"Über das “Für die Schublade schreiben” und die Verlagssuche"

  • :pcgruebel


    Meinst du wirklich? Ich hab da als Agent ein paar Senioren an der Angel, die das vielleicht gar nicht gern lesen...


    Zur Behauptung, dass kein Verlag mehr in über 50jährige investiert hier mal einen Link.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • (ich bin der festen Überzeugung, dass kein Verlag mehr in über 50jährige investiert.



    Und ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Auspruch tatsächlich in die Schublade Urban Legends des Schreibens gehört...

  • Naja, ich bin ja auch ein Gegenbeispiel ...


    Aber als ich nach meinen Krimis bei dtv was ganz anderes einreichte, sagte der Cheflektor. Nö, nö, nun haben wir sie als Lady of Crime aufgebaut.


    Aber dieser Thread hat mich ermutigt, auch in die Marktanalyse zu gehen. Ich habe Amazon gefragt, warum sie unter dem Stichwort "Sylt-Krimis" nicht auch meinen neu aufgelegten bringen und nun tun sie das. :winner

  • Konsalik eine Nutte, Özdogan ein Missionar, so so. Ich nehme an, wehrtester Hugo, Du hast beide nie persönlich kennengelernt. Aber es ist dennoch eine interessante Unterscheidung, die viel darüber aussagt, was so mancher über den Literaturmarkt denkt oder zu denken scheint.


    Auch wenn Konsalik - vor allem im letzten Drittel seiner Karriere - immer wieder dasselbe Buch geschrieben hat (oder es wenigstens diesen Eindruck machte), hat sich der Mann vielen verschiedenen Themen zugewandt, die ihm offenbar wichtig erschienen. Es mag so sein, dass er durchaus ein Weltbild, konkrete politische Vorstellungen und eine Idee vom sozialen Miteinander hatte, die sich als Botschaft oder Prämisse durch all seine - auch die sehr seichten - Romane zogen, und nach dem, was ich über seine Arbeit weiß - ich bin ihm immerhin relativ nahe gekommen, denn sein Schwager war eine Zeit lang mein Agent -, war es tatsächlich so. Und Selim Özdogan ist Vollblutschriftsteller, einer, der trotz fehlender echter Bestseller versucht, vom Schreiben und nur vom Schreiben zu leben; er turnt durch Workshops und Seminare, nimmt jeden noch so absurden Lesungstermin wahr, selbst im "Insel-Hotel Lindau", wo, was Özdogan gewusst haben dürfte, nicht zu erwarten war, auf sein Stammpublikum zu treffen. Özdogan hat sich mit "Die Tochter des Schmieds" am historischen Roman versucht und sich intensiv bemüht, nachzulegen, als sein Poproman "Es ist so einsam im Sattel" vergleichsweise erfolgreich war. Konsalik "brannte" definitiv, wie ich meine, Özdogan behauptet es wenigstens. Missionare sind bzw. waren beide, und Nutten auch, jedenfalls nach dem Hugo-Modell.


