Tschatscha - Gernot

  • Zitat

    aber er scheitert tatsächlich an dieser Sache mit dem individuellen Geschmack.


    Ja, ich weiß, Jenny,
    aber einmal kaufe ich mir ein Pferdchen, und dann reite ich von den fernen Hügeln zu den Hügeln in der Ferne.


  • Wenn ihnen ein Text im Gedächtnis bleibt, dann muss er etwas an sich haben, was anderen fehlt.


    Manchmal geht einem eine Melodie nicht mehr aus dem Kopf, obwohl man sie hasst und sch… findet. Ohrwurm nennt man so etwas. Dass dies ein Qualitätskriterium ist, wage ich aber einmal zu bezweifeln.


    Bleibt mir ein Text im Gedächtnis, so können dafür unterschiedliche Gründe maßgebend sein. Manche haben gar nichts mit Textqualität zu tun. Vielleicht ist es nur die Szene selbst, die die Erinnerungsfähigkeit weiter aktiviert.


    Zitat


    Es ist wie in einer Kunstgalerie, hundert Gemälde und noch einmal fünfzig betrachte ich, am nächsten Tag erinnere ich mich noch an eine Handvoll davon.


    Und die, an die man sich nicht erinnert, sind dann schlecht?


    Zitat


    Dem nächsten Besucher ergeht es gleich, dem übernächsten nicht anders, aber einige Bilder bleiben allen Kunstinterissierten im Gedächtnis.


    Vielleicht weil es so grottenschlechte sind?


    Zitat


    Nicht der Inhalt einer Geschichte macht für mich gute oder schlechte Literatur aus, sondern einzig und alleine, wie sie geschrieben ist.


    Was soll denn Sprache transportieren? Nur sich selbst? Der Satz, das einzelne Wort wird zum Selbstzweck, unabhängig davon, was damit ausgesagt wird? Ein Autor schreibt in einem wunderbaren Stil, transportiert damit aber menschenverachtendes Gedankengut - das ist dann gute Literatur?


    Zitat


    Und wenn ich nun im nächsten Kommentar das Wort "subjektiv" lese, dann fängt es an, draußen zu regnen, ganz bestimmt, die Wolken sehe ich schon am Himmel schnell ziehen.


    Ich hätte jetzt nichts derartiges gesagt. Aber regnen tut es hier schon eine ganze Weile.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Es regnet und deshalb benutze ich das s-Wort.


    Alle akademischen Kriterien außen vor und jeden (gesellschafts- oder sonstwie politischen) Anspruch: Für mich ist gute Literatur solche, die bei mir etwas zum Klingen bringt, die in mir etwas Nachhaltiges auslöst, etwas, woran ich mich erinnere. Weil der Text an subjektive Erfahrungen rührt, an eigene Erlebnisse, weil er meine Gefühlswelt anspricht, weil ich mich damit identifizieren kann.
    Genau das ist es auch, was mich an einem Kunstwerk begeistert. Das Gefühl, was es in mir auslöst, was ich darin sehe.
    Kunst und Literatur mag man mit bestimmten wissenschaftlichen Maßstäben deuten. Aber die Rezeption, was es für den einzelnen Betrachter oder Leser zu etwas Unverwechselbarem macht, ist für meine Begriffe das, was es beim Betrachter auslöst. Und das - da möchte ich Jenny unumwunden zustimmen - ist eine Frage des Geschmacks.


    Als Autorin möchte ich genau das erreichen. Nicht, dem Geschmack einer bestimmten Zielgruppe hinterherrennen, sondern dem Leser einen Text bieten, der etwas in ihm auslöst, der Bilder in ihm erzeugt, das berühmte Kopfkino in Gang setzt, Emotionen weckt, vielleicht sogar Erinnerungen. Ich will ihm Figuren bieten, die für ihn nachvollziehbar sind, die etwas mit seiner Welt zu tun haben, mit denen er sich identifizieren kann. (Hier meine ich ausdrücklich beide Geschlechter, falls daran jemand Anstoß nimmt, dass ich die männliche Form nenne.)


