kompromisse beim schreiben?

  • meine regierung :evil


    Du hast eine?


    Na egal. Demnächst habe ich auch eine. Drei Politiker kann ich mir schon mal leisten. Michael hat da ein Angebot … es gibt da drei zum Preis von einem :rofl

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    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • er machte keine kompromisse, würde ich mal sagen. bei mir kommt das so was von an :sonne


    das hier wäre ein kompromisskriegsgebiet, aber er hat es durchgezogen und einen teil der zielgruppe (igitt - ich muss die tasten desinfizieren :evil ) wohlwissend schätze ich mal, verprellt:


    "Doch, der Rassismus in den Kayankaya-Romanen entfaltet durchaus Witz,
    und Jakob Arjouni war schließlich auch der Überzeugung, „dass Rassismus
    in seiner Absurdität eine Menge Humorpotential hat (...). Aber die
    Angst, sich damit auseinanderzusetzen, scheint mir in Deutschland größer
    zu sein als anderswo.
    Dass sich jemand damit beschäftigt, lustvoll gar,
    das ist selten.“


    ja, ich rede schon wieder von jacab arjouni. mein aktuellstes vorbild, sowohl in der themenwahl als auch schreib-egomäßig und humor ist ein ganz wichtiger bestandteil von fiktion, finde ich, wirkt wie fett als geschmacksverstärker im lecker essen. und klar, fett mag nicht jeder  :like


    hier der ganze artikel, aus dem das zitat oben ist: http://www.tagesspiegel.de/kul…akob-arjouni/7649702.html

  • ich finde bücher sollten den leserrn neue welten eröffnen, in dem sie gut unterhalten, fesseln, pageturner sind. bücher sollten festgefahrene denkschemata aufbrechen, verstören, irritieren, mut machen, zwerge größer machen und riesen erden, humorvoll sein, einem auch zum lachen bringen, nicht nur zum weinen


    Das hast du sehr schön umschrieben, und da stimme ich dir voll und ganz zu.


    Aber etwas später sagst du wieder:


    ich weiß nicht, warum weltverbessern son negatives image hat heutzutage. ich bin anders aufgewachsen und da war es selbstverständlich, sich für eine bessere welt zu engagieren. und es hat sogar funktioniert


    stimme dir zu, die message muss unterhaltsam verpackt sein, damit sie ihr ziel erreicht. niemals darf der erhobene zeigefinger wie ein zaunpfahl winken. ich denke, es funktioniert auch nicht mit dem verstand, sondern nur über empathie.

    Und das ist glaube ich der strittige Punkt, auf den es immer wieder hinausläuft. Irgendwie scheinst du der Ansicht zu sein, Schriftsteller oder Autoren hätten eine besondere Verantwortung in ihrem Tun und sollten dazu beitragen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, wie man so schön sagt. Auch der Bäcker oder die Ingenieurin? Auch der Architekt und die Busfahrerin? Narürlich sollte jeder Mensch moralisch und verantwortlich handeln, und wenn alle gut wären, wäre alles gut. Aber das ist meiner Ansicht nach ein anderer Diskurs und hat nichts mit der Tätigkeit eines Autors oder einer Autorin zu tun. Und wenn du unterstellst, dass jeder im weitesten Sinn literarische Text eine "message" haben soll, dann ist das für mich eine unzulässige Einschränkung der Autorentätigkeit. Deshalb halte ich es für völlig legitim, wenn jemand Bücher schreibt, die bloß Leserbedürfnisse befriedigen, und mit denen er in erster Linie Geld verdienen will, ebenso wie der Bäcker Kuchen backt, weil sie gern gegessen werden.

  • Irgendwie scheinst du der Ansicht zu sein, Schriftsteller oder Autoren hätten eine besondere Verantwortung in ihrem Tun und sollten dazu beitragen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, wie man so schön sagt.

    ja, hast du schön gesagt

  • Zitat

    Irgendwie scheinst du der Ansicht zu sein, Schriftsteller oder Autoren hätten eine besondere Verantwortung in ihrem Tun und sollten dazu beitragen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, wie man so schön sagt.