    Wenn ich den Eindruck erweckt haben sollte, dass ich der Meinung bin, das Schreiben wäre in dem Moment, wo man es professionell - also gegen Geld - tut, keine Herzensangelegenheit mehr, dann ist dieser Eindruck falsch. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Ich schreibe auch, weil ich muss; ich kann mir ein Leben ohne nicht vorstellen, meine Themen und Figuren sind mir wichtig, es ist eine sehr wichtige Ausdrucksform für mich, ein Weg, mit der Welt umzugehen und sie zu vestehen, und es geht mir keineswegs nur um die paar Pipperlinge, die dabei herauskommen. Ich schreibe nicht selten tatsächlich, weil ich auch technisch muss, wie Susanne G. so nett ausgeführt hat, weil Abgabetermine dräuen, man eine Vereinbarung mit irgendeinem Magazin getroffen hat, oder weil schlicht und ergreifend zu viel Zeit seit dem letzten Roman vergangen ist.
    Aber ich will eben auch veröffentlichen; ich wollte das von Anfang an, weil ich der Meinung bin, dass das eine zum anderen gehört, und ich nie ein Therapieautor war (für diesen Bereich sind meine realmenschlichen Kontakte ausreichend). Ich habe das - zumindest in der frühen Phase - durchaus mit etwas abgehobenen Hoffnungen und Vorstellungen verbunden, die sich mithin ein wenig geschliffen haben, aber nicht ganz verschwunden sind. Ich bin die brennende Nutte - aber ich gehe nicht mit jedem ins Bett und auch nicht ausschließlich zu den Bedingungen der Freier. Ich habe akzeptiert, dass das veröffentlichende Schreiben etwas Anderes ist (grundsätzlich, aber auch im Detail) als das reine Herauskotzen der eigenen Befindlichkeiten. Es geht auch darum, welcher Teil der Schreiberpersönlichkeit sich verkaufen lässt, wo die Themen liegen, die Sprache, der Ansatz. Auch in diesem Bereich gibt es etwas wie Produktformung: Die ideale Verbindung aus eigenen Vorstellungen und Themen, dem Interesse eines wenigstens erheblichen Marktanteils und vielen anderen Aspekten. Hiervon rede ich die ganze Zeit. Es geht nicht um Schwarz-Weiß-Malerei, um geldgeile Nutten vs. idealistische Missionare. Es geht um gesunden Pragmatismus, der die Ideale und Fähigkeiten berücksichtigt.

  • Zitat Pearl:

    Zitat

    ich bin der festen Überzeugung, dass kein Verlag mehr in über 50jährige
    investiert, auch wenn Fontane erst mit 49 angefangen hat), Trends und
    Thematik.

    Ich bin nicht erfahren mit Veröffentlichungen, aber was gibt es denn für einen Verlag groß zu investieren in einen Autor? Egal ob er 50 plus ist oder nicht. Da kommt ein Manuskript eines Autors auf den Lektorentisch und sollte der Wind grade günstig stehen, wird es angenommen. Und wenn es ein hervorragendes Manuskript ist, wird es sich vermutlich hervorragend verkaufen; und beim nächsten, sollte eines nachkommen, treten einem die Verlage ohnehin die Türe ein, selbst wenn diese Türe in ein Altersheim führen sollte. Oder sehe ich da was falsch? Autoren, die bestenfalls die magische 5000er Auflage schaffen, gibt es ohnehin wie Sand am Meer. Muss man da wirklich viel aufbauen?


    Lg, Manuela :)

  • Hallo, Manuela.


    Zitat

    aber was gibt es denn für einen Verlag groß zu investieren in einen Autor?


    Von den reinen Druck- und Vertriebskosten eines Buches abgesehen - eine ganze Menge. Ziemlich viele Menschen sind beteiligt, wenn ein neues Buch an den Start geht. Debüts sind immer ein Risiko, und zwar völlig unabhängig davon, ob das Ms exzellent oder totale (aber mutmaßlich verkäufliche) Scheiße ist. Das Debüt selbst ist also das Investment; nur eine Handvoll Autoren verkauft sich vom Start weg gut. Bei den meisten dauert es bis zum dritten, vierten Roman, bis sie sich einen Namen erschrieben haben. Deshalb kommt im Vertragsgespräch häufig auch ziemlich schnell die Frage, ob noch mehr zu erwarten wäre. Debüts sind in aller Regel Verlustgeschäfte, mindestens aber muss man mit einer mehrmonatigen Durststrecke rechnen. Ausnahmen bestätigen diese Regel nur.