    Literatur- und Kunsterfahrungen sind subjektiv.
    Haut mich, aber so sehe ich das.


  • Haut mich, aber so sehe ich das.

    Und ich auch.


    Und hey, Harry Potter hat eine ganze Generation von Kids in einer Zeit, als Lesen ziemlich uncool war, nicht nur zum Lesen gebracht, sondern zu Bücherratten gemacht, die nachts vor den Buchhandlungen campierten, und viele Menschen selbst zum Schreiben animiert.
    Etliche junge Autoren zwischen Mitte 20 und Mitte 30 haben mit Harry-Potter-Fanfiktion begonnen.


    Wenn DAS keine Literatur ist - was dann?

  • Jedes Erfahren und Erleben ist subjektiv. Objektivität gibt es für mich grad mal in der Mathematik. (Und selbst da bin ich nicht wirklich sicher ...)
    Und wenn ich ein Reizwort habe, das ich am liebsten abkürzen möchte, dann ist es das "K"-Wort.

  • … sondern zu Bücherratten gemacht, die nachts vor den Buchhandlungen campierten, und viele Menschen selbst zum Schreiben animiert.


    Wenn Apple ein neues Gerät ankündigt, dann wird auch vor den Apple-Stores campiert, wenn der Erstverkaufstag ansteht.


    Dieses Verhalten hat nichts mit »Lesen« zu tun, sondern damit, dass es Menschen gibt, die aktuellen Trends hinterher laufen wollen um - warum auch immer - die ersten damit zu sein.


    Ich will nichts gegen Harry Potter sagen - die ersten Bände habe ich auch mit Vergnügen gelesen, ohne mich um literarischen Anspruch zu scheren - aber das Campen vor den Buchhandlungen und das ganze Merchandising drumherum hat nichts mit Literatur und Bücherratten zu tun.

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  • Zitat

    aber das Campen vor den Buchhandlungen und das ganze Merchandising drumherum hat nichts mit Literatur und Bücherratten zu tun.

    Es gab sie schon immer und wird sie immer geben, Menschen, die andere Menschen manipulieren.
    Sie werden bezahlt wie die Könige, und sie wissen ganz genau, was sie tun.


    Gutnacht zusammen.
    Gernot

  • Nein, aber es hat mit Begeisterung zu tun.


    Und diese Begeisterung zu wecken - und zwar nicht mit teuren Werbeclips sondern mit einer spannenden Buchreihe - ist für mich ganz große Kunst.
    Und eine beachtenswertere Leistung, als im Feuilleton den Stempel "Hohe Literatur" verpasst zu bekommen (an die sich von ein paar Ausnahmen abgesehen ein Jahr später doch kein Mensch mehr erinnert.)

  • Nein, aber es hat mit Begeisterung zu tun.


    Glaub ich nicht!


    Also, das man von Harry Potter als Roman begeistert sein kann, das schon. Aber das Campen und das Merchandising nicht. Da wird etwas verquickt, was man besser getrennt anschauen sollte.


    Zitat


    Und diese Begeisterung zu wecken - und zwar nicht mit teuren Werbeclips sondern mit einer spannenden Buchreihe - ist für mich ganz große Kunst.


    Marketing-Kunst


    Zitat


    Und eine beachtenswertere Leistung, als im Feuilleton den Stempel "Hohe Literatur" verpasst zu bekommen (an die sich von ein paar Ausnahmen abgesehen ein Jahr später doch kein Mensch mehr erinnert.)


    Das ist auch so ein schabloniertes Denken. Allerdings nicht ganz ohne Hand und Fuß. Geb ich ja zu. Manches überdauert aus dieser Sparte auch die Jahrhunderte nicht. Manchmal schon nicht die Jahrzehnte.


    Es bleiben aber doch etwas mehr als nur ein paar Ausnahmen. Als Erich Fried 1988 starb, war ich sehr überrascht, wie viele Menschen aus meiner Umgebung davon berührt waren. Ich dachte immer, Geheimtipp für Lyrikversessene. Und plötzlich kommen Menschen, die ich nie im Verdacht hatte, auch nur eine Gedichtzeile anzufassen, die können ganze Gedichte von ihm, oder wenigstens Strophen rezitieren und bringen Erinnerungen, die mit seinen Veröffentlichungen oder Äußerungen im Zusammenhang standen.


