Hiho,
ZitatOriginal von Wolf P
Entschuldige, liebe Heike,
dass ich äußerst vehement widerspreche.
Das ist dein gutes Recht
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Es ist nicht unbedingt das Leben, das in solchen Sendeformaten transportiert wird, sie lichten nicht die Wirklichkeit ab, sondern kreieren eine eigene.
Das habe ich auch nie behauptet.
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In einer Zeit wirtschaftlicher Krisen, die zur Folge hat, dass eine ganze Generation für Ausbildung und Arbeitsmarkt zur Bedeutung eines Leberflecks schrumpft, braucht es Suggorate.
DSDS suggeriert Chancen, wo keine sind. Es imitiert Leben, wo es um künstliche Welten geht.
Aber eben aus diesem Grund halte ich es ja auch für verdammt wichtig, die "Betroffenen" zu erreichen, ihnen klar zu machen, das ist kein Leben, sondern eine Show, an der ihr Spaß haben könnt, aber bitte, verirrt euch nicht in dieser Fantasy-Glitzerwelt. Das erreiche ich allerdings nicht, wenn ich ihnen mit der Moralkeule komme, sondern wenn ich mich mit ihnen mit dem Thema auseinandersetze, Denkanstöße gebe, zur Kritik anrege.
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Pimp my life, denn meins ist so scheiße. Jeder hat die Chance, reich und berühmt zu werden, Talent ist Nebensache, denn Talent hat jeder.
Das ist die Botschaft einer solchen Sendung.
Das ist so nicht richtig. Hast du die Sendungen mal gesehen? (Ich muss allerdings einräumen, dass ich nur die 1. Staffel, die 2. halb und die 3. gar nicht kenne). Das Gros der Leute, die in Finalshows kommen, HAT Talent, der eine mehr, der andere weniger. Ein Juliette (wie auch immer sie mit Nachnamen heißt) hat damals zum Thema BigBand eine Show auf die Bühne gebracht, die wirklich richtig gut war und sich vor dem vergleich mit großen Vorbildern nicht scheuen muss. Bei der Parallelsendung auf Pro7 (Popstars) gab es mal ein Casting, aus dem die Gruppe Nu Pagadi hervorgegangen ist. Wir hatten in dieses Casting ursprünglich nur reingezippt, sind dann aber hängen geblieben, weil einige Kandidaten sehr, sehr gut waren - im Bereich Rock/ Punk. Da gab es Billy Idol-Interpretationen, die selbst meinen Freund (ein eingefleischter Billy Idol-Fan) begeistern konnten. Und selbst ein Alexander passt mit seinem Talent ideal in die Teeni-Bravo-Welt, wo Sänger seines Formats seit einigen Jahrzehnten die Wände der Teeniezimmer schmücken. Die NoAngels sind nicht schlecher als irgendeine andere beliebige Girlband - ob man diese Art von Musik mag oder nicht, ist eine andere Sache.
Talent ist nicht Nebensache, zumindest bei den vielen Kandidaten nicht (über Ausfälle wie einen Daniel Kübelböck oder (vor allem weibliche) Kandidaten, die nur mit Hintern und Brust wackeln können, muss man nicht reden 8o).
Fragt sich nur, wie es kommt, dass man sehr wohl talentierte Leute in der Show hat, letztendlich aber nur so wenige dauerhaften Erfolg feiern können. Ich denke, dass ist vor allem ein Problem des Marketings. Gesucht wird ein ganz bestimmtes Format, rund, glatt, dem schnelllebigen Musikgeschmack der Zielgruppe entsprechend. Damit fallen viele Talente schon einmal von vornherein aus - und wenn sie dann doch ein Album herausbringen, kauft es niemand, weil sie nicht den Geschmack der Zielgruppe treffen und andere Zielgruppen nicht erreichen, weil ihnen das Prädikat "Superstar = untalentiert" anheftet.
Und die wenigen, die tatsächlich Erfolg (bei ihrer Zielgruppe) haben (z.B. Alexander), kämpfen mit dem gleichen Problem, mit dem auch alle anderen "Stars" in diesem Bereich kämpfen - die Kurzlebigkeit der Musikszene. Wenn man beiobachtet, wie schnell die Gesichter in den Vivi-Clips wechseln, erscheinen Stars wie Madonna, Elton John oder Billy Idol wie Dinosaurier.
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Die Loser verbrät man in den Casting-Worst-Ofs und gibt sie der Lächerlichkeit preis. Und da sieht man, wie schön die "Jury" draufhauen darf. Und jeder, der sein Leben nicht auf die Kette kriegt, darf sich schenkelschlagend zurücklehnen: Es gibt noch Beklopptere als ihn selbst.
Es bedient natürlich den Voyeurismus und es bereitet Freude, sich anzusehen, wie andere gedemütigt werden. Bin ja nicht ich, der da vor der Kamera vorgeführt wird. Und die machen das ja freiwillig.
Es hat nichts mit überheblichem Intellektuellen-Gehabe zu tun, diese Sendeformate abzulehnen und schlecht zu finden.
