Messerück- und Einblicke

  • Liebe Dorit,


    es war mir eine große Freude, dich einmal persönlich zu treffen. Und ich schreibe auf jeden Fall noch einen Text zur Messe für den Blog.
    Den kann man dann hier auch posten.


    Dauert aber noch ein kleines bisschen!


    Lieber Gruß
    Diana

  • Ich war auch auf der Messe unterwegs, alle 4 Tage. War echt super anstrengend, aber es hat sich gelohnt. Viele tolle Kollegen getroffen, nett mit den Lesern geplauscht und am Samstag an der Leipziger Autorenrunde teilgenommen. und am Sonntag bin ich noch Ralph Ruthe über den Weg gelaufen und habe ihm schnell eine Zeichnung abgeschwatzt. ;)


    Bilder habe ich nur wenige gemacht, anbei mal ein paar Eindrücke.

    Dateien

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    »Was starrst du mich an, o Ungeheuer? Zuckt schon der Mörderdolch in deiner Hand?« (Donald Duck)


  • hier kommt ein "Messebericht" aus meiner Sicht


    Messe-legende


    Es geht los. Die Straßenbahn lässt mich frei. Mit vier Leuten werde ich mich treffen. An mindestens drei Lesungen möchte ich teilnehmen. Eine werde ich selber machen.
    Taschenkontrolle. Megaphonhinweise, den linken Eingang zu nutzen, statt den rechten.


    Der intime kleine Lesungswinkel befindet sich in Halle 5. An einer Ecke rechts außen. Ich stolpere vorwärts. 24° im aufgeheizten Sonnengang. Glashallenlärm. Hinter mir eine Rolltreppe rotweiß. Kaffee für 3,80 € im Pappbecher.


    Ich suche und finde Diana Hillebrandt wir begrüßen uns leibhaftig und ohne Netzdistanz. Finden uns analog besser als digital. Eine mittelgroße Gruppe hält am Stand des selfpublisher.
    Führung über die Buchmesse. Hedsetsmenschen mit Lotsen. Dazwischen zwei Pandas mit Plastikaugen. Der eine drängte sich durch die Menge, stellt sich auf eine Teppichkreuzung und lächelt mit der Pfote. Solange, bis jemand stehen bleibt und sich mit ihm fotografieren lässt.
    Verabschiede Diana. Darf ohne Namensschildchen aufs Ausstellerklo. Wäre sonst nicht machbar gewesen bis 14:30 Uhr vor Ort zu sein. Endlosschlangen bei den Damen. Dazwischen eine lila geblümte.


    Halle 5 C 500 gefunden. Werde gleich lesen. Noch 15 Minuten. Die Viertelstunde vergeht. Die laufende Veranstaltung nicht.
    Drei Katzen in Schwarzrotgold flanieren vorbei. Die Zeit läuft ab. Ich warte. Frage. Doppelbuchung des Areals?
    Meine Vorgänger gehen - ich komme. Die Zuhörer auch. Ich beginne zu lesen. Nach 12 Minuten kommt Ruhe im Publikum.
    Zwei Stände weiter schwappt das explosive Lachen einer Großveranstaltung herüber
    Muss spontan reagieren und mich beeilen, um an die Textstelle zu kommen, wo es zum Background meiner Geschichte passt.
    Sehe aus den Augenwinkeln den Technikmann nervös werden. Zeitüberzug.
    Darf auch nichts mehr sagen. Rufe nur noch: „Danke!“ und: „42erAutoren! Googeln! Ist gut dort!“
    Sammle in gebückter Haltung meine Kärtchen und Bücher zusammen. Die Arenaversammlung nebenan lacht schon wieder.
    Eine Ritterbraut mit Eisenkrallen als BH Schalen zieht majestätisch vorbei.


    Schlendere unzählige Gänge entlang. Schlüpfe in einen Séparée. Zum Kurzausstieg.
    Erotische Frauenzeitschrift. Einzigartig in Deutschland. Nein - in Europa.
    Trinke dort einen weiteren Knapp-vier-Euro-Kaffee und komme langsam runter.
    Lese einen gut geschriebenen Beitrag über einen Kuschel-Bringdienst in Seniorenheimen. Weiter.