    Keine Ahnung, wer in dreißig oder vierzig Jahren noch aus Harry-Potter zitieren kann.

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  • Nee, Horst-Dieter, da irrst du dich.
    Die Potter-Begeisterung setzte weit vor dem großen Marketing ein, das kam erst mit den Verfilmungen. Die selbst gegründeten Fan-Foren, Fanfiktion, Harry-auf-Deutsch uvm gab es lange vor der ersten Bettwäsche. Ich erinnere mich wie es in Fankreisen groß rumging, dass man jetzt Poster zum Buch kaufen könnte. Das war eine Sensation.
    Glaub mir, die Camper waren zuerst da, es wurde dann - natürlich - auf den Hype eingegangen, aber entstanden ist er quasi aus dem nichts heraus. Bzw. aus einer recht gewöhnlich herausgegebenen Buchreihe.


    Und ich glaube mal, dass man in 100 Jahren noch Harry Potter liest.
    Das wird ein Klassiker, da verwette ich einiges drauf.

  • Nee, Horst-Dieter, da irrst du dich.
    Die Potter-Begeisterung setzte weit vor dem großen Marketing ein, das kam erst mit den Verfilmungen. Die selbst gegründeten Fan-Foren, Fanfiktion, Harry-auf-Deutsch uvm gab es lange vor der ersten Bettwäsche. Ich erinnere mich wie es in Fankreisen groß rumging, dass man jetzt Poster zum Buch kaufen könnte. Das war eine Sensation.
    Glaub mir, die Camper waren zuerst da, es wurde dann - natürlich - auf den Hype eingegangen, aber entstanden ist er quasi aus dem nichts heraus. Bzw. aus einer recht gewöhnlich herausgegebenen Buchreihe.


    Und ich glaube mal, dass man in 100 Jahren noch Harry Potter liest.
    Das wird ein Klassiker, da verwette ich einiges drauf.


    Wir sollten mal fest halten, dass ich hier nicht gegen Harry Potter argumentiere (siehe dazu auch meine Anmerkungen weiter oben).


    Aber das Marketing setzte ein, als deutlich wurde, dass der erste Band ein richtiger Erfolg wurde. Bereits 1998.


    Und Camper und Merchandising haben nichts mit Lesefreude zu tun.

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  • Und Camper und Merchandising haben nichts mit Lesefreude zu tun.


    Da widerspreche ich.
    Es geht nicht um die Tasse, das Poster, um Merchandising Artikel, es geht darum unbedingt wissen zu müssen, wie es weiter geht.
    Das mag keine "Hohe" Literatur sein, aber ganz große Kunst, die jungen Leser derartig in den Bann zu ziehen. Ich bin darüber sehr froh, denn sowas ist tatsächlich eine Einstiegsdroge.

  • Ulli, ich habe nichts gegen Harry Potter. Ich habe weiter oben geschrieben, dass ich die ersten Bände selber gerne gelesen habe. Aber das Merchandising & Co. mit dieser Lesefreude nichts zu tun haben, das behaupte ich nach wie vor. Das widerlegst du auch mit deinem Posting nicht. Du widersprichst zwar, redest dann aber von etwas anderem. Was hat hohe Literatur mit Merchandising zu tun?


    Ich.Zettele.Hier.Keinen.Streit.Zwischen.E.Und.U.Literatur.An!

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  • Ich mag dieses gehypte Merchandising auch nicht. Aber meine Kinder haben HP verschlungen. Mein Vater hat HP verschlungen. Meine Bruder auch. Ich nicht. Aber es hat mich gefreut, dass meine Kinder stunden, tagelang gelesen haben. Und danach waren sie angefüttert.
    In diesem Haus wird viel gelesen, schon immer. Ich habe immer viel vorgelesen, meine Kinder haben immer viele Bücher zur Verfügung gehabt. Aber eine Sucht ist erst nach Herr der Ringe und Harry Potter (und einigen anderen - ich habe nun auch viele Kinder) daraus geworden.

