»Gatekeeper der Literatur« - Interviewserie auf jetzt.de

  • jetzt.de, das Internetportal des Jugendmagazins jetzt der Süddeutschen Zeitung, veröffentlicht eine Serie von Interviews mit "Machern" in der Literatur.



    KB: Haben Sie zum Abschluss einen guten Rat für angehende Autoren?
    MG: Lesen! Autoren sollten viel lesen. Das ist auch meine Erfahrung in der Agentur. Ob das nun vor dem Schreiben ist und währenddessen: Jemand, der aus einer großen Leseerfahrung schöpfen kann und produktiv liest, sieht, wie es andere machen, und bekommt mit, wie er seinen eigenen Ideen eine Form geben kann.




    KB: Haben Sie zum Abschluss einen guten Rat für angehende Autoren?
    KS: Das Manuskript möglichst so zu schreiben, dass man nach der ersten Seite auch die zweite noch lesen will. Und dann auch noch die dritte, und das Ganze am besten auf dreihundert Seiten.

  • Jaja, soso, aha!


    Früher war "jetzt" ja die Jugendbeilage der Süddeutschen Zeitung. Nichts, überhaupt nichts, nicht einmal den Rheinischen Merkur oder die Süddeutsche selbst habe ich mehr gehaßt als "jetzt". Früher war "jetzt" ein gedruckter Teil der SZ.


    So! Aber irgendwann kam dann Darwin, also Evolution, also Survial of the Fittest, und hat "jetzt" weggefegt. Kein Mensch nämlich wollte "jetzt", die Jugendlichen schon gar nicht. Und jetzt existiert "jetzt" nicht mehr als Schrift auf Papier, sondern nur noch als Blog-Müll! Haha! Und da sage noch einer was gegen die Evolution!


    Und jetzt ist "jetzt" völlig auf den Hund gekommen, was man an Frau Bendixen sieht.


    Da gibt es also den Literaturagenten, der sich keine Homepage leisten kann und deshalb dieses starre Ding da hat, das er wahrscheinlich höchstpersönlich in Turbopascal programmiert hat. Dieser Literaturagent, der zwar Tausende von Manuskripten im Jahr bekommt, aber keines davon nimmt, weil er ja Literaturagent ist. Dieser Literaturagent, der weiß, dass jemand nur schreiben kann, wenn er auch lesen kann, oder dass jemand, der nicht schreiben kann, vermutlich auch nicht lesen kann.


    Diese Grundwahrheit haben ihm die tausend Manuskripte eingeflüstert. Und das ist ja auch wie mit dem Huhn und dem Ei: Ein Huhn, das nicht lesen kann, kann auch kein Ei legen, weil es dann nämlich die EU-Ei-Norm nicht kennt. Wenn es aber lesen kann, dann legt es vielleicht immer noch kein gutes Ei, weil es vielleicht die EU-Eier-Norm nicht gelesen hat. Aber nur wenn es liest, kann das Huhn den Eiern zumindest eine eiähnliche Form geben. Hühner, die nicht lesen können, legen formlose Eier.


    Und dann der Verleger: Der hat jetzt sogar eine Homepage, auf der man auch hier und da drücken kann. Die hat er also nicht selber programmiert. Und der Verleger verlegt hauptsächlich Katzenbücher, wie man sieht. Er kriegt jedes Jahr 1800 Manuskripte, aber davon veröffentlicht er keines, weil diese Manuskripte entweder rassistisch sind oder nicht von Katzen handeln oder ihm nicht von alten Freunden empfohlen wurden. Politisch korrekte Manuskripte, die von heiratenden Schwulen, edlen Moslems, gütigen Lesben, bösen Amerikanern, ausgebeuteten Negern und vor allem Katzen handeln, veröffentlicht er aber gerne.


    Und jetzt kommt bald Darwin wieder und mit ihm die Evolution. Und die schwappt dann das, was von "jetzt" noch geblieben, z.B. sinnfreie Blogs, z.B. von Frau Bendixen, einfach weg. Und dann muß Frau Bendixen putzen gehen, und die Youngsters lesen nicht mehr "jetzt", was sie ja ohnehin nicht tun, weil sie bereits mit 13 vögeln wie die Weltmeister, was wichtiger ist als lesen. Denn vögeln - im Gegensatz zu schreiben - kann auch, wer nicht lesen kann. Und deshalb gibt es auch so wenig gute Manuskripte! Und so viele formlose Eier! Und überhaupt!