Das mit dem Voyeurismus (ich wusste doch, dass ich es oben flasch geschrieben hatte - aber es war spät, und ich hatte keinen Lust mehr, mein Fremdwörterbuch herauszusuchen :duden) habe ich auch nie bestrítten - der findet vor allem in den Casting-Worsts-Ofs (passender Auisdruck :D) statt. Da werden die ausgeschiedenen Kandidaten der Lächerlichkeit preisgegeben, ähnlich wie in einer Pleiten, Pech und Pannenshow (die es ja auch schon ewig lange und sogar auf den öffentlich rechtlichen gibt). Irgendwie scheint es jedoch immer schon und immer wieder Menschen zu geben, die kein Problem damit haben, sich im Fernsehen lächerlich zu machen :kratz1 Ist das zu verurteilen? Ich finde es schwer, hier eine eindeutige Antwort zu finden.
Was ich eher bedenklich finde, ist die Tatsache, dass es sich hier v.a. um Kinder/ Jugendliche handelt, die vielleicht gar nicht ermessen können/ wollen, dass sie ihr "Talent" allerhöchstens in die "Casting-Worsts-Ofs" bringt. Allerdings weiß ich nicht, wie diese Auswahl getroffen wird, ob alle am Anfang unterschreiben, dass ihr "Auftritt" veröffentlicht werden darf oder ob sie erst vor dem Schnitt ihre Zustmmung geben. Ich befürchte ersteres, weiß es aber nicht und kann mir auch hier kein Urteil erlauben. Aber auch hier ist es m.E. wichtiger, die Jugendlichen zu erreichen, ihnen im Vorfeld deutlich zu machen, DASS sie sich bloßstellen und dem Voyeurismus des Zuschauers bedienen, anstatt sich von der Thematik zu distanzieren und die restlchen x-Millionen als dumm abgestempelten Zuschauern ihren Spaß lassen.
Nach dem Casting-Worsts-Ofs hält sich der voyeuristische Anteil m.E. erträglichen Grenzen, wenn man Dieter Bohlen ignoriert. In den Stafeln, die ich gesehen habe, hatte ich vielmehr das Gefühl, dass die Leute die Finalshows sehen, weil sie mit einem der Kandidaten bangen. Wozu sonst anrufen und abstimmen (kostet doch Geld) Außerdem waren die Kandidaten meist so gut, dass vielleicht hier und da ein Ton nicht getroffen wurde, eine Bewegung ungeschickt war, aber sie sich nicht mehr bis auf die Knochen blamieren konnten. (Vielleicht ist das in der 3. Stafel jetzt anders, ich gucke sie, wie gesagt, nicht.) In diesem Stadium sind die DSDS-Shows nicht schlimmer als Wetten Dass...? oder Wer wird Millionär?
Zum Voyeurismus allgemein - das ist m.E. nicht allein ein Problem dieser Formate, sondern ein allgemein gesellschaftliches Problem. Vor ein paar Tagen habe ich erst irgendwo gelesen, dass sich die Formel1-Macher rechtfertigen mussten, dass sie die Sicherheitsvorkehrungen erhöhen - und dabei betonen mussten, dass es bei der Formel 1 NICHT darum geht, spektakuläe Unfälle zu zeigen. :dumm
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Das gilt für DSDS, Big Brother und ähnliche Kaliber. Hier wird Leben vorgespielt, dass mich davon enthebt, ein eigenes Leben zu führen. Ich erhalte ein Instantsuppenwürfel-Leben, Aufgabenstellungen aus dem Off, und muss keine Verantwortung für mich selbst übernehmen.
Diese Sendeformate sind ein Lanzenbruch für verantwortungsfreies Leben.
Das Gefährliche daran ist der schleichende Prozess, den solches Fernsehen auf unser aller Leben hat.
Big Brother und DSDS möchte ich, wie gesagt, nicht in einen Topf werfen. In BB geht es allein um den Voyeurismus, um Poppen, Saufen, Pöbeln, bei DSDS handelt es sich um eine Abendunterhaltungsshow, die in de Frühphase Voyeuristen bedient, danach m.E. vor allem Fangemeinden der Kandidaten vor die Bildschirme lockt. Deshalb kann ich in Bezug auf DSDS auch nicht zu dem Instantwürfelleben oder den Aufgabenstellungen aus dem Off sagen, die es wohl bei BB gibt (ich kenne höchsten 10 Minuten BB, so dass ich dazu wenig sagen kann).
Bei DSDS würde ich die Sache mit dem verantwortungsfreien Leben so nicht unterstreichen (kein Star führt ein verantwortungsfreies Leben), sondern vielmehr eine andere Gefahr hervorheben - sich in einem Glitzerwelttraum zu verfangen und dabei andere Dinge (Bildung/ Ausbildung) zu vernachlässigen.
Und aus eben diesem Grund halte ich es nach wie vor für verdammt wichtig, den Jugendlichen deutlich zu machen, was in diesen Formaten tatsächlich passiert, was die Macher haben wollen (ein "POP-Produkt" für einen ganz bestimmte Zielgruppe mit einer Halbwertszeit von einem Jahr), und dass es selbst, wenn die irrwitzige Wahrscheinlichkeit bestehen würde, dass man das schaffte, ein Leben danach gibt, in dem man fallen gelassen wird, in dem man auf eigenen Beinen stehen muss.
- Ende Teil 1 -