    Die (vermeintliche) Arbeitsmarktregel "ab fünfzig geht überhaupt nichts mehr" gilt hier meiner Meinung nach allerdings nicht. Mit 50 gilt man - wenigstens bei einigen Genres, weniger bei Gestaltwandler-Liebesgeschichten - noch fast als junger Autor. Klar, (noch) jüngere Autoren verkaufen sich leichter, machen sich besser in den Medien, geben sich eloquent-ruppig, basteln intensiv an der eigenen Fanbasis, sind stark vernetzt oder wenigstens dazu in der Lage, noch ein wenig Personenkult mitzumachen. Das mag Entscheidungen mit beeinflussen, wie gesagt, abhängig vom Genre und der möglichen Positionierung. Aber Autoren sind nicht mit 60, 65, 67 vom Arbeitsmarkt; nicht wenige erreichen in diesem Alter literarisch gesehen erst eine gewisse Reife. Aber auch hier spielt die Frage eine Rolle, ob es bei einem Buch bleiben wird. One-Hit-Wonder sind Seltenheiten, One-Flop-Normalities die Regel.

  • Ich muss schreiben. Ich kann nicht anders. Und ich würde gerne viel mehr schreiben, aber das kann ich nur vor mir selber verantworten, wenn meine Romane auch veröffentlicht werden. Weil damit die Zeit, die ich mit ihnen verbringe, Geld bringt. Die Verlags- bzw. Agentensuche ist jedoch so frustrierend, dass ich nahezu 2 Jahre nichts geschrieben habe. Jetzt habe ich wieder was geschrieben, ohne jegliche Vermarktungsgedanken, nur aus Spaß und es ging. EIgentlich möchte ich am liebsten sofort weiterschreiben. Was nun?

  • Ich muss schreiben. Ich kann nicht anders. Und ich würde gerne viel mehr schreiben, aber das kann ich nur vor mir selber verantworten, wenn meine Romane auch veröffentlicht werden. Weil damit die Zeit, die ich mit ihnen verbringe, Geld bringt. Die Verlags- bzw. Agentensuche ist jedoch so frustrierend, dass ich nahezu 2 Jahre nichts geschrieben habe. Jetzt habe ich wieder was geschrieben, ohne jegliche Vermarktungsgedanken, nur aus Spaß und es ging. EIgentlich möchte ich am liebsten sofort weiterschreiben. Was nun?


    Weiterschreiben!

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Und ich würde gerne viel mehr schreiben, aber das kann ich nur vor mir selber verantworten, wenn meine Romane auch veröffentlicht werden. Weil damit die Zeit, die ich mit ihnen verbringe, Geld bringt.


    Was tust Du denn sonst in der Zeit, in der Du schriebest? Die Welt retten? ;)
    Mit anderen Worten: Aber hallo, sowas von Weiterschreiben.

  • Ich muss schreiben. Ich kann nicht anders. Und ich würde gerne viel mehr schreiben, aber das kann ich nur vor mir selber verantworten, wenn meine Romane auch veröffentlicht werden. Weil damit die Zeit, die ich mit ihnen verbringe, Geld bringt. Die Verlags- bzw. Agentensuche ist jedoch so frustrierend, dass ich nahezu 2 Jahre nichts geschrieben habe. Jetzt habe ich wieder was geschrieben, ohne jegliche Vermarktungsgedanken, nur aus Spaß und es ging. EIgentlich möchte ich am liebsten sofort weiterschreiben. Was nun?


    Ich kenn das gut.
    Mir gibt es nichts, ein- oder zweimal in der Wochen 1-2 Stunden zu schreiben. Das ist mir zu wenig, die Geschichte geht mir dann zu langsam vonstatten und ich muss immer wieder neu ins MS einsteigen. (Beim Lesen geht es mir ähnlich: Wenn ich an einem Buch nur unregelmäßig ein Stückchen lesen kann, fesselt es mich nicht, da kann es noch so gut sein.)
    Anders wäre es aber neben der Familie für mich nicht zu schaffen gewesen, wenn ich wieder zur Arbeit hätte gehen müssen, von daher war das bei mir eine alles-oder-nichts-Entscheidung: Entweder in absehbarer Zeit verlegt werden - und zwar so, dass ich davon leben kann -, oder das Romane-Schreiben auf Eis legen. Bis wann? Vielleicht bis die Kinder größer sind.


    Von daher hab ich keinen Rat.
    Finde aber, wenn es zwickt ist die Entscheidung doch fast schon gefallen, oder? Vielleicht klappt es diesmal - sieh es als einen Neustart.