    PS: Kaufen Sie unsere Katzenbücher!

  • Uuuhh ... Thomas, was hast du denn gestern abend gegessen? :wow


    Stimmt, Verlage und Agenturen wehren sich inzwischen gegen die Flut an Angeboten. Wer den Grund erfahren will, dem empfehle ich mal ein Praktikum in einem Verlagslektorat bzw. in einer Agentur. Und zwar an der Front: die Durchsicht der unverlangt eingereichten Manuskripte.


    Nächste Frage: Wieviel springt denn bei einem durchschnittlichen Verlagsvertrag raus? Wer glaubt, daß da Koffer voller Geld über den Tisch gehen, täuscht sich gewaltig. Von den Neueinsteigern unter den Autoren kann im Regelfall kein Agent mit seinem Anteil von 15 oder 20 % und erst Recht kein Verlag leben -- nur von dem, was die Buchhändler stapeln, weil abzusehen ist, daß die Leute es kaufen.
    Bedauerlicherweise läuft das Hauptgeschäft nämlich über Konsumenten, die mal eben eine Paperback-Schwarte mitnehmen, weil sie schon tausendmal irgendwo gehört oder gelesen haben, wie wahnsinnig spannend das Ding sei. :pille
    Und diese Dinger aus dem Supermarktregal bzw. vom Stapel gleich neben der Kasse brauchen entweder einen bereits klingenden Namen auf dem Cover oder einen medientechnisch verwertbaren Vorlauf in Amiland, der gezeigt hat, wie viele Fliegen diesen Mist schon gefressen haben. :D


    Oder man besiedelt als mittelständischer Verlag gezielt eine Nische: z.B. die Katzenliebhaberei. Ich dachte eigentlich, daß du, Thomas, das erkennen müßtest. :zwinker


    Noch was, Thomas: Die Mehrheit der Leute, die sich heute als Nachwuchsautoren tummelt, liest grundsätzlich nicht. Zu vernehmen sind Argumente wie "Ich will mir meinen Stil nicht versauen" oder "Dafür habe ich keine Zeit" oder gar "Schreiben lernt man beim Schreiben, Lesen ist bloß ein Hobby" usw. usf.
    Man merkt es den Resultaten allerdings deutlich an!
    Deshalb bin ich verdammt froh, wenn Verleger, Lektoren und Agenten immer wieder deutlich darauf hinweisen. Denn an diese Leute wollen die neunmalklugen Nachwuchsautoren ja ran, auf die hören sie vielleicht.

  • Zitat

    Original von Iris Kammerer
    MG: Lesen! Autoren sollten viel lesen.


    KS: Das Manuskript möglichst so zu schreiben, dass man nach der ersten Seite auch die zweite noch lesen will.


    Ich finde, dass das nur billige Allgemeinplätze sind. Selbstverständlichkeiten! Natürlich muss man lesen, natürlich soll man spannend schreiben. Ich habe die Seite noch nicht angeschaut, aber wenn die Argumente dort dieses Kaliber haben, dann verspreche ich mir davon als Nachwuchsautor keine große Hilfe.

  • Hallo, Lyrx.


    Zitat

    Ich finde, dass das nur billige Allgemeinplätze sind. Selbstverständlichkeiten!


    Aber offenbar keine Wahrheiten für die Schar der selbsternannten Nachwuchsautoren. Setz dich mal spaßenshalber in eine Wettbewerbsjury oder mach, wie Iris empfohlen hat, ein Praktikum in einem Verlag. Es ist ja nicht so, daß 99 % (und mehr) der Manuskripte abgelehnt werden, weil sich Agenten für besonders cool halten würden und die Verlage generell überhaupt kein Interesse an Neuentdeckungen hätten. Nein. Die Manuskripte sind einfach scheiße. "Autoren" fügen Wörter zu Sätzen und Sätze zu Absätzen und Absätze zu Kapiteln und das ganze zu etwas, das sie selbst - und niemand anderes - als "Roman" bezeichnen, aber das ist nur ein Euphemismus für einen Teil des ganzen Schrotts, der durch die Republik geschickt wird, in der Hoffnung, wenige Wochen später auf Platz eins der Bestenliste zu stehen und sich im Scheinwerferlicht der Privatfernsehprominenz zu sonnen. Wenn man diese Sachen liest, bekommt man den Eindruck, keiner von denen hätte je etwas anderes als Harry Potter oder Dan Brown gelesen, sich noch nie eine andere Meinung als die von Mama eingeholt und den Hauptschulabschluß auch nur gerade so hingekriegt. Klingt vielleicht hart, ist aber so. Vor zwei Jahren hatten wir bei mehreren hundert Einsendungen Probleme, überhaupt 12 Storys für den Autorenkalender zu küren, und mußten uns mit acht zufriedengeben. Daß Agenturen und Verlage deshalb das Motto ausgeben: "Leute, laßt es" ist aus dieser Sicht gut zu verstehen. Diejenigen, die es nicht lassen sollen, werden selbst wissen, daß sie gemeint sind.

