• Seit dreißig Jahren nichts als Veränderung: Atomkraftwerke, Wiedervereinigung, Globalisierung, Rauchverbot. Nur eine Konstante gab es in all der Zeit: Die CSU war Bayern und umgekehrt. Und dankenswerterweise hat sie gleich die Oppositionsarbeit miterledigt. Um es mit Gerhard Polt zu sagen: "Mir in Bayern brauchen keine Opposition, weil wir sind bereits Demokraten ... Bei uns hat jeder das Recht, sich öffentlich zur Mehrheit zur bekennen und wenn er das tut, dann darf er auch in Ruhe einen Schweinsbraten essen und ein paar Bier dazu trinken."


    Die realistischste Perspektive auf eine Veränderung lag noch in einer Million Jahren, wenn sich in Bayern ein riesiges Gebirge auffalten und das Land praktisch unbewohnbar sein würde.


    Und nun? Die CSU verliert auf einmal die absolute Mehrheit. Das kann doch nicht sein, oder? Oder doch? Oder was?


    Dass ich das noch erleben darf! Habe vorhin mit meinem Vater (Jahrgang 1942) telefoniert. Er erinnert sich auch nicht mehr politisch an die Zeit vor 1962, als die CSU noch nicht Staatspartei war.


    Kann's noch nicht recht glauben,
    Michael

  • Zitat

    Original von Luka
    Bin mal gespannt wie sich das weiter entwickelt.


    Na, recht spannend scheint's nicht zu werden. Die CSU wird sich krampfhaft an die FDP klammern, auch wenn natürlich jetzt noch scheintaktiert wird. Und die FDP wird auch in Bayern schaffen, was sie schon vor Jahrzehnten als Koalitionspartner von SPD und - wie ein Fähnchen im Wind - auch der CDU auf Bundesebene praktiziert hat, nämlich eine katastrophale Politik hinzulegen.


    Politisieren ist schon was Herrliches. :D


    Gruss,


    Bernd

    "Der erfolgreiche Abschluss infamer Aktionen steigert Ihren Bekanntheitsgrad, was für Ihren Feldzug zur absoluten Weltherrschaft unglaublich wichtig ist." (aus dem Benutzerhandbuch des PC-Spiels Evil Genius)

  • Zitat

    Original von Bernd
    Die CSU wird sich krampfhaft an die FDP klammern,


    oder umgekehrt, weil der FDP das strategische vorteile bringt. interessant wird da v.a. die innenpolitik und wieweit sich die FDP wieder verbiegen lässt. in der bundes-opposition hat sie sich ja als rechtsstaatspartei wiederentdeckt. ob sie's wirklich ist, dafür ist bayern optimales testgelände.


    stammtischgrüße,
    michael

  • Zitat

    Original von Bernd



    Politisieren ist schon was Herrliches. :D


    Geht so. Hier in Hamburg kann man gerade besichtigen, daß die Kombination Schwarz-Grün - in Bayern trotz allem eher unwahrscheinlich - auch keine neuen Aspekte, Reformen oder was auch immer bringt. Die Grünen tragen als Regierungspartei Dinge mit, die sie in der Opposition immer bekämpft haben.


    Mit Blick auf die CSU-Führungsriege gilt allerdings das Westerwelle-Wort: Man muß auch mal gönnen können. :P


    Es gefällt mir also ausnehmend gut, daß die Herren Wahlmonarchen mal ins Trudeln kommen. Ob das, was danach kommt, besser oder intelligenter ist, ist natürlich eine ganz andere Frage....


    Grüße aus HH

  • "Mal sehen was danach kommt"
    bezog sich auch eher auf die Gesamtsituation.
    Ich denke, wir sind an einem historischen Wendepunkt in der Geschichte angelangt- wie werden wir das diesmal hinbekommen?
    Wenn man die aktuelle Börsensituation ansieht, ein bisschen von den Goldpreisen hinzugibt, die Wirtschaft in Amerika betrachtet und dann die Deutschen Banken etwas genauer unter die Lupe nimmt, dann entsteht doch eine recht explosive Mischung, auf der die CSU Ergebnisse nur das I-Tüpfelchen sind...
    Wie auch immer, als Fantasyschreiberin bin ich es gewohnt, mir die Welt schönzudenken. Noch gehts ja.
    Liebe Grüße
    Luka

  • [Wie auch immer, als Fantasyschreiberin bin ich es gewohnt, mir die Welt schönzudenken.
    Erwin und Günther sind da noch nicht angekommen. Das sie inzwischen auch nur noch in einer Fantasiewelt leben, nämlich in ihrer eigenen.
    Die Realität haben sie noch nicht so richtig begriffen.
    Vielleicht kommt das ja noch.
    Hoffnungsvolle Grüße
    Amos

  • Zitat

    Original von Michael Höfler
    "Mir in Bayern brauchen keine Opposition, weil wir sind bereits Demokraten ... Bei uns hat jeder das Recht, sich öffentlich zur Mehrheit zur bekennen und wenn er das tut, dann darf er auch in Ruhe einen Schweinsbraten essen und ein paar Bier dazu trinken."


    hier zur verdeutlichung des politischen milieus in bayern seine komplette legendäre gebirgschützenrede.

  • Zitat

    Original von Luka
    Ich denke, wir sind an einem historischen Wendepunkt in der Geschichte angelangt- wie werden wir das diesmal hinbekommen?
    Wenn man die aktuelle Börsensituation ansieht, ein bisschen von den Goldpreisen hinzugibt, die Wirtschaft in Amerika betrachtet und dann die Deutschen Banken etwas genauer unter die Lupe nimmt, dann entsteht doch eine recht explosive Mischung, auf der die CSU Ergebnisse nur das I-Tüpfelchen sind...
    Luka


    Vielleicht; vielleicht nicht. Bin bei den Wendepunkten immer ein bißchen skeptisch. Am Ende ist dann nur - metaphorisch gesprochen - wieder ein Güterzug in der Ferne vorbeigedonnert. Für die CSU ist das alles natürlich eine echte Panne.