  • Ich mag dieses gehypte Merchandising auch nicht. Aber meine Kinder haben HP verschlungen. Mein Vater hat HP verschlungen. Meine Bruder auch. Ich nicht. Aber es hat mich gefreut, dass meine Kinder stunden, tagelang gelesen haben. Und danach waren sie angefüttert.
    In diesem Haus wird viel gelesen, schon immer. Ich habe immer viel vorgelesen, meine Kinder haben immer viele Bücher zur Verfügung gehabt. Aber eine Sucht ist erst nach Herr der Ringe und Harry Potter (und einigen anderen - ich habe nun auch viele Kinder) daraus geworden.


    Ich verstehe es immer noch nicht!


    Ich.Finde.Es.Gut.Das.Viele.Über.Harry.Potter.Zum.Lesen.Gekommen.Sind!


    Ja!


    Das wären sie aber auch OHNE Merchandising & Co. Dieser überspitzte Hype, der Camper erzeugt hat und ähnliche Auswüchse wäre ausgeblieben, aber es wäre keiner vom Lesen abgehalten worden. Es gibt auch einen Überhang an Nur-Den-Film-Gesehen-Haben-Harry Potter Fans.


    Solche Marketingübertreibungen generieren wenig dauerhafte Leser zusätzlich. Behaupte ich mal.

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  • Ich kann dir gerne noch mal versichern: Der Hype kam vor sämtlichem Merchandising.
    Der Handel reagierte darauf, natürlich, das kann man blöd finden - es wäre allerdings viel blöder, nicht darauf zu reagieren.


    Aber solange du mir nicht glauben magst, dass es Fanclubs, -Foren und -Treffen vor den Buchläden gab, ehe man auch nur lausige Poster kaufen konnte, ist die Diskussion hinfällig.



    Im Übrigen sage ich: Harry Potter ist für mich Literatur, weil es tausende von jungen Leuten zu Bücherfans gemacht hat.
    Du meinst: nee, das war nur das Merchandising.
    Und nun sagst du:

    Zitat

    Das wären sie aber auch OHNE Merchendising & Co.

    ?!?


  • Du meinst: nee, das war nur das Merchandising.


    Nein!


    Das meine ich NICHT!


    Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.


    Aber es macht deutlich, wie du und andere auch schon nicht mehr trennen können. Das Harry-Potter ein Erfolg wird, wurde schon mit dem ersten Band deutlich. Deshalb haben die Marketingleute auch so schnell reagiert.


    Um was es mir geht: Das Merchandising und der "Hype", wie du ihn nennst, hat m.E. KEINE oder KAUM neuen Leser generiert. Diese Art Marketing ist Manipulation, die so gut funktioniert, dass viele gar nicht mehr trennen können. Und wenn dann jemand - wie ich gerade - etwas dagegen sagt, wird gleich damit impliziert, dieser jemand hätte etwas gegen Harry Potter. Stimmt nicht! Schau dir alle meine Postings noch einmal an. Da steht eher das Gegenteil.


    Dieser "Hype um Harry Potter" ist ein schönes Beispiel dafür, wie Kritikfähigkeit negiert wird, wie Menschen eingelullt und mit Mythen umgaukelt werden. Dieser Hype hat nichts mit Lesefähigkeit und Lesefreude zu tun, zumindest das meiste nicht. Harry Potter Band 1 erschien 1997. Der erste Film kam 2001. Das starke Marketing setzte bereits im Jahr 1998 ein. Der Steilkurve des Hype begann etwa ab 2000. Zuvor, nachdem der erste und der zweite Band erschienen waren, bekamen diese Bücher auch im Feulliton gute bis sehr gute Kritiken. HP wurde von Anfang an ernst genommen und keineswegs als minderwertig ausgegrenzt. Das änderte sich erst mit dem ganzen Marketinggewusel, das Auslöser war und nicht Folge.

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