  • Zitat

    Original von Iris Kammerer
    Uuuhh ... Thomas, was hast du denn gestern abend gegessen? :wow


    Ahm ... Iris ... du spricht da einen wunden Punkt an. Also gut: Wowereit ist schwul, die Pau lesbisch und Bill Clinton has problems keeping his dick in his pants.


    Ich hatte also gestern abend zwei Schweiben Schnitzerbrot mit irischer Butter und 17%igem Käse gegessen. Aber das kann es nicht gewesen sein. Dazu habe ich nämlich zwei Gläser Zitronentee getrunken. Und jetzt kommt's: statt dem normalen Teebeutel, der ja (EU-Norm) 1,6 g Tee enthält, verwende ich Kannenbeutel, die 2,8 g (!) enthalten. Und da war ich nach zwei Gläsern natürlich vollkommen zugedröhnt. Da es bei uns auf dem Land hier kein Methadon-Programm gibt (die herrschende CDU lehnt das unbegreiflicherweise ab), rechne ich mir nun Chancen aus, ins Teebeutel-Programm aufgenommen zu werden; da erhält man auf Staatskosten pro Monat 4 Teebeutel mit 3,9 g Ostfriesentee. Dann schreibe ich noch besser!


    @ Iris und Tom: Dass viele Manuskripte von Hobbyschriftstellern nicht so toll sind, weiß ich mittlerweile auch. Deshalb bin ich doch in diesem Forum! 8)


    Mir geht nur dieser Agent auf die Nerven, der da sagt: von 2000 Manuskripten nimmt er zwei 2. Und vom dem kann er seinen gebrauchten Astra unterhalten, ja? Es gibt einen alten Spruch von Walter Reppe, den ich immer zu meinen Mitarbeitern sage: Sagen sie mir nicht, wie's nicht geht, sagen sie mir wie's geht.


    Soll der Agent uns doch sagen, welche Manuskripte er will, wie die aussehen und von was die handeln sollen.


    Und nun zum Verleger: Ich versteh', dass der Verleger von seinen Katzenbüchern lebt. Unbenommen! Drum sind ja so viele gleich auf der ersten Seite. Suhrkamp hat immer von Hermann Hesse gelebt. Aber was für eine Message ist das denn: Manuskripte les' ich überhaupt nie, und wenn, dann nur den Kram, den mir Leute in den Postkorb legen, die ich ohnehin schon kenne. Und wenn das hundertmal die Wahrheit ist: sowas sag' ich doch nicht öffentlich!


    Und weil er nur das liest, was er kennt, der Verleger, hat er so Sachen im Programm wie eine Paganini-Biograhie von Werner Fuld. Wo der uralte Mythos des Teufelsgeigers perpetuiert wird. Anstatt dass der Werner sich mal Op. 1 von Paganini, nämlich die 24 Capricen für Violine solo, angeschaut hätte, von denen er ein Leben lang zehren könnte. Und dann hätte der Werner gewußt, dass Paganini kein Teufelsgeiger war, sondern ganz einfach ein harter Arbeiter, wie alle, die richtig gut sind.


    Aber Werner Fuld hat ja auch ein Katzen-Buch geschrieben, weil er mit seinen Biographien von Walter Benjamin und Paganini kein Geld verdient hat. Und genau: Warum machen wir's eigentlich nicht alle wie Akif Pirinci und schreiben Katzenbücher. Katzen sind ja, genau wie Hunde, völlig bescheuerte Tiere. Da kann der Markt doch noch ein paar Millionen Bücher vertragen.


    Ich schreib jetzt ein Katzenbuch ("Katzen erst langsam zu Tode gefoltert, dann angepißt und schließlich verbrannt"), ruf' jemand an, der den Schöffling kennt, und der sagt dann dem Schöflfing: du hör mal, der TWJ, der hat ein Katzenbuch geschrieben. Und der Schöfflign sagt dann: Mensch, das ist ja ein Tip von einem, den ich kenne, das ist ja super, ein Katzenbuch also, Mensch das sollten wir unbedingt machen. Und schon fährt Schöfflings alter Saab wieder ein Jahr lang!