    Aber an den Börsen wird bestimmt schon wieder gezockt. Die Finanzindustrie wird sich doch von so etwas Trivialem wie der Kernschmelze einiger Investmentbanken nicht stören lassen. Man läßt sich von der Politik die Risiken abnehmen, das wars.

  • Ich halte das auch nicht für einen "Wendepunkt", obwohl die Journallie und die politischen Gegner bereits die Schaufeln für das CSU-Begräbnis bereithalten. Beckstein/Huber haben nicht funktioniert, der Stoiber-Abgang war mehr als unschön, und einige Veränderungen der jüngeren Vergangenheit haben die Bayern ganz schön auf die Palme gebracht - nicht zuletzt das härteste Rauchverbot der Republik. Aber all das wird sich in den nächsten Jahren schleifen, wenn Seehofer seine Sache halbwegs gut macht (aus bayerischer Sicht natürlich). Ein Nachruf auf die immerwährende CSU-Herrschaft käme m.E. verfrüht. Ich halte es für sehr gut möglich, dass sie die Verhältnisse bei der nächsten Wahl wieder umkehren. Dies war eine echte Protestwahl. Das Wunschdenken der kleinen Parteien (und das sind immer noch alle anderen in Bayern) geht natürlich in eine andere Richtung, aber es bleibt Wunschdenken.


    Und zum anderen Thema: In Zeiten, da Computerprogramme automatisiert Mondsummen verwetten, ohne dass irgendjemand auch noch eine Ahnung davon hätte, wie all diese Systeme in ihrer Verzahnung wirken, wird der Zusammenbruch eines Teils des Bankensystems langfristig ohne Wirkung bleiben. Ändern lässt sich all das nämlich kaum noch. Andere werden nachrücken, und nach einer kurzen Zeit des Wundenleckens geht der Scheiß wieder von vorne los. Die Zeche zahlen wir. Gier ist geil. Die Zeiten sind gierig. Und sie werden immer gieriger, Bankensterben hin oder her.

  • Zitat

    Original von Tom
    Das Wunschdenken der kleinen Parteien (und das sind immer noch alle anderen in Bayern) geht natürlich in eine andere Richtung, aber es bleibt Wunschdenken.


    bayern wird strukturell konservativ bleiben, das zeigt auch diese wahl. die freien wähler sind praktisch nur ein sammelsurium oft bürgernäherer lokaler konservativer gruppierungen, die meist aus irgendeinem CSU-korruptionsskandal entstanden sind. und die fdp hat den wählern fest versprochen, mit der CSU zu koalieren.


    dennoch: der nimbus der unbesiegbarkeit ist dahin. diesen geist kriegt man nicht so schnell wieder in die flasche.

  • Ich finde es ausgesprochen schade Abschied von den Herren Beckstein und Huber nehmen zu müssen. Der Unterhaltungswert dieses Teams war unschlagbar- eine Steilvorlage nicht nur für das politische Kabarett.


    Wie sagte Ottfried Fischer immer: Da hast nimmer vieal machen müss´n.
    Genau.


    Und nun? Können wir uns auf ein einwöchiges Schlachtfest einstellen, in der reichlich Köpfe rollen, mit einer Blutspur, die bis auf die Wiesn hinunter reicht.


    Um uns dann auf einen Langweiler wie Seehofer einzustellen. Der bringst doch noch nicht einmal zu einem druckreifen Spruch a la " Bier ist kein Alkohol."


    Schade.

  • Warum müssen die so Looser-Zombies wieder ausbuddeln? Die haben ja schon eine ähnliche Einstellung wie die Grünen- recyclen ihre Politiker, tsts...
    Die brauchen mal frisches Blut a la "more Drama Baby" =)


    *g* Luka.

  • Zitat

    Original von Tom


    Und zum anderen Thema: In Zeiten, da Computerprogramme automatisiert Mondsummen verwetten, ohne dass irgendjemand auch noch eine Ahnung davon hätte, wie all diese Systeme in ihrer Verzahnung wirken, wird der Zusammenbruch eines Teils des Bankensystems langfristig ohne Wirkung bleiben. Ändern lässt sich all das nämlich kaum noch. Andere werden nachrücken, und nach einer kurzen Zeit des Wundenleckens geht der Scheiß wieder von vorne los. Die Zeche zahlen wir. Gier ist geil. Die Zeiten sind gierig. Und sie werden immer gieriger, Bankensterben hin oder her.


    Naja, stimmt schon, wenn die es immer noch schaffen den Goldpreis soweit unten zu halten, damit keine Panik ausbricht, erholen die sich auch wieder.
    Luka.

  • Zitat

    Original von Luka
    Warum müssen die so Looser-Zombies wieder ausbuddeln? Die haben ja schon eine ähnliche Einstellung wie die Grünen- recyclen ihre Politiker, tsts...
    Die brauchen mal frisches Blut a la "more Drama Baby" =)


    *g* Luka.


    Aber wo sollen die frischen, unverbrauchten Leute herkommen? In der CSU oder bei den Grünen geht es doch zu wie überall im Land: Die etablierten Platzinhaber lassen niemanden hochkommen, der pfiffig ist und eigenständig denken kann. Wenn dann einer von den Großfürsten umfällt, sind nur noch die Jasager und Aktentaschenträger da...