    In erster Linie sollten Schriftsteller gute Geschichten gut erzählen. Warum sie das tun und was sie mit den Geschichten erreichen, sind ganz andere Fragen. Manch einer mag von sich glauben, ein notorischer Weltverbesserer zu sein, erreicht aber in der Realität überhaupt nichts dieser Art (oder vielleicht sogar das Gegenteil), während ein anderer "nur" des Geldes wegen schreibt und massenweise großartige Menschen produziert, die völlig verändert aus der Lektüre hervorgehen.


    Diese Forderung, "vor allem" Schriftsteller (eigentlich: Künstler allgemein) sollten sich vorbildhaft zeigen, geht mir schon auf den Sack, seit ich sie zum ersten Mal gehört habe, und das liegt lange zurück. Ich muss überhaupt nichts. Ich mache meine Arbeit möglichst gut. Ob ich glaube, dass man die Welt verbessern sollte, und wie, das ist meine ganz persönliche Angelegenheit, die per se wenig mit meiner Arbeit zu tun hat. Ich kann das verbinden, wenn ich will, aber niemand kann von mir verlangen, dass ich mich so verhalte. Hiervon abgesehen begegne ich grundsätzlich allen Künstlern mit großer Skepsis, wenn sie diese Maxime vor sich hertragen und mit ihrem Werk verbinden. Aus Konsumentensicht erwarte ich das bestmögliche Unterhaltungsprodukt, und nicht etwa als Unterhaltung verpackte Sozialpädagogik, die mich in zweifelhafte Denkmodelle zwingt, die ich als Konsument gefälligst zu inhalieren, wenigstens abzunicken habe.

  • ich finde bücher sollten den leserrn neue welten eröffnen, in dem sie gut unterhalten, fesseln, pageturner sind. bücher sollten festgefahrene denkschemata aufbrechen, verstören, irritieren, mut machen, zwerge größer machen und riesen erden, humorvoll sein, einem auch zum lachen bringen, nicht nur zum weinen etc. damit sage ich nicht, dass ich so schreiben kann. aber es ist mein ziel. und wenn andere das anders sehen und andere storys schreiben, bitte schön :) allerdings, nur weil alles erlaubt ist, muss man es ja nicht tun und schon gar nicht gut finden.

    ich weiß echt nicht, was es an meiner aussage oben rumzumäkeln gibt. und was es daran zu beklatschen gibt. in dem schriftstellerInnen einen guten job machen, s. o., machen sie die welt besser.
    ganz einfach. nix mit forderung nach vorbild sein und garantiert ohne moral.


    im grunde schrieb ich nix anderes, als gute geschichten gut erzählen. ein klitzekleines bischen lesekompetenz darf ich in diesen heiligen hallen voraussetzen?

  • Hallo, Alexandra.


    Zitat

    im grunde schrieb ich nix anderes, als gute geschichten gut erzählen


    Na ja, eigentlich plauderst Du vor allem darüber, was diese guten, gut erzählen Geschichten bewirken sollen, und nicht darüber, wie man es schafft, sie zu schreiben (und an den ärgerlichen Marktzwängen vorbei zu veröffentlichen). ;)


    Im Übrigen empfinde ich es nicht als positive Eigenschaft einer Geschichte, wenn sie mich "verstört". Das ist ein überwiegend ungutes Gefühl, "verstört" zu sein, und ich mag es, ehrlich gesagt, nicht besonders gerne. Glücklicherweise sind die meisten Geschichten, von denen Rezensenten inflationär behaupten, sie wären "verstörend", eigentlich nur recht sanfter Nervenkitzel. Das einzige Buch, das diesen Zustand wenigstens in Näherung bei mir ausgelöst hat, war vor zwanzig Jahren "Der Minus-Mann" von Heinz Sobota. Heute würde es dieses Buch aber auch nicht mehr schaffen, mich über diese Schwelle zu führen.

  • wie man es schafft, sie zu schreiben? - ich glaube, das schafft man, in dem man worte als übermittler von emotionen einzusetzen versteht. oder wie sonst?


    wenn du verstört bist und das gefühl nicht magst, suchst du dir vielleicht jemanden, mit dem du darüber reden kannst. du erzählst, was es ausgelöst hast und es folgt ein gespräch, aus dem ihr beide was für euch mitnehmen könnt und sei es nur, dass ihr ein gutes gespräch hattet

  • Hallo, Alexandra.


