hallo, Hauke.


    Zitat

    Diskussion, ob solche Medien existieren sollten oder nicht interessiert nicht, denn sie existieren nunmal.


    Fragwürdige Argumentation. Wir müssen hinnehmen, dass Menschen Kinderpornographie anschauen, weil sie nun einmal existiert. Bewältigen wir also halbwegs die Symptome, aber hören wir bitteschön damit auf, uns über Ursachen Gedanken zu machen?


    Zitat

    Und damit muss jeder umgehen können. Sollte.


    Ja? Jeder muss oder sollte mit exzessiven, nihilistischen Gewaltdarstellungen umgehen können? Warum? Zu welchem Zweck? Was hat das für einen Sinn?


    Zitat

    Und dafür sind, besonders in den jungen Jahren, nun einmal hauptsächlich die Eltern verantwortlich. Sie MÜSSEN ihrem Kind beibringen, wie ein Film, ein Buch, ein Bild, Musik wahrgenommen werden sollte. Nämlich differenziert und ständig zu hinterfragen.


    Blödsinn. Eltern sollten Wertgefüge vermitteln, die auch beinhalten, dass Gewalt aus Spaß oder zur Unterhaltung total neben der Spur ist, und absolut unnötig. Eltern sollten verdammtnocheins verbieten, und nicht Halbwüchsigen, die über ein sehr eingeschränktes kognitives und soziales Instrumentarium verfügen, dabei helfen, mit diesem, mit Verlaub, Scheiß "umzugehen". Der Umgang ist das Problem, nicht die Reflexion. Es ist m.E. vollkommen hirnrissig, Vierzehnjährige bei derlei zu "begleiten" - das kann nur scheitern. Und es ist noch hirnrissiger, Entwicklungen als gegeben hinzunehmen, und sich mit der Argumentation "sie existieren nun einmal" als Bankrotterklärung vom Acker zu machen.

  • Hallo Tom,


    Zitat

    Fragwürdige Argumentation. Wir müssen hinnehmen, dass Menschen Kinderpornographie anschauen, weil sie nun einmal existiert. Bewältigen wir also halbwegs die Symptome, aber hören wir bitteschön damit auf, uns über Ursachen Gedanken zu machen?


    Da drehst du mir das Wort im Mund um (wie man so schön sagt). Und ich habe vorher schon von der Unterscheidung von Produkten und Kunst gesprochen. Auch wenn es mir sehr missfällt das zu sagen, aber Kinderpornographie wird ausschließlich hergestellt um den Markt zu bedienen. Nicht um Kunst zu erzeugen. Also ist der Vergleich unangebracht (klar, du wolltest mich aus der Reserve locken).
    Und so einfach mit Symptomen und Ursachen ist das nun auch wieder nicht. Wie sollen denn die Eltern, und nur die, die Ursachen angehen können. Richtig, gar nicht. Das ist eine Aufgabe von NGOs, Wissenschaftlern, Forschern, Aufkläreren, Politikern, Sozialarbeitern etc. Und solange die Ursachen nicht erkannt oder modifiziert werden konnten, dass sie letztendlich keine Ursachen mehr sind und somit auch keine Auswüchse wie Kinderpornograhie zeitigen, müssen die Eltern und damit auch ihre Kinder mit den Symptomen umgehen, nicht mit den Ursachen.
    Abgesehen davon heißt reflektiert damit umgehen auch, sich bewusst machen zu können, was dahinter steckt (Filme sind nicht real, dies oder jenes könnte aber schon passieren etc.)
    Der erste Schritt, das Problem anzugehen, ist überhaupt erstmal, das Problem als existient zu akzeptieren. Das war damit gemeint, nichts anderes.


    Zitat

    Ja? Jeder muss oder sollte mit exzessiven, nihilistischen Gewaltdarstellungen umgehen können? Warum? Zu welchem Zweck? Was hat das für einen Sinn?


    Ja! Vor allem im Zeitalter des Internets und der Mobilfunktelefone, wo jeder zweite Jugendliche die perversesten Videos mit Leichtigkeit in die Hand kriegen kann. Der Sinn und Zweck ist die Minderung von Abstumpfung, was wiederum eine Präventivhandlung ist, also eine Ursachenbekämpfung bei Kindern und Jugendlichen.


    Zitat

    Eltern sollten verdammtnocheins verbieten, und nicht Halbwüchsigen, die über ein sehr eingeschränktes kognitives und soziales Instrumentarium verfügen, dabei helfen, mit diesem, mit Verlaub, Scheiß "umzugehen". Der Umgang ist das Problem, nicht die Reflexion. Es ist m.E. vollkommen hirnrissig, Vierzehnjährige bei derlei zu "begleiten" - das kann nur scheitern.


