Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr ...

  • Zitat: Siegfried
    Vielleicht liegt es ja doch an der Grundidee, wenn jeder Versuch der Realisierung hinter Stacheldraht und mit Gedankenpolizei endet?


    Nein, es liegt nicht an der Grundidee, sondern am Grundwesen der Menschheit! 8-)


    "Wäre es da / Nicht doch einfacher, die Regierung / Löste das Volk auf und / Wählte ein anderes?" (Brecht)

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Zitat: Siegfried
    Vielleicht liegt es ja doch an der Grundidee, wenn jeder Versuch der Realisierung hinter Stacheldraht und mit Gedankenpolizei endet?


    Nein, es liegt nicht an der Grundidee, sondern am Grundwesen der Menschheit! 8-)


    Hallo Manuela,


    damit benennst du genau den entscheidenden Knackpunkt. Ideen wie der Sozialismus oder jede Art von Menschheitsverbrüderung setzen immer voraus, dass die Menschen umgestaltet werden. Sie sollen das richtige Bewusstsein bekommen, durch Überzeugung, Erziehung und in letzter Konsequenz durch Machtausübung. Wobei Macht nicht zwangsläufig Gewalt bedeuten muss, sie kann auch sehr subtil daherkommen.

  • Richtig, Siegfried! Deshalb ist der Kapitalismus ja so erfolgreich. Den muss man der Menschheit nicht aufzwingen. Von ein paar rückständigen Völkern mal abgesehen, die von der Koalition der Willigen in den "freien Markt" bombardiert werden; denn dieses allseligmachende System liegt uns quasi im Blut, das saugen wir schon mit der Muttermilch ein. 8-)

  • Es erstaunt mich immer wieder, wie eine Ideologie wie der Marxismus-Leninismus, die dezidiert antihumanistisch ist und sein will, betrauert wird, weil der Mensch nicht menschlich genug dafür sei.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Es erstaunt mich immer wieder, wie eine Ideologie wie der Marxismus-Leninismus, die dezidiert antihumanistisch ist und sein will, betrauert wird, weil der Mensch nicht menschlich genug dafür sei.

    Der Marxismus will nicht antihumanisitisch sein sein, im Gegenteil, er trat an, um in Marx' Worten die Menschheit endgültig von ihren Ketten zu befreien und die Knechtschaft des Menschen über den Menschen zu beenden. Das machte seine Verlockung aus. Dazu wollte er einen neuen Menschen schaffen bzw. den Menschen umformen. Er zielte auf die Menschheit als Ganzes und opferte dafür den einzelnen Menschen. Es ist Rousseaus fataler Gedanke vom allgemeinen Willen, der Pate stand. Um die "richtigen" Menschen zu erzeugen wurde ihre Vielfalt geopfert.

  • Es erstaunt mich immer wieder, wie eine Ideologie wie der Marxismus-Leninismus, die dezidiert antihumanistisch ist und sein will, betrauert wird, weil der Mensch nicht menschlich genug dafür sei.

    Das ist die Crux im Weltgeschehen: Ideologie wird über Menschenleben gestellt. Die Menschen lassen es immer wieder zu...egal auf welcher Seite sie stehen.

    [buch]3866855109[/buch]


    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • Der Marxismus will nicht antihumanisitisch sein sein, im Gegenteil, er trat an, um in Marx' Worten die Menschheit endgültig von ihren Ketten zu befreien und die Knechtschaft des Menschen über den Menschen zu beenden. Das machte seine Verlockung aus. Dazu wollte er einen neuen Menschen schaffen bzw. den Menschen umformen. Er zielte auf die Menschheit als Ganzes und opferte dafür den einzelnen Menschen. Es ist Rousseaus fataler Gedanke vom allgemeinen Willen, der Pate stand. Um die "richtigen" Menschen zu erzeugen wurde ihre Vielfalt geopfert.

    Lieber Siegfried,


    Du bist der Philosophie-Experte, und ich maße mir nicht an, Dir auf gleicher Augenhöhe widersprechen zu wollen. Marx und seine Philosophie auf ein Schlagwort zu reduzieren, muss vergeblich sein, denn der Mann war nicht nur ganz schön schlau, er hat auch tausende von Seiten geschrieben. Es gab ja auch eine Strömung, die sich "marxistischer Humanismus " nannte und auf Marx' Frühwerk bezog, das allerdings von den "Paktikern" wie Lenin und seinen Nachfolgern als unreif bezeichnet wurde.


    Die Malaise beim Marxismus ist, dass da dauernd irgendwer irgendwen auf die Füße stellen will - Marx den Hegel, Lenin den Marx und Dutschke in seiner Dissertation den Lenin. Wir kennen Marx in der Breite quasi nur durch Lenin & Co. Angeblich steht im gesamten Werk Marxens nirgendwo der Begriff "Planwirtschaft", höchstens fällt mal "planvoll gelenkte Wirtschaft".


    Ich bleibe dabei: Marx sieht nicht den einzelnen Menschen, sondern die Klasse. Er geht von einem Mechanismus der Geschichte aus, dem er den Einzelnen unterwirft. In diesem Sinn ist er für mich antihumanistisch. Dein Zitat von den Menschen und den Ketten stützt m. E. die Auffassung.


    Herzliche Grüße,


    Alexander

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Zitat: Siegfried
    Vielleicht liegt es ja doch an der Grundidee, wenn jeder Versuch der Realisierung hinter Stacheldraht und mit Gedankenpolizei endet?


    Nein, es liegt nicht an der Grundidee, sondern am Grundwesen der Menschheit! 8-)


    Um es mit deinem Landsmann Nestroy zu sagen: Der Mensch is' gut, aber d'Leut san a G'sindel!


    Karl Valentin hat das geklaut:


    Der Mensch ist gut, nur die Leute sind schlecht.


    Ich finde, beide haben recht.

  • Ich bleibe dabei: Marx sieht nicht den einzelnen Menschen, sondern die Klasse. Er geht von einem Mechanismus der Geschichte aus, dem er den Einzelnen unterwirft. In diesem Sinn ist er für mich antihumanistisch. Dein Zitat von den Menschen und den Ketten stützt m. E. die Auffassung.


    Das ist schon richtig. Marx hat das Kollektiv im Blick, als Klasse oder eben als Menschheit. Der einzelne Mensch kann geopfert werden. Der Marxismus hätte aber im Westen niemals so lange so viele Menschen fasziniert, wenn da nicht im Kern dieses Pathos von Befreiung und Emanzipation der ganzen Menschheit gewesen wäre. Natürlich kam die Geschichtsperspektive dazu: Man hatte das Bewusstsein, auf der "richtigen" Seite zu stehen, die notwendig siegen musste.


    Ich bin ja überzeugt, dass JEDER Versuch, eine ideale Gesellschaft herzustellen, in Mord und Totschlag endet. Egal wie altruisitsch auch immer er daherkommt.