    Zitat

    ich glaube, das schafft man, in dem man worte als übermittler von emotionen einzusetzen versteht. oder wie sonst?


    Äh. Ja. So, wie man sich nett anzieht, um jemanden zum Vögeln abzukriegen, oder? Ist vermutlich ein ganz ähnlicher Mechanismus. Und ähnlich verlässlich. ;)


    Zitat

    wenn du verstört bist und das gefühl nicht magst, suchst du dir vielleicht jemanden, mit dem du darüber reden kannst.


    Du hast mich missverstanden, vielleicht habe ich mich auch missverständlich ausgedrückt. Es gehört mithin zum guten Ton, Texte als "verstörend" zu bewerten, inzwischen tun das ja wohl auch Autoren selbst (etwa Du), aber ich halte das weder für eine positive Eigenschaft, noch für eine in den meisten Fällen überhaupt existente. Es handelt sich bestenfalls um eine Wirkung im Einzelfall, die man aber kaum antizipieren kann, weil man einzelne Leser - leider - nicht kennt. Etwas, das den einen verstört (im Sinne von "beunruhigen"), mag einen anderen aufgeilen. Amüsieren. Gar völlig kaltlassen. Beim "verstörenden" Bestseller "American Psycho" gab es noch weit mehr Reaktionen, aber gezielt erreicht hat der Autor davon keine einzige, weil das unmöglich ist. Das Niveau der Provokation und des Tabubruchs kann, hoch angesetzt, natürlich gewisse Reaktionsmuster gewährleisten, aber die sind dann oft eher akademisch, also daherbehauptet, als tatsächlich emotional. Subtile Literatur "verstört" nicht, sondern regt an. Wer beabsichtigt, mich - ganz persönlich - zu verstören, maßt sich ein Wissen über mich an, das er nicht haben kann. Wer also behauptet, verstörende Texte zu verfassen, muss sich umgekehrt den Vorwurf anhören, etwas zu tun, das so nicht möglich ist.


    Ich fürchte, Du machst Dir zu viele Gedanken über die Wirkung von Texten. Fraglos ist das auch ein relativ wichtiger Aspekt, aber auch ein leidlich virtueller, denn man kennt seine Leser im Vorfeld eben nicht. Ich halte es für ziemlich wichtig, so zu schreiben, dass deutlich wird, was man zu sagen versucht, mit allen Implikationen. Und natürlich sollen Figuren und Handlung im Idealfall auch empathische Reaktionen auslösen, also Mitgefühl im Wortsinn, aber Du sprichst von einer emotionalen Reaktion, gehst also noch einen Schritt weiter. Damit versuchst Du in meinen Augen, etwas zu tun, das faktisch unmöglich ist. Und es kann im schlimmsten Fall Deine Arbeit völlig versauen.


    Edit: Das oben genannte Buch hatte seine verstörende Wirkung bei mir übrigens vorwiegend aus persönlichen Gründen. Tatsächlich hat dieser Romanbericht seinerzeit einiges ausgelöst, und möglicherweise viele Leute verstört, was aber vor allem daran lag, was erzählt wurde. Eine so offene Beichte eines Schwerverbrechers hatte es bis dato nicht gegeben. Die generierte Wirkung lag also auf einer Ebene, die heutzutage nur noch schwer zu erreichen ist.

  • Es gehört mithin zum guten Ton, Texte als "verstörend" zu bewerten, inzwischen tun das ja wohl auch Autoren selbst (etwa Du), aber ich halte das weder für eine positive Eigenschaft, noch für eine in den meisten Fällen überhaupt existente. Es handelt sich bestenfalls um eine Wirkung im Einzelfall, die man aber kaum antizipieren kann, weil man einzelne Leser - leider - nicht kennt.

    hm. hm. hm.
    wenn das so ist, tom, und ich kann dir durchaus folgen, mehr noch, ich
    habe fransen am kinn - was ist denn dann die zielgruppe blond, blöd, blauäugig und wustverkäuferin noch wert? die gibt es also gar nicht. sag ich doch


    was es aber gibt, sind unsere werte als sozusagen kleinster gemeinsamer nenner. wie z. b. du sollst nicht töten, außer du hast grund dazu :evil insofern kann man es zumindest versuchen, nicht nur in die herzen einzelner zu treffen.

