• Ich stelle hier einen Satz zur Diskussion. Nicht von mir. Der Autor - dessen Name ich später nenne, falls die Diskussion in Gang kommt - war sehr bekannt (ist es vermutlich heute noch). Zur zeitlichen Einordnung: Nach 1945.


    Zitat


    Gleichzeitig damit fast wurde für die Verweilenden auch der Hufschlag ihrer Tiere unhörbar, derart, daß er, ohne an Lautstärke erst allmählich zu verlieren, plötzlich abriß.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Sehr merkwürdig, das plötzliche Aufhören eines Geräuschs derart langsam und umständlich zu beschreiben - auch wenn es mit "plötzlich abriss" dann doch energisch endet (viele Konsonanten, keine Ausklingen). Zu dem Satzbau hätte eher ein allmähliches Abebben des Geräuschs gepasst.

  • Muss zugeben dass mich der Satz eher verwirrt hat. Das "abreissen" eines Geräusches finde ich aber ganz schön.

  • Hab gerade Spaß mit dem Satz. Zumal ich solche Verschwurbelungen von Lektüren früher kenne...weiß nicht mehr woher genau...
    Er liest sich fast wie ein Gedicht:


    Gleichzeitig
    damit fast wurde
    für die Verweilenden
    auch der Hufschlag
    ihrer
    Tiere unhörbar, derart, daß er,
    ohne an Lautstärke erst
    allmählich
    zu verlieren,
    plötzlich abriß.


    Würd ich jetzt gerne wissen, welches "Gleichzeitig" dem Text "vorangeht". Das ist ja schon fast filmisch erzählt. Ein literarischer "Splitscreen". Klar, dass man dafür ein paar Zeilen braucht. Wir erleben eine Zeitspanne, während der och etwas anderes passiert. Es wird der Schall der Pferdehufe gedämpft. Schneit es? Oder tut sich vor den Pferden plötzlich ein Abgrund auf? Spannend!

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    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • Stefanie, der Satz davor lautet:


    Zitat


    Sein Begleiter, ein älterer, eher langsamer Mensch, dessen Wesen einer gewissen Feierlichkeit nicht entbehrte, benötigte noch einige Minuten, um eine schadhafte Schnalle seines Sattels zu schließen, worauf die beiden ihre Pferde bestiegen, um in vorausbestimmter Richtung, sie entsprach reinem Nordwesten, in den Nebel hinein zu verschwinden.

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  • Cool Steffie, wie du das aufdröselst. Ich sehe nämlich Eis brechen. Und Pferde verschwinden.

  • Stefanie, der Satz davor lautet:


    Ahhh! klar! Nebel ist's. Jetzt ahne ich, wer's ist. Er war einer meiner "Bildertrainer".
    Wie kommt man dazu, eine Himmelsrichtung als "rein" zu bezeichnen?
    Oder diese Fast-Alliterationen: dessen Wesen einer gewissen. Wat soll dat? Da hat man viel zu studieren/oder drüber zu stolpern? in seinen Romanen. Es ist nicht immer gut gewesen, was er so geschrieben hat. Aber hey, es muss ja nicht immer Kaviar sein. :)

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  • Stefanie hat es erkannt: Es ist ein Satz aus einem frühen Werk von Johannes Mario Simmel …
    [buch]3426600412[/buch]
    … und zwar aus der titelgebenden Erzählung. Ich dachte, ich könnte es mal so eben zwischendurch weglesen. Dünnes Taschenbuch, überschaubare Anzahl Erzählungen. Ein Autor, der für gängige Lektüre bekannt ist. Zumindest hatte ich das so in Erinnerung. Tatsächlich aber war er nie ein schablonenhafter Autor, der auch in seinen späteren Wälzern nie ohne Anspruch geschrieben hat. Diese frühen Erzählungen nun bremsen mich beim Lesen aus. Das sind keine Sätze, die man im Schnelldurchgang konsumiert. Stefanie sagte es ja schon und führte es vor: Es sind Bild-gebende Sätze. Man muss sie aufdröseln oder eben langsam wirken lassen. So - vorsichtig tastend von Satz zu Satz baut sich der Nebel in der Erzählung auch vor dem Leserauge auf.

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