  • Hallo Tom,


    ohne je in einer solchen Jury gesessen zu sein, aber ich fürchte, damit könntest Du Dich irren:


    Zitat

    Diejenigen, die es nicht lassen sollen, werden selbst wissen, daß sie gemeint sind.


    Ich vermute mal, die die wirklich etwas können, messen sich oft an sehr hohen Maßstäben und wissen vor allem, was sie alles nicht können.


    Und die anderen, die, die von ihrer schrifstellerischen Mission überzeugt, belagern weiter die Agenten.


    Diese Diskrepanz kannst Du doch in ganz vielen Bereichen beobachten.


    Liebe Grüße
    Anja

  • Interessante Beiträge! Stimmt mich alles eher optimistisch: Wenn gut ist, was ich mache, dann rage ich laut Tom schon mal aus der Masse heraus, sollte also bessere Chancen haben. Wenn es schlecht ist, lande ich im Müll und hab keinen Grund, mich zu beschweren.


    Jutta Mühlich hat auch Recht: Kein Mitleid mit Juroren und Lektoren! Ist doch gerade ihr Job, die Spreu vom Weizen zu trennen.

  • Zitat

    Original von Th. Walker Jefferson
    Katzen sind ja, genau wie Hunde, völlig bescheuerte Tiere. Da kann der Markt doch noch ein paar Millionen Bücher vertragen.


    Lieber Thomas,


    da verwechselst du etwas. Leute, die (sprichtwörtlich) "auf den Hund" gekommen sind, mögen bescheuert sein, vielleicht auch Hunde, die sich Ihren Herrchen und Frauchen zu deutlich angepasst haben (aber dafür können die eigentlich nichts) - ansonsten sind Hunde und Katzen alles andere als bescheuert. Beobachte nur mal, wie die Konflikte untereinander austragen. Gut, mit ziemlich viel Radau. Aber normalerweise sind die Fronten dann auch wirklich geklärt und Schäden gibt es nur in den seltensten Fällen (und dann hat auch Herrchen oder Frauchen wieder seine Finger im Spiel gehabt - zumindest auf einer Seite). Also bitte etwas mehr Verständnis für diese verkannten Tierarten :(


    Zitat


    Ich schreib jetzt ein Katzenbuch ("Katzen erst langsam zu Tode gefoltert, dann angepißt und schließlich verbrannt"), ruf' jemand an, der den Schöffling kennt, und der sagt dann dem Schöflfing: du hör mal, der TWJ, der hat ein Katzenbuch geschrieben. Und der Schöfflign sagt dann: Mensch, das ist ja ein Tip von einem, den ich kenne, das ist ja super, ein Katzenbuch also, Mensch das sollten wir unbedingt machen. Und schon fährt Schöfflings alter Saab wieder ein Jahr lang!


    Das kannst du gleich lassen! Es gibt exakt zwei Katzenbücher, die nicht mehr zu toppen sind.


    1. E.T.A.Hoffmann: Lebensansichten des Kater Murr


    ASIN/ISBN: 3150001536


    2. Heather Busch/Burton Silver: Warum Katzen Malen. Eine Theorie der Katzen-Ästhetik, Taschen-Verlag (wahrscheinlich vergriffen).


    Das letztere ist so gut, dass ich das anfangs alles geglaubt habe, was da drin steht (mal abgesehen davon, dass ich sowieso etwas leichtgläubig bin :)).


    Also überleg dir gut, ob du ein Katzenbuch schaffst, dass gegen die beiden anstinken kann.


    abratende Grüße


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Etwas ab von Thema, aber trotzdem:


    Was Hoffmann betrifft, würde ich Horst-Dieter sofort recht geben :)


    Kaum zu toppen.
    Vor allem, weil er ja auch gleichzeitig noch diesen wahnsinnigen Künstler mit aufgenommen hat :D.


    Das Buch ist wirklich gut.


    Allerdings, Horst-Dieter, nicht in dieser lumpigen Reclam-Version. Das gibts meines Wissens von Artemis und Winkler. Hoffmann sollte man in bibliophileren Ausgaben lesen :).