    Es gibt sogar Ein-Mann-Ein-Buch-Stände. O Wunder der Vielfalt.
    Ich probiere die Lemming Taktik, platziere mich in einsame Stände und unterhalte mich solange mit den Inhabern, bis sie (die Stände) voll werden.

    Immer gut besucht: Rund ums selbst begleichen Phishing (Dieses Wort erfand mein Spracherkennungsprogramm als ich: selfpublishing diktierte)
    Mein Handy schmiert ab. Bin gehandikapt. Ohne Zeit und ohne Kontakt. Ingrid ade!


    Ein Manga-Mädchen schwarzweiß halbiert. Ich staune über die Handarbeit, die in diesem Kostüm steckt.
    Mein Verleger (vom Nebenstand) schiebt mich sanft in Richtung Halle 3, wo ich eigentlich hinwollte und verschwindet auf wundersame Weise wieder in der Menge.
    Ich stolpere in eine Lesearena der Unabhängigen. Peter Wawerzinek!
    Bin freudig überrascht. Stand auf meiner Liste. Hatte es schon aufgegeben ihn rechtzeitig zu finden.
    „Rabenpeter“ singt sein Buch vor.
    Ist ein guter Entertainer und vermittelt den Eindruck, dass es ihm egal ist, welchen Eindruck er vermittelt.
    Amüsiert sich mit sich selbst genauso gut wie mit anderen. Das macht ihn noch besser.
    Die Veranstaltung ist leicht. Ohne ihn lesen sich seine Texte viel schwerer.
    Ich stolpere wieder raus, taumele auf den Gängen. Akustisch - ein Bienenstock XXL.
    Kinästhetisch - eine Ameisenstraße in Menschenrelation.
    Ein Affe teilt den Strom. Mit aufgerissenen Maul.


    Wieder eine Lesearena. Diesmal mit Schild: Betreten auf eigene Gefahr-die Veranstaltung wird gefilmt.


    In einem anthroposophischen Verlag sitzt eine Dame mit grimmigem Gesicht, die ein glänzendes Lächeln aufbeißt, wenn jemand stehen bleibt.
    Zwei Männerprinzessinnen: eine blau, eine weiß.


    Am Stand von Reclam gibt es gelbe Kulturtaschen mit Reißverschluss die teurer sind als die Bücher in der gleichen Größe.
    Bei den Lovelybookern ist es kuschelig-kugelig. Passend zu den drei O´s , die fast ein Drittel des gesamten Wortes ausmachen.
    Ich darf einen Buchtipp erloskugeln und muss einen neuen in die Kugel-Lostrommeln kullern lassen.
    Ziehe eine Liebesromanze für 14-jährige. Muss versprechen, dass ich es lese... Kugele mich davon.


    Will mich mit der neuen Verlegerin treffen. Stehe vor dem Arte-Stand in der Halle mit den meisten Dezibeln.
    Wo die Beiträge am wichtigsten sind, wird das Zuhören harte Arbeit. Ich muss passen.
    Schaffe es kaum, auch nur fünf Sätzen zu folgen. Wieder der Affe mit dem Maul. Sehe meine Verabredung nicht. Es ist mehr als laut. Wir können uns nicht anrufen. Also simsen wir solange, bis wir endlich voreinander stehen. In Gebärdensprache einigten wir uns auf den Ort des organisatorischen Kaffeetrinken.
    Glashallenlärm. „Leipzig ist ein einziges Gespräch“


    Halle XY. Habe die Orientierung verloren. Litauen. Flucht. Vertreibung. Menschen in Bedrängnis Ängsten.
    Sowohl in der Halle wie auch im Land. Keine Ruhe. Nirgends. Identitätsverluste.
    Ich flüchte. Lande in 2.0. Buchmarkt der Zukunft. Bin interessiert aber mein Input ist ausgelastet.
    Depot voll. Keine zweite Festplatte mitgenommen. Speichere meine Neugier für 2018 ab.