  • Was ich mache, wenn ich nicht schreibe? Geld verdienen, den Haushalt führen, meinen Sohn managen. Wobei ich letzterem versuche beizubringen, sich selbst zu managen. Mit 10 Jahren sollte man damit anfangen. Den Haushalt lass ich gerne auch mal liegen (mache ich ohnehin nicht gern =) ). Nur das Geld verdienen, das kann ich zwar eben mal beiseite schieben, weil ich selbständig bin. (So wie die letzten 3 Wochen.) Aber leider nur ab und an, da 1/4 der Einnahmen von mir kommen. seufz.


    Und deswegen brauch ich das auch so, dass mir immer wieder Leute sagen, ich soll weiterschreiben. An dieser Stelle gleich mal Danke an euch. :) Das hilft.

  • Du musst das andere ja auch nicht beiseite schieben. Ich hab mir zum Beispiel ein Limit gesetzt, was ich täglich mindestens tippen will. Klappt auch nicht immer, aber meistens schon. Dann setzt dir doch ein Maximum, so dass du alles besser unter einen Hut bekommst. So einen Marathon kannst du ja nun nicht immer machen, ne? =)

  • Wenn´s flutscht, dann flutscht es eben. :D
    Und ja, ich werde weiterschreiben, weil ich das Gefühl habe, wenn ich das nicht tue, dann wird mich dieses Projekt nie loslassen. :henker

  • Hallo alle zusammen,


    ich les das Thema jetzt seit ein paar Tagen mit und irgendwie muss ich jetzt doch mal meinen Senf dazu geben.


    Was die Aussagen von Kerstin Pflieger angeht, kann ich wenig dazu sagen, außer, dass mein gesunder Menschenverstand mir sagt, dass es glaubwürdiger klingt, als die Binsenweisheiten von Forenusern. Wären Publikumsverlage nicht an deutschen Neuautoren interessiert, dann hätte Heyne sicherlich nicht vor ein paar Jahren diese 'magische Bestseller'-Ausschreibung gemacht. Und merkwürdiger Weise werden diese Binsenweisheiten immer von nichtveröffentlichten Schreibern weitergegeben. Ebenso wie dieses Beharren auf Schreibtipps und Ratgeber.


    Dennoch finde ich es gut, diese Aussagen so geballt zu lesen. Das macht mir Mut, dass ich mit meiner Skepsis vielen Ratgberschreibern gegenüber (die eben meist auch diese Tatsachen beschreien) nicht ganz falsch liege.


    Zur hier entfachten Diskussion habe ich allgemein folgendes beizutragen:


    Ich persönlich würde drei Schreibertypen unterscheiden. Zum einen diejenigen, die das schreiben zur Selbstdarstellung, zu therapeutischen Zwecken oder einfach als Hobby nutzen. Hier mag (vor allem bei Gruppe 1 und 2) zwar der Traum einer Veröffentlichung präsent sein, die Vorraussetzung dafür sind jedoch nicht gegeben und ein erlernen derer ist auch nicht gewünscht. Diese Schreiber schreiben zwangsläufig für die Schublade oder für Dienstleister. Bei Gruppe 3 reicht vermutlich die eigene Resonanz auf den Text oder der eines kleinen Leserstammes. Hierzu würde ich auch die Fanfictionschreiber zählen und die Eltern, die Geschichten für ihre Kinder schreiben.


    Dann gibt es die Autoren, die einen Leser im Blick haben und die mehr als ein Projekt im Blick haben. Sei es nun der Kritiker in Schreibforen, ein Lektor oder Agent oder ein mögliches Zielpublikum. Dieser Schreiber schreibt nicht mehr nur seine Geschichte, sondern arbeitet an seiner Geschichte und verbessert sie. Er berücksichtigt die Meinungen anderer und beginnt immer mehr sich darüber zu informieren wie er seinen Text verbessern kann. Hier ist die Veröffentlichung ebenfalls ein Traum, aber es wird auch der Weg angeschaut, wie man dorthin kommen kann. Neben dem Leser, rückt Handwerk und Markt in den Blick.