    Anja

  • Zitat

    Original von Anja
    Etwas ab von Thema, aber trotzdem:


    Das passiert hier ziemlich oft, und zwar durch unterschiedliche Personen. Ich finde, es würde die Lesbarkeit des Portals erhöhen, wenn innerhalb desselben Threads nicht ständig vom Thema abgewichen wird. Konzentration auf einen Gedanken ist doch auch ein wesentliche literarische Qualität, und wenn mehrere beteiligt sind, dann täte das erst recht Not! (Katzenbücher interessieren mich nicht)

  • Zitat

    Original von Anja


    Allerdings, Horst-Dieter, nicht in dieser lumpigen Reclam-Version. Das gibts meines Wissens von Artemis und Winkler. Hoffmann sollte man in bibliophileren Ausgaben lesen :).


    Anja


    Das war der Link für "arme Autoren und Poeten". Du kannst gerne den für bibliophile Bestsellerautorinnen hinzusetzen ;)


    Grüße aus dem Taubertal


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Hallo lyrx,


    ich weiß ja nicht, ob Du das ernst gemeint hast. Der Roman von Hoffmann ist nicht im engeren Sinne ein "Katzenroman" :D.


    Und da das einer der Autoren war, die tatsächlich schreiben konnten und den manche von denen, die heute schreiben wollen, es aber nicht können (siehe oben), ruhig lesen sollten ... wer weiß, vielleicht passt der Literaturtipp ja doch zum Thema


    Horst-Dieter: Bestsellerautorinnen, in der weiblichen Form ... mich kannst Du nicht meinen :). Lassen wir es bei Reclam. Hauptsache, das Buch wird gelesen :blume.


    Liebe Grüße
    Anja

  • Zitat

    Original von lyrx
    Interessante Beiträge! Stimmt mich alles eher optimistisch: Wenn gut ist, was ich mache, dann rage ich laut Tom schon mal aus der Masse heraus, sollte also bessere Chancen haben. Wenn es schlecht ist, lande ich im Müll und hab keinen Grund, mich zu beschweren.


    Falsch! ;)
    Es landet inzwischen so viel Zeug im Posteingang der Verlage, daß die Postkörbe sehr oft von Praktikanten abgearbeitet werden. Da gibt 's dann auch mal die Maßgabe: "Projekte, die ihnen so gut erscheinen, daß Sie bereit sind, dafür ein Gutachten zu schreiben, wählen Sie aus -- alles andere geht in die Retouren!"
    Ein Manuskript, das diese Hürde geschafft hat, geht dann durch die Mühle der Besprechungen und Konferenzen ...
    Da man Stecknadeln im Heuschober sucht, übersieht man vor lauter Halmen schon mal die eine oder andere Nadel. Und gelegentlich wird auch schon mal ein Halm für eine Nadel gehalten. Aber insgesamt ist es angesichts dieses Aufwandes kein Wunder, daß nicht zuletzt große Verlage, deren Personaldecke heutzutage ohnehin sehr dünn ist, sich weitgehend auf das Lizenzgeschäft verlegen, wo dieser wirklich aufwendige Teil der Arbeit schon getan ist.


    Zitat

    Kein Mitleid mit Juroren und Lektoren! Ist doch gerade ihr Job, die Spreu vom Weizen zu trennen.


    Niemand spricht von Mitleid mit Agenten und Lektoren -- Juroren machen das allerdings ehrenamtlich und sind daher vermutlich per definitionem schon Deppen, gell? =)

  • Ich habe bis vor kurzem für eine große Softwarefirma gearbeitet. Die bekommt auch täglich hunderte von Bewerbungen, und zwar schriftlich und elektronisch. Die meisten davon sind völlig ungeeignet und werden abgelehnt. Ich habe aber noch nie erlebt, dass eine Firma sich lautstark über die vielen ungeeigneten Bewerber beklagt hat. Es gibt klare Kriterien, die erfüllt werden müssen, und die sind auch relativ einfach zu überprüfen. Dazu zählt auch Oberflächliches wie sauberes Layout, Rechtschreibung, Vollständigkeit.


    Ein geübter Lektor sollte doch in der Lage sein, ein stümperhaftes Werk schon nach ein bis zwei Seiten zu erkennen. Schon wenn die äußere Form nicht stimmt, kann man doch bedenkenlos ablehnen, oder?