    Menschen in Kostüm. Ich bewundere sie. Vor 20 Jahren musste ich das tun. Weil ich keine besser bezahlten Auftritte hatte.
    Ich weiß, wie es sich anfühlt 3 Stunden lang in einem rosa Hasen zu wohnen, inmitten von Menschen unter einem Glasdach.
    Da kannte kaum jemand das Wort Cosplayer. Und ich war ja auch keiner. Ich war nur „Kulturnutte“.
    Hier tun sie es freiwillig mit burleskem Spaß und einem perfektionistischen Aufwand, dass ich mich nur verneigen kann.
    Frisuren, wie mit Photoshop freigestellt und im 3-D Printer ausgedruckt.
    Ich verlasse das Podium und dränge mich an einem Blumentopf mit Goldhut vorbei.


    Halle 1 wirkt viel höher und luftiger als 2-5. Manga-Universum. Ein Podium mit schwarzem Sofa.
    Unter 30-jährige bevölkern den provisorischen Zuschauerraum. Neben mir eine Elfe. Rosa. Ins Mikrophon spricht eine einäugige Schwertprinzessin.


    Ich mag eure Diskussion auf dem schwarzen Sofa. Eure schrill bunte, luftige Halle. Die Verinnerlichung von Figuren. Die Veräußerlichung.
    Die Fiktion wird lebendig. Die Identifikation bricht die 100 % Marke. Ein Hermine-Granger-Junge mit roten Locken lächelt mich an.
    Ich bin in einer Glasblase gefangen. Transgender wird in Halle 5 besprochen - in Halle 1 gelebt.
    Rollenswitch. Karneval der Geschlechter. Die Grenzen sind fließend und nichts ist mehr auseinanderzuhalten.
    Das Spiel mit den Identitäten. Ein ernst gemeintes Fest der Skurrilität.
    Ich muss die ganze Zeit lächeln. Ein Zebrafrosch mit burgunderroten Augen lächelt zurück.


    „Visueller Vampiresmus!“, höre ich jemanden von links verächteln.
    Na und, denke ich, trinkt doch ruhig meine Aufmerksamkeit. Prost. Gerne! Hoch die Tassen, raus mit den Krallen, den Brüsten und den Zähnen.
    Ihr seid jung und lebendig. Berauscht euch an meinen Blicken.


    Die Abendsonne bricht sich am Glas der Halle und geht langsam unter.
    Auf den steinernen Trennmauer der Rolltreppe liegen Jungen und Mädchen in der Abendsonne. Schlafend. Lesend. Twitternd.
    Draußen ist es immer noch lau.
    An der Haltestelle lachen sich vier bekiffte afghanische Männer über
    den Schriftzug der Straßenbahn kaputt: „Seschzähn - Meselegähnde, nein! … Messegelelegnde, Mesegelähnde – Was du bist fuhr ein schlechter Ausländer, wenn du daas nicht rischtig lesen kannst!“


    Als ich am nächsten Tag in Hannover zu Hause ankomme, drückt mir mein Mann zwei Geldscheine in die Hand.
    Er hat Bücher von mir verkauft. Auf einem Workshop der nichts mit Literatur zu tun hatte. ;)

  • Eine herrlich situative Reportage. So isses da. Genau so.
    Ich hab´s mir diesmal ja erspart (für einen Tag lohnt sich die lange Reise nicht und zwei Tage LBM sind gesundheitlich wie Zwangsarbeit im karelischen Erzbergwerk zu bewerten), aber die Atmosphäre in den gigantischen Käfigen war mir körperlich spürbar. Apropos Käfige: So bunt und aufwendig diese Cosplayer auch daherkommen - was die alle ausgerechnet auf Buchmessen (in FFM gibt´s die ja auch, wenngleich nicht ganz so übermächtig viele) zu suchen haben, erschließt sich mir bis heute nicht.