    Und dann gibt es noch die Autoren, die ihre Geschichten gezielt so schreiben, dass sie verkaufbar sind. Die Autoren, bei denen eine Veröffentlichung Realität ist und die dadurch einen anderen Einblick in diese Welt bekommen. Wie genau sich die Schreibart und die Herangehensweise ändert, kann ich nur raten. Aber wenn ich von mir ausgehe, dann sehe ich, dass ich mich eben irgendwann davon verabschieden muss, dass mein Text vor allem in mir das gewünschte Gefühl auslösen muss. Wichtiger wird jetzt, dass es in 'dem Leser' das gewünschte Gefühl auslöst. Und ich denke, wenn ich diesen Punkt erreicht habe, dann muss ich einfach abwägen, ob ich mir ein 'für-die-Schublade-schreiben' leisten kann. (hier würden das reine hobbyschreiben für mich reinfallen) Wenn ich so viel Kohle habe, dass ich nicht arbeiten brauche, dann kann ich zum Beispiel locker meinen Job runterfahren, eine Abteilung des Fussballvereins gegen Entgelt trainieren und nebenbei die Nachbarskinder als Freizeitfussballmannschaft coachen, wenn mir das Freude bereitet. Muss ich aber 40h arbeiten und muss die restliche Zeit aufteilen auf den bezahlten Job und den nichtbezahlten, dann ist das eine Sache, die ich abwägen muss. Und dann ist es für mich nachvollziehbar die unbezahlte Zeit als unnütz verprasst anzusehen. Ebenso könnte diese Zeit mir aber auch den Ausgleich bringen, ohne den ich das andere nicht schaffen kann.


    Soweit meine Laienvorstellung. Wo ich allerdings den gravierendsten Unterschied sehe, zwischen Anfängern, die am ersten oder zweiten Projekt sitzen und denen, die schon 5-10 Bücher veröffentlicht und meist noch weitere Projekte in der Schublade haben, ist die Distanz mit der die Texte eingeschätzt werden (können). Ist etwas markttauglich? Hat es das Niveau einem Verlag angeboten zu werden? Und auch die Gelassenheit und Fähigkeit einen Text in der Schublade liegen zu lassen, wenn er nicht markttauglich ist und etwas anderes zu schreiben. Die Fähigkeit nach Vorgaben einen ganzen Roman zu konzipieren und zu schreiben ist wohl auch nicht oft in Gruppe 1 anzutreffen ;)


    Noch ein kleiner Satz zur Abstufung Anfänger-Fortgeschrittener-Experte/Meister: Ich sehe schon in meiner oberen Aufteilung eine solche Abstufung. natürlich kann sie nur grob sein, ebenso wie sie im Sport auch niemals ganz objektiv ist, auch wenn es dort Bewertungsstandards gibt, die zur Einstufung beitragen. Letztendlich ist die Schwierigkeit, dass Dauer und Niveau dabei vermischt werden und eine eindeutige Kategorisierung schwer machen.


    ich selbst sehe mich in Gruppe 2. Mich interessiert das Handwerk des Schreibens. Dass will ich momentan beherrschen lernen. Wenn ich mich darin sicher bewege, dann stelle ich mir die Frage, ob ich wirklich ernsthaft veröffentlichen will. Und das heisst für mich: Will ich in Zukunft weiterhin scheriben? Mit Druck, mit Abgebaterminen und zu Lasten anderer Hobbys? Ist die Antwort ja, dann fange ich an mich ernsthaft damit zu beschäftigen was mein(e) Manuskript(e) verkäuflich macht. Ist die Antwort, dass ich nur meine Herzblutgeschichte gedruckt sehen will, dann schaue ich mich um, wie ich das bewerkstelligen kann. Aber dann ist mir auch klar, dass ich vermutlich einen Dienstleister in Anspruch nehmen müsste. Eine weitere Entscheidung, die ich dann erst fälle. Momentan wäre eine schriftstellerische Karriere neben meinem Brotjob und meinen weiteren Verpflichtungen unrealistisch. Ich wäre dem nicht gewachsen. Also blinzle ich nach Infos (weil eigentlich ist es schon fernziel in Gruppe 3 zu kommen), bleibe aber erstmal bei dem gesteckten Ziel. Schreiben und Handwerk lernen und meine geplanten Projekte beenden, bzw. verwirklichen. Ein Fernziel erreiche ich am besten durch viele nähere Ziele, auf die ich mich nacheinander konzentriere um den Weg zum Fernziel zu schaffen.