    Auf mich wirkt diese Haltung "Lasst es sein, überschüttet uns nicht mit eurem Schund" einfach ein wenig snobistisch zu sein, um nicht zu sagen eingebildet.
    Diese Haltung ist zur Zeit in Mode: Ein krasses Beispiel ist das Fernseh-Casting in "Popstars": Da wird die Unfähigkeit unreifer Teenies bewusst vorgeführt, um bei Zuschauer dieses Gefühl der Verachtung zu erzeugen: "Seht euch diese Idioten an, können weder Tanzen noch Singen und bewerben sich trotzdem"

  • Mir ist da noch was eingefallen:


    Wir leben ja im Zeitalter der Massenprodukte. Es soll mit möglichst wenig Aufwand in kurzer Zeit möglichst viel produziert werden. Bestimmt sind auch Verlage diesem Diktat unterworfen. Vielleicht ist dabei die Tatsache etwas in den Hintergrund gerückt, dass Bücher immer noch in Handarbeit geschrieben werden, wenn auch nicht mehr mit der Gänsefeder. Sie lassen sich nicht wie Autos am Fließband produzieren.


    Wer also ständig Neues veröffentlichen und damit Geld verdienen will, der sieht sich doch notwendigerweise bald einem Meer aus Mittelmäßigkeit und Stümpertum gegenüber. Sind es nicht vielleicht die Geister, die er rief?


    Alpenfeilchen wachsen nun mal nicht auf dem Acker von Bauer Karl. Und auch in den Bergen werden sie immer eine Rarität bleiben.

  • Hallo, Lyrx.


    Zitat

    Es gibt klare Kriterien, die erfüllt werden müssen, und die sind auch relativ einfach zu überprüfen.


    Zum Beispiel die nötige Qualifikation, Schulausbildung usw. Wer sich auf einen Job als Systemanalytiker bewirbt, sollte ein einschlägiges Studium hinter sich haben. Um vermeintlich schreiben zu können, muß man vermeintlich nur schreiben können.


    Zitat

    Dazu zählt auch Oberflächliches wie sauberes Layout, Rechtschreibung, Vollständigkeit.


    Die Agenten und Lektoren sagen eigentlich immer wieder dasselbe: Knappes Begleitschreiben mit Vita, Expo - maximal 4 Seiten - und Leseprobe. Jene, die schon daran scheitern, diese Unterlagen zusammenzustellen, fallen meiner Kenntnis nach ohnehin durchs Rost. Die zweite - nicht unerhebliche - Stufe stellen die Begleitschreiben selbst dar. "Lieber Herr Lektor!" "Ich weiß, daß mein Roman noch verbesserungsbedürftig ist." "Anbei meine Lebensgeschichte. Sie ist lang, aber das ist mein Leben ja auch." "Mir ist bewußt, daß Sie solche Bücher normalerweise nicht veröffentlichen, aber ich probier's halt trotzdem." "Das beiliegende Manuskript ist schon vom BoD-Verlag veröffentlicht worden, aber ich bin mit deren Marketing unzufrieden." "Meine Mutter liebt dieses Buch."
    Nach Auskunft meines Lektors und nach dem Ergebnis unserer im Jahr 2000 durchgeführten Lektorenumfrage killt diese Stufe bereits fast 80 Prozent der Bewerber. Dabei sind natürlich Ausdruck und Orthographie relevant, hübsches Layout oder teuer eingekaufte Ringordner spielen keine Rolle.


    Von den restlichen 20 Prozent sterben 19,9999 mit der ersten Seite ihrer Leseprobe.


    Verlagswesen ist ein Geschäft. Natürlich gönnt sich manch ein Verlag hin und wieder ein Experiment oder plant ein Buch von vorneherein als Abschreibungsgeschäft. Aber es ist teuer, neue Autoren aufzubauen. Die ersten zwei Romane verkaufen sich normalerweise nicht so gut, wenn Autor und Verlag nicht großes Glück haben und/oder das Werk wirklich bahnbrechend ist. Erst ab dann beginnt es, sich zu lohnen, jedenfalls halbwegs. Es gibt eine kleine Fangemeinde und diese Dinge. Aber die Binsenweisheit, daß ein Autor durchschnittlich 10 Jahre braucht, um vom Schreiben leben zu können, gilt auch umgekehrt: Die Verlage brauchen 10 Jahre, um mit dem Autor Geld verdienen zu können.


    Davon abgesehen muß man sich das Kaufverhalten der Leser zu Gemüte führen. Neben einigen Ausreißern wie Daniel Kehlmann oder Schlick mit seinem Endlosdativ kaufen sie in erster Linie sich inhaltlich wiederholende Hosenrollen-Historienschinken, Tolkien-Epigonen und Verschwörungsgrütze á la Brown.