  • Apropos Käfige: So bunt und aufwendig diese Cosplayer auch daherkommen - was die alle ausgerechnet auf Buchmessen (in FFM gibt´s die ja auch, wenngleich nicht ganz so übermächtig viele) zu suchen haben, erschließt sich mir bis heute nicht.


    Warst du schon einmal in der Manga-Halle, in Leipzig in der Halle 1? Ich hab's mir dieses Mal gegönnt, mit fachkundiger Erklärung meiner Autorinnenfreundin, die sich im Thema auskennt. Jetzt weiß ich, welch große und kreative Industrie dahintersteckt. Das IST Literatur.

  • Das IST Literatur.

    Das bezweifle ich gar nicht, liebe Ingrid. Vieles mag sich Literatur nennen. Schließlich tritt ja auch immer der Fitzek auf und entfacht kollektive Feuchtigkeitsanfälle bei Massen von kreischenden Kindfrauen. Und das alles wegen seiner millionenfach verkauften Leichenpornos. Aber manch sonderbare Kostümgestalten, manchen Verkleidungsklamauk bei bestimmten ernsthaften Lesungen oder an Ständen / Veranstaltungen, wo es z. B. um die Unterdrückung unserer schreibenden Kollegen in Russland, in der Türkei etc. etc. geht, finde ich ... unpassend.
    Bestimmt bin ich zu alt.

  • Naja, was ist schon "zu alt"? ")" Über Literatur- bzw. Lesegeschmack lässt sich trefflich streiten - oder gar nicht. Jedem das Seine. Sebastian Fitzek hat übrigens auch sehr viele männliche Fans.


    Manga/Cosplay ist eben kein Klamauk, lieber Didi. Aber lies am besten den Beitrag von Lena Falkenhagen, den Dorit verlinkt hat.

  • Sebastian Fitzek hat übrigens auch sehr viele männliche Fans.


    Manga/Cosplay ist eben kein Klamauk, lieber Didi. Aber lies am besten den Beitrag von Lena Falkenhagen, den Dorit verlinkt hat.

    Aber die kreischen nicht so nervtötend ...


    Zähnefletschende Affen und rosafarbende Häschen finde ich klamaukig, sorry.

  • Aber die kreischen nicht so nervtötend ...

    Lieber Didi,


    mein Bericht über die Messe kommt ja noch (wird gerade für den Blog lektoriert), aber ich kann schon mal sagen, dass ich keine kreischenden Cosplayer gesehen bzw. gehört habe. ;)


    Lieber Gruß
    Diana

  • Ich konnte dieses Jahr leider nicht nach Leipzig. Das habe ich sehr bedauert, allein schon, weil ich niemanden von denen, die da waren, treffen konnte. Das Bunte der Leipziger Buchmesse, zu der auch und besonders diese ganzen lebendigen Mangas gehören, ist für mich immer ein Vergnügen. Kreischen habe ich die auch noch nicht gehört.


    Fitzek gehört ganz bestimmt nicht zu den Autoren, deren Büch zu meiner bevorzugten Lektüre gehören. Aber ich würde ihn nicht in die Tonne kloppen, wie beispielsweise Herr Scheck. Ein Buch habe ich von ihm gelesen um mir ein Bild zu verschaffen. Es hat mir gereicht bis jetzt. Offensichtlich bedient er jedoch ein Klientel, das genau so etwas will: Einfachst geschrieben, scheinbar schlimmer als die Wriklichkeit und dabei so plakativ wie möglich. Das hat bei Konsalik schon funktioniert. Den gibt es nicht mehr. Jetzt gibt es Fitzek dafür. Das muss man einfach akzeptieren. Bei dieser ganzen Schelte ist, finde ich, auch eine gehörige Portion Neid im Spiel.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Lieber Didi,


    mein Bericht über die Messe kommt ja noch (wird gerade für den Blog lektoriert), aber ich kann schon mal sagen, dass ich keine kreischenden Cosplayer gesehen bzw. gehört habe. ;)


    Lieber Gruß
    Diana

    Nee, ich meinte die Fitzek-Fans bei seinen sog. Lesungen auf der Messe.