    lg
    Robyn

  • Nachdem Omi jetzt seit Stunden nichts anderes getan hat, als Eure "Empfehlungen" für alte Leute zu lesen, gebe ich zu bedenken, dass einige der Omis und Opis, die ihre Kanarienvögel- und Zehennägelgeschichten schreiben, dieses aus Freude tun und vielleicht die Kohle, die sie verheizen wollen, bereits im Keller horten. ;)
    Sicherlich freuen sich die Alten über jede Veröffentlichung.
    Was wäre gegen einen Ratgeber zur Fußpflege für Diabetiker einzuwenden, außer dass es schon hunderte davon gibt? Und es soll tatsächlich auch Omis und Opis geben, die sich in ihren Texten mit unserer Vergangenheit auseinandersetzen.

    "Gedanken sind nicht stets parat. Man schreibt auch, wenn man keine hat."
    Wilhelm Busch


    1b77a8_88c5d454086d4dc0aa5b3ec41b1c4391~mv2.jpg


    meine Homepage: lindacuir.de

  • Fehlt nicht noch eine Schreibintention? Nämlich die, eine "Message" unters Volk zu bringen? (Ach, das könnte mit "missonarisch" gemeint gewesen sein.) Bei mir war es so. Also ich hatte diese sentimentale Idee mit dem Patenkind in Afrika, um meinen Kindern mittags sagen zu können: "Esst das auf! Die Kinder in Afrika wären froh..." usw. blababla.


    Hat auch funktioniert. Kleines Mädchen, Briefe hin und her, alles rührend und schön. Bzw. unschön, was die Armut im Busch anging.


    Und als Oma uns zu Weihnachten Geld schenkte, beschlossen wir, wir fahren einfach mal hin und kucken, ob das alles stimmt. Wurde ein Erlebnis nicht nur für die Kinder, ich war durchgeschüttelt, war nicht oft so weit gereist und kannte nichts von der Welt.


    Ich schrieb einen Artikel darüber, legte Fotos bei, schickte alles an die Lokalzeitung. Chef rief mich begeistert an, Abdruck, Echo, alles toll.


    Dann fiel mir eine Ausschreibung in die Hände: Jugendbuchwettbewerb, Litbüro Ddorf, soweit ich mich erinnere.


    Ich also auf meiner neuen elektrischen Schreibmaschine 1 Kapitel geschrieben: Unser Treffen mit dem Patenkind in der Schule. Abgeschickt.


    Brief von der Büroangestellten, die die Einsendungen sortierte: Mehr! Wie gings weiter??


    Darauf erst habe ich das Buch geschrieben. "Kwa heri, schwarze Tochter".Wurde sofort vom Jugendbuchverlag Bitter angenommen. Übérsetzt in Niederländisch und amerikanisches Englisch etc.pp.


    Damit hatte ich natürlich Blut geleckt.


    Kleine Sachen: Glossen, Satirisches, hatte ich schon seit dem Studium geschrieben und einfach immer losgeschickt. Stern, Die Welt, Regionalzeitungen... Ich hab einfach immer gemacht, nie telefoniert oder antichambriert. Aber ich hab immer eine "Messidsch" reingepackt, l'art pour l'art sehr selten.


    Was ich sagen will: Macht einfach, wenn euch danach ist. :)


  • Darauf erst habe ich das Buch geschrieben. "Kwa heri, schwarze Tochter".Wurde sofort vom Jugendbuchverlag Bitter angenommen. Übérsetzt in Niederländisch und amerikanisches Englisch etc.pp.