  • Hallo, Alexandra.


    Susanne (G) hat es, glaube ich angedeutet. "Zielgruppen" sind nicht Leute mit bestimmten Eigenschaften/-arten, sondern Menschen, die aus vielen, oft sehr unterschiedlichen und zuweilen ziemlich originellen Gründen bestimmte Textarten, Genres und Subgenres konsumieren. Zielgruppen(ein)schätzungen wie Deine sind oft sehr vorurteilsbehaftet, lassen sich zumeist nicht beweisen, und haben allesamt unterm Strich nicht den geringsten Sinn. Es geht auf der professionellen Ebene in erster Linie um das Kaufverhalten, und nachrangig um die Gründe dafür (blonde Männer lesen SF, weil sie blond sind?). Bei allen - postulierten wie tatsächlich existenten - Zielgruppen ist es außerordentlich schwer, sie in nennenswertem Umfang zu erreichen, was allerdings hauptsächlich ein Frage des Marketings ist (und eine von Angebot und Nachfrage), und die Kategorisierung sagt nie etwas über die einzelnen Mitglieder der Kategorie aus. Die ideale Zielgruppe sind alle, womit dann auch die Teilmenge erreicht würde, die Du irritierenderweise als Deine Zielgruppe auserkoren hast, nämlich Leute, die in bestimmter Weise auf Texte von Dir reagieren. Diese Teilmenge ist aber nicht wirklich eine Zielgruppe, sondern eine Projektion, die, so leid mir das tut, nicht existiert. Du zäumst das Pferd verkehrtherum auf, außerdem liegt es auf dem Rücken und ist längst gestorben.


    Nach dem Gießkannenprinzip kann man natürlich trotzdem erreichen, was Du offenbar zu erreichen versuchst. Damit befindest Du Dich allerdings in der Situation, mehrheitlich nicht die gewünschte Wirkung zu erzielen. Ich frage mich, was das bringen soll, wozu diese Literatur dann gut sein soll, weil die Wirkung in der Summe beliebig bleibt (das ist eine rhetorische Frage). In meinen Augen beschäftigst Du Dich also mit einer Problematik, die keine ist, weil sie an der Realität scheitert. Anders gesagt: Es ist reichlich sinnlos, sich solche Gedanken zu machen. Man kann durchaus Botschaften formulieren, aber eine Botschaft an gezielte Empfänger ist nicht die Aufgabe von massenpublizierter Belletristik.

  • … Man kann durchaus Botschaften formulieren, aber eine Botschaft an gezielte Empfänger ist nicht die Aufgabe von massenpublizierter Belletristik.


    Richtig. Je genauer eine Botschaft formuliert ist, um so geringer ist die Zahl der Empfänger. Im Idealfall gilt die Botschaft genau für einen Empfänger.

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    Emanuel von Bodmann


  • ja-ha, ich weiß dank euch endlich was genau zielgruppen sind. kapiere trotzdem nicht, wie man wissen kann, was die lesen wollen sollen. hab nix dagegen, wenn ihr eure zielgruppe heiratet :blume werdet zusammen glücklich und alt :like

  • ja-ha, ich weiß dank euch endlich was genau zielgruppen sind. kapiere trotzdem nicht, wie man wissen kann, was die lesen wollen sollen. hab nix dagegen, wenn ihr eure zielgruppe heiratet :blume werdet zusammen glücklich und alt :like


    Ich habe meine Zielgruppe geheiratet. Ist aber schon lange her. Zumindest hat das, was ich damals zielgruppengenau geschrieben habe (Briefe, Gedicht) gereicht, um das in Gang zu setzen :)


    Gleiches fände ich aber fürchterlich, wenn es bei einer großen Masse passiert. Deshalb werde ich keine Gedichte veröffentlichen und Briefe schon gar nicht (sicherheitshalber auch keinen Briefroman)


    ;)

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