    Sehe ich nicht so. Jemand, der darüber reflektiert, kann unter der "richtigen" wertgeleiteten Führung damit auch umgehen. Und woher nimmst du den empirischen Beweis für deine Schlussfolgerung, dass so etwas nur scheitern kann? Dann würdest du es ja noch nicht einmal auf einen Versuch ankommen lassen. Genügend Reflexionspotential zu vermitteln ist ja auch nur EIN mögliches Konzept, was ich persönlich für sinnvoll erachte. Und warum schließt das Begleiten die Vermittlung von Werten aus. Im Gegenteil: Die "richtige" Wertevermittlung führt zur "richtigen" Begleitung.
    Und noch etwas: Kinder und Jugendliche sind neugierig, sie wollen so etwas sehen, und, nach meiner langjährigen Erfahrung als Nachhilfelehrer, sie werden so etwas sehen. Willst du sie damit alleine lassen?
    Verbote von Eltern werden so häufig ignoriert, erzähl mir nicht, dass du das nicht weißt.


    Grüße, Hauke.

  • Zitat

    Jemand, der darüber reflektiert, kann unter der "richtigen" wertgeleiteten Führung damit auch umgehen.


    Dir ist schon klar, dass wir hier von Kindern sprechen, ja? Jemand, dessen - ich zitiere - "Gehirn gestresst" wird, und der mit seinen zwölf, vierzehn Jahren ansonsten noch nicht einmal dazu in der Lage ist, den Tag bis zum Abend zu planen? Reflexion - ein Euphemismus für "Gewöhnung" - kann nur stattfinden, wenn man qua Ausstattung dazu in der Lage ist, und das verneine ich bei Halbwüchsigen und Heranwachsenden. Bei extremen Gewaltdarstellung ist in diesem Bereich so mancher "Erwachsene" überfordert. Ich gehöre, ganz ehrlich, zu diesem Personenkreis. Und, wie gesagt, ich erkenne keinen Sinn. Nicht den geringsten.


    Es "Kunst" zu nennen, das ist ein schönes Ablenkungsmanöver. Man kann alles Kunst nennen. Und dadurch alles rechtfertigen. Vielleicht war sogar Hitler ein Künstler.


    Ja, die Technik lässt sich sowieso kaum kontrollieren. Was verboten wird, besorgen sich die Kids auf anderen Wegen. Ganze Heerscharen von Erwachsenen sind damit überfordert, ihre eigenen Mobiltelefone so zu bedienen, dass Gespräche zustandekommen - wie sollen die auch noch kontrollieren können, was ihre Blagen so am Rechner oder am Asiknochen tun? Das ist schlimm, das ist schade. Aber es kann und darf keine Rechtfertigung dafür sein, alles hinzunehmen, was geschieht. Diese Haltung generiert weder "Reflexion", noch eine Kindergeneration, die zu differenzieren in der Lage ist.

  • Hallo Hauke,


    Zitat

    Original von Hauke
    Klare Antwort: Es sollte nicht um Unterhaltung gehen. Genauso wie bei Dramen. Gute Horrorfilme sind (leider) in erster Linie eben nicht Unterhaltung, sondern Stress für's Gehirn.


    Was denn nun? Es sollte - deiner Aussage zufolge - gar nicht um Unterhaltung gehen, aber gute Horrorfilme sind leider in erster Linie nicht Unterhaltung ...?!?


    Zitat

    Wir müssen bei solch einer Diskussion immer unterscheiden zwischen Produkten, die lediglich für den Markt hergestellt werden um eine Nachfrage zu bedienen und wirklicher Kunst.


    Was ist denn eigentlich für dich "wirkliche Kunst", bezogen auf den Horrorfilm? Mir ist das noch nicht klar geworden (abgesehen vom Stichwort Läuterung). Sollte das in diesem Thread schon irgendwo stehen, bitte ich um Entschuldigung, dann reicht ein simples Kopieren oder ein Hinweis darauf, wo ich's nachlesen kann.


    Über Kunst sollte man sich eh nicht streiten, aber ich zähle mich zu den Banausen, für die es auch keine Kunst ist, wenn ein "Künstler" den Kadaver eine Kuh aus einem Hubschrauber auf den Asphalt schmeißt oder ein anderer einen Hund in einem Museum ankettet, auf dass der dem Verdursten jeden Tag ein bisschen näher ist.


    Zitat

    Und letztendlich noch einmal zum Reflexionspotential: Warum es jedem antrainiert werden sollte, liegt doch auf der Hand. Diskussion, ob solche Medien existieren sollten oder nicht interessiert nicht, denn sie existieren nunmal. Und damit muss jeder umgehen können. Sollte. Und dafür sind, besonders in den jungen Jahren, nun einmal hauptsächlich die Eltern verantwortlich. Sie MÜSSEN ihrem Kind beibringen, wie ein Film, ein Buch, ein Bild, Musik wahrgenommen werden sollte. Nämlich differenziert und ständig zu hinterfragen.


    Es gibt auch Medien (Filme), in denen werden Kinder vergewaltigt. Oder Tiere. Nun könnte man sagen, zumindest letzteres sind Produkte, die von einem kleinen Kreis kranker Hirne illegal hergestellt und vertrieben werden. Stimmt nicht. Hätte ich dann als Elternteil den Bildungsauftrag meinen (nicht existierenden) Kindern gegenüber, die aufzuklären, warum weshalb wieso die das tun, was sie da tun (ja, in Maßen), aber auch gefälligst unter Zuhilfenahme von aussagekräftigem Bildmaterial?!? - Meine Eltern haben mir früh eingetrichtert, dass kleine Kinder gut daran tun, nicht mit Fremden mitzugehen, und dass es Leute gibt, die Kindern nichts Gutes wollen. Hat gereicht. Das nur zum Thema "Erziehungsauftrag".

  • (hat sich überschnitten; an Tom: )


    Zitat

    Original von Hauke
    Und ich habe vorher schon von der Unterscheidung von Produkten und Kunst gesprochen. Auch wenn es mir sehr missfällt das zu sagen, aber Kinderpornographie wird ausschließlich hergestellt um den Markt zu bedienen. Nicht um Kunst zu erzeugen.


    Also, ehrlich gesagt, bleibt mir da ja jetzt ein bisschen die Spucke weg ...


    Wenn auch keiner auf die Idee käme, Kinderpornographie Kunst zu nennen, so gibt es doch einen Kreis Menschen (meistens Männer), die ihre "Neigung" zu Kindern *Liebe* nennen. Wenn Kunst ein guter Grund ist, etwas zu tun, müsste Liebe doch eigentlich auch ein verdammt guter Grund sein, oder?

  • Zitat

    Jemand, dessen - ich zitiere - "Gehirn gestresst" wird, und der mit seinen zwölf, vierzehn Jahren ansonsten noch nicht einmal dazu in der Lage ist, den Tag bis zum Abend zu planen?


    Was soll denn das für ein Argument sein? Soll man sie deswegen jetzt alleine mit den Medien lassen?


    Zitat

    Reflexion - ein Euphemismus für "Gewöhnung" - kann nur stattfinden, wenn man qua Ausstattung dazu in der Lage ist, und das verneine ich bei Halbwüchsigen und Heranwachsenden.


    Es geht doch die ganze Zeit um das LEHREN von Reflexionspotential. klar, dass es noch nicht vorhanden ist, aber die Eltern können was dafür tun, dass es ausgeprägt wird. Je früher desto besser. Dass ich das bei der Altersgruppe auch (teilweise) verneine, versteht sich wohl von selbst. Aber dass sie den Kern dafür besitzen, ist auch klar.


    Zitat

    Es "Kunst" zu nennen, das ist ein schönes Ablenkungsmanöver. Man kann alles Kunst nennen. Und dadurch alles rechtfertigen. Vielleicht war sogar Hitler ein Künstler.


    Es gibt die sogenannten künstlerischen, wissenschaftlichen Disziplinen, nicht wahr? Also für Musik, Film, Literatur und Malerei. Das heißt: Kunst IST ein Kriterium, Kunst ist existent, Kunst besteht aus bestimmten Elementen (oder willst du die Existenz dieser wissenschaftlichen Disziplinen und vor allem ihre Inhalte auch in Frage stellen?). Das bedeutet, man kann aussortieren, was Kunst ist, und was Produkt, Kommerz etc.
    Natürlich muss man dabei immer bedenken, wie bei allen geisteswissenschaftlichen Disziplinen (meiner eingeschlossen) auch, dass diese Kriterien manchmal sehr wacklig oder uneindeutig oder widerlegbar sind, aber sie existieren. Und danach bemisst man heutzutage nunmal Kunst. Und ich spreche mir einen gewissen Unterscheidungssinn bei Filmen nunmal zu.
    Darum haben Kinderpornographie und Hitler (was kann jetzt noch kommen?) in dieser Diskussion nichts zu suchen. Denn um diese grausamen Auswüchse geht es nicht. Wenn du aber jetzt z.B. den Film "Hard Candy" oder "Der Untergang" erwähnt hättest, befänden wir uns wieder IN der Diskussion.


    Zitat

    Ganze Heerscharen von Erwachsenen sind damit überfordert, ihre eigenen Mobiltelefone so zu bedienen, dass Gespräche zustandekommen - wie sollen die auch noch kontrollieren können, was ihre Blagen so am Rechner oder am Asiknochen tun?


    Das klingt sehr pessimistisch. Vor allem im ganzen letzten Absatz kommt es mir echt so vor, als würdest du die Gesellschaft schon für verloren erklären.


    Und nochmal: Es geht doch nicht darum, alles hinzunehmen, was geschieht, sondern darüber nachdenken zu können! Akzeptanz ist nur der ERSTE Schritt.

  • von Petra:

    Zitat

    Was denn nun? Es sollte - deiner Aussage zufolge - gar nicht um Unterhaltung gehen, aber gute Horrorfilme sind leider in erster Linie nicht Unterhaltung ...?!?


    Leider steht in Klammern und soll Bezug auf den Stress im Gehirn nehmen. Missglückte Satz-Kontruktion.


    Zitat

    Hätte ich dann als Elternteil den Bildungsauftrag meinen (nicht existierenden) Kindern gegenüber, die aufzuklären, warum weshalb wieso die das tun, was sie da tun (ja, in Maßen), aber auch gefälligst unter Zuhilfenahme von aussagekräftigem Bildmaterial?!?


    Wir haben bisher ja nur darüber gesprochen, DASS Eltern ihre Kinder an die Hand nehmen sollten bei den Medien, das WIE ist eine andere Frage.


    Zitat

    Wenn auch keiner auf die Idee käme, Kinderpornographie Kunst zu nennen, so gibt es doch einen Kreis Menschen (meistens Männer), die ihre "Neigung" zu Kindern *Liebe* nennen. Wenn Kunst ein guter Grund ist, etwas zu tun, müsste Liebe doch eigentlich auch ein verdammt guter Grund sein, oder?


    Also, da bleibt mir die Spucke weg. Trotzdem möchte ich eines zu den Anforderungen an Kunst sagen: Vor dem Schaffen der Kunst kommt das Beherrschen des Handwerks, da sind wir uns doch alle einig. Und beim Film gibt es nunmal genauso handwerkliche Kriterien, die eingehalten werden müssen, damit schon einmal die Basis für etwaige Kunst da ist (Kamera, Regie, Drehbuch etc.). All das spreche ich (hypothetisch und nicht erwiesen) Kinderpornos ab. Und darum keine Kunst.
    Aus Liebe kann ich auch schreiben: Ich liebe dich. Und das ist dann kein kunstvoller Satz, sondern nur die Wahrheit. Obwohl er aus Liebe geschrieben ist.

  • Zitat

    Original von Hauke
    Also, da bleibt mir die Spucke weg. Trotzdem möchte ich eines zu den Anforderungen an Kunst sagen: Vor dem Schaffen der Kunst kommt das Beherrschen des Handwerks, da sind wir uns doch alle einig. Und beim Film gibt es nunmal genauso handwerkliche Kriterien, die eingehalten werden müssen, damit schon einmal die Basis für etwaige Kunst da ist (Kamera, Regie, Drehbuch etc.). All das spreche ich (hypothetisch und nicht erwiesen) Kinderpornos ab. Und darum keine Kunst.


    Etwas so Absurdes wie, dass Kinderpornos Kunst sein könnten, habe ich ja nicht behauptet. Nur, dass "Liebe" wie "Kunst" Entschuldigungen, Ausreden sein könnten.


    Ich schreibe ja manchmal leichterdinge etwas und denke, das wird schon ankommen wie's gemeint ist. Siehe weiter oben, das von wegen Pornos und Konsumenten derselben. Angekommen ist, ich würde Horror mit Porno gleichsetzen. Gemeint war, dass die meisten Konsumenten von beidem (und das ist jetzt eine zugegeben grobe Einschätzung meinerseits) diese Filme nicht wegen deren "höherem Bildungsauftrag" oder einem - womöglich - Kunstverständnis des Regisseurs ansehen. Egal, ob das nun Kunst ist oder nicht (und du hast weiter oben geschrieben, dass die Kriterien dafür ziemlich schwammig sind): Kunst kommt beim Großteil des Publikums nicht an. Beim Großteil des Publikums kommt an, dass einer Frau (meinetwegen) beim lebendigen Leib die Haut abgezogen wird, und das wollen die sehen. Die gehen nicht aus dem Kino, setzen sich hin und schreiben eine wissenschaftliche oder künstlerische Analyse darüber, sondern haben sich am Gesehenen ganz simpel aufgegeilt (wenn es sie überhaupt noch erreicht ...). Der Kunstanspruch? Verpufft!

  • Hallo, Hauke.


    Du hast mich gründlich missverstanden, oder Du willst meiner Argumentation nicht folgen. Ich halte es für grundfalsch, reflektierend anzusetzen und den Kids beizubringen, wie sie eine Nacht durchschlafen können, nachdem sie sich stundenlang die hochkünstlerische Darstellung der orgiastischen Zerfetzung von Menschkörpern reingezogen haben. Erstens kann das nicht gelingen, weil die Zwergmenschen dazu nicht in der Lage sind, weil ihnen einfach die Kapazitäten fehlen, weil sie in der verdammten Entwicklung sind, und zweitens sollte das auch nicht die Lösung sein. Wenn der Nachbar tagein, tagaus sein Kind verdrischt, besteht die Lösung nicht darin, die eigene Wohnung mit Schallschutzwänden auszustatten. Es ist falsch, dass der Mann sein Kind misshandelt. Genauso falsch ist es, Jugendliche solcher "Kunst" auszusetzen. Oder es zu dulden, aus Hilflosigkeit, dass sie es verbotenerweise tun. Gewalt ist nicht Normalität. Ob in der Kunst, über die Kunst oder im Rahmen dessen, was Du "Produkt" nennst (Kunst generiert Produkte). Scheißbären gleich welchen Alters sind Schutzbefohlene, bis sie ihr achtzehntes Lebensjahr beendet haben. Zu diesem Schutz - der Persönlichkeit, der Entwicklung, des Wertgefüges - muss gehören, sie fernzuhalten, und nicht, ihnen beizubringen, Phantasien niederzukämpfen oder dem Drang zu widerstehen, das Erlebte an Mitschülern auszuprobieren.

  • Hallo Petra,


    Zitat

    Die gehen nicht aus dem Kino, setzen sich hin und schreiben eine wissenschaftliche oder künstlerische Analyse darüber, sondern haben sich am Gesehenen ganz simpel aufgegeilt (wenn es sie überhaupt noch erreicht ...). Der Kunstanspruch? Verpufft!


    Und da ist es berechtigt, die Frage aufzuwerfen, ob so etwas überhaupt hergestellt werden darf, richtig? Warum überhaupt Kunst herstellen, wenn die Leute es sowieso nicht oder anders verstehen oder nur zur Unterhaltung nutzen?


    Ehrlich gesagt: Darauf habe ich keine Antwort. Wenn ich nur für mich spreche, dann kennt ihr ja schon alles, also, warum ich es schaue und dass mich die Kunst interessiert. Wenn ich für andere sprechen soll, bedauere ich eben diese Begebenheiten im Kino zutiefst.
    (Beispiel: Damals in der Schule sind wir in eine Vorstellung von "Schindlers Liste" gegangen, dessen berechtigte Existenz wohl keiner hier anzweifelt, und hinter uns haben Jugendliche laut nach mehr Blut und Gewalt gerufen, nachdem der erste erschossen wurde)
    Wie man diesem Problem beikommen kann, weiß ich nicht. Mein Ansatz wäre eben, den Kindern und Jugendlichen so früh wie möglich unter der Vermittlung von den "richtigen" Werten einen Umgang mit den Medien lehren. Irgendwie muss der Bildungsauftrag ja mal erfüllt werden.
    Aber trotzdem: Eine Antwort habe ich nicht. Und das deprimiert. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.


    Grüße, Hauke.

  • Ich frage mich ehrlich, was die stetige Bemühung des Kunstbegriffs hier zu suchen hat. Entweder sind alle Filme, die Fiktives darstellen, Kunst, oder keiner. Das aber ist völlig unerheblich. Der Begriff "Kunst" verleiht dem Produkt keine moralische Wertigkeit. Und auch Kunst kann jugendgefährdend sein. Oder sogar erwachsenengefährdend.

  • Zitat

    Original von Hauke

    Wir haben bisher ja nur darüber gesprochen, DASS Eltern ihre Kinder an die Hand nehmen sollten bei den Medien, das WIE ist eine andere Frage.


    Da kann ich ein Beispiel aus der Praxis liefern: Wir hatten nur ein kleines tragbares Schwarz-Weiß-Fernsehn als unsere Kinder nach und nach eintrudelten und das stand auch nicht irgendwo fest sondern wurde nur für bestimmte Gelegenheiten vorgeholt. Entsprechend hatte es auch bei den Kindern keinen Stellenwert. Wenn Sie zu Besuch bei Ihrer Oma waren, dann schauten Sie schon ab und zu. Danach haben sie bei uns nicht nach Fehrnsehn verlangt, so dass wir das auch nicht verbieten mussten.


    Dann kam unser Sohn in die Schule. Das erste Schuljahr verlief hinsichtlich Fernsehn problemfrei. Im zweiten Schuljahr kam unser Sohn ganz aufgeregt nach Hause. Man hatte im Unterricht darüber gesprochen, wie die Kinder ihren Fehrnsehkonsum beschränken könnten (bei Kindern im Alter von durchschnittlich 7-8 Jahren), was dazu führte, dass unser Sohn und wenige andere plötzlich mitbekamen, was andere da schauten. Da die Mitschüler dann in den Pausen aufgeregt und begeistert von bestimmten Sendungen erzählten, hatten wir das »Will auch« plötzlich in der Familie.


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Hallo Tom,


    ich folge dir schon, aber ich glaube, über solche Foren ist es sowieso schwierig alles darzulegen.
    Ich ging natürlich von Folgendem aus, was wohl bisher nicht rauskam: Kinder und Jugendliche kommen von alleine an solche Medien, weil es sie interessiert. Ich habe nie davon gesprochen, dass sie an die Medien herangeführt werden sollen oder so. Sondern wenn es soweit ist, und jedes Kind, das ich kenne, erlag der Versuchung irgendwann diese verbotenen Filme zu schauen. So sind Kinder nunmal. Und dann müssten die Eltern ihne beibringen, wie sie damit umzugehen haben, sprich: Es ist nicht real, warum wurde der Film gemacht, was bedeutet dies und das.
    Nochmal: Ich sage doch gar nicht, man soll die Jugendlichen den Filmen aussetzen. Wenn das so rauskam, tut es mir leid. Aber ich meinte nicht das, sondern das weiter oben.


    Zitat

    Gewalt ist nicht Normalität.


    Das stimmt einfach nicht. Für dich ist es nicht normal, für mich nicht und für alle anderen, die gewaltfrei aufgewachsen sind. Aber überall auf der Welt, bei wahrscheinlich Abermillionen von Menschen gehört Gewalt zum Alltag. Und da Normalität nur ein Konstrukt ist, ist es dort normal. Gewalt gehört (leider) zum Leben dazu. Der Mensch war schon immer gewalttätig und ist es auch heute noch. Wenn es überhaupt etwas gibt, das der Menschheit immanent ist, dann Gewalt, und nicht Frieden.
    Das ist auch ein Grund, warum Kinder und Jugendliche das differenziert erlernen sollten. Wenn die Fragen aufkommen, nicht weil die Eltern zu den Kindern gehen und sagen: So, jetzt erzähl ich dir mal was über Gewalt und danach gucken wir "Saw".


    Zitat

    Zu diesem Schutz - der Persönlichkeit, der Entwicklung, des Wertgefüges - muss gehören, sie fernzuhalten, und nicht, ihnen beizubringen, Phantasien niederzukämpfen oder dem Drang zu widerstehen, das Erlebte an Mitschülern auszuprobieren.


    Wenn es aufkommt, weil ein Kind bei einem Freund "Chucky-Die Mörderpuppe" gesehen hat, dann schon. Abgesehen davon gehört gerade zum Schutz der drei genannten Dinge das sensible Heranführen an unabänderliche Tatsachen, z.B. dass jeder Mensch jeden Tag sterben könnte, und keiner für immer lebt. Und manchmal eben Menschen sterben durch die Gewalthandlungen eines anderen, z.B. durch einen Amokläufer wie gestern. Jetzt sollten sich alle Eltern mit ihren Kindern hinsetzen und ihren Kindern Fragen beantworten, wenn sie welche haben, und nicht den Kopf in der Sand stecken.


    Abgesehen davon ist der Gewaltbegriff, den wir hier die ganze Zeit benutzen sehr eingeschränkt. Gewalt ist so normal, man braucht nur die politische oder rechtliche Gewalt unseres Staates betrachten. Gewalt ist alltäglich! Und Kinder und Jugendliche müssen, wenn die Umstände es ergeben, wertvermittelt mit der Thematik aufwachsen.
    Und nochmal: Das heißt nicht, dass sie sich Horrorfilme anschauen MÜSSEN.


    Grüße, Hauke.


    P.S.:

    Zitat

    hochkünstlerische Darstellung der orgiastischen Zerfetzung von Menschkörpern


    Cool, wo gibt's den Film? :braue

  • Ich hab jetzt nicht alle Kommentare durchgelesen, hab sie nur kurz überflogen ...


    Ich glaube, dass Gewalt in jedem Menschen drinsteckt, und klar, eher in Männern als in Frauen, ich hab bis jetzt noch von keiner weiblichen Amokläuferin gehört. So weit ich weiß, hat nahezu jeder junge Mann Gewaltphantasien und ist von der Darstellung von Gewalt fasziniert. Es hat wohl auch etwas mit einem Machtanspruch zu tun, nicht wenige junge Männer haben zum Beispiel auch Weltherrschaftsphantasien in ihrer Sturm-und-Drang-Phase. Ich sage einfach mal provokativ, das gehört zum Mannsein dazu. Ob wir wollen, dass sich Männer da mal ändern, das ist jetzt eine andere Frage. Das Gefühl, mächtig und stark zu sein, der Beste und der Größte zu sein, hat eben positive und negative Wirkungen.


    Die Frage ist, wie sie damit umgehen: Wenn Gewalt als etwas gezeigt wird, das cool und toll ist (um es mal naiv zu sagen), und jeder Actionfilm zeigt das, wenn sie Gelegenheit haben, leicht an Schusswaffen zu kommen, wenn ihre sie drängende Energie kein Ventil findet (und wahrscheinlich gibt es noch viele Komponenten), dann kommt es zu Gewaltausbrüchen.


    Schusswaffen sollten einfach verboten werden (außer für Polizisten und Jäger von mir aus), denn die Gelegenheit, leicht an Schusswaffen zu kommen, ist für mich eine der Hauptursachen für derartige Amokläufe wie den aktuellen. Da gibt es für mich nichts herumzudeuteln. Es ist ja auch so leicht, jemanden auf diese Art zu töten! Ob alle Amokläufer fähig gewesen wären, ihre Opfer mit einem Messer oder einer Axt zu metzeln? Ich glaub eher nicht. Da würden vielleicht angeborene Hemmschwellen greifen.

  • Hallo Hauke,


    heißes Thema und auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen, aber ich bin voll und ganz Toms Meinung. Gewalt zu sehen, stumpft ab. Ich weiß ein Beispel. Mich selbst. Als Achtzehnjährige habe ich "Das Ding aus einer anderen Welt" gesehen (den mit Kurt Russell). Ergebnis: Ich konnte wochenlang nicht schlafen vor lauter Sch...Angst.
    Inzwischen habe ich die Katharsis durchlebt und kann die Aliens-Filme schauen (alle!) und dabei Pizza essen. Das sagt mir genug über die Psyche all der anderen Zuschauer. Und erst recht über die Psyche derjenigen, die Filme wie Saw, Hostel oder von mir aus auch den von dir gepriesenen Film Martyrs sehen.
    Mag sein, dass er Tiefgang hat. Mag sein, dass er eine gute Story hat, tiefe Charaktere und vielleicht sogar eine Moral. Aber ich weiß eines: Dass ich es gut finden würde, wenn solche Filme nicht öffentlich gezeigt werden dürften. Wenn sie schlichtweg verboten würden.
    (Ja, ja, ich weiß. Dann kommt das Argument, dass dann der Film doch noch attraktiver wird. Stimmt. Dennoch gibt es in dem Falle weniger Konsumenten, als wenn er in die Kinos kommt und von irgendwelchen Horrorfans hochstilisiert wird.)
    Ums klarzustellen: Ich mag Horror. Subtilen Horror, der ohne Küchenscheren und Detailaufnahmen auskommt. Der Suspense nutzt. Auch so kann man die Sicht des Opfers schildern. All das, Hauke, was du dem Horrorfilm zuschreibst, kann genauso gut einer erfüllen, der ohne Gewaltorgie auskommt. Besser sogar, denn den werden sich mehr Leute anschauen.


    Ich habe einen 8jährigen Sohn, der Star Wars über alles liebt. Der jetzt als letzter seiner Klasse einen Nintendo bekam, um darauf Clone Wars, das Nintendospiel, spielen zu können. Ich sehe und höre jeden Tag, wie er sich anpasst an diese Welt, die es normal findet, dass 8jährige auf einem Nintendo Menschen ermorden - ganz ohne Blut, ja, aber trotzdem ermorden.
    Ich höre das Wort "umbringen" aus seinem Mund und das macht mich rasend. Weil er, obwohl ein cleveres Kerlchen, absolut keine Ahnung hat, was damit "wirklich" gemeint ist. Was damit zusammen hängt. Was mit dem Mensch passiert, der "umgebracht" wird. Was er empfindet, wie er leidet.
    Kinder können das nicht refelektieren. Sie müssen das auch nicht. Dafür haben sie Eltern, die das für sie tun. Und die sie vor der Darstellung solcher Gewaltorgien schützen.


    Weißt du, warum es solche Filme gibt? Meine Meinung dazu?
    Ja, Gewalt steckt in uns drin. Sie ist ein Teil von jedem von uns. Und weil wir in einer Welt leben, wo wir nicht mehr jeden Tag damit rechnen müssen, vom Nachbarclan überfallen oder vom nächsten Säbelzahntiger gefressen zu werden, weil unsere Instinkte nicht befriedigt werden, weil wir ab und an unseren Adrenalinpegel, der in uns wächst, weil wir in Autoschlangen stehen, Ärger mit dem Chef haben oder mit der Frau, die wir nicht schlagen dürfen, deshalb, weil wir uns anpassen müssen und eigentlich von unserer biologischen Ausstattung her (noch?) nicht dazu bereit sind, brauchen wir etwas, eine Art Ersatz, um die Gewalt in erlaubten Grenzen ausleben zu können.
    Das können Horrorfilme sein, Videospiele oder Paintball. Und ja, das funktioniert. Aber weisst du was? Eine Runde um den Block rennen, sich körperlich verausgaben, im Studio boxen - das hilft auch. Sogar besser. Es stumpft dich nicht gegen das Zurschaustellen von Gewalt ab, sondern macht dich zusätzlich auch noch körperlich fit.
    Selbstverständlich darf jedermann auch andere Wege suchen, sich Ersatz zu beschaffen. Mag jeder sich Geschichten ausdenken oder Drehbücher, in dem jemand grausam gefoltert oder ermordet wird oder was auch immer. Aber bitte, das mag er dann für sich behalten und nicht der Allgemeinheit zumuten.
    Diese grenzenlose Gesellschaft, in der alles aber auch alles erlaubt ist, solange es "Kunst" ist - nein, danke. Wir Menschen unterscheiden uns angeblich vom Tier, weil wir eine Moral haben. Haben wir die?


    Trotzdem herzliche Grüße, denn ich muss mich bei dir entschuldigen, dass du den Zorn von mir abbekommen hast, der schon seit Jahren in mir zu dem Thema schwelt. Mein Zorn gilt wirklich nicht dir, sondern dem System.

  • Hi Shabana,


    auch dir gebe ich recht. Allmachts- und Gewaltphantasien hat jeder Mann und jeder Junge. Das fängt recht früh an. Und auch die Sturm-und-Drang-Phase, die Rebellion gegen Elternhaus und Gesellschaft ist völlig normal.


    Entscheidend ist nur, in welchen Bahnen diese Sturm-und-Drang-Phase verläuft. In früheren Zeiten (und auch heute noch bei fast allen Naturvölkern) gibt es für Heranwachsende (ob für Jungen oder Mädchen) Initiationsrituale, die durchlaufen werden müssen, bevor Junge als Mann bzw. Mädchen als Frau gilt.


    Ich will diese Initiatinsriten nicht verherrlichen. Hier werden Mädchen beschnitten und junge Männer dazu gezwungen, einen Löwen mit dem Speer zu erlegen. Aber sie haben einen Zweck. Sie dienen dazu, diese Kraft, diese Gewalt- und Allmachtsphantasien zu kanalisieren - in gesellschaftlich abgesteckten Bahnen.


    Unsere zivilisatorsiche Gesellschaft leidet darunter, dass ihr solche Initiatiosnriten fehlen. Ergebnis: Die Jugend sucht sich selber welche. Dies endet in Mutspielchen und machmal in Amokläufen. Denn dieser Junge kam weder mit sich selbst, noch mit der Welt zurecht. Er brauchte dringend Hilfe und keiner hat es bemerkt.


    Und was in diesem Zusammenhang am wenigsten hilft, sind Filme, die für Jugendliche frei zugänglich sind, in denen Gewalt in allen erdenklichen Formen gezeigt wird - ohne irgendein Tabu auszulassen, ohne jegliche Schamgrenze. Das zu sehen, ist sicherlich auch eine Art Initiationsritus, aber es ist einer, den ich ablehne.


    Denn indem solche Filme öffentlich erlaubt sind, wird von der Gesellschaft gut geheißen, was in ihnen gezeigt wird. Das ist ein Signal. Es macht Gewalt gesellschaftlich "anerkannt". Es ist "cool" solche Filme zu sehen. Hauke selbst sagt, dass man starke Nerven haben muss. Also Leute, nichts für Weicheier. Nur für die Harten.


    Und genau da muss man ansetzen. Das ist kein Weg, um die Harten von den Zarten zu unterscheiden. Es schlichtweg falsch. Und dieses Signal muss unsere Gesellschaft endlich setzen. Punktum.

  • Hallo Hauke!


    Zitat


    Sehe ich nicht so. Jemand, der darüber reflektiert, kann unter der "richtigen" wertgeleiteten Führung damit auch umgehen. Und woher nimmst du den empirischen Beweis für deine Schlussfolgerung, dass so etwas nur scheitern kann? Dann würdest du es ja noch nicht einmal auf einen Versuch ankommen lassen. Genügend Reflexionspotential zu vermitteln ist ja auch nur EIN mögliches Konzept, was ich persönlich für sinnvoll erachte. Und warum schließt das Begleiten die Vermittlung von Werten aus. Im Gegenteil: Die "richtige" Wertevermittlung führt zur "richtigen" Begleitung.
    Und noch etwas: Kinder und Jugendliche sind neugierig, sie wollen so etwas sehen, und, nach meiner langjährigen Erfahrung als Nachhilfelehrer, sie werden so etwas sehen. Willst du sie damit alleine lassen?
    Verbote von Eltern werden so häufig ignoriert, erzähl mir nicht, dass du das nicht weißt..


    Das lese ich jetzt erst. Boah, kann ich da nur sagen. Jetzt bin ich fassungslos. Das meinst du nicht ernst. Ich soll mit meinem Sohn, wenn er mal 12 oder 14 ist, Saw gucken, um ihm beizubringen, mit Gewaltdarstellungen umzugehen? Dazu fällt mir nichts mehr ein.
    Ich nehme meine Entschuldigung zurück. Nimm meinen ganzen Zorn, den ich verbreitet habe und streu ihn über deinen Kopf. Mehr weiß ich dazu nicht zu sagen.

  • Hallo Petra E,


    das Missverständnis kam schon bei Tom so an. Darum habe ich Folgendes in meiner letzten Eintragung geschrieben:


    Zitat

    Ich ging natürlich von Folgendem aus, was wohl bisher nicht rauskam: Kinder und Jugendliche kommen von alleine an solche Medien, weil es sie interessiert. Ich habe nie davon gesprochen, dass sie an die Medien herangeführt werden sollen oder so. Sondern wenn es soweit ist, und jedes Kind, das ich kenne, erlag der Versuchung irgendwann diese verbotenen Filme zu schauen. So sind Kinder nunmal.


    und später:

    Zitat

    Wenn die Fragen aufkommen, nicht weil die Eltern zu den Kindern gehen und sagen: So, jetzt erzähl ich dir mal was über Gewalt und danach gucken wir "Saw".


    Hoffe, dein Zorn ist wieder verflogen. :)


    Grüße, Hauke.