    Gleich gekauft.
    Mann, sowas suche ich schon länger, um es mit den Kindern zu lesen, warum sagt mir keiner, dass du genau das geschrieben hast?



    Ich merke gerade, dass mich dieses ganze Einsortieren in "Typen" völlig irritiert.
    Trotz einiger Beispiele, die mich dran zweifeln lassen, denke ich doch, dass Autoren in aller Regel Menschen sind. Menschen tun die seltsamsten Dinge aus den komischsten Gründen - und die sind nicht mal stetig. Warum sollte das bei Autoren anders sein?
    Ich kann nicht mal mich selbst in eine Schublade stecken. Da ist ein Buch, das hab ich geschrieben, weil es einen geilen Film gäbe. Ein anderes, weil ich es gerne lesen würde. Das nächste, weil ich Geld brauchte. Wieder eines, weil ich neugierig war "ob man das machen kann", eins hab ich geschrieben, weil ich es liebe und das nächste aus Trotz, weil ich es hasse und trotzdem stolz drauf bin.
    Da ich selbst ein eher einfach gestrickter Mensch bin, kann ich nur ahnen, wie viele andere Gründe es für andere Autoren noch so geben mag ...
    Wie überaus faszinierend :lupe

  • Zitat

    Was ich sagen will: Macht einfach, wenn euch danach ist.


    Nichts gegen zu sagen. Oft genug kommt was dabei heraus.
    Mein erster journalistischer Job entstand durch einen schnoddrigen Leserbrief, den ich an das Magazin schickte, und der endete mit den Worten: "Übrigens, ich kann das besser." Tags darauf rief der stellvertretende Chefredakteur an und bat mich, das bitteschön zu beweisen.
    An meinen ersten Beinahe-Verlagsvertrag bin ich durch ein Begleitschreiben gekommen, in dem ich wahnsinniglustigerweise mitteilte, ich würde nie wieder Bücher aus dem Verlag kaufen, wenn er meins nicht verlegt. Leider wechselte die Lektorin ihren Arbeitgeber, bevor sie mich der Programmkonferenz vorschlagen konnte.


    Aber. Den Literaturwettbewerb beim "Playboy" habe ich mit einer Geschichte gewonnen, bei der ich mir sehr, sehr viele Gedanken darüber gemacht hatte, was für die und damit deren Jury wohl attraktiv sein könnte. Mit der zweiten eingesandten Story, derjenigen, die mir wirklich am Herzen lag, bin ich "nur" Dritter geworden.


    Ist alles lange her und funktioniert mit Sicherheit heute nicht mehr so.


    Aber tatsächlich gibt es keine Kochrezepte und wahrscheinlich auch keine Musts. Es gibt meistens Erklärungen dafür, warum einige erfolglos bleiben, aber schon dafür, warum andere erfolgreich sind, gibt es nur selten welche. Menschen versuchen, für ihren eigenen Erfolg Erklärungen zu finden, und gießen das dann in "Ratgeber", mit denen sie noch erfolgreicher sind - im Gegensatz zu den Ratgeberkäufern. Ich habe jedenfalls noch keinen einzigen Roman gelesen (und ich lese recht viele), bei dem in den Danksagungen stand: "Ohne James N. Freys 'Wie man einen verdammt guten Roman schreibt' und Hans-Peter Röntgens 'Vier Seiten für ein Halleluja' würden Sie dieses Buch nicht in den Händen halten." "Gott" hat meiner Beobachtung nach viel häufiger gute Schreibratschläge gegeben. ;)

  • "Gott" hat meiner Beobachtung nach viel häufiger gute Schreibratschläge gegeben. ;)


    Oh, bittebittebitte wooooo? Gibt's auch Veröffentlichungsratschläge von Gott??? Schnell, koste es, was es wolle, habe reichen Mann, kann zahle, wasser verlangt... Brauch trotzdem Geld...

    Fiction has to be realistic, unlike real life.